TE OGH 1993/3/3 11Os31/93

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Veröffentlicht am 03.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.März 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hager als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut und Dr.Schindler als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobler als Schriftführerin in der bei dem Landesgericht St.Pölten zum AZ 13 Vr 1.173/92 anhängigen Strafsache gegen Janos K***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Grundrechtsbeschwerde des Janos K***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Jänner 1993, AZ 21 Bs 10/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Janos K***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Janos K***** wurde am 13.November 1992 aufgrund eines Haftbefehls des Landesgerichtes St.Pölten festgenommen. Am 16.November 1992 wurde gegen ihn die Voruntersuchung wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB eingeleitet und über ihn aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit a und c StPO die Untersuchungshaft verhängt. Am 21.Dezember 1992 wurde die Voruntersuchung gegen Janos K***** in Richtung des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 2 StGB ausgedehnt.

Nach den der Voruntersuchung zugrundeliegenden Anzeigen soll Janos K***** in der Zeit vom 22.April bis 27.Mai 1992 in St.Pölten im Zusammenwirken mit mehreren (teils flüchtigen) Mittätern das Ehepaar Johann und Edith B***** in drei Teilakten durch die Vorgabe außergewöhnlich günstiger Angebote (ua durch Anpreisung von Kunstseidenteppichen als Naturseidenprodukte) sowie durch die (in Wahrheit nur fingierte) Anbahnung konkreter gewinnbringender Weiterverkaufsmöglichkeiten zum Ankauf von insgesamt 21 Teppichen zum Gesamtkaufpreis von mehr als 1 Million Schilling verleitet und dabei um jedenfalls mehr als 500.000 S geschädigt haben (ON 43 219 bis 227). Weiters soll der Beschuldigte in der Zeit vom 24. bis 27. Oktober 1992 in Wien durch Einbruch in die (benachbarten) Wohnungen des Dipl.Ing.Manfred S***** und der Helma S***** Schmuck und Münzen in einem 2,5 Millionen Schilling übersteigenden Gesamtwert gestohlen haben (ON 26).

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Beschuldigten gegen einen seine Enthaftung ablehnenden Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes St.Pölten nicht Folge und sprach zugleich aus, daß die über Janos K***** verhängte Untersuchungshaft aus den Haftgründen des § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit a und c StPO fortzusetzen ist.

Der dagegen fristgerecht erhobenen Grundrechtsbeschwerde, die eine offenbar unangemessene Dauer der Untersuchungshaft im Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe behauptet und sich weiters gegen die Annahme der Haftgründe der Flucht- und Tatbegehungsgefahr sowie - in bezug auf einen 500.000 S übersteigenden Betrugsschaden - des dringenden Tatverdachtes richtet, kommt keine Berechtigung zu.

Der einleitende Einwand einer "Unverhältnismäßigkeit" der bisher erlittenen Untersuchungshaft zu der zu erwartenden Strafe stützt sich im wesentlichen darauf, daß die beiden Vorverurteilungen des Beschuldigten wegen Eigentumsdelikten "zwei Jahrzehnte" zurücklägen und solcherart - einen Schuldspruch vorausgesetzt - einer Anwendung des § 43 a StGB nicht entgegenstünden, weshalb der Ausspruch eines die bisherige Dauer der Untersuchungshaft übersteigenden unbedingten Strafteils nicht zu erwarten sei. Im Zusammenhang mit den Beschwerdeargumenten zur Bestreitung des dringenden Tatverdachtes in bezug auf einen die Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB übersteigenden Betrugsschadens ergibt sich jedoch, daß sich die vom Beschwerdeführer behauptete Sanktionserwartung nicht am vollen Umfang des in Voruntersuchung gezogenen Tatverdachtes orientiert. Bezieht sich doch der von der Beschwerde eingeräumte Betrugsschaden von 400.000 S bis 475.000 S (361) - unter Außerachtlassung der vorausgegangenen Betrugshandlungen vom 22.April und 6.Mai 1992 mit einer insgesamt 200.000 S jedenfalls übersteigenden Schadenssumme (220 f) - lediglich auf den letzten betrügerischen Teilakt zum Nachteil des Ehepaares B*****. Dazu kommt, daß sich im konkreten Fall die Aktualität einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe nicht nur nach § 147 Abs 3 StGB, sondern - im Hinblick auf den dringenden Verdacht einer Beteiligung des Janos K***** an Wohnungseinbrüchen mit einem 2,5 Millionen Schilling übersteigenden Gesamtschaden, der nach den bisher aktenkundigen Untersuchungsergebnissen auf einer teilweisen, der Tat zeitlich unmittelbar nachfolgenden Veräußerung des Diebsgutes durch den Beschuldigten fußt - auch nach § 128 Abs 2 StGB. Unter Zugrundelegung sämtlicher in Voruntersuchung gezogener strafbarer Handlungen erweist sich die Beschwerdebefürchtung einer im Sinn des § 193 Abs 2 StPO offenbar unangemessenen Dauer der Untersuchungshaft demnach derzeit als nicht fundiert.

Da der Beschuldigte nach dem derzeitigen Stand der Voruntersuchung nicht nur durch die professionielle Planung und Abwicklung der wiederholten, vom subtil verzahnten Zusammenwirken mehrerer Personen gekennzeichneten Betrugshandlungen zum Nachteil des Ehepaares B***** (das sichergestellte Adressenmaterial gibt zu sicherheitsbehördlichen Ermittlungen allfälliger weiterer Geschädigter Anlaß - 226) sondern auch durch die eine massive Beteiligung an kapitalen Wohnungseinbrüchen indizierenden Verfügungen über Diebsgut in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der entsprechenden Tatausführung (131) - unabhängig von seinem Vorleben - eine exzeptionell ausgeprägte Anfälligkeit für gravierende Eigentumsdelinquenz erkennen ließ, besteht aufgrund bestimmter Tatsachen die Gefahr, daß er auf freiem Fuße erneut strafbare Handlungen gegen fremdes Eigentum mit schweren Folgen begehen wird (§ 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO). Deshalb kann dem Beschwerdestandpunkt zuwider davon nicht die Rede sein, daß der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr im angefochtenen Beschluß primär aus zeitlich lange zurückliegenden Vorstraftaten ohne entsprechend aktuelle Konkretisierung abgeleitet wurde.

Schon nach Maßgabe des - auch im übrigen (§ 180 Abs 2 Z 3 lit c StPO) gesetzeskonform bejahten - Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr kommt die behauptete Grundrechtsverletzung nicht in Betracht, weshalb die Beschwerdeeinwände zum Haftgrund der Fluchtgefahr auf sich beruhen können.

Da Janos K***** sohin durch den angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde (§ 2 Abs 1 iVm § 7 GRBG), war seine Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Demzufolge hatte gemäß § 8 GRBG ein Ausspruch über den Ersatz der Beschwerdekosten zu entfallen.

Anmerkung

E30876

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0110OS00031.9300006.0303.000

Dokumentnummer

JJT_19930303_OGH0002_0110OS00031_9300006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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