TE OGH 1993/1/29 1Ob650/92

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Veröffentlicht am 29.01.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Reinhard St*****, vertreten durch Dr. Günther Steiner, Dr. Hanspeter Herle und Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Tomislav P***** und 2. D*****, beide vertreten durch Dr. Otto Kern und Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 1. September 1992, GZ 41 R 684/92-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 15. April 1992, GZ 3 C 1942/91b-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die beklagten Parteien schuldig sind, der klagenden Partei das auf der Liegenschaft mit der Grundstücksadresse Wien 11., Simmeringer Hauptstraße 445, befindliche Gebäude geräumt von eigenen Fahrnissen binnen 14 Tagen bei Exekution zu übergeben.

Die beklagten Parteien sind ferner zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.204,36 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 2.325,72 Umsatzsteuer und S 1.250 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Mutter des Klägers und dessen Schwester betrieb in Wien-Simmering eine Friedhofsgärtnerei; sie war außerdem Alleineigentümerin einer Liegenschaft in der Katastralgemeinde Kaiserebersdorf, auf deren der Straße zugewandten Seite ein Gebäude mit Küche und zwei Zimmern sowie ein Schuppen errichtet sind.

Mit Vertrag vom 25.3.1969 veräußerte sie dem Kläger einen Hälfteanteil an dieser Liegenschaft, behielt sich jedoch das Recht zur Nutzung des erwähnten Gebäudes vor.

Die Zweitbeklagte war seit 1973 in der von der Mutter des Klägers betriebenen Friedhofsgärtnerei beschäftigt; ein schriftlicher Dienstvertrag war nicht errichtet worden. Die Mutter der Klägerin überließ der Zweitbeklagten das schon erwähnte Gebäude für die Dauer des Dienstverhältnisses zur Benützung. Der Erstbeklagte nahm 1976 die Arbeit in deren Friedhofsgärtnerei auf und bewohnt seither gemeinsam mit der Zweitbeklagten das dieser überlassene Gebäude. Beide waren jeweils nur während der Saison (Frühjahr bis Anfang November eines jeden Jahres) beschäftigt.

Mit Vertrag vom 9.8.1976 schenkte die Mutter des Klägers dessen Schwester den ihr verbliebenen Hälfteanteil an der Liegenschaft in Kaiserebersdorf.

In der Folge nahm auch der Kläger am Standort seiner Mutter den Betrieb einer Friedhofsgärtnerei auf, ohne daß die beiden Unternehmen voneinander räumlich abgegrenzt geführt worden wären. Insbesondere nahm der Kläger das Personal und die Betriebsmittel seiner Mutter in Anspruch. Gegenstand beider Unternehmen war ausschließlich die Betreuung von Gräbern auf dem Wiener Zentralfriedhof. Somit waren die beiden Beklagten zum Teil auch im Betrieb des Klägers tätig, ohne daß ihnen von ihm hiefür gesonderte Weisungen erteilt oder konkrete Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dessen Mutter getroffen worden wären. Der Kläger zog immer nur bei Bedarf Hilfskräfte heran. Ständig tätige Dienstnehmer beschäftigte er nicht.

Nach dem Ableben seiner Mutter am 23.6.1989 bestellte der Verlassenschaftskurator dessen Schwester zur Geschäftsführerin der bisher von dessen Mutter betriebenen Friedhofsgärtnerei. In weiterer Folge bestätigte der Ausgleichsverwalter in dem über die Verlassenschaft eröffneten Ausgleichsverfahren die Schwester des Klägers in deren Funktion als Geschäftsführerin; der Kläger beteiligte sich dagegen am Betrieb der Verlassenschaft nicht.

Am 3.1.1990 wurde der Nachlaß dem Kläger und dessen Schwester zu gleichen Teilen eingeantwortet. Bis Ende 1990 waren die beiden Beklagten nun bei der Erbengemeinschaft beschäftigt.

Mit Wirkung ab 1.1.1991 wurde die früher von der Erblasserin betriebene Friedhofsgärtnerei von einer von der Schwester des Klägers und deren Sohn gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung weitergeführt; letzterer ist deren Geschäftsführer. Seither sind die beiden Beklagten bei dieser Gesellschaft beschäftigt. Sie wurden über die weiteren betrieblichen Entwicklungen der bisher von der Erblasserin geführten Gärtnerei nur so weit informiert, als ihnen mitgeteilt wurde, daß nun die Schwester des Klägers deren Dienstgeberin sei und ihnen den Lohn auszahlen werde.

Zwischen dem Kläger und dessen Schwester wurde keine ausdrückliche Vereinbarung über den Gebrauch der ihnen gemeinsam gehörigen Liegenschaft, auf dem sich das von den Beklagten benützte Gebäude befindet, getroffen. Das Grundstück ist durch einen parallel zur Straße aufgestellten Zaun in annähernd gleiche Hälften geteilt: Auf der der Straße abgewandten Seite betreibt der Ehegatte der Schwester des Klägers eine Kaninchenzucht; auf diesem Grundstücksteil ließ diese einen Wasseranschluß herstellen, ohne die Zustimmung des Klägers einzuholen.

Der Kläger begehrte die Verurteilung der beiden Beklagten zur Räumung des Gebäudes auf der ihm und seiner Schwester je zur Hälfte zugeschriebenen Liegenschaft; die Beklagten benützten das Gebäude zu Wohnzwecken, ohne einen Rechtstitel vorweisen zu können.

Die Beklagten wendeten ein, sie stünden schon seit 15 Jahren in einem Dienstverhältnis zur Mutter des Klägers und nach deren Ableben zu der aus diesem und dessen Schwester gebildeten Erbengemeinschaft. Sie seien sowohl bei der Erblasserin als auch beim Kläger beschäftigt gewesen und in dessen Gärtnereibetrieb nach wie vor tätig. Sie benützten das Gebäude als Dienstwohnung im Rahmen des Dienstverhältnisses, sodaß von einer titellosen Benützung keine Rede sein könne.

Darauf erwiderte der Kläger, weder er noch die nunmehrige Dienstgeberin der Beklagten seien Rechtsnachfolger der Erblasserin. Selbst bei Annahme eines Dienstwohnungsverhältnisses sei die Wohnung den Beklagten nur für die Dauer deren Beschäftigung bei der Erblasserin zur Verfügung gestellt worden, sodaß mit deren Tod die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Die Beklagten seien nur Dienstnehmer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die zur Überlassung der Räume als Dienstwohnung jedoch nicht berechtigt sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte - außer dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - fest, es könne nicht festgestellt werden, daß der Kläger mit seiner Mutter über die Beschäftigung der Beklagten in seinem Unternehmen besondere Abmachungen getroffen habe, insbesondere auch nicht, daß deren Tätigkeit in seinem Betrieb als Gegenleistung für die Überlassung des Gebäudes an diese gedacht gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger wäre als Hälfteeigentümer der Liegenschaft nur dann zur Räumungsklage berechtigt, wenn die Beklagten diese ohne Rechtstitel benützen würden; das treffe aber nicht zu. Die Überlassung des Gebäudes für die Dauer des Dienstverhältnisses sei als Überlassung einer Dienstwohnung zu beurteilen. Da das Dienstverhältnis mit dem Tod des Dienstgebers grundsätzlich nicht erlösche und die vereinbarten Voraussetzungen für die Überlassung der Dienstwohnung im selben Betrieb nach wie vor gegeben seien, stünde den Beklagten aus diesem Titel auch weiterhin ein Benützungsrecht zu, sodaß der Kläger der Aktivlegitimation entbehre. Da seine Schwester das im Erbweg erworbene Mitbenützungsrecht an dem Gebäude in die von ihr gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingebracht habe, sei diese als Rechtsnachfolgerin der Erblasserin anzusehen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge des Klägers aus, wie immer das der Erblasserin an der Liegenschaft zustehende Nutzungsrecht zu beurteilen sei, könnten es die Beklagten für ihren Standpunkt nicht ins Treffen führen, weil die Schwester des Klägers ein Alleinnutzungsrecht nicht habe erwerben können. Deshalb müsse auch nicht geklärt werden, ob es sich dabei überhaupt um ein vererbliches Recht oder bloß um einen - wenn auch nicht verbücherten - Fruchtgenuß handle, der als höchstpersönliches Recht nicht vererblich sei. Der Kläger berufe sich auf sein Hälfteeigentum und rechtfertige seine Aktivlegitimation mit der Behauptung, daß die Beklagten das Gebäude ohne Rechtstitel benützten. Die in bezug auf den Benützungstitel behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten hätten dem entgegengehalten, es handle sich um eine Dienstwohnung, weil sie sowohl bei der Erblasserin als auch in der Gärtnerei des Klägers tätig und dort beschäftigt gewesen seien. Hiezu habe das Erstgericht festgestellt, die Beklagten seien seit 1.1.1991 bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt und benützten das Gebäude offenkundig mit Zustimmung der Schwester des Klägers. Daraus folge zunächst, daß die Beklagten gegenüber dieser als Hälfteeigentümerin der Liegenschaft über einen Benützungstitel verfügten. Es stelle sich nun die Frage, wie dieser Benützungstitel dem Kläger als weiterem Hälfteeigentümer gegenüber wirke. Nach ständiger Rechtsprechung sei jeder Miteigentümer zur Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer einer Wohnung im gemeinsamen Haus legitimiert. Habe der Oberste Gerichtshof aber noch in MietSlg 17.022 die Auffassung vertreten, der Miteigentümer könne die Unwirksamkeit einer Verfügung seines Eigentumsgenossen nur diesem gegenüber geltend machen, nicht aber dessen Vertragspartner auf Räumung klagen, so habe die neuere Rechtsprechung eine titellose Benützung angenommen, wenn ein Dritter entweder überhaupt keinen Titel oder aber nur einen Bestandvertrag mit einem anderen Miteigentümer vorweisen könne. Daraus werde gefolgert, der Hälfteeigentümer könne wie übrigens sogar der Minderheitseigentümer unberechtigte Eingriffe Dritter abwehren und habe daher einen Räumungsanspruch auch gegen denjenigen Benützer, der sich nur auf einen mit dem anderen Hälfteeigentümer geschlossenen Mietvertrag stützen könne, der jedoch für den anderen Teilhaber nicht bindend sei.

Dieser Auffassung könne das Berufungsgericht nicht beitreten: Liege, wie im vorliegenden Fall, eine Benützungsvereinbarung zwischen den Miteigentümern nicht vor, könne der eine den anderen im Rechtsweg zur Abwehr von Rechtswidrigkeiten belangen. Dazu gehöre etwa das Begehren auf Beseitigung eigenmächtiger Veränderungen der Sache oder auf Unterlassung drohender Eingriffe. Gehe man nun im konkreten Fall davon aus, daß keine Benützungsregelung bestehe, widerspreche der unbeschränkte und ausschließliche Gebrauch des Gebäudes durch die Schwester der Klägerin, die ihn an die Beklagten weitergegeben habe, dem Grundsatz des § 828 ABGB, weshalb der Kläger von ihr die Unterlassung bzw die Beseitigung dieser Gebrauchsstörung verlangen könne. Der Kläger sei allerdings mit einer Räumungsklage vorgegangen, deren Begehren seiner Schwester gegenüber als Miteigentümerin ohne Erfolg bleiben müsse; aus § 828 ABGB sei nämlich abzuleiten, daß einem Miteigentümer ohne entsprechende Vereinbarung oder rechtsgestaltende Entscheidung des Außerstreitrichters der Mitbesitz nicht entzogen werden dürfe. Deshalb sei jedenfalls die Räumungsklage des Minderheits- oder Hälfteeigentümers gegen die übrigen Miteigentümer nicht statthaft, sodaß der Kläger seine Schwester nicht mit Erfolg auf Räumung des auf der Liegenschaft errichteten Gebäudes in Anspruch hätte nehmen können. Demzufolge sei aber auch das Räumungsbegehren gegen die Beklagten, die ihr Benützungsrecht von der anderen Teilhaberin herleiteten, nicht berechtigt. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Hälfteeigentümer das Gebäude persönlich benütze oder ob es andere mit dessen Zustimmung gebrauchten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist berechtigt.

Vorerst ist auf das von den Beklagten auch wieder in deren Revisionsbeantwortung ins Treffen geführte Nutzungsrecht der Erblasserin an dem von den Beklagten benützten Haus, das sie zur Gebrauchsüberlassung legitimierte, einzugehen: Ungeachtet der wenig präzisen erstinstanzlichen Feststellungen, die eine verläßliche Einordnung dieses der Erblasserin vorbehalten gebliebenen Rechtes nicht gestatten, kann dieses - sofern es nicht überhaupt mit dem Ableben der Erblasserin erloschen war (§ 529 erster Satz ABGB) - nur auf beide Erben, also den Kläger und dessen Schwester, übergegangen sein, sodaß es nun wieder den Miteigentümern entsprechend deren Anteilen zustand und damit im Liegenschaftseigentum (durch Vereinigung) aufgegangen ist. Aus diesem Nutzungsrecht ist daher, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannte, für die Zeit nach dem Ableben der Erblasserin für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen.

Dagegen kann der der Entscheidung des Berufungsgerichtes zugrundegelegten Auffassung, der Hälfteeigentümer könne ebensowenig wie seinen Eigentumsgenossen auch Personen, die ihr Recht zur Benützung des gemeinschaftlichen Guts aus vertraglichen Beziehungen mit diesem ableiten, auf Räumung in Anspruch nehmen, nicht beigetreten werden. Nach nunmehr einhelliger, von der Lehre (vgl Gamerith in Rummel, ABGB2 § 828 Rz 6 und § 833 Rz 5) gebilligter Rechtsprechung (WoBl 1988, 36; SZ 60/183; SZ 59/203; SZ 45/49 uva; zuletzt wieder 8 Ob 575/90) ist der Hälfte-, aber auch der Minderheitseigentümer zur Räumungsklage gegen Personen, die das Gemeinschaftsgut ohne zureichenden Rechtstitel benützen, berechtigt; der von einem Hälfte- oder einem Minderheitseigentümer ohne Zustimmung der übrigen Teilhaber geschlossene Bestand- oder sonstige Gebrauchsvertrag binde diese nicht, sodaß ihrem Räumungsbegehren die Einwendung der mangelnden Aktivlegitimation nicht mit Erfolg entgegengehalten werden könne. Gegen diese Judikatur führt das Berufungsgericht ins Treffen, so wie dem Miteigentümer gegen einen anderen Teilhaber die Klage auf Herausgabe des gemeinschaftlichen Guts verwehrt sei, müsse ihm die Berechtigung zur Räumungsklage auch gegen solche Personen abgesprochen werden, die einen Bestandvertrag mit einem der Eigentumsgenossen vorweisen könnten. Bei dieser Gleichstellung vermengt das Berufungsgericht aber das Gebrauchsrecht des Miteigentümers mit dessen Beteiligung an der Verwaltung des gemeinschaftlichen Guts. Wie der erkennende Senat in seiner in SZ 58/10 = JBl 1985, 614 veröffentlichten Entscheidung vom 16.1.1985, 1 Ob 702/84, aussprach, kann der Miteigentümer einer Sache, die bestimmte unbeschränkte Gebrauchsmöglichkeiten eröffnet, soweit keine Benützungsvereinbarung getroffen wurde, diesen Gebrauch ausüben; bei beschränkter Gebrauchsmöglichkeit - wie etwa bei der Benützung einer Wohnung - kann er das gemeinschaftliche Gut dagegen derart gebrauchen oder benützen, daß er hiedurch den Gebrauch oder die Benützung durch den anderen nicht beeinträchtigt. Dabei ist nicht auf abstrakte Gebrauchsmöglichkeiten anderer Miteigentümer abzustellen, sondern nur auf den konkreten Gebrauch durch den anderen Bedacht zu nehmen, sodaß der Gebrauch des einen nur in dem tatsächlichen Mitgebrauch des anderen seine Schranke findet. Überläßt deshalb ein Miteigentümer dem anderen die Benützung der gemeinschaftlichen Sache aus welchem Grunde immer, handelt dieser nicht rechtswidrig, wenn er von den ihm hiedurch eröffneten Möglichkeiten Gebrauch macht. Will der andere Miteigentümer seinerseits Anteilsrechte in Anspruch nehmen, kann er seinen Teilhaber nicht auf Herausgabe klagen, weil ihm dessen Eigentumsrecht gegenübersteht (SZ 39/189; Gamerith aaO), wohl aber steht es ihm frei, eine Änderung des bisherigen Gebrauchs durch einvernehmliche Regelung oder, wenn diese nicht erreichbar ist, durch Anrufung des Außerstreitrichters herbeizuführen: Diese Neuordnung des Gebrauchs der gemeinschaftlichen Sache ist allerdings ein konstitutiver Akt, dessen Wirkungen sich nur auf die Zukunft erstrecken. Von diesen Besitz- und Gebrauchshandlungen der Teilhaber sind indessen die in § 833 ABGB genannten Verwaltungshandlungen zu unterscheiden, die als Maßnahmen einer Geschäftsführung im Interesse der Gemeinschaft vorzunehmen sind und vornehmlich Rechtsgeschäfte und andere Rechtshandlungen zum Gegenstand haben (Gamerith aaO § 833 Rz 3). Bei gleichteiligem Miteigentum - wie im vorliegenden Fall - steht mangels Einigung selbst die ordentliche Verwaltung keinem der Teilhaber zu, sodaß ebenso wie bei einer wichtigen Veränderung (§ 834 ABGB) die Entscheidung des Außerstreitrichters zu suchen ist (SZ 58/129; Gamerith aaO § 833 Rz 11; Koziol-Welser, Grundriß9 II 53). Da der Abschluß von Miet- und Pachtverträgen regelmäßig als Akt der ordentlichen Verwaltung des gemeinschaftlichen Guts anzusehen ist, ist die Eigentumsgemeinschaft an einen von einem oder einzelnen Miteigentümern abgeschlossenen Bestand- oder sonstigen Gebrauchsvertrag über das gemeinschaftliche Gut oder Teile hievon nur gebunden, wenn die am Vertrag beteiligten Eigentumsgenossen die Anteilsmehrheit repräsentieren (SZ 60/183; Gamerith aaO § 833 Rz 10 mwN). Ein bloß mit einem Hälfte- oder gar nur mit einem Minderheitseigentümer ohne Zustimmung durch die anderen Teilhaber geschlossener Bestandvertrag verpflichtet zwar jene, dem Vertragspartner die zugesicherte Rechtstellung zu verschaffen, ein auch die Eigentumsgemeinschaft als solche bindender Rechtstitel zum Gebrauch des Gemeinschaftsgutes oder einzelner Teile hievon ist dieser Vertrag hingegen nicht, sodaß dem anderen Hälfteeigentümer gegen den Dritten die Räumungsklage nur verwehrt wäre, wenn er der Begründung des Benützungsrechtsverhältnisses durch seinen Teilhaber wenigstens konkludent zugestimmt hätte.

Es ist deshalb an der ständigen Rechtsprechung festzuhalten, sodaß das Berufungsgericht die Berechtigung des Klägers als Häfteeigentümer nicht einfach deshalb hätte verneinen dürfen, weil sich die Beklagten auf einen dessen Schwester bindenden Bestandvertrag stützen könnten. Daß der Kläger der Begründung eines solchen Bestandverhältnisses zugestimmt hätte, hat das Erstgericht nicht festgestellt.

Es bleibt deshalb zu prüfen, ob das von der Erblasserin mit den Beklagten aufgrund deren Übernahme in ein Dienstverhältnis im Rahmen des Betriebes ihrer Friedhofsgärtnerei begründete Benützungsrechtsverhältnis den Kläger auch noch derzeit bindet, weil die Beklagten, wie sie behaupten, nach wie vor in dem früher von der Erblasserin betriebenen Unternehmen beschäftigt seien. Den erstinstanzlichen Feststellungen kann immerhin entnommen werden, daß die Erblasserin das ihrer Nutzung vorbehaltene Haus den Beklagten mit der Erklärung überlassen habe, sie könnten dort so lange wohnen, als sie in der Friedhofsgärtnerei arbeiteten. Da ein besonderes Entgelt für die Überlassung des Hauses nicht ausbedungen war, ist diese Gebrauchsüberlassung als Dienstwohnungsrechtsverhältnis mit Naturallohnkonstruktion zu beurteilen, weil sie unmittelbar auf den Dienstvertrag beruhte und das Wohnrecht als Naturallohn aufzufassen war (Würth und Krejci in Rummel aaO § 1090 Rz 12 bzw § 1151 Rz 111). Ein solches Dienstwohnungsverhältnis endet im Zweifel mit der Beendigung des Dienstvertrages (Krejci aaO Rz 117), ohne daß sich der Dienstnehmer auf den mietrechtsgesetzlichen Kündigungsschutz berufen könnte oder das Benützungsrechtsverhältnis durch Kündigung nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung beendet werden müßte (Krejci aaO Rz 119 mwN).

Der Nachlaß der Erblasserin wurde dem Kläger und dessen Schwester am 3.1.1990 zu gleichen Teilen eingeantwortet, sodaß auch das zum Nachlaß gehörige Unternehmen auf beide Erben übergegangen ist; demgemäß waren die beiden Beklagten auch bis zum Ende der Saison 1990 bei der Erbengemeinschaft beschäftigt. Damit endete aber das von der Erblasserin begründete und deshalb dem Kläger als Miterben zuzurechnende Dienstverhältnis, gleichzeitig aber auch das auf dessen Grundlage begründete Dienstwohnungsrechtsverhältnis mit den Beklagten. Seit 1.1.1991 sind die beiden Beklagten bei einer von der Schwester des Klägers und deren Sohn errichteten Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt, in die jene ungeachtet der „Feststellungen“ (die das Berufungsgericht zu Recht als rechtliche Beurteilung gewertet hat) nur den ihr zugekommenen Teil der in den Nachlaß gefallenen Friedhofsgärtnerei der Erblasserin als Sacheinlage einbringen konnte. Damit hat aber die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht etwa das von der Erblasserin begründete Dienst- und Dienstwohnungsrechtsverhältnis als deren Rechtsnachfolgerin fortgeführt, sondern es wurde ein neues Dienstrechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und den Beklagten begründet, auf dessen Grundlage diesen aber die zum gemeinschaftlichen Gut gehörige Wohnung selbst mit Zustimmung der Schwester des Klägers nicht wirksam überlassen werden konnte, weil diese als bloße Hälfteeigentümerin die Eigentumsgemeinschaft - wie erwähnt - nicht binden konnte.

Auch eine aus der tatsächlichen Übung ableitbare konkludente Benützungsvereinbarung zwischen den Hälfteeigentümern könnten die - beweispflichtigen - Beklagten abgesehen davon, daß sie in erster Instanz hiezu keine entsprechenden Behauptungen aufgestellt haben, für ihren Rechtsstandpunkt nicht mit Erfolg ins Treffen führen, weil die Schwester des Klägers gerade jenen räumlich abgegrenzten Teil des Grundstücks für ihre Zwecke ausschließlich benützt, auf dem sich das Haus nicht befindet; folgerichtig stünde bei Unterstellung einer solchen Benützungsvereinbarung das ausschließliche Gebrauchsrecht an dem hier maßgeblichen Teil des Grundstücks dem Kläger zu, zu dem die Beklagten nach den vorangestellten Erwägungen gerade nicht in Rechtsbeziehung stehen.

Dessen Räumungsanspruch erweist sich deshalb als gerechtfertigt, weshalb seinem Klagebegehren in Stattgebung der Revision zu entsprechen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E31174

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0010OB00650.92.0129.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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