Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Februar 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Mayrhofer als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther H***** wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 85 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Günther H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 14.Oktober 1992, GZ 29 Vr 1594/92-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 24.September 1959 geborene Günther H***** wurde des Verbrechens der schweren Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 85 Z 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 9.September 1991 Josef R***** durch Schläge mit einem Stuhlstück verletzte, wobei die Tat eine Schädelprellung, zwei Rißquetschwunden (ca fünf Zentimeter) am Kopf, zahlreiche Blutunterlaufungen und Hautabschürfungen am ganzen Körper sowie eine auffallende Verunstaltung (abgeschlagenes Endglied des linken Zeigefingers) und eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Berufsunfähigkeit zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen erhobene, auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung des von ihm in der Hauptverhandlung gestellten Antrages, ein psychiatrisches Gutachten darüber einzuholen, daß, wenn (die Belastungszeugin) Lore H***** am Tag der Tat zehn Bier, zehn Rohypnol und zehn Lexotanil genommen habe, eine Aussage in Einzelheiten, wie sie von ihr in der Hauptverhandlung abgelegt wurde, nicht möglich sei (S 215), in seinen Verteidigungsrechten nicht geschmälert.
Denn abgesehen davon, daß zum in etwa inhaltsgleichen Thema schon ein Gutachten vorlag, mangelt es dem Beweisbegehren insofern an der sachlichen Voraussetzung, als das Schöffengericht mit schlüssiger Begründung den Angaben der Zeugin H***** über das Ausmaß ihres Alkohol- und Medikamentenkonsums den Glauben versagte (S 231), ein (neuerliches) Gutachten aber nur auf der Basis dieser Angaben Sinn und Zweck haben konnte (siehe Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 67 zu § 281 Z 4).
Die weiteren Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen zur Persönlichkeitsstruktur der Lore H***** sowie einem von ihr geführten Telefonat vom 15.Oktober 1992 hinwieder beziehen sich auf keine entscheidungswesentlichen Umstände und verfielen somit ebenso zu Recht der Ablehnung.
Fehl geht auch die Mängelrüge (Z 5), in welcher der Beschwerdeführer eine Unvollständigkeit der Begründung mit der Behauptung releviert, das Schöffengericht habe eine Vorverurteilung der Hauptbelastungszeugin wegen falscher Zeugenaussage - obwohl Gegenstand der Hauptverhandlung - gänzlich verschwiegen, andrerseits aber der Verantwortung des Angeklagten u.a. wegen mehrfach rechtskräftig festgestellten verleumderischen Verhaltens den Glauben versagt. Denn angesichts dessen, daß die Tatrichter die Zeugin H***** vor allem auf Grund ihres persönlichen Eindruckes in der Hauptverhandlung und ihrer in den wesentlichen Punkten gleichlautenden Schilderung des Tatablaufes für glaubwürdig erachteten (S 231), und zwar trotz einiger im Urteil aufgelisteter Widersprüchlichkeiten und sogar einer - in der Hauptverhandlung widerrufenen - Falschbezichtigung des Angeklagten wegen Vergewaltigung, konnte im Rahmen der gesetzlich normierten gedrängten Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) eine Erörterung dessen, daß die genannte Zeugin deshalb wegen Vergehens nach § 288 StGB verurteilt worden war, weil sie einmal zugunsten des Angeklagten falsch ausdgesagt hatte, sanktionslos unterbleiben.
Mit den (im Rahmen der Tatsachenrüge unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels relevierten) Angaben des Josef R***** bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus hat sich hingegen das Schöffengericht eingehend beschäftigt (S 229), diesen Glaubwürdigkeit aber mit - der Beschwerde zuwider - durchaus denkrichtiger Begründung nicht zuerkannt, sodaß die behauptete Nichtigkeit auch insoferne nicht gegeben ist.
Der Tatsachenrüge (Z 5 a), die im Grunde lediglich den Beweiswürdigungsaspekt im Hinblick auf die Verläßlichkeit der Angaben der Zeugin H***** behandelt, genügt es zu erwidern, daß sie keine aktenkundigen Umstände aufzuzeigen vermag, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen erwecken können. Zu den von dieser Zeugin zunächst behaupteten weiteren Vorgehen gegen sie selbst kann ebenso wie zu ihren Angaben über den Medikamentenmißbrauch auf das bereits zur Mängelrüge Ausgeführte hingewiesen werden. Die Vernehmung von Gendarmeriebeamten zur Verantwortung des Angeklagten, er sei von H***** und R***** vor der Tat jeweils mit einem Messer angegriffen worden, war auch unter Bedachtnahme auf die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung im Hinblick auf den diesbezüglichen Inhalt der (verlesenen, S 215) Anzeige nicht geboten. Mithin versagt auch die Tatsachenrüge.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).
Über die Berufung des Angeklagten wird demnach der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E34513European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0120OS00007.9300005.0218.000Dokumentnummer
JJT_19930218_OGH0002_0120OS00007_9300005_000