TE OGH 1993/2/24 9ObA25/93

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Veröffentlicht am 24.02.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Dafert AR Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rudolf S*****, vertreten durch Dr.*****, Rechtsanwalt ***** wider die beklagte Partei Republik Österreich (Post- und Telegraphenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.November 1992, GZ 5 Ra 215/92-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 8.Mai 1992, GZ 45 Cga 180/91-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.206 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit denen der Kläger im wesentlichen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die allein entscheidende Frage, ob das mehrmalige öffentliche Auftreten des Klägers als Gitarrist in Gasthäusern während seines Krankenstandes vom 21.5.-16.6.1991 den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nach § 34 Abs 2 lit b VBG bildete und daher die Beklagte zur Kündigung des Klägers gemäß § 32 Abs 2 VBG berechtigte, zutreffend bejaht. Es reicht daher insoferne aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Der der Entscheidung Arb 10.614 zugrundeliegende Sachverhalt betraf das Zuwiderhandeln eines Arbeitnehmers gegen ein ärztliches Gebot. Der Oberste Gerichtshof hat dort ausgesprochen, daß ein im Krankenstand befindlicher Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet ist, den auf Wiederherstellung seiner Gesundheit abzielenden Anordnungen des Arztes nach Tunlichkeit nachzukommen und ihnen jedenfalls nicht so schwerwiegend zuwiderzuhandeln, daß der Krankheitsverlauf negativ beeinflußt und/oder der Heilungsverlauf verzögert werden könnte. Auf die Anordnungen des Arztes kommt es aber dann nicht an, wenn sie infolge der allgemeinen Lebenserfahrung entbehrlich sind. Dann dürfen die Gebote der allgemein üblichen Verhaltensweisen nicht betont und offenkundig verletzt werden (ZAS 1989/5 = WBl 1987, 250; WBl 1991, 26).

Der Krankenstand des Klägers vom 21.5.1991 bis 16.6.1991 war zuerst durch eine Verkühlung, eine Brustkorbprellung und einem Rippenbruch und anschließend durch eine Fußgelenkszerrung links bedingt. Der Kläger war über die Zweckmäßigkeit eines möglichst lange andauernden Hochlagern des Beines belehrt worden. Daß der Kläger in diesem Krankheitszustand nicht bei einem Auftritt in einem Gasthaus am 7.6.1991 zweieinhalb bis drei Stunden im Stehen Gitarre spielen durfte, hätte ihm auch ohne ausdrückliches Verbot durch einen Arzt einleuchten müssen. Von einem nur kurzen Stehen, von dem der Revisionswerber ausgeht, kann dabei nicht mehr gesprochen werden. Durch das Stehen kommt es zu einem vermehrten Anschwellen des Fußgelenkes und zu einer negativen Auswirkung auf den Heilungsverlauf. Ob das Zuwiderhandeln tatsächlich zu einer Verlängerung des Krankenstandes führte, ist in diesem Zusammenhang belanglos (Arb 8449). Es genügt die Eignung den Genesungsprozeß zu verzögern (ZAS 1989/5 = WBl 1987, 250). Lediglich durch Gitarrespielen im Sitzen wäre keine heilungsverzögernde Wirkung des Musizierens zu erwarten gewesen.

Die Auftritte des Klägers am 21.5.1991 und am 31.5.1991 hatten nach den Feststellungen der Unterinstanzen keine heilungsverzögerende Wirkung. Entscheidend ist aber, ob nach der allgemeinen Anschauung diesem Verhalten eine grundsätzliche Eignung zur Verzögerung des Heilungsprozesses zukam. Der Kläger hat sich am 21.5.1991 mit der Begründung krank gemeldet, verkühlt zu sein, Halsweh und Schmerzen zu verspüren. Es ist einleuchtend, daß ein Auftreten in Gasthäusern als Gitarrist und Sänger in diesem Zustand und an dem Tag, an dem eine Krankmeldung wegen Verkühlung und Halsweh erfolgte, in einem üblicherweise verrauchten Milieu für den Heilungsprozeß nicht förderlich sein konnte. Die Eignung einer Verzögerung des Heilungsprozesses lag sohin vor, mag diese Wirkung im konkreten Fall auch nicht eingetreten sein.

Der Kläger hat damit seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, sich während seiner Erkrankung und der dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit nach Tunlichkeit so zu verhalten, daß seine Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird (ZAS 1989/5 = WBl 1987, 250), durch Mißachtung der in diesem Zustand allgemein üblichen Verhaltensweisen grob verletzt; erschwerend kommt hinzu, daß er von seiner Dienstgeberin wegen ähnlicher, allerdings weit zurückliegender Vorfälle schon zweimal ermahnt worden ist. Da dieses Verhalten eine permanente negative innere Einstellung des Klägers gegenüber dienstlichen Interessen erkennen läßt, haben die Vorinstanzen zutreffend seine Vertrauensunwürdigkeit bejaht.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E32360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:009OBA00025.93.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19930224_OGH0002_009OBA00025_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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