Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Rzeszut, Dr.Hager und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag.Röder als Schriftführer in der Strafsache gegen Ehrentraud D***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 letzter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 11.September 1992, GZ 32 Vr 1293/91-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten Ehrentraud D***** die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die am 21.Juli 1929 geborene Ehrentraud D***** wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 letzter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie in der Zeit vom 13. bis 15.Juni 1990 in Linz im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit (ihrem deswegen rechtskräftig verurteilten Sohn) Günther D***** ein ihr anvertrautes Gut in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich mindestens 180.000 S Bargeld und mehrere Sparbücher mit Guthaben im Gesamtbetrag von 634.938,78 S, sich mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zum Nachteil der Frieda D***** zugeeignet.
Nach den wesentlichen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen entstammten die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tatobjekte dem Eigentum der Frieda D*****, die in den letzten Monaten vor ihrem Tod am 17.Juni 1990 infolge gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage war, ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen. Franz D*****, der mit Frieda D***** in zweiter Ehe verheiratet war und sie in einem notariellen Testament als seine Alleinerbin eingesetzt hatte, übernahm daher in dieser Phase die Verwahrung sowohl des Bargeldes als auch der Sparbücher seiner Gattin. Bevor er am 6.Juni 1990 (zwei Tage vor seinem Tod am 8.Juni 1990) in Spitalsbehandlung kam, übergab er seiner Schwiegertochter Ehrentraud D***** (sie ist nach einem aus der ersten Ehe des Franz D***** stammenden Sohn verwitwet) neben anderen Dingen auch das Bargeld und die Sparbücher aus dem Eigentum der Frieda D*****. Als Franz D***** in der Folge - wie dargelegt - wenige Tage vor Frieda D***** verstarb, kamen - so das angefochtene Urteil - die Angeklagte Ehrentraud D***** und ihr Sohn Günther D***** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung überein, die in Rede stehenden Vermögenswerte im Wege entsprechender Transaktionen bei einem Geldinstitut zu verschleiern und solcherart der ordnungsgemäßen Berücksichtigung im Verlassenschaftsverfahren zu entziehen.
Diese der leugnenden Verantwortung der (zuletzt eine Schenkung seitens Franz D***** behauptenden) Angeklagten Ehrentraud D***** widerstreitenden Feststellungen stützen sich im wesentlichen darauf, daß sich Ehrentraud und Günther D***** bei ihren Angaben sowohl im Zuge der Verlassenschaftsabhandlungen als auch des Strafverfahrens zu hier entscheidenden Fragen in gravierende Widersprüche und Ungereimtheiten verwickelten. Während Ehrentraud und Günther D***** im Verlassenschaftsverfahren nach Franz D***** zu AZ 21 A 218/90 des Bezirksgerichtes Linz (unter Verschweigung der inkriminierten Sparguthaben bzw Bargeldsumme) angaben, von dem Verstorbenen (bloß) zwei auf dessen Namen lautende, vinkulierte Sparbücher über Gesamtguthaben von ca 129.000 S sowie zwei Kassetten zur Verwahrung übernommen zu haben, brachten sie die Variante einer umfassenden Schenkung der hier in Rede stehenden Vermögenswerte durch Franz D***** an Ehrentraud D***** erst vor, nachdem anläßlich einer sicherheitsbehördlichen Hausdurchsuchung bei Günther D***** Sparbücher sichergestellt wurden, die eine Rekonstruktion des von Franz D***** seiner Schwiegertochter anvertrauten Gesamtvermögens zuließen. Unter Mitberücksichtigung der weiteren Umstände, daß Franz D***** nach insoweit konformen Beweisergebnissen bereits zu Ostern 1990 insgesamt 1 Million Schilling an ihn nahestehende Personen (darunter auch Ehrentraud und Günther D*****) verteilt hatte und sich die Namhaftmachung der beiden auf Franz D***** lautenden Sparbücher im Verlassenschaftsverfahren aus der Sicht der letzten Verantwortung der Angeklagten in Richtung einer umfassenden Schenkung als nicht plausibel darstellte, nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß sich Ehrentraud und Günther D***** dolos unrechtmäßig bereichert hatten.
Rechtliche Beurteilung
Nur die Angeklagte Ehrentraud D***** bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit c StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie - den sie betreffenden Strafausspruch - mit Berufung.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Da das Beweisverfahren keine wie immer gearteten konkreten Anhaltspunkte dafür ergab, die intakte Diskretions- und Dispositionsfähigkeit der Ehrentraud D***** in Zweifel zu ziehen, bedeutete die Abweisung des Antrags auf Einholung eines gerichtspsychiatrischen Sachverständigengutachtens zum Nachweis einer Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB keine Hintansetzung von Verteidigungsrechten (Z 4).
All jene (im einzelnen nicht erörterungsbedürftigen) Beschwerdeargumente, die im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) - unter weitestgehender Außerachtlassung der auf den Seiten 448 und 450 festgehaltenen Urteilserwägungen - die Konstruktion formeller Begründungsmängel zur Frage der Kenntnis der Angeklagten von den die Tatobjekte betreffenden Eigentumsverhältnissen versuchen, scheitern nicht nur an der Unbeachtlichkeit eines (hier gar nicht aktuellen) Täterirrtums über die (allein in objektiver Hinsicht) tatrelevante Eigentumssituation (Leukauf-Steininger3 RN 12 zu § 166 StGB), sondern auch daran, daß Ehrentraud D***** weder hinsichtlich Franz D***** noch in bezug auf Frieda D***** zu dem nach § 166 StGB privilegierten Personenkreis zählte (§ 166 Abs 2 StGB kommt hier vorweg nicht zum Tragen).
Auch das Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 5 a) erweist sich als nicht stichhältig. Die Hinweise darauf, daß sich die evidenten Verschleierungspraktiken der Angeklagten auch mit rein finanzrechtlichen bzw auf die Hintanhaltung von Neidtendenzen ausgerichteten Zielsetzungen erklären ließen, Ehrentraud D***** die ihr von Franz D***** übergebenen Gegenstände "offen" zu ihrem Auto trug, sie auf die angebliche Intention des Franz D*****, sämtliche Vermögensangelegenheiten noch zu Lebzeiten zu regeln, vertrauen hätte können und schließlich auch für dessen Begräbnis und die Grabpflege Sorge trug, sind insgesamt nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Die Rechtsrügen hinwieder bringen keinen der geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, welche durchwegs einen Vergleich des von den Tatrichtern als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit den darauf anzuwendenden strafgesetzlichen Bestimmungen erfordert. Weder die in Anknüpfung an einer - urteilsfremden - eigenmächtigen Vermögensschädigung der Frieda D***** durch Franz D***** vorgenommene Relevierung von Feststellungsmängel zur Frage einer zivilrechtlich wirksamen Bevollmächtigung des Franz D***** durch seine Gattin (Z 9 lit a) noch die auf § 166 StGB gestützte Reklamation einer fehlenden Anklageberechtigung aus der Sicht eines (noch dazu bloß) behaupteten Täterirrtums über die wahren Eigentumsverhältnisse an den Tatobjekten (Z 9 lit c) werden diesem Erfordernis gerecht.
Die Frage der Objektstauglichkeit von Guthaben auf vinkulierten Sparbüchern kann bei der hier aktuellen Sachkonstellation auf sich beruhen, weil sie im angefochtenen Urteil (aus der Sicht des § 290 Abs 1 StPO) jedenfalls zum Vorteil der Angeklagten bejaht wurde.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Über die Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Linz zu befinden haben (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E30899European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0110OS00136.9200006.0121.000Dokumentnummer
JJT_19930121_OGH0002_0110OS00136_9200006_000