TE OGH 1993/3/9 5Ob8/93

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gudrun S*****, vertreten durch Hannelore I*****, wider die Antragsgegnerin Ruth T*****, vertreten durch Dr.Georg Ch.Auteried, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 11 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Juli 1992, GZ 41 R 381/92-13, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 3.März 1992, GZ 6 Msch 64/89-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin war seit 1979 Hauptmieterin der Wohnung Nr ***** in dem auf der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** befindlichen Haus *****, das in der Zwischenzeit abgerissen wurde. Die Antragsgegnerin war vorerst Hälfteeigentümerin und sodann vom November 1983 bis 22.November 1988 Alleineigentümerin dieser Liegenschaft, die nunmehr im Eigentum des Ing.Richard L***** steht.

Mit dem am 11.November 1988 bei der Schlichtungsstelle des Magistratischen Bezirksamtes für den *****Bezirk eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin, der Antragsgegnerin aufzutragen, eine Abrechnung über die im Jahr 1987 für das gegenständliche Haus fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu legen und ihr Einsicht in die zugehörigen Belege zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Antrages, weil sie die Betriebskostenabrechnung samt Belegen monatlich im Haus zur Einsicht aufgelegt habe und daher kein Grund bestehe, ihr die neuerliche Vorlage dieser Abrechnung aufzutragen, zumal die Antragstellerin von Anfang an davon Kenntnis gehabt habe.

Das von der Antragstellerin gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht trug mit Sachbeschluß der Antragsgegnerin auf, binnen 14 Tagen eine Abrechnung über die im Kalenderjahr 1987 für das Haus ***** fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu legen und Einsicht in die zugehörigen Belege zu gewähren, widrigenfalls über sie eine Ordnungsstrafe bis zu 20.000,-- S zu verhängen wäre. Es traf dabei über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Im Jahr 1987 schrieb die Antragsgegnerin die Mietzinse für das Haus laufend in der gleichen Höhe vor; die Antragstellerin bezahlte die Mietzinse im Wege eines Dauerauftrages. Weder im Jahr 1987 noch danach wurde die Antragstellerin davon verständigt, daß eine Abrechnung der Betriebskosten für das Jahr 1987 erfolgt sei und wo diese eingesehen werden könnte. Früher war es so gewesen, daß allmonatlich Aufstellungen über die angefallenen Betriebskosten unter Anschluß der Belege der Mieterin Josefine U***** in deren Wohnung geschickt wurden, wo sie dann einige Tage lang zur Einsicht auflagen. Bis einschließlich Jänner 1986 fertigte Josefine U***** Abschriften der Aufstellungen an. Diese Vorgangsweise übernahm sie nach Ableben ihres Ehemannes von diesem. Eine eigene Verständigung von dieser Auflegung (etwa an der Anschlagtafel des Hauses) erfolgte nicht; diese Vorgangsweise war den Mietern des Hauses (und auch der Antragstellerin) ohnedies bekannt.

Ob auch im Jahr 1987 derartige Aufstellungen über die anfallenden Betriebskosten an Josefine U***** zur Einsichtnahme für die anderen Mieter übersendet wurden, konnte vom Erstgericht nicht festgestellt werden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die Auflegung monatlicher Abrechnungen unter Anschluß der Belege bei einer Hauspartei bei der Einhebung von Betriebskosten allmonatlich in gleichbleibender Höhe nicht den Anforderungen des § 21 Abs 3 MRG entspreche.

Das Gericht zweiter Instanz gab mit Sachbeschluß dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht erachtete die im Rekurs hinsichtlich der Feststellung des Erstgerichtes über die mangelnde Verständigung der Antragstellerin von der jeweiligen Abrechnung und Auflegung der Belege unter dem Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit erhobene Rüge als nicht berechtigt und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der Negativfeststellung des Erstgerichtes in Ansehung der Frage der Verständigung der Antragstellerin von den Aufstellungen über die anfallenden Betriebskosten im Jahr 1987 und deren Auflegung bei der Mieterin Josefine U*****, welche es nicht als rechtlich relevant ansah.

In Erledigung der im Rekurs erhobenen Rechtsrüge ging das Rekursgericht davon aus, daß es sich bei der im § 21 Abs 3 MRG vorgeschriebenen Abrechnung grundsätzlich um eine Jahresabrechnung über die im Kalenderjahr fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben handle, was schon aus der mehrmaligen Verwendung des Wortes Abrechnung im Singular folge. In der von der Rekurswerberin zitierten Entscheidung MietSlg 37.369 = RdW 1986, 80, sei wohl vom Obersten Gerichtshof die Auffassung vertreten worden, auch die Teilung der Jahresabrechnung in Vierteljahresabrechnungen sei zulässig und ausreichend, wenn sie in ihrem Sachzusammenhang und ihrer Aufgliederung gemeinsam jene Aussagekraft hätten, die von der Jahresabrechnung gefordert werde. Daraus ließe sich aber der Schluß auf die Zulässigkeit von monatlichen Abrechnungen bei Betriebskostenpauschalverrechnung nicht ziehen. Eine derartige Zersplitterung der Abrechnung würde jedenfalls zu einer für den Mieter unzumutbaren Mehrbelastung führen, wäre er doch gezwungen, alle 11 der das Kalenderjahr abschließenden Abrechnung vorangehenden Teilabrechnungen in Evidenz zu halten, um die Gesamtabrechnung überblicken und kontrollieren zu können. Daß einmal jährlich eine sämtliche monatlichen Abrechnungen zusammenfassende Abrechnung über das gesamte Kalenderjahr - und damit eine Jahresabrechnung - erfolgt sei, sei nicht vorgebracht worden, vielmehr habe sich die Antragsgegnerin gerade darauf gestützt, die Betriebskosten monatlich abgerechnet und die Abrechnung monatlich im Hause aufgelegt zu haben. Abgesehen davon, daß das Vorbringen auch keinen Hinweis auf die regelmäßige Einhaltung bestimmter Tage des Monates zur Auflegung der Abrechnung enthielte, obwohl auch der Zeitraum der Auflage rechtzeitig bekanntgegeben werden müsse (MietSlg 38.389) bzw im gegenständlichen Fall der Mieterin hätte bekannt sein müssen, vermöge die behauptete monatliche Betriebskostenabrechnung eine Jahresabrechnung nicht zu ersetzen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob eine allmonatliche Abrechnung bei Betriebskostenpauschalverrechnung den Erfordernissen einer Abrechnung im Sinne des § 21 Abs 3 MRG entspräche.

Gegen diesen Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der auf die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, in dem ein Aufhebungsantrag gestellt und hilfsweise die Abänderung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Antrages der Antragstellerin beantragt wird.

Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die im Revisionsrekurs vorerst geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die behauptete Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG).

In ihrer Rechtsrüge hält die Antragsgegnerin an ihrer Rechtsansicht fest, sie sei durch Übersendung der Aufstellungen über die anfallenden Betriebskosten an die Mieterin Josefine U***** zur Einsichtnahme für die anderen Mieter auch im Jahr 1987 ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Hat der Vermieter von der ihm im § 21 Abs 3 1.Satz MRG eingeräumten Möglichkeit, zur Deckung der im Laufe eines Kalenderjahrs fällig werdenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu jedem Zinstermin einen gleichbleibenden Teilbetrag zur Anrechnung zu bringen, Gebrauch gemacht, so hat er nach der Bestimmung des § 21 Abs 3 2.Satz MRG die im Lauf des Kalenderjahres fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben spätestens zum 30.Juni des folgenden Kalenderjahres abzurechnen, die Abrechnung beim Hausbesorger oder an einer sonst geeigneten Stelle im Haus zur Einsicht durch die Hauptmieter aufzulegen und den Hauptmietern in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren. Die formellen und inhaltlichen Anforderungen, die an diese Abrechnung zu stellen sind, ergeben sich mangels näherer Umschreibung im MRG aus dem Zweck der Abrechnung, den Hauptmietern eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung zu liefern, ob der Vermieter bei der Vorschreibung der Pauschalraten, bei der Rückerstattung des Überschusses oder bei der Nachforderung des Fehlbetrages die zwingenden Bestimmungen des MRG eingehalten, also insbesondere nur nach dem MRG zulässige Beträge als Betriebskosten und öffentliche Abgaben berücksichtigt hat. Die Abrechnung hat daher so zu geschehen, daß sie für einen durchschnittlichen Mieter des Hauses nachvollziehbar ist (vgl Würth in Rummel, ABGB2, Rz 10b zu § 21 MRG und Rz 9 zu § 20 MRG; MietSlg 41/31 = ImmZ 1989, 433; WoBl 1992, 82 = ImmZ 1992, 74; vgl auch ImmZ 1992, 442). Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß der Gesetzgeber damit grundsätzlich von einer Abrechnung ausgegangen ist, die alle im Laufe des Kalenderjahres fällig gewordenen Bewirtschaftungskosten umfaßt. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings in seiner Entscheidung 5 Ob 87/85 (MietSlg 37.369 = RdW 1986, 80) vierteljährliche Abrechnungen der Betriebskosten als zulässig und für die gesetzlich gebotene Jahresabrechnung als ausreichend angesehen, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß sie in ihrem inneren Sachzusammenhang und ihrer Aufgliederung gemeinsam jene Aussagekraft haben, die von der Jahresabrechnung allgemein gefordert wird, was insbesondere für die Feststellung der zur Verrechnung zu bringenden Überschüsse bzw Fehlbeträge und der Grundlagen (Gesamtbeträge der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben) für die Berechnung der zur Vorschreibung gelangenden Teilbeträge gilt.

Bei Beurteilung der hier zu entscheidenden Frage, ob auch monatliche Abrechnungen der Betriebskosten im Rahmen der Pauschalabrechnung für die gesetzlich gebotene Jahresabrechnung ausreichen, ist vom Sinn und Zweck der dem Vermieter eingeräumten Möglichkeit der Jahrespauschalverrechnung auszugehen. Das Wesen dieser Verrechnungsart besteht in der Vorschreibung gleichbleibender monatlicher Teilbeträge für die Bewirtschaftungskosten ohne - wie es bis zur Einführung der Jahrespauschalverrechnung erforderlich war und bei der Einzelvorschreibung der Bewirtschaftungskosten nach wie vor vorgeschrieben ist - gleichzeitig verpflichtet zu sein, dem Mieter den auf seinen Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Bewirtschaftungskosten monatlich unter Vorlage der Rechnungsbelege nachzuweisen (§ 21 Abs 4 MRG). Es widerspricht daher dem Wesen der Abrechnung der Bewirtschaftungskosten im Sinne des § 21 Abs 3 MRG, wenn der Vermieter gleichbleibende monatliche Teilbeträge für Bewirtschaftungskosten vorschreibt, gleichzeitig aber eine monatliche Abrechnung der Betriebskosten vornimmt und diese unter Anschluß der Belege den Mietern zur Einsicht auflegt. Dazu kommt noch, daß die dem Vermieter aus dem Wegfall der Notwendigkeit der monatlichen Berechnung der Bewirtschaftungskosten gewährte Erleichterung auch einen Vorteil für den Mieter bewirkt, der darin liegt, daß für diesen nicht mehr die Notwendigkeit der monatlichen Kontrolle der ihm vorgeschriebenen Betriebskosten besteht. Es geht daher nicht an, daß der Vermieter wohl die Vorteile der Vorschreibung gleichbleibender monatlicher Teilbeträge für Bewirtschaftungskosten in Anspruch nimmt, den Mieter jedoch durch die monatlich gelegten Abrechnungen der Bewirtschaftungskosten faktisch zwingt, neben den in Rechnung gestellten Pauschalraten auch noch die ihm vorgeschriebenen Betriebskosten im einzelnen zu überprüfen und das ganze Jahr über in Evidenz zu halten. Geht man weiters davon aus, daß die monatlichen Abrechnungen die jeweiligen Überschüsse bzw Fehlbeträge aus der Monatsabrechnung bzw Saldovorträge enthalten müßten, um in ihrem inneren Sachzusammenhang und in ihrer Aufgliederung gemeinsam die von der Jahresabrechnung im allgemeinen geforderte Aussagekraft zu haben, so muß gesagt werden, daß dann für einen durchschnittlich informierten Mieter nicht mehr jene Übersichtlichkeit gewährt ist, die allenfalls ausnahmsweise noch bei einer vierteljährlichen Betriebskostenabrechnung angenommen werden könnte.

Der Oberste Gerichtshof billigt daher die von den Vorinstanzen vertretene Ansicht, daß monatliche Betriebskostenabrechnungen der im § 21 Abs 3 2.Satz MRG normierten Abrechnungspflicht nicht entsprechen. Unter diesen Umständen kann auch von einer mutwilligen und schikanösen Antragstellung der früheren Mieterin keine Rede sein.

Dem Revisionsrekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Barauslagen, die die Rechtsmittelwerber im Hinblick auf die Erfolglosigkeit ihres Rechtsmittels selbst zu tragen hätte, wurden nicht verzeichnet.

Anmerkung

E34036

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00008.93.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19930309_OGH0002_0050OB00008_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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