TE OGH 1993/2/17 13Os13/93

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Veröffentlicht am 17.02.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Februar 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin, in der Strafvollzugssache AZ BE 207/92 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis betreffend Manfred M***** über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7. September 1992, AZ 10 Bs 108/92, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7.September 1992, AZ 10 Bs 108/92, verletzt in seiner Begründung, soweit darin die Ansicht vertreten wird, die Zuständigkeit zu einer bestimmten Entscheidung nach dem § 16 Abs. 2 StVG bleibe nicht erhalten, wenn der Strafgefangene während eines anhängigen Verfahrens in eine im Sprengel eines anderen Vollzugsgerichtes gelegene Anstalt überstellt werde, das Gesetz in der Bestimmung des § 16 Abs. 1 StVG.

Text

Gründe:

Mit Beschluß vom 24.August 1992 verfügte das Kreisgericht Ried im Innkreis die Rückabtretung der Strafvollzugssache AZ BE 206/92 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis betreffend Manfred M***** an das Landesgericht Linz und wies darüber hinaus den Antrag der Staatsanwaltschaft ab, auch die Strafvollzugssache AZ BE 207/92 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis betreffend Manfred M***** in gleicher Weise abzutreten (ON 11). In der Begründung dieser Entscheidung ging das Gericht davon aus, daß der Strafgefangene Manfred M***** zur Zeit des Anfalls der Strafvollzugssache AZ BE 206/92 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis die Freiheitsstrafe im Sprengel des Landesgerichtes Linz verbüßt hatte und erst später im Wege einer Strafvollzugsortsänderung in den Sprengel des Kreisgerichtes Ried im Innkreis gekommen war. Das Kreisgericht vertrat die Meinung, daß für die Zuständigkeit als Vollzugsgericht der Umstand maßgeblich ist, ob im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens die Freiheitsstrafe im Gerichtssprengel vollzogen wurde. Den abweisenden Teil des Beschlusses begründete das Kreisgericht Ried im Innkreis der Sache nach mit der Überlegung, daß insoweit noch gar kein Verfahren vorliege, sondern erst in Zukunft eingeleitet werden müsse.

Die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis bekämpfte die Antragsablehnung mit Beschwerde.

Dieses Rechtsmittel wurde vom Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 7. September 1992, AZ 10 Bs 108/92, zurückgewiesen (ON 16). Im Rahmen der Entscheidungsbegründung erörterte das Oberlandesgericht auch die Frage, ob eine Änderung der örtlichen Zuständigkeit des Vollzugsgerichtes eintritt, wenn der betroffene Strafgefangene während des (zu einer Entscheidung gemäß dem § 16 Abs. 2 StVG führenden) Verfahrens vor diesem Gericht in eine nicht im Sprengel des Vollzugsgerichtes liegende Anstalt überstellt wird. Das Oberlandesgericht bejahte einen derartigen Zuständigkeitswechsel, wobei es prozeßökonomische Gründe ins Treffen führte und insbesondere hervorhob, daß keine Grundlage für eine analoge Heranziehung der Vorschrift des § 116 Abs. 1 StVG bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichtes Linz über die Änderung der Zuständigkeit des Vollzugsgerichtes während des Verfahrens vor diesem Gericht durch eine Strafvollzugsortsänderung steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß dem § 16 Abs. 1 StVG ist Vollzugsgericht der in Strafsachen tätige Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird. Die entsprechend dieser Vorschrift begründete Zuständigkeit eines Gerichtes in einem eingeleiteten Verfahren über eine vollzugsgerichtliche Angelegenheit bleibt auch bei nachträglicher Änderung des kompetenzbestimmenden Umstandes schon deshalb erhalten, weil sämtliche Verfahren vor Strafgerichten vom Grundsatz der perpetuatio fori beherrscht sind und es daher für einen Zuständigkeitsübergang kraft geänderter Verhältnisse einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedarf (siehe auch den § 179 Abs. 1 StVG). Alleinige Möglichkeit einer Veränderung der Zuständigkeit eines bereits anhängig gewordenen Verfahrens vor einem Strafgericht bietet bei Fehlen entsprechender Gesetzesvorschriften die Delegierung nach den §§ 62, 63 StPO, die - als Fall subsidiärer Anwendung der Vorschriften der StPO - auch im Verfahren vor dem Vollzugsgericht zulässig ist.

Diese Rechtslage wurde vom Obersten Gerichtshof gerade in Auseinandersetzung mit einer abweichenden Ansicht des Oberlandesgerichtes Linz klargestellt (SSt. 47/68, 53/73; im selben Sinne auch 15 Os 153/87). Dessenungeachtet stützt das Oberlandesgericht Linz seine gegenteilige Rechtsauffasung bloß auf die Ablehnung einer analogen Heranziehung des § 116 Abs. 1 StVG, ohne auf die vom Obersten Gerichtshof gegebene, auch die Tragweite der genannten Norm betreffende Begründung und auf die dort angestellten verfassungsgesetzlichen Überlegungen einzugehen. Die Darlegungen des Oberlandesgerichtes Linz sind jedenfalls nicht geeignet, den Standpunkt in Frage zu stellen, daß es keine Änderung der Zuständigkeit des Vollzugsgerichtes bedeutet, wenn während des Verfahrens vor diesem Gericht der betroffene Strafgefangene in eine nicht im Sprengel des Vollzugsgerichtes liegende Anstalt überstellt wird.

Anmerkung

E34346

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00013.9300005.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19930217_OGH0002_0130OS00013_9300005_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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