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L66305 Alm Weide Salzburg;Norm
VwRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des P A in N, vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Dr. Alexander Schuberth, Mag. Rene Fischer, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 27. September 2005, Zl. 20401-20.000/4/20-2005, betreffend Neuregelung einer Zaunerhaltungspflicht (mitbeteiligte Parteien: 1. A H in B und 2. Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstmitbeteiligte ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 297, KG M, das auch die Bezeichnung "Bergmahd T" trägt. Das Grundstück besteht zum größten Teil aus einer mäßig geneigten Almfläche. Der kleinere, südliche Teil dieses Grundstückes, der vom größeren nördlichen Teil durch das einspringende Grundstück Nr. 296, KG M, fast vollständig getrennt ist und nur über einen schmalen Streifen östlich des Grundstückes Nr. 296 mit dem nördlichen Teil verbunden ist, weist eine Hangneigung zwischen 60 bis über 100 % auf.
Das Grundstück Nr. 297 grenzt mit seiner gesamten Südgrenze an das Grundstück Nr. 251/1 der KG N, welches im Eigentum der Republik Österreich steht und von den Österreichischen Bundesforsten verwaltet wird. Am Grundstück Nr. 251/1 bestehen laut einem Regulierungserkenntnis vom 22. März 1869 zugunsten einzelner, in der Regulierungsurkunde unter dem Gutsnamen angeführter Liegenschaften Weiderechte. Unter den weideberechtigten Liegenschaften befindet sich auch jene des Beschwerdeführers.
An der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 297 und 251/1 verlief ein Weidezaun, der nach der Erinnerung der Beteiligten seit jeher vom jeweiligen Eigentümer des Grundstückes Nr. 297 erhalten worden war.
An der Geländekante, die die Grenze zwischen dem mäßig geneigten Nordteil und dem stark geneigten Südteil des Grundstückes Nr. 297 bildet, wurde im Rahmen der Umstellung der Bewirtschaftung des Grundstückes von Mahd auf Beweidung Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts vom Rechtsvorgänger des Erstmitbeteiligten ein weiterer Zaun errichtet, um zu verhindern, dass die auf dem mäßig geneigten Grundstücksteil weidenden Tiere auf den stark geneigten südlichen Grundstücksteil gelangten.
Mit einem beim Gemeindeamt der zweitmitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahren (im Folgenden: Gemeinde) am 30. Mai 1995 eingelangten Schreiben, welches mit "Weidegemeinschaft M-S" überschrieben und von zahlreichen Personen mit der Bezeichnung "die Weideberechtigten" unterschrieben ist, wurde dem Bürgermeister der Gemeinde folgender Sachverhalt mitgeteilt:
Der Rechtsvorgänger des Erstmitbeteiligten habe den Weideberechtigten mündlich bekannt gegeben, dass er den Zaun bei ihrer Bergmahd, angrenzend an "die ÖBF", nicht mehr errichten werde. Der Zaun sei seit Menschengedenken von den jeweiligen Besitzern des Gutes des Erstmitbeteiligten erhalten worden. Den Auftreibern auf die Waldweide der ÖBF würden durch die Zaunlücken erhebliche Gefahren für die Jungrinder entstehen (Abstürzgefahr und Verletzungsmöglichkeiten). Der Bürgermeister als in erster Instanz zuständige Behörde werde gebeten, eine Lösung herbeizuführen.
Mit Schreiben vom 4. Juli 1995 stellte der Rechtsvorgänger des Erstmitbeteiligten unter Bezugnahme auf das Salzburger Landesgesetz vom 28. Jänner 1970 über die Weidezäune, LGBl. Nr. 43, beim Bürgermeister den Antrag auf Neufestsetzung der Erhaltungspflicht gemäß § 3 des genannten Gesetzes mit der Begründung, dass sich die Bewirtschaftungsform des Grundstückes Nr. 297 (Alpe), KG M, verändert habe und die Fläche nicht mehr gemäht werde, sodass die Notwendigkeit der Errichtung eines Zaunes nicht mehr gegeben sei. An der Zaunerhaltung seien die auftriebsberechtigten Bauern interessiert, welche über ein Weiderecht bei den Österreichischen Bundesforsten verfügten. Nach Auffassung des Rechtsvorgängers des Erstmitbeteiligten wäre daher die Verpflichtung zur Zaunerhaltung nach Maßgabe ihres Interesses an diese aufzuteilen.
Mit seinem an den Rechtsvorgänger des Erstmitbeteiligten und an die namentlich im Einzelnen aufgezählten "Weideberechtigten laut Regulierungserkenntnis", darunter auch den Beschwerdeführer, gerichteten Bescheid vom 6. November 1995 sprach der Bürgermeister aus, dass gemäß § 3 des Gesetzes über die Weidezäune vom 28. Jänner 1970, LGBl. Nr. 43, in Verbindung mit § 2 Abs. 1 mit Wirksamkeit Weidezeitbeginn 1996 - soferne die Notwendigkeit einer Einfriedung gegeben sei - den Besitzern der bei den Bundesforsten weideberechtigten Liegenschaften die Verpflichtung einer Einfriedung im Bereich der Bergmahd T aufgetragen werde.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, dass die Bergmahd T bis 1976 in der damals herkömmlichen Art für die Heuernte bewirtschaftet worden sei. Die zu kostenintensive Bearbeitung sei aufgegeben worden und ab dem Jahre 1977 werde die Bergmahd beweidet. Die Beweidungsfläche sei vom Besitzer umzäunt worden. Der südlich vom Weidegebiet verlaufende Zaun, welcher an der bundesforstlichen Grenze verlaufe und bisher vom Eigentümer der Bergmahd instand gehalten worden sei, sei durch Änderung der Bewirtschaftung für diesen nicht mehr relevant.
Der Beschwerdeführer und zahlreiche andere Bescheidadressaten erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde B vom 31. Jänner 1996 wurde die Berufung u.a. des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 6. November 1995 abgewiesen.
Eine gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 15. April 1996 abgewiesen.
Dieser Vorstellungsbescheid wurde auf Grund einer Beschwerde des Beschwerdeführers vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Juli 1999, 96/07/0084, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof - soweit für das vorliegende Verfahren noch von Bedeutung - aus, im gemeindebehördlichen Berufungsbescheid sei das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Neufestsetzung der Erhaltungspflicht nicht nachvollziehbar dargestellt worden.
Im fortgesetzten Verfahren behob die belangte Behörde zunächst mit Bescheid vom 8. November 1999 den Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde B vom 31. Jänner 1996 und mit einem weiteren Bescheid vom 11. Jänner 2002 die neuerliche Berufungsentscheidung der Gemeindevertretung vom 7. November 2001.
Die Gemeindevertretung holte in der Folge ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ein, in welchem Feststellungen zur Örtlichkeit "Bergmahd T", insbesondere zur Eignung der Flächen zur Mahd und Beweidung getroffen wurden.
Dieses Gutachten lautet:
"Laut Grundstücksverzeichnis des Vermessungsamtes Z ist (Erstmitbeteiligter) Eigentümer des GrdNr 297 in der KG M. Die Gesamtfläche dieses Grundstückes beträgt 13,46 ha. Nach Auskunft des Vaters des Eigentümers ... wurde vor 30 Jahren der überwiegende Teil des Grundstückes 297 gemäht, also als Bergmahd benutzt. Der Name Bergmahd T weist darauf hin. Mit Ausnahme des südlichen Teiles handelt es sich jetzt um eine Almweidefläche. Der südliche Teil ist auf Grund der topografischen Verhältnisse für die Beweidung mit Rindern ungeeignet und hat laut Lageplan des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen H & Partner ein Flächenausmaß von ca. 3,0 ha. Diese Teilfläche wurde in früheren Jahren auch als Bergmahd bewirtschaftet, wird aber jetzt nur mehr forstlich genutzt. Die Hangneigung dieser ehemaligen Bergmahdfläche beträgt 60 bis über 100 %. Weiters befinden sich in diesem Bereich kleine Felsen. Ca. 50 % der Fläche ist mit Fichten bestockt, wobei es sich dabei auch um jüngere Bäume handelt, die vor 3 bis 4 Jahren gepflanzt wurden und auf dem Luftbild zum Teil noch nicht erkennbar sind. Die aufgeforsteten Flächen befinden sich im westlichen Bereich.
Laut Angaben des Eigentümers bzw. dessen Vaters ist die Bergmahd T 1970 das letzte Mal gemäht worden. Die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft sowie der Umstand, dass diese Bergmahd nur über einen steilen Fußweg erreichbar ist, ließen es nicht mehr zu, diese Form der Bewirtschaftung aufrecht zu erhalten. Ab 1976 wurde die Bergmahd T mit Ausnahme des südlichen Teilstückes nur mehr mit Rindern beweidet. Um das Weidevieh vom südlichen Teil fernzuhalten, wurde ein zusätzlicher Zaun, ausgehend von der Nordostecke des Grundstückes 296 in Richtung Norden bis zur Ostgrenze des Grundstückes 297, errichtet (siehe Lageplan des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen H & Partner).
Um das auf den angrenzenden ÖBF-Grundstücken weidende Vieh von der Bergmahd T fernzuhalten, wurde an der Südgrenze ein ca. 480 m langer Zaun errichtet und vom jeweiligen Eigentümer der Bergmahd T erhalten. Laut Auskunft von Herrn (Vater des Erstmitbeteiligten) wurde diese Zaunerhaltung vor ca. 9 oder 10 Jahren aufgegeben, weil die Bergmahd in diesem südlichen Bereich nur mehr forstlich genutzt wird.
In der Natur wurde der Stacheldraht aufgerollt vorgefunden. Die Zaunpflöcke stehen zum Teil noch und sind an den Schneerutsch gefährdeten Stellen abgelegt worden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der südliche Bereich der Bergmahd T nicht mehr landwirtschaftlich als Bergmahd, sondern nur mehr forstlich genutzt wird und die Erhaltung des Zaunes entlang der Südgrenze aus landwirtschaftlicher Sicht für die Bewirtschaftung der Bergmahd T nicht erforderlich ist."
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2002 entschied die Gemeindevertretung der Gemeinde B (neuerlich) über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid. Der Spruch dieses Bescheides lautet:
"Gemäß § 80, Abs. 2 der Salzburger Gemeindeordnung hat die Gemeindevertretung der Gemeinde B, in der Sitzung vom 28. November 2002, die Berufung abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 6. November 1995 bestätigt.
Gemäß § 5, in Verbindung mit §§ 2 und 3 des Gesetzes über die Weidezäune, WeidezäuneG Slbg. 1970, LGBl. Nr.: 43/1970, wird mit Wirksamkeit dieses Bescheides, den Eigentümern der bei den Österreichischen Bundesforsten weideberechtigten Liegenschaften, welche gemeinsam, laut Regulierungsanerkenntnis über die Heimweiderechte, die Weidegenossenschaft 'M/S' bilden, namentlich:
(es folgt eine Aufzählung der Namen)
die Verpflichtung zur Herstellung und Erhaltung einer Einfriedung im Bereich des Bergmahdes 'T', entlang der Südgrenze der GN 297, KG M, aufgetragen.
Ab diesem Zeitpunkt ist der Eigentümer des O-gutes auf Grund der von ihm geänderten Bewirtschaftungsform des Südteils der GN 297, KG M, von der Zaunerhaltung entbunden."
Der Eigentümer des O-gutes ist der Erstmitbeteiligte. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. September 2005 gab die belangte Behörde der Vorstellung teilweise statt und hob den Bescheid der Gemeindevertretung vom 20. Dezember 2002 auf, soweit mit diesem dem Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Herstellung und Erhaltung einer Einfriedung im Bereich des Bergmadhs T entlang der Südgrenze des Grundstückes Nr. 297, KG M, auferlegt wurde. Hingegen wurde die Vorstellung abgewiesen, soweit sie sich gegen jenen Teil des Spruches richtete, mit dem der Eigentümer des Ogutes von der Verpflichtung zur Erhaltung eines Zaunes an der Südgrenze des Grundstücks Nr. 297 entbunden wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Der Beschwerdeführer bringt vor, eine Entbindung des Erstmitbeteiligten von der Zaunerhaltungspflicht sei unzulässig, weil kein diesbezüglicher Antrag gestellt und eine solche Entbindung auch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides gewesen sei. Außerdem sehe § 3 des Weidezäunegesetzes nur eine Aufteilung der Zaunerhaltungspflicht, nicht aber eine gänzliche Aufhebung vor.
Das von der Gemeindevertretung eingeholte Amtssachverständigengutachten sei als Grundlage für eine Abänderung der Zaunerhaltungsverpflichtung ungeeignet. Der Gutachter begründe nicht näher, warum die südlich gelegene Teilfläche des Grundstückes 297 zwar zur Mahd geeignet sei, nicht jedoch zur Beweidung. Es fänden sich auch keine Vergleiche mit unmittelbar angrenzenden Gebieten. Es hätten auch Feststellungen darüber getroffen werden müssen, ob es der Erhaltung des Weidezaunes am nördlichen Ende des Grundstückes 251/1 deswegen bedürfe, um das Weidevieh des Einschreiters sowie anderer Weidegenossenschafter vor Gefahren zu bewahren, die im nordöstlichen Bereich des Grundstückes 297 durch die dort befindlichen Gräben bestehen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 1 bis 3 und 5 des Salzburger Gesetzes vom 28. Jänner 1970 über die Weidezäune, LGBl. Nr. 43/1970 (WeidezäuneG) lauten:
"§ 1
(1) Insoweit es die Weideausübung erfordert, sind zum Schutze landwirtschaftlicher Grundstücke und deren ordnungsgemäßer Bewirtschaftung Einfriedungen (Zäune, Gräben, Mauern, Gatter, Viehsperren u. dgl.) zu errichten und zu erhalten.
(2) Zur Erhaltung einer Einfriedung gehört auch deren Wiederherstellung.
(3) Für die Erfüllung dieser Verpflichtungen gelten, soferne hiefür keine besonderen Rechtstitel bestehen, die folgenden Bestimmungen.
§ 2
(1) Die Verpflichtung zur Errichtung einer Einfriedung obliegt unter billiger Berücksichtigung der Interessen am Bestand der Einfriedung denjenigen, deren Maßnahmen die Einfriedung erforderlich machen.
(2) Die Verpflichtung zur Erhaltung einer Einfriedung obliegt denjenigen, die sie errichtet haben, wenn diese jedoch nicht mehr feststellbar sind, denjenigen, die nach der bisherigen Übung die Instandhaltung der Einfriedung besorgt haben. Sind auch hienach Verpflichtete nicht feststellbar, so ist die Verpflichtung auf die Parteien nach Maßgabe ihres Interesses am Bestand der Einfriedung aufzuteilen.
(3) Die Verpflichtung nach Abs. 2 geht auch auf die jeweiligen Rechtsnachfolger über.
§ 3
Haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse dergestalt verändert, dass die bestehenden Verpflichtungen zur Erhaltung einer Einfriedung den Interessen an deren Bestand offenbar nicht mehr gerecht werden, so können die Erhaltungsverpflichteten eine Neufestsetzung der Erhaltungspflicht beantragen. In diesem Falle ist die Erhaltungspflicht nach Maßgabe der Interessen am Bestand der Einfriedung auf die in Betracht kommenden Parteien aufzuteilen.
§ 5
Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung von Einfriedungen obliegt der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich. Sie hat den Verpflichteten die erforderlichen Aufträge zu erteilen."
§ 3 WeidezäuneG spricht von der "Neufestsetzung der Erhaltungspflicht". Darunter ist auch die gänzliche Befreiung von der Zaunerhaltungspflicht zu verstehen, könnte doch sonst dem Gesetzesauftrag, geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen in der Weise Rechnung zu tragen, dass die bestehenden Verpflichtungen den Interessen am Bestand der Einfriedung angeglichen werden, nicht Rechnung getragen werden. Ganz deutlich ergibt sich dies auch aus dem letzten Satz des § 3 WeidezäuneG, der die Behörde anhält, die Erhaltungspflicht "nach Maßgabe der Interessen am Bestand der Einfriedung auf die in Betracht kommenden Parteien" aufzuteilen. Es soll also nur mehr derjenige zur Zaunerhaltung herangezogen werden, der an der Zaunerhaltung ein entsprechendes Interesse hat, was aber umgekehrt mit sich bringt, dass Personen, deren Verpflichtung zur Zaunerhaltung nicht mehr gerechtfertigt ist, dazu nicht mehr herangezogen werden können.
Der Rechtsvorgänger des Erstmitbeteiligten hat beim Bürgermeister der Gemeinde einen Antrag auf Neufestsetzung der Erhaltungspflicht gestellt. In diesem Antrag wird darauf hingewiesen , dass ein Teil des Grundstückes 297 nicht mehr gemäht werde, sodass die Notwendigkeit der Errichtung eines Zaunes nicht mehr gegeben sei und beantragt, die Zaunerhaltungspflicht auf die verbleibenden Interessenten aufzuteilen. Dieser Antrag ist daher auf die gänzliche Entlassung aus der Zaunerhaltungspflicht gerichtet. Es trifft also nicht zu, dass die Berufungsbehörde über etwas abgesprochen habe, was vom Antrag des Rechtsvorgängers des Erstmitbeteiligten gar nicht umfasst gewesen sei.
Unzutreffend ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, das von der Gemeindevertretung eingeholte Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen reiche nicht aus, um die Voraussetzungen für den Entfall der Zaunerhaltungspflicht zu belegen.
Aus dem Gutachten geht hervor, dass die Teilfläche des Grundstückes 297, deren Beweidung aufgegeben wurde, so steil und steinig ist, dass sie sich für die Beweidung nicht eignet. Sie wurde mittlerweile auch aufgeforstet. Damit ist dargetan, dass die Voraussetzungen für den Entfall der Zaunerhaltungspflicht vorliegen.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum WeidezäuneG (112 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages) heißt es zu § 1:
"Zweck des Gesetzes ist der Schutz landwirtschaftlicher Grundstücke und deren Bewirtschaftung, nicht der Schutz des Weideviehs."
Zu § 3 führen die Erläuterungen aus:
"Mit dieser Bestimmung soll erwirkt werden, dass tiefgreifenden Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse auch bei der Erhaltungspflicht Rechnung getragen werden kann. Als solche Änderungen kommen z.B. die Einstellung der Weideausübung, insbesondere mit Erlöschen des Weiderechtes oder der durch eine Kulturumwandlung bedingte Verlust der Schutzwürdigkeit landwirtschaftlicher Grundstücke in Betracht."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. Mai 1976, 1911/75, VwSlgNF 9068 A, zum WeidezäuneG ausgeführt:
"Schon aus dem bloßen Wortlaut der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des bezeichneten Gesetzes ist zu erkennen, daß dieses Gesetz die Errichtung und Erhaltungspflicht von Einfriedungen (Zäune u. dgl.) nur in jenem Umfang und insoweit regelt, als es die Weideausübung erfordert und soweit dies zum Schutze landwirtschaftlicher Grundstücke und zu deren ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erforderlich ist. Es ist der in der Gegenschrift der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachten Anschauung beizupflichten, daß hiebei wohl in erster Linie an den Schutz benachbarter landwirtschschaftlicher Grundstücke und an deren ordnungsgemäße Bewirtschaftung gedacht ist und der Gesetzgeber dabei jene Fälle im Auge hatte, in denen landwirtschaftlich genutzte Grundstücke an solche grenzen, die der Weideausübung dienen. Hier ist zweifellos eine entsprechende Einfriedung erforderlich, um die angrenzenden Grundstücke vor Verbiß- und Vertrittschäden zu schützen. Auch der Verwaltungsgerichtshof kommt zu dem Schluß, daß das angeführte Landesgesetz keine Anwendung finden kann, wenn die Einfriedung nicht zum Schutze landwirtschaftlicher Grundstücke oder deren ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erforderlich ist, sondern einen Gefahren- bzw. Sicherheitszaun darstellt."
Mit der Kulturumwandlung in Wald sind die Voraussetzungen für die Entlassung des Erstmitbeteiligten aus der Zaunerhaltungspflicht gegeben. Der Zaun ist zum Schutz landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, den der Erstmitbeteiligte zu gewährleisten hätte, nicht mehr erforderlich. Der Schutz fremden Weideviehs aber begründet keine Zaunerhaltungspflicht für den Erstmitbeteiligten.
Entscheidend sind die Verhältnisse auf dem in Rede stehenden Teil des Grundstückes 297; eines Vergleiches mit umliegenden Flächen bedurfte es nicht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 23. Februar 2006
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005070158.X00Im RIS seit
16.03.2006