Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerhard L*****, 2. Rudolf R*****, und 3. Gerda R*****, die beiden letzteren ***** alle vertreten durch Dr. Christian Ransmayr, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert S 70.000,--) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 2. März 1992, GZ R 119/92-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 18. November 1991, GZ 2 C 622/90-15, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung:
Der Erstkläger ist zur Hälfte, der Zweit- und die Drittklägerin sind je zu einem Viertel Eigentümer einer Liegenschaft in der Katastralgemeinde Nußdorf. Die Rechtsvorgänger der Kläger erwarben das deren Gutsbestand bildende und das angrenzende Grundstück am 8.10.1958, deren Rechtsvorgänger waren von 1946 bis 1958 Eigentümer dieser Grundstücke. Weder diesen noch den unmittelbaren Rechtsvorgängern der Kläger war beim Erwerb der Grundstücke mitgeteilt worden, daß diese Grundflächen nicht bis zur Uferlinie des Attersees reichten.
Die Kläger begehrten die Feststellung, daß die derzeitige Uferlinie (des Attersees) die Grundgrenze zwischen dem den Gutsbestand ihrer Liegenschaft in der Katastralgemeinde Nußdorf bildenden Grundstück und dem Seebett des Attersees als öffentlichem Wassergut darstelle. Sie brachten hiezu vor, ihr Grundstück grenze im Osten an das öffentliche Wassergut. Im Zuge der Neuanlegung des Grenzkatasters habe zwischen den Streitteilen am 17.10.1990 über den Grenzverlauf eine Einigung nicht erzielt werden können. Die Kläger seien deshalb aufgefordert worden, binnen sechs Wochen ein zur Beendigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Ihr Grundstück sei seit Menschengedenken ein Seeufergrundstück; die Grenze zum öffentlichen Wassergut bilde somit die Uferlinie. Die Grenze zwischen den beiden Grundstücken verlaufe seit zumindest 120 Jahren und damit auch bereits mehr als 40 Jahre vor Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes so wie derzeit in der Natur ersichtlich; das beweise auch ein Baumstrunk im unmittelbaren Grenzverlauf. Die Kläger und deren Rechtsvorgänger hätten ihr Grundstück seit zumindest 120 Jahren gutgläubig bis zur Uferlinie genützt.
Die beklagte Partei wendete insbesondere ein, die Kläger hätten die strittige Grundfläche nicht ersitzen können. Am 17.10.1990 sei die Grenze vom Vermessungsamt unter Heranziehung 1959 und 1976 erstellter und von den Klägern ausdrücklich anerkannter Vermessungspläne abgesteckt worden. Die so dargestellte Grundgrenze sei auch einvernehmlich in der Natur vermarkt worden und die Grenzzeichen seien derzeit noch großteils vorhanden. Die von den betroffenen Liegenschaftseigentümern erklärte Zustimmung zu dieser Grenzlinie sei auch beurkundet worden. Dadurch hätten die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger das Eigentum der beklagten Partei an der nun strittigen Grundfläche anerkannt. Der in der Klage erwähnte Baumstrunk sei übrigens nicht etwa 120, sondern höchstens 90 Jahre alt.
Die Kläger erwiderten darauf, seinerzeit sei auch die beklagte Partei davon ausgegangen, daß das Seeufer in der Natur die Grenze bilde; auch dieser sei daher nicht bekannt gewesen, daß die im Vermessungsplan ausgewiesene Grenzlinie mit der Seeuferlinie nicht übereinstimme.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt.
Es stellte fest, die Eigentümer der Grundstücke vor dem Jahre 1958 und ihre Angehörigen hätten diese Grundstücke bis zum See benützt; sie hätten die Wiesenflächen stets bis zur Uferlinie genutzt. Im Bereich der Seegrenze seien damals dem Uferverlauf folgend Bäume gestanden. Eine Stelle westlich der Uferlinie hätten deren Angehörige und Arbeiter als Badeplatz benützt. Ein auch heute noch im Bereich der Uferlinie auf dem Grundstück der Kläger ersichtlicher, etwa 100 bis 120 Jahre alter Baumstrunk hätte in den See hineingeragt. Im Abstand von 3 bis 5 m von der Uferlinie entfernt habe über beide Grundstücke ein schmaler Fußsteig geführt, der von Flößern, Fischern und Spaziergängern benützt worden sei. Zwischen Uferlinie und Steig sei 2 bis 3 m breites Buschwerk gestanden. Dieser Fußsteig sei nach dem Erwerb der beiden Grundstücke durch die Rechtsvorgänger der Kläger nicht mehr benützt worden und sei deshalb in der Folge abgekommen.
Die Rechtsvorgänger der Kläger hätten die beiden Grundstücke als Seegrundstücke gekauft. Beim Kauf seien sie nicht darauf aufmerksam gemacht worden, daß im Bereich der Landfläche Grenzsteine versetzt seien, bei Begehung der Grundstücke sei ihnen von den Verkäufern im Gegenteil versichert worden, daß diese bis zum See hin reichten. Zu dieser Zeit seien die Grundstücke eine „saure Wiese“ mit teilweisem Schilfbestand gewesen. Nach dem Ankauf sei der Grund von den neuen Eigentümern entwässert worden. Damals (also 1958) sei die Uferlinie ebenso wie heute verlaufen.
In der Folge hätten die Rechtsvorgänger der Kläger den Eigentümern der südwestlich bzw. westlich an die beiden Grundstücke angrenzenden Grundstücke einen Teil des nicht mehr zum Gutsbestand der Liegenschaft der Kläger gehörigen Grundstücks abgetreten. Zu diesem Zweck seien beide Grundstücke von einem Zivilgeodäten am 24.6.1959 vermessen worden. Die Naturaufnahme in dessen Plan habe zur Beschreibung der Grenze zwischen den beiden Grundstücken und dem öffentlichen Wassergut bestimmte Grenzpunkte ausgewiesen. Im Uferbereich seien deshalb bei der Vermessung auch dem öffentlichen Wassergut gegenüber drei Grenzsteine „gesetzt oder vorgefunden“ worden. Diese damals derart gekennzeichnete Grenze habe auch mit der Katastergrenze übereingestimmt. Diese Grenzpunkte seien aber in der Katastralmappe nicht aufgeschienen. Aufgrund des vom Zivilgeodäten erstellten Planes sei die Katastermappe im Bereich der zwischen den beiden Grundstücken und den Grundstücken der Nachbarn, denen Teile abgetreten worden seien, berichtigt worden. Dem öffentlichen Wassergut gegenüber sei dagegen eine Mappenberichtigung nicht erfolgt. Doch seien zum Zeichen, daß die Grenze zum See gekennzeichnet worden sei, Grenzringe eingezeichnet worden.
Die Mappenberichtigung wurde am 15.7.1959 beurkundet und diese Beurkundung von den Rechtsvorgängern der Kläger sowie den Eigentümern der Nachbargrundstücke unterfertigt worden. Diese Beurkundung laute wie folgt:
„Die Grenzlinien zwischen nachstehend angeführten Grundstücken der KG Nußdorf stimmen nach dem Stand in der Natur mit der Darstellung der Katastralmappe B 1/7 nicht überein. Der Verlauf der Grenzlinie wurde am 24.6.1959 nach dem Stand in der Natur vermessen und in dem von .... (dem Zivilgeodäten)... unter der GZ .... verfaßten Plan dargestellt. Die Unterzeichneten bestätigen im Sinne obiger Verordnung, daß eine Änderung der Grenze in der Natur nicht stattgefunden hat und daß sie sich über den eingezeichneten Grenzzug einig sind.“
Im Verlaufe des Jahres 1975 hätten die Rechtsvorgänger der Kläger das weitere bis dahin zum Gutsbestand ihrer Liegenschaft gehörige Grundstück einem Interessenten zum Kauf angeboten. Sie hätten diesem bedeutet, daß das Grundstück bis zu der wie heute gegebenen Uferlinie reiche. Weder der Kaufinteressent noch dessen Rechtsnachfolger noch die damalige Hälfteeigentümerin hätten Grenzsteine wahrgenommen. Anläßlich dieses Grundverkaufs habe derselbe Zivilgeodät für die beiden Grundstücke eine auf dem Plan aus dem Jahre 1959 beruhende Planurkunde verfaßt, in der die Grenzpunkte im Bereich des Sees dargestellt und in der Naturaufnahme des Grundstücks der Kläger als näher bestimmte Grenzpunkte bezeichnet worden seien. Außerdem habe der Zivilgeodät gemäß § 43 Abs 6 VermG die Zustimmungserklärungen der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke eingeholt. Mit der Begründung, daß durch die beabsichtigte Abtretung von Grundstücksteilen offensichtlich keine Änderung der Grenze zum Attersee eintrete, sei auch die Zustimmung der beklagten Partei als Eigentümerin dieses Grundstückes erteilt worden. Da die Grundnachbarn keine Einwendungen erhoben hätten, sei das von den Rechtsvorgängern der Kläger verkaufte Grundstück mit den zur Uferlinie hin befindlichen Grenzpunkten in den Grenzkataster aufgenommen worden. Die Rechtsvorgänger der Kläger seien bei Abgabe ihrer Zustimmungserklärung der Meinung gewesen, daß sich diese nur auf die Grenzlinie zwischen dem Grundstück der Kläger und dem verkauften Grundstück beziehe. Von der Grenze zum öffentlichen Gut hin sei damals nicht die Rede gewesen. Auch eine Überprüfung der Grenze in der Natur hätten die Rechtsvorgänger der Kläger bei Abgabe ihrer Zustimmungserklärung nicht vorgenommen. Die Grenzpunkte zwischen dem Grundstück der Kläger und dem Attersee sei nach wie vor nicht in den Grenzkataster übertragen worden.
Bei einer ersten Grenzverhandlung am 18.9.1989 habe der Verhandlungsleiter des Vermessungsamtes festgehalten, der Plan des Zivilgeodäten stimme mit dem natürlichen Verlauf des Seeufers nicht überein. Am 17.10.1990 seien die Grenzpunkte, die in der Natur nicht ersichtlich gewesen seien, rekonstruiert, jedoch schließlich als durch (verdeckte) Steine gekennzeichnet vorgefunden worden. Von dieser rekonstruierten Grenzlinie weiche der derzeitige Uferverlauf ab.
In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, Grenzlinie sei die derzeitige Uferlinie, weil das Grundstück der Kläger stets von den Eigentümern bis dorthin genützt worden sei. Die Kläger hätten auch die Grenzpunkte nie anerkannt, weil sich ihre Zustimmung nicht auch auf den Grenzverlauf zum öffentlichen Gut hin erstreckt habe, auch wenn diese Grenze im Vermessungsplan ersichtlich gewesen sei.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es führte aus, es gehe hier um einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Neuanlegung des Grenzkatasters. Mangels Einigung über den Grenzverlauf seien die Kläger angesichts ihrer Behauptung, daß die Grenze mit dem aus den Behelfen ersichtlichen Verlauf nicht übereinstimme, aufgefordert worden, binnen sechs Wochen ein zur Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Im Verfahren außer Streitsachen sei die Grenze nach dem tatsächlichen Besitzstand zu ermitteln, im Prozeß müsse der Kläger dagegen die Feststellung eines bestimmten Grenzverlaufs begehren. Dieser Grenzverlauf müsse zwar schon in der Klage eindeutig angegeben worden, fehle eine solche Angabe, sei das Begehren jedoch nicht unschlüssig, sondern müsse dann gemäß § 182 ZPO verbessert werden. Das im Rechtsstreit darzutuende bessere Recht könne das Eigentum oder der publizianische Besitz an der strittigen Fläche sein. Der Vermessung und Beurkundung des Grenzverlaufs durch den Zivilgeodäten komme keine Bedeutung zu, weil die Grenze zwischen den Grundstücken der Streitteile damals gar nicht strittig gewesen und daher auch nicht einvernehmlich berichtigt worden sei. Die gemäß § 43 Abs 6 VermG von den Rechtsvorgängern der Kläger erteilte Zustimmung habe allein den gemeinsamen Grenzverlauf zwischen den davon betroffenen Grundstücken und nicht auch die Grenze zum öffentlichen Wassergut zum Gegenstand gehabt. Rechtswirkungen eines Vergleichs seien nur dann anzunehmen, wenn der Verlauf einer bereits strittigen Grenze mit allen Anrainern festgestellt werde. Die wahre Grenze ergebe sich auch nicht aus dem Grundkatataster; die Größe und die Grenzen eines Grundstückes könnten auch nicht mit Hilfe der Katastral- bzw. der Grundbuchsmappe bewiesen werden. Die maßgebliche Naturgrenze zwischen einem Gewässer und den anrainenden Grundstücken bilde die Uferlinie, die nach dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand zu ziehen sei. Die Grenze bildete also der volle Wasserstand. Wenn die Höhe des Wasserstands auf außergewöhnliche Niederschläge zurückzuführen sei, handle es sich um ein Hochwasser. Hilfsweise sei darauf abzustellen, ob die regelmäßig überflutete Fläche bei Fehlen eines Ufergrats unproduktiv sei oder anderweitig genutzt werde. Ersterenfalls sei trotz vorhandener Mischvegetation noch ein Wasserbett anzunehmen. Sei die streitverfangene Fläche danach als Teil des Wasserbettes oder als Ergebnis einer Verlandung als verlassenes Wasserbett anzusehen, müßten die Kläger die Beendigung der Ersitzung bis zum 1.11.1934 beweisen. Im fortgesetzten Verfahren werde der ordentliche Höchstwasserstand zu ermitteln sein. Da auch dem Baum am Ufer für die Feststellung der Uferlinie wesentliche Bedeutung zukomme, werde auch dessen Alter festzustellen sein; beides bedürfte der Begutachtung durch Sachverständige. Danach müßten auf dieser Grundlage genauere Feststellungen über den Uferverlauf, den Vegetationsstand und die Nutzung der Fläche getroffen werden, um verläßlich beurteilen zu können, ob die Grundfläche als ein - allenfalls verlassenes - Seebett anzusehen sei. Die Kläger hätten bisher die Nutzung des Uferstreifens zwar behauptet, aber nicht näher ausgeführt, in welcher Art dies geschehen sei; auch das werde noch zu erörtern und das Vorbringen von den Klägern gegebenenfalls zu ergänzen sein. Die Feststellung im erstinstanzlichen Urteil, die Liegenschaft sei immer landwirtschaftlich genutzt worden, bedürfe näherer Begründung in der Beweiswürdigung und sei insoweit zu präzisieren, als die mehrmalige Überflutung der Fläche in jedem Jahr, der festgestellte Schilfbestand und der Zustand als „saure Wiese“ eine landwirtschaftliche Nutzung im herkömmlichen Sinn wohl ausschlössen. Erst dann würde beurteilt werden können, ob die Kläger den fraglichen Grundstreifen durch einen im Sinne des § 1460 ABGB ausgeübten Sachbesitz ersessen haben bzw. ob ein solcher Rechtserwerb nach dem 1.11.1934 noch in Betracht komme.
Der von der beklagten Partei gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Sie behauptet zunächst, wäre vom Geodäten bei seiner 1959 vorgenommenen Grundvermessung eine vom Grundkataster abweichende Grenze vorgefunden worden, so hätte er sie in der Naturaufnahme ersichtlich machen und eine Mappenberichtigung veranlassen müssen; die im Akt erliegende Naturaufnahme hätte daher von den Vorinstanzen bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden müssen. Dieses Vorbringen ist jedoch schon deshalb nicht weiter zu prüfen, weil die Rekurswerberin im erstinstanzlichen Verfahren in diesem Zusammenhang lediglich vorbrachte, die Kläger hätten die Vermessungspläne des Geodeten anerkannt (ON 5, S. 2).
Mit der Behauptung, dem Grundkataster komme die Bedeutung eines Beweismittels zu, setzt sich die Beklagte mit der in SZ 62/59 veröffentlichten Entscheidung vom 5.4.1989, 1 Ob 6/89, in Widerspruch: Dort sprach der erkennende Senat mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung und dem Schrifttum aus, die Behauptung eines bestimmten Grenzverlaufs könne weder durch Grundbuchsauszüge noch durch Mappenkopien bewiesen werden, weil im Grundbuch der Verlauf der Grenzen zwischen den einzelnen Grundstücken nicht ersichtlich sei und mit der Katastral- bzw. der Grundbuchsmappe die Ausdehnung eines Grundstücks und damit auch der Verlauf seiner Grenzen nicht bewiesen werden könne. Daher bestimme auch § 3 AllgGAG, daß die Katastral- und die Grundbuchsmappe lediglich zur Veranschaulichung der Lage der Liegenschaften bestimmt seien; es könne ihnen daher auch kein Vertrauensschutz zugebilligt werden.
An dieser Auffassung ist festzuhalten. Soweit sich die beklagte Partei zur Untermauerung ihrer gegenteiligen Ansicht auf Wegan (in ÖJZ 1953, 36) und auf Twaroch (in ÖZfVuPh 1986, 177) beruft, übersieht sie, daß der Mappe - mag sie im Einzelfall noch so genau sein - von der Rechtsordnung keine über die Veranschaulichung der Lage der Liegenschaften hinausgehende Beweisfunktion zugebilligt wird; von in dieser Hinsicht rechtserheblicher Bedeutung ist erst der nach den Vorschriften des Vermessungsgesetzes angelegte Grenzkataster (§ 8 Z 1 und § 49 VermG). Der in EvBl. 1979/213 veröffentlichten Entscheidung des erkennenden Senates vom 14.3.1979, 1 Ob 5/79, kann zu der von der beklagten Partei vertretenen Auffassung über die Beweiserheblichkeit der Mappe nichts Sachdienliches entnommen werden, weil dort lediglich der Begriff des öffentlichen Wasserguts näher ausgedeutet wurde.
Soweit die beklagte Partei im Rekurs des weiteren ins Treffen führt, die für die Aufnahme des Grundstücks in den Grenzkataster nicht geeignete Zustimmungserklärung der Anrainer im Sinne des § 43 Abs 6 VermG sei doch zumindest als Anerkenntnis des von ihr behaupteten Grenzverlaufs zu beurteilen, läßt sie das Wesen des konstitutiven Anerkenntnisses als eines Feststellungsvertrages außer acht: In diesem gesteht eine Vertragspartei durch einseitiges Nachgeben - worin sich das Anerkenntnis vom Vergleich allein unterscheidet - das von ihr ernstlich bestrittene (bzw. bezweifelte) Recht des anderen Vertragsteils in vollem Umfang zu (SZ 58/29 ua; Bydlinski in Klang2 IV/2, 398 ff; Ertl in Rummel, ABGB2 § 1380 Rz 6 und 7). Wie der Vergleich ist das Anerkenntnis deshalb nur dann selbständiger Verpflichtungsgrund, wenn der Anerkennende das Recht vorher bestritten oder doch ernsthaft bezweifelt hat (SZ 58/29 ua). Gerade diese Voraussetzung trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. In aller Regel wird auch der Gutwilligste von sich aus nur bestätigen wollen, daß das fragliche Recht seines Wissens bestehe (vgl. Rummel in ÖBA 1992, 73). Im Zweifel ist daher nur ein deklaratives Anerkenntnis anzunehmen, das jedoch keine rechtsgeschäftliche Willens-, sondern bloß eine Wissenserklärung ist, die nur die Beweislast zum Nachteil des Anerkennenden verschiebt und eine allfällige Verjährung unterbricht (vgl. ÖBA 1992, 69).
Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend bemerkt, waren damals in Wahrheit nur die bis dahin umstrittenen Grenzen zwischen näher bezeichneten Grundstücken Gegenstand der Zustimmungserklärungen der Grundeigentümer; die Grenze zum öffentlichen Wassergut war zu dieser Zeit hingegen nicht in Zweifel gezogen. Selbst wenn man aber den Zustimmungserklärungen der Grundeigentümer doch auch eine gewisse Bedeutung für den Verlauf dieser Grenze zubilligen wollte, weil die Zustimmungserklärung durch die beklagte Partei sonst gar nicht eingeholt worden wäre, könnte diesen Erklärungen in bezug auf die Grenze zum öffentlichen Wassergut doch nur der Stellenwert eines deklarativen und somit widerlegbaren Anerkenntnisses zugemessen werden, war die beklagte Partei, deren Rechtssphäre durch den Vorgang, dem sie zustimmen sollte, gar nicht berührt wurde, doch nur überflüssigerweise beigezogen worden. Soweit die beklagte Partei zur Dartuung der Relevanz dieser Zustimmungserklärungen (auch) für diesen Grenzverlauf ins Treffen führt, daß sich diese auf die Grenze zwischen den vom Berufungsgericht angeführten Grundstücken gar nicht hätten erstrecken können, weil das eine von ihnen damals nicht vorhanden gewesen sei, übergeht sie die Tatsache, daß gerade dieses Grundstück durch den Vermessungsplan wiederhergestellt werden sollte. Die von der beklagten Partei ferner geforderte Analogie zur Umdeutung eines mangels Einhaltung bestimmter Formerfordernisse als solchen unwirksamen gerichtlichen Vergleichs in einen außergerichtlichen Vergleich scheitert bereits am Fehlen eines damit zwischen den Streitteilen beizulegenden Streits, der aber - wie schon erwähnt - eine wesentliche materiellrechtliche Voraussetzung für ein wirksames außergerichtliches Anerkenntnis (ebenso wie für einen wirksamen außergerichtlichen Vergleich) ist.
Die weitere Behauptung, daß einem ganz bestimmten Baum bzw. dessen Standort bei der Ermittlung der Uferlinie keine Bedeutung zukomme, ist schon deshalb in dritter Instanz nicht weiter zu klären, weil die Lösung dieser Frage dem Tatsachenbereich angehört; dem Obersten Gerichtshof bleibt es daher verwehrt, zu überprüfen, ob die vom Berufungsgericht bei richtiger rechtlicher Beurteilung für erforderlich erachtete Verfahrensergänzung auch tatsächlich notwendig ist (SZ 38/29 uva).
Soweit sich die beklagte Partei schließlich gegen die Rechtsprechung zur Grenzziehung nach dem ordentlichen Höchstwasserstand (SZ 53/38 und SZ 62/59) wendet, führt sie gegen die Richtigkeit der dort vertretenen Rechtsauffassung keine stichhältigen Argumente ins Treffen. Bezeichnend dafür, daß sie von ihren Ausführungen in dieser Richtung wohl selbst nicht voll überzeugt ist, ist ihr Eingeständnis, sie habe sich in ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil selbst auf diese Judikatur gestützt, sodaß sie diese nicht gerade bekämpfen wolle. Daß die Entscheidung EvBl. 1979/213 die Argumentation der beklagten Partei nicht tragen kann, wurde schon erörtert.
Die beklagte Partei kann aber auch die Materialien zur Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 (BGBl. 1990/252) zur Stützung ihrer Ansicht nicht mit Erfolg ins Treffen führen, weil der in der Regierungsvorlage (1152 BlgNR, 17.GP, 23), übrigens nicht näher begründete Hinweis, das öffentliche Wassergut ende nicht, „wie manchmal angenommen wird“, an der Uferlinie, bei richtigem Verständnis der neuen Rechtslage ihre Auffassung nicht trägt: Nach wie vor sind nämlich die Grenzen zwischen dem wasserführenden oder verlassenen Bett eines öffentlichen Gewässers und den anrainenden Grundstücken anderer Eigentümer als des Bundes nach dem regelmäßig wiederkehrenden, also dem ordentlichen Höchstwasserstand (SZ 62/59) zu ziehen; auf außergewöhnliche, demnach auf weit über die Durchschnittswerte hinausgehende Niederschläge zurückzuführende Hochwasserstände ist dagegen - trotz der teilweisen Neufassung der Bestimmungen über das öffentliche Wassergut im § 4 WRG - nicht Bedacht zu nehmen (vgl. SZ 53/38). Die bestehende Eigentumsordnung sollte durch die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 nicht angetastet werden; das folgt nicht zuletzt daraus, daß der in seiner Wirksamkeit durch das Wasserrechtsgesetz unberührt gebliebene (SZ 32/115) § 408 ABGB, nach dem die Rechte des „vorigen“ Eigentümers bei Überschwemmung seines Grundstücks unverletzt bleiben, durch diese Novelle weder aufgehoben noch abgeändert wurde.
Zweck der Neufassung des § 4 WRG ist - soweit überhaupt für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung - einerseits die „Klarstellung“, daß auch das im § 38 Abs 3 WRG umschriebene Hochwasserabflußgebiet öffentliches Wassergut ist, sofern nur der Bund Eigentümer der davon betroffenen Grundflächen ist (§ 4 Abs 1 WRG), bzw. andererseits die gesetzliche Anordnung, daß wasserführende oder verlassene Bette öffentlicher Gewässer sowie deren Hochwasserabflußgebiete mit dem Erwerb des Eigentums an solchen Flächen durch den Bund öffentliches Wassergut werden, soweit sie einem der im § 4 Abs 2 WRG beispielhaft aufgezählten Zwecke - darunter auch (lit.c) der Abfuhr von Hochwasser - dienen können, ohne daß es eines eigenen Widmungsaktes bedürfte (§ 4 Abs 4 WRG; vgl. auch Rossmann, Wasserrecht, 24). Im Ergebnis schreibt die Novelle somit fest, daß nicht nur jene Grundflächen des Bundes, die entweder wasserführende oder verlassene Bette öffentlicher Gewässer sind, sondern auch die bei 30jährlichen Hochwässern überfluteten Gebiete (§ 38 Abs 3 WRG) öffentliches Wassergut sind, sofern der Bund Eigentümer ist (§ 4 Abs 1 WRG) bzw. sobald er an solchen Flächen Eigentum erwirbt (§ 4 Abs 4 WRG). Ungeachtet der zumindest mißverständlichen Anmerkung Oberleitners (Das Wasserrechtsgesetz 1959 idF der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, 10) bleiben daher - wie schon weiter oben dargetan wurde - die Grenzen zwischen Grundstücken des Bundes, auch wenn diese öffentliches Wassergut sind, und Grundstücken anderer Eigentümer durch die Novelle unangetastet, sodaß sie weiterhin nach den in SZ 62/59 aufgestellten Kriterien zu ziehen sind.
Den an sich zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes, der Zustand der strittigen Grundfläche als „saure Wiese“ schließe wohl eine landwirtschaftliche Nutzung im herkömmlichen Sinn aus, ist noch hinzuzufügen, daß die Ersitzung schon dann nicht eingetreten wäre, wenn die Nutzung über den Gemeingebrauch gemäß § 8 Abs 1 WRG nicht hinausgegangen sein sollte (Schubert in Rummel aaO § 1460 Rz 4).
Dem Rekurs der beklagten Partei ist deshalb ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E34002European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0010OB00038.92.0129.000Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
22.02.2013