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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich - Außenstelle Mistelbach, vom 13. Dezember 2004, Zl. Senat-WU-04-2025, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: 1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, und 2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 8. September 2004 wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH schuldig erkannt, es zu vertreten, dass diese Gesellschaft seit Dezember 2003, zumindest aber am 10. Februar 2004 einen namentlich genannten ungarischen Staatsbürger in der weiteren Betriebsstätte der genannten GmbH in G, als Hilfsarbeiter mit Zerlegen von Fleisch entgegen § 3 AuslBG beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden wäre. Er habe damit § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG übertreten und sei nach dem § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG mit einer Geldstrafe in der Höhe von 2.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) zu bestrafen gewesen.
Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 15. September 2004 zugestellt.
Mit Eingabe vom 30. September 2004 beantragte der Beschwerdeführer bei der Behörde erster Instanz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen das vorbezeichnete Straferkenntnis unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung vom 29. September 2004. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde damit begründet, dass die Berufung am letzten Tag der Frist, nämlich dem 29. September 2004 "fertig gemacht, unterschrieben und als PDF-file per E-Mail zur Aufgabe" gebracht worden sei. Bedauerlicherweise habe sich am 30. September 2004 herausgestellt, dass es bei der Eingabe der E-Mail-Adresse der BH Wien-Umgebung zu einem Tippfehler gekommen sei, sodass dieses E-Mail am 30. September 2004 als unzustellbar zurückgesandt worden sei. Nachdem dergestalt die Frist versäumt sei und die Versäumung dieser Frist auf eine leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen sei, werde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2004 wies die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung diesen Antrag gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG im Wesentlichen mit der Begründung ab, analog einer durch falsche Adressierung eines Schriftsatzes verursachten Fristversäumnis sei auch die wegen eines Tippfehlers bei der E-Mail-Adresse gescheiterte Übermittlung einer Eingabe mittels E-Mail in der Regel als von der Partei verschuldet anzusehen. Nachdem das Rechtsmittel am letzten Tag der Frist übermittelt hätte werden sollen, wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, sich noch am selben Tage zu vergewissern, ob die Sendung an die zuständige Behörde auch tatsächlich übermittelt worden sei (etwa durch Übermittlungsbestätigung bzw. Fehlbericht). Aus den genannten Gründen könne daher auf keinen Fall davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis einzuhalten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dieser Berufung keine Folge gegeben.
Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde auf den gegenständlichen Fall bezogen aus, der Ansicht des Beschwerdeführers, der bei der versuchten Übermittlung der Berufung per E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung eingetretene Tippfehler sei lediglich ein minderer Grad des Versehens, könne zwar noch zugestimmt werden. Allerdings sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fristenkontrolle bezüglich zu erhebender Rechtsmittel von den Rechtsvertretern ein besonderes Augenmerk zu widmen, wobei die Erstbehörde zutreffend darauf verwiesen habe, dass der Beschwerdeführer noch am Tage der Übermittlung des E-Mails, also innerhalb der für die Berufung offenen Frist, die fehlerfreie Übermittlung hätte kontrollieren können und müssen. Von einer derartigen Kontrollpflicht könne der Beschwerdeführer auch nicht entbunden werden, zumal Tippfehler eben jederzeit auftreten könnten, insbesondere bei der vom Beschwerdeführer gewählten Übermittlungsart seines Rechtsmittels, und eine fehlerfreie Zustellung nur bei korrekter Schreibweise der Adresse möglich sei. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer nicht einmal dargelegt, dass er irgendwelche Maßnahmen getroffen hätte, um derartige Fehlerquellen auszuschließen und die rechtzeitige Einbringung des Rechtsmittels sicherzustellen. Die belangte Behörde vertrete deshalb ebenso wie die Erstbehörde die Auffassung, dass das Außerachtlassen der aufgezeigten Sorgfalt bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes angesichts der besonderen Wichtigkeit der rechtzeitigen Einbringung von Rechtsmitteln gegen anzufechtende Straferkenntnisse als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Beschwerdegründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auch in der Beschwerde vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, bei der Versäumung der Frist im gegenständlichen Fall handle es sich nicht um einen Fehler in der Terminkontrolle, sondern um einen Fehler bei der Versendung. Ein falsch adressiertes E-Mail könne nicht zugestellt werden. Allerdings gebe es auch bei oder vor dem Versand des E-Mails keine Möglichkeit, die Adresse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Falsch adressierte E-Mails würden erst dann auffällig, wenn sie als unzustellbar durch den Provider zurückgestellt würden, wobei auch dieser Vorgang eine gewisse Zeit in Anspruch nehme. Bis zu diesem Zeitpunkt gebe es keinen Hinweis auf einen Fehler und daher auch keine technische Möglichkeit, den Fehler aufzufangen. Die Fehlermeldung sei tatsächlich erst am 30. September 2004 zugekommen. Daher helfe eine Kontrolle der eingehenden E-Mails auch am 29. September 2004 nichts. Eine Verletzung der Kontrollpflicht liege nicht vor.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Der Beschwerdeführer lässt offen, wer die gegenständliche Berufung per e-mail versendet hat. Er bringt selbst vor, dieses email sei nach seiner Versendung nicht kontrolliert worden. Er bietet aber im Wiedereinsetzungsantrag für die Behauptung, ein solches e-mail abgeschickt zu haben, weder einen Beweis an noch legt er einen solchen vor (etwa in Form eines Ausdrucks dieses emails einschließlich der Informationsseite, aus der die Daten der Versendung und die e-mail-Adresse, an welche gesendet worden ist, ersichtlich wären, oder eines Ausdrucks jener Mitteilung aus dem Internet, wonach die e-mail-Adresse unbekannt sei). Er sagt in seinem Antrag auch trotz Vorhaltes der Verwaltungsbehörden beider Rechtsstufen nicht, bei welchem konkreten Programm zur Versendung von e-mails eine Kontrolle der Übermittlung eines solchen noch am selben Tag nicht möglich wäre.
Wenn ein Rechtsanwalt in einem Wiedereinsetzungsantrag weder Beweisanträge stellt, noch zumindest Bescheinigungsmittel für seine Behauptungen vorlegt, obschon ihm dies nach dem von ihm selbst geschilderten Sachverhalt leicht möglich sein müsste und auch naheliegend wäre, und ist die belangte Behörde auch von sich aus nicht in der Lage, den Sachverhalt ohne eine solche Mitwirkung des Antragstellers zu ermitteln, dann ist sie berechtigt, über den - weder an einem Form- noch an einem Inhaltsmangel leidenden und daher einem Verfahren nach § 13 Abs. 3 AVG nicht zu unterziehenden - Wiedereinsetzungsantrag auf Grund der gegebenen Aktenlage zu entscheiden. Nach dieser Aktenlage liegt aber abgesehen von Behauptungen des Beschwerdeführers kein Hinweis darauf vor, dass ein Wiedereinsetzungsgrund in tatsächlicher Hinsicht überhaupt eingetreten ist. Schon aus diesem Grund war die Abweisung der beantragten Wiedereinsetzung nicht rechtswidrig.
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof zur Übertragung einer Eingabe per Telekopie bereits im Erkenntnis vom 30. März 2004, Zl. 2003/06/0043, erkannt, dass es beim Absenden einer Telekopie grundsätzlich zu Fehlern kommen kann (etwa durch Verwählen), die die tatsächliche Übermittlung verhindern, so dass es erforderlich gewesen wäre, den Sendebericht zur Überprüfung der fehlerfreien Übermittlung zu kontrollieren, weshalb kein bloß minderer Grad des Versehens anzunehmen ist, wenn ein Sendebericht nicht kontrolliert wird. Gleiches hat auch für die Übersendung einer Eingabe per e-mail zu gelten. An die Stelle der Kontrolle des Sendeberichtes hat die Kontrolle des eben versendeten e-mails in dem dafür vorgesehenen Ordner der versendeten Nachrichten unmittelbar nach erfolgter Absendung zu treten, um gegebenenfalls noch in der Frist reagieren zu können. Unterbleibt eine Kontrolle, weil sich der Absender mit den technischen Möglichkeiten des von ihm verwendeten Programms zur Versendung von e-mails nicht oder bloß unzureichend vertraut gemacht hat, stellt dies jedenfalls ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden dar. Dem Verwaltungsgerichtshof ist kein Programm bekannt, bei dem es eine Möglichkeit zur sofortigen Überprüfung der Sendedaten von emails, insbesondere der e-mail-Adresse des Empfängers, nicht gäbe.
Dies hat der Beschwerdeführer verkannt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Februar 2006
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005090015.X00Im RIS seit
23.03.2006Zuletzt aktualisiert am
27.06.2011