TE OGH 1993/2/24 9ObA26/93

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Veröffentlicht am 24.02.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Dafert und AR Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz S***** jun., Bauschlosser, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Franz S***** sen., Pensionist, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen S 950.000,- sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.Oktober 1992, GZ 7 Ra 56/92-17, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 31.Jänner 1992, GZ 34 Cga 118/91-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Prozeßgericht erster Instanz wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 26.September 1916 geborene Beklagte ist Eigentümer einer Kleinlandwirtschaft im Ausmaß von ca. 10 ha, bestehend zur Hälfte aus Wald und zur Hälfte aus landwirtschaftlichen Nutzflächen. Er hatte im Jahre 1964 einen schweren Verkehrsunfall und bezog seit dieser Zeit eine Invaliditätspension.

Der am 26.März 1956 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten. Er lernte den Beruf eines Kfz-Mechanikers und übte diesen Beruf in der Folge auch aus. Er wohnte bis Jänner 1991 auf der väterlichen Liegenschaft und erbrachte auf dieser Arbeits- und finanzielle Leistungen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger S 950.000,- sA vom Beklagten. Er habe von 1976 bis 1991 S 595.967,41 in die Liegenschaft investiert, um S 650.000,- einen Traktor gekauft, der mittlerweile einen Wertverlust von S 300.000,- erlitten habe und in den letzten 20 Jahren mindestens 20.000 Arbeitsstunden a S 50,-

geleistet, die ihm insgesamt mit S 1,000.000,- abzugelten seien. Alle diese Leistungen habe er im Vertrauen auf die Zusage des Beklagten, daß er ihm ohnehin die Landwirtschaft mit allem Hab und Gut übertragen werde, erbracht. Der Beklagte habe ihn jedoch immer wieder vertröstet und sich schließlich geweigert, ihm irgendetwas zu übergeben. Der Kläger habe zur Kenntnis genommen, daß der Beklagte seine einstige Zusage rückgängig gemacht habe, und sei vom väterlichen Hof weggezogen. Aus Kostengründen begehre er vorerst nur den eingeklagten Betrag.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Er habe die Landwirtschaft nach seinem Verkehrsunfall an seine Gattin verpachtet.

Diese sei seit nunmehr 25 Jahren Pächterin. Soweit der Kläger irgendwelche Lohnansprüche haben sollte, könne er diese nur gegen die Pächterin stellen, da ihr die gesamten Einnahmen aus der Landwirtschaft zugekommen seien. Er selbst habe daraus keinerlei Einkünfte bezogen.

Der Kläger sei nach wie vor als Hofübernehmer vorgesehen.  Er habe

ihm des öfteren erklärt,  daß er ihm den Hof übertragen werde,  wenn

er sich ordnungsgemäß verhalte und den Familienangehörigen menschlich

begegne.  Er könne aber nicht gezwungen werden,  den Hof vor seinem

Tod zu übergeben,  zumal der Kläger ihn und seine Gattin schon

mehrmals tätlich mißhandelt,  bedroht und beschimpft habe.

Der Kläger sei nicht der einzige gewesen, der sich um den Hof gekümmert habe. Die Pächterin habe die meiste Arbeit geleistet, wobei sie von den beiden anderen Kindern unterstützt worden sei. Der Kläger habe stets freie Wohnung und volle Verpflegung genossen. Soweit er selbst landwirtschaftliche Grundstücke gekauft habe, habe er niemanden gefragt. Der Austausch und Ankauf landwirtschaftlicher Maschinen sei bei der geringen Größe der Landwirtschaft eine sinnlose Investition gewesen, die der Kläger von sich aus vorgenommen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Mit Pachtvertrag vom 9.Dezember 1966 verpachtete der Beklagte seine Landwirtschaft zur Gänze an seine Gattin. Der Kläger erbrachte auf der elterlichen Liegenschaft in den letzten Jahrzehnten

beträchtliche Arbeits- und finanzielle Leistungen. Er wohnte auch

auf der Liegenschaft. Im September 1990 zog auch seine damalige

Verlobte und nunmehrige Ehefrau auf den Hof, um gemeinsam mit ihm Kläger die Liegenschaft zu übernehmen und die dort anfallenden Arbeiten einschließlich der allenfalls erforderlichen Versorgung der Eltern zu verrichten. Mit Zustimmung der Eltern wurde das Wohnhaus vorerst im Erdgeschoß und später im ersten Stock ausgebaut. Die Ehefrau des Klägers bestand darauf, nicht mit den Eltern des Kläger zusammen, sondern in einer eigenen Wohnung zu leben.

Offenbar wegen des Wunsches des Klägers und seiner Gattin, im ersten

Stock des Hauses allein zu sein, äußerte der Beklagte Ende Jänner

1991 im Zusammenhang mit einem Gespräch über die Übergabe der

Liegenschaft:  "Das wissen wir nicht.   Du Teufel Du, Dir werd' ichs

schon zeigen, ich weiß nicht,  ob Du es einmal kriegen wirst". Da ein

weiteres Zusammenleben, insbesondere mit der Gattin des Beklagten

(Mutter des Klägers)  nicht möglich war,  zog der Kläger Ende Jänner

1991 mit seiner Gattin vom Hof weg.

Zu Weihnachten 1991 sagte allerdings der Beklagte zur Gattin des

Klägers,  daß "alles dem Franz gehören würde,  er werde eh alles

kriegen,  es sei ja hier zu Hause".  Als der Kläger verlangte,  diese

Zusage schriftlich festzuhalten,  wollte der Beklagte davon nichts

wissen.  Er meinte lediglich,  "es gehört alles Euch,  kommst heim,

arbeiten wir gemeinsam weiter".

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Beklagte die Übergabe der Liegenschaft an den Kläger (noch) nicht eindeutig abgelehnt habe. Ein allfälliger Bereicherungsanspruch des Klägers im Sinne des § 1435 ABGB sei daher (noch) nicht fällig.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß eine ausdrückliche Zusage des Beklagten betreffend eine sichere Übergabe des Hofes an den Kläger weder behauptet noch festgestellt sei. Unstrittig sei nur, daß der Kläger in der sicheren Erwartung der Hofübergabe - seine Geschwister seien daran offenbar nicht interessiert - Arbeit und Geld in die Liegenschaft investiert habe. Auf Grund des Verhaltens des Beklagten sei die künftige Übergabe der Liegenschaft zwar nicht mehr als sicher, keineswegs aber als vereitelt anzusehen. Die Relativierung einer zugesagten oder vom Kläger als sicher erwarteten Hofübergabe könne jedenfalls nicht mit einer endgültigen Vereitelung gleichgesetzt werden. Nur diese würde seine erbrachten Leistungen als zweckverfehlt herausstellen und einen Rückforderungsanspruch gemäß § 1435 ABGB entstehen und fällig werden lassen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der mangelhaften Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, mit dem der Kläger im wesentlichen lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Im übrigen können angebliche Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneint hat, nicht neuerlich in der Revision gerügt werden (stRsp seit SZ 27/4; RZ 1989/16; RZ 1992/57 uva). Mangelhafte Tatsachenfeststellung und unrichtige Beweiswürdigung bilden - auch im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren - keinen Revisionsgrund im Sinne des § 503 ZPO. Lediglich die Rechtsrüge ist im Ergebnis zum Teil berechtigt.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erbrachte der Kläger

Arbeits- und Geldleistungen in der vom Beklagten veranlaßten

Erwartung,  daß er den Hof übernehmen werde.  Er hätte  daher bei

einer vom Empfänger der Leistungen grundlos herbeigeführten

Zweckvereitelung Anspruch auf angemessenen Lohn im Sinne des § 1152

ABGB und  Ersatz der Geld- und Materialaufwendungen (vgl Rummel in

Rummel, ABGB2 § 1435  Rz 8 mwH;  SZ 61/16; SZ 63/91 uva).  Solange

allerdings die Zweckabrede noch aufrecht ist, ist eine solche

Rückfordung ausgeschlossen.  Die Fälligkeit der Ansprüche hat zur

Voraussetzung,  daß objektiv hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben

sind,  daß mit der Erfüllung der Erwartung  nicht mehr gerechnet

werden kann.  Dies ist in dem Zeitpunkt der Fall,  in dem endgültig

feststeht, daß der angestrebte Erfolg,  etwa wegen ausdrücklicher

Ablehnung der Erfüllung durch den Beklagten,  nicht erreicht werden

kann (vgl Bydlinski,  Lohn- und Kondiktionsansprüche aus

zweckverfehlenden Arbeitsleistungen,  FS Wilburg I  45 ff, 65 und 79;

Schubert in Rummel aaO,  § 1486 Rz 10;  Arb 9005;  JBl 1981, 543;

DRdA 1986/16 [Apathy]; JBl 1989, 460 uam).

Wie die Vorinstanzen richtig erkannten,  hat der Beklagte die in

Aussicht gestellte und vom Kläger erwartete Hofübergabe noch nicht

endgültig abgelehnt.  Er forderte den Kläger zu Weihnachten 1991

vielmehr auf,  auf den Hof zurückzukommen und weiterzuarbeiten, da

"ihm ohnedies alles gehöre".  Diese Feststellung stimmt auch mit dem

Vorbringen des Beklagten überein,  wonach er die Hofübergabe vor

allem deshalb hinausschiebe,  um gewissermaßen noch ein Pfand für das

Wohlverhalten des Klägers ihm und seiner Gattin gegenüber in  der

Hand zu haben.  Eine künftige Hofübergabe kann daher noch nicht als

vereitelt angesehen werden,  zumal auch aus dem Wegziehen des Klägers

vom Hof und der Verpachtung der Liegenschaft noch nicht geschlossen

werden kann,  es werde zu keiner Hofübergabe mehr kommen (Arb 8143).

Die am 9.Dezember 1966 erfolgte Verpachtung der Liegenschaft (Beilage 1) ist aber rechtlich insofern erheblich, als die in den letzten 20 Jahren vor der Klageerhebung (18.Juni 1991) erbrachten Arbeitsleistungen nicht dem Beklagten selbst, sondern der Pächterin zugekommen sind. Diese hätte ohne die Mithilfe des Klägers die von ihm verrichteten Arbeiten entweder selbst verrichten oder entsprechende Arbeitskräfte bezahlen müssen; der Beklagte war bei dieser Vertragslage auf den Bezug des vereinbarten Pachtzinses beschränkt. Da der aus § 1152 oder § 1435 ABGB abgeleitete Rückforderungsanspruch bzw. Kondiktionsanspruch nur gegen den Empfänger der Leistungen erhoben werden kann (vgl MietSlg 34.299), ist der Beklagte hinsichtlich der geltend gemachten angemessenen Entlohnung für seine Mitarbeit im Betrieb der Landwirtschaft sohin

nicht passiv legitimiert. Die Arbeitsrechtssache wäre diesbezüglich

im Sinne einer Teilabweisung des Klagebegehrens spruchreif. Ein die Abweisung des auf die Abgeltung dieser Arbeitsleistungen gerichteten Klagebegehrens bestätigendes Teilurteil kann jedoch nicht gefällt werden, da der Klage nicht zu entnehmen ist, welcher Teil der mit S 1 Million bezifferten Entlohnungsansprüche auf das Klagebegehren von insgesamt S 950.000,- sA entfällt. Anders verhält es sich jedoch mit den behaupteten und bisher nicht geprüften Investitionen und allenfalls Arbeitsaufwendungen in die Liegenschaft, die geeignet waren, eine unmittelbare Vermögensverschiebung zugunsten des Beklagten zu bewirken. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen hängt die Fälligkeit dieser Ansprüche nicht davon ab, ob die Hofübergabe an den Kläger noch in Schwebe ist.

Der Kläger hätte nur dann keinen Ersatzanspruch, wenn  er selbst den

erwarteten Erfolg wider Treu und Glauben vereitelt hätte (vgl SZ

48/59 mwH;  JBl 1991,  588 mwH). Ein derartiges treuwidriges Vorgehen

des Klägers wurde nicht festgestellt.  Abgesehen davon hält der

Beklagte selbst die Erwartung des Klägers auf Hofübergabe noch

keineswegs für vereitelt.  Es ist daher zu prüfen,  welchen Einfluß

die Abstandnahme des Klägers vom ursprünglich angestrebten Erfolg auf

die von ihm geltend gemachten Ansprüche hat.  Zufolge der rechtlichen

Ungebundenheit, in der der Kläger seine Leistungen erbrachte,  ist

das Wegziehen vom Hof - noch dazu unter den festgestellten

Verhältnissen - nicht als Verhinderung des bezweckten Erfolges wider

Treu und Glauben zu werten.  Der Kläger hat in diesem Fall zwar nicht

das Recht,  jederzeit nach seinem Belieben  Ersatzansprüche zu

stellen,  wohl aber gemäß § 1435 ABGB Ansprüche im Rahmen der

Bereicherung des Empfängers (condictio  causa data non secuta), die

im Sinn des § 1431 ABGB nach dem verschafften Nutzen (Vorteil des

Beklagten)  zu bemessen sind (vgl  Bydlinski aaO  63 ff,  75 ff, 78

f;  SZ 53/71;  SZ 63/91 mwH;  JBl 1991, 588).  Dazu fehlt es aber

noch an jeglichen Feststellungen.

Das Erstgericht wird daher den Kläger im fortzusetzenden Verfahren vorerst aufzufordern haben, seine Investitionsaufwendungen für die Liegenschaft des Beklagten von seinen Arbeitsleistungen für die verpachtete Land- und Forstwirtschaft abzugrenzen. Soweit dem Beklagten als Liegenschaftseigentümer Leistungen zugekommen sind, ist deren Wert im Sinne des dem "verschafften Nutzen angemessenen Lohns" (§ 1431 ABGB) zu ermitteln.

Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E32361

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:009OBA00026.93.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19930224_OGH0002_009OBA00026_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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