TE OGH 1993/2/3 3Ob3/93

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Veröffentlicht am 03.02.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*****bank regGenmbH, ***** vertreten durch Dr.Otmar Pfeifer und Dr.Günther Keckeis, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die verpflichtete Partei Theresa B*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Ölz, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 155.289,-- sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 11.November 1992, GZ 1 b R 240/92-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donbirn vom 29.September 1992, GZ 4 E 5883/92z-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden als weitere Exekutionskosten mit S 9.518,40 (darin enthalten S 1.586,40 Umsatzsteuer) bestimmt.

Text

Begründung:

Am 17.6.1992 beantragte die Betreibende, ihr aufgrund des vollstreckbaren Versäumungsurteils des Landesgerichtes Feldkirch vom 18.2.1992, AZ 4 Cg 42/92, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 155.289,-- samt 16 % Zinsen seit 5.10.1991 und der Kosten von S 11.716,19 (Versäumungsurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18.2.1992) sowie von S 4.749,78 (Kosten der Fahrnis- und Gehaltsexekution laut Beschluß des BG Dornbirn vom 2.4.1992, AZ 4 a E 2224/92), weiters der Kosten des Exekutionsantrags, die Gehaltsexekution gemäß §§ 294, 294a EO zu bewilligen.

Mit Beschluß vom 24.6.1992 bewilligte das Bezirksgericht Dornbirn antragsgemäß diese Exekution.

Mit Schriftsatz vom 28.7.1992 beantragte die Verpflichtete die Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO. Sie brachte vor, daß das zuvor erwähnte Versäumungsurteil, aufgrund des fälliggestellten Kredites Nr.*****, für den die Verpflichtete ursprünglich als Bürgin und Zahlerin gehaftet habe, ergangen sei. Am 13.5.1992 sei die zwischen der Verpflichteten und Roman B***** geschlossene Ehe mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bezau rechtskräftig geschieden; gemäß § 98 EheG sei unter anderem festgestellt worden, daß die Verpflichtete gegenüber der H*****bank des Landes *****, Filiale E*****, für den oben genannten Kredit lediglich als Ausfallsbürgin, Roman B***** dagegen als Hauptschuldner hafte. Dieser Ausspruch käme der gänzlichen bzw teilweisen Aufhebung oder sonstigen Unwirksamerklärung des Exekutionstitels durch rechtskräftige Entscheidung gleich.

Die zur Äußerung aufgeforderte Betreibende bestritt nicht, daß die Haftung der Verpflichteten gemäß § 98 EheG im oben aufgezeigten Sinn eingeschränkt worden sei. Sie sprach sich aber gegen eine Einstellung der Exekution aus, weil die gegen den Hauptschuldner Roman B***** eingeleitete Fahrnisexekution negativ verlaufen sei und die Voraussetzungen der Inanspruchnahme der Verpflichteten als Ausfallsbürgin vorlägen.

Mit Beschluß vom 29.9.1992 wies das Erstgericht den Einstellungsantrag der Verpflichteten ab, verwies sie mit ihren Einwendungen auf den Rechtsweg und bestimmte die Äußerungskosten der Betreibenden mit S 3.194,90. Es vertrat die Auffassung, daß die Entscheidung, ob die Verpflichtete als Ausfallsbürgin herangezogen werden könnte, von strittigen Tatumständen abhänge, weshalb der Einstellungsantrag nicht berechtigt sei.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Verpflichteten gab das Landesgericht Feldkirch mit dem angefochtenen Beschluß Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß die mit Beschluß des Bezirksgeriches Dornbirn vom 24.6.1992 bewilligte Exekution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Exekutionsakte eingestellt werde. Den (ordentlichen) Revisionsrekurs erklärte es für zulässig. Es ging davon aus, daß auch Kreditverbindlichkeiten, für die bereits Eintreibungsmaßnahmen gesetzt wurden, von der Regelung des § 98 EheG erfaßt seien. Dem Ausfallsbürgen stünden gegen die Exekutionsführung Einwendungen nach den §§ 35, 40 EO zu, wenn der Ausspruch nach § 98 EheG zu einem Zeitpunkt gefaßt wurde, nachdem der Gläubiger schon einen Exekutionstitel gegen den nunmehrigen Ausfallsbürgen erwirkt hatte. Die Einstellung der Exekution könne auch auf Antrag unter Vorlage eines rechtskräftigen Beschlusses nach § 98 EheG erreicht werden. Die Verpflichtete könne nur als Ausfallsbürgin belangt werden, sodaß die Voraussetzungen für die Einstellung der Exekution vorlägen. Die Betreibende habe die ihr obliegende Behauptung, es lägen die Voraussetzungen für die exekutive Durchsetzung der betriebenen Forderung im Sinne des § 98 Abs 2 EheG vor, unterlassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist berechtigt.

Nach dem Wortlaut und Zweck des § 98 Abs 1 EheG werden auch Kreditverbindlichkeiten, zu deren Hereinbringung der Gläubiger bereits einen Exekutionstitel erwirkt und Eintreibungsmaßnahmen vorgenommen hat, von § 98 Abs 1 EheG erfaßt (EvBl 1990/154; M.Bydlinski in ÖBA 1991, 108). Gemäß § 98 Abs 2 EheG kann ein Ausfallsbürge grundsätzlich nur wegen des Betrages belangt werden, der vom Hauptschuldner nicht in angemessener Frist hereingebracht werden kann, obwohl der Gläubiger gegen ihn nach Erwirkung eines Exekutionstitels Fahrnis- und Gehaltsexekution, gegebenenfalls Exekution auf ihm gehörige Liegenschaften, geführt oder dem Gläubiger zur Verfügung stehende Sicherheiten verwertet hat (EvBl 1990/154).

Im vorliegenden Fall haftete die Verpflichtete nach ihrem eigenen Vorbringen ursprünglich, nämlich bis zur Rechtskraft des Beschlusses des Bezirksgerichtes Bezau, die am 13.5.1992 eingetreten ist, als Bürgin und Zahlerin für die in Exekution gezogene Forderung der Betreibenden. Eine Änderung der materiellen Rechtslage ist durch die Entscheidung des Bezirksgerichtes Bezau vom 13.5.1992 eingetreten, wonach eben die Verpflichtete nur mehr als Ausfallsbürgin haftet. Durch diese Entscheidung des Bezirksgerichtes Bezau gemäß § 98 EheG wurde der hier vorliegende Exekutionstitel aber nicht für ungültig erkannt, aufgehoben oder sonst für unwirksam erklärt (vgl. Heller-Berger-Stix4, 502), vielmehr besteht der Exekutionstitel zugunsten der Betreibenden nach wie vor. Demnach kann aber die Betreibende aufgrund des nicht außer Kraft gesetzten Exekutionstitels Exekution begehren, ohne daß sie auf sie allenfalls treffende Einschränkungen aufgrund der nunmehr bestehenden Ausfallsbürgschaft der Verpflichteten hinweisen müßte. Das Exekutionsbewilligungsgericht hat nicht zu überprüfen, ob sich die Betreibende auf die Geltendmachung der ihr im Exekutionstitel zugesprochenen Kosten hätte beschränken müssen (M.Bydlinski, aaO, 109), denn es hat nur vom Exekutionstitel auszugehen. Wenn dieser aber weder für ungültig erkannt, noch aufgehoben oder sonst für unwirksam erklärt wurde (§ 39 Abs 1 Z 1 EO), kann auch eine Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO nicht erfolgen. Vielmehr wird die Verpflichtete mit Oppositionsklage gemäß § 35 EO vorzugehen haben, da sie den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen behauptet, die erst nach Entstehung des dem Exekutionsverfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Die Klärung der Frage, ob die Verpflichtete lediglich als Ausfallsbürgin herangezogen werden kann und ob die Voraussetzungen für eine derartige Heranziehung gegeben sind, hängt von strittigen Tatumständen ab. Diese Umstände sind im Verfahren nach § 35 EO zu klären.

Eine Analogie zu § 39 Abs 1 Z 1 EO verbietet sich deshalb, weil die Verpflichtete die Möglichkeit hat, gegen die Exekutionsbewilligung im Rahmen des § 35 EO vorzugehen und der Exekutionstitel durch die Entscheidung des Bezirksgerichtes Bezau vom 13.5.1992 nicht betroffen wird, sondern dadurch lediglich die materielle Berechtigung der Betreibenden zur Geltendmachung aller Ansprüche gegenüber der Verpflichteten eine Einschränkung erfährt. Der Verpflichteten als Ausfallsbürgin steht es frei, gegen die Exekution Einwendungen nach § 35 EO zu erheben (EvBl 1990/154; 729 BlgNR 16.GP 3).

In Stattgebung des Revisionsrekurses war sohin die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 74 EO.

Anmerkung

E30803

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0030OB00003.93.0203.000

Dokumentnummer

JJT_19930203_OGH0002_0030OB00003_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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