Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Stephanie M*****, Studentin, Hermanngasse 1/8, 1070 Wien, vertreten durch Dr.Thomas Prader und Dr.Werner Goeritz, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegner 1. Dr.Arnulf H*****, 2. Oswald H*****, und 3. Dr.Gritha M*****, (zu 2. und 3.) vertreten durch Dr.Arnulf Hummer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rückzahlung von Mietzins, infolge Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20.Oktober 1992, GZ 41 R 806/92-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.Juli 1992, GZ 47 Msch 80/91-5, und das diesen vorangegangene außerstreitige Verfahren im Umfang der Anfechtung als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Entscheidung im streitigen Verfahren aufgetragen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin war von Feber 1984 bis Dezember 1989 Hauptmieterin der Wohnung top Nr 92 im Haus der Gegner in 1070 Wien, *****.
Mit dem rechtskräftigen Sachbeschluß des Rekursgerichtes vom 13. Dezember 1990, GZ 41 R 486/90 = 47 Msch 79/88-19, wurde in dem zwischen den Parteien beim Erstgericht anhängig gewesenen außerstreitigen Mietrechtsverfahren festgestellt, daß die Vermieter durch die Vorschreibung eines Hauptmietzinses von S 1.800,- zuzüglich 10 % Umsatzsteuer in der Zeit vom 1.Feber 1984 bis 30.Juni 1988 das gesetzlich zulässige Ausmaß an Hauptmietzins um monatlich S 1.249,17 überschritten haben.
Die frühere Hauptmieterin beantragte am 14.Juni 1991 bei der Gemeinde und nach § 40 Abs 2 MRG am 30.September 1991 beim Erstgericht, den Vermietern die Rückzahlung der Überzahlung an Hauptmietzins aufzutragen.
Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß, daß die Vermieter der Antragstellerin die zuviel bezahlten Mietzinsbeträge von S 73.433,73 samt den stufenweisen Zinsen zurückzuzahlen haben, wies aber den Antrag, die Vermieter zu einer weiteren Rückzahlung von S 4.765,20 sA zu verpflichten, ab.
Während die Antragsgegner den stattgebenden Teil nicht bekämpften, erhob die Antragstellerin gegen die Abweisung ihres Mehrbegehrens Rekurs.
Das Rekursgericht hob den nicht schon in Rechtskraft erwachsenen Teil des erstgerichtlichen Sachbeschlusses und insoweit auch das vorangegangene Verfahren als nichtig auf, entschied, daß über den Antrag auf Zahlung weiterer S 4.765,20 sA im streitigen Verfahren zu verhandeln und zu entscheiden sei, und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über diese Klage auf. Das Rekursgericht meinte, durch § 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des
2. WÄG sei nur die Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten nach § 27 Abs 1 MRG in das mietrechtliche außerstreitige Verfahren verwiesen, nicht aber ein Anspruch auf Rückzahlung entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG erbrachter Leistungen, die auf dem Rechtsweg einzufordern seien, sofern sich der Anspruch nicht im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG ergebe und daher nach § 37 Abs 4 MRG der Vermieter zur Zahlung des Betrages zu verhalten sei. Die Unzulässigkeit des gewählten außerstreitigen Verfahrens sei aus Anlaß des Rekurses wahrzunehmen, soweit nicht wegen unterbliebener Anfechtung Teilrechtskraft eingetreten sei. Die Sache sei nach § 40a JN auf den Rechtsweg zu verweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs der Antragstellerin ist ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes und die - überdies gegebene - erhebliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (WoBl 1991/145 mwH), jedoch nicht berechtigt.
Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig in das Außerstreitverfahren verwiesen sind, gehören auf den streitigen Rechtsweg (Fasching, ZPR2 Rz 112; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 2 zu § 37 MRG; SZ 54/129 = MietSlg 33.504/19; SZ 55/184 = MietSlg 34.340; MietSlg 40.500; WoBl 1991/113). Die Möglichkeit, daß als Annex im Verfahren über einen in das Außerstreitverfahren nach § 37 MRG verwiesenen Feststellungsantrag ein Leistungsbefehl auf Rückzahlung ergeht, hat auf die Zulässigkeit des Rechtsweges keinen Einfluß (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 7 zu § 37 MRG). Daran hat das 2.WÄG BGBl 1991/68 entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin nichts geändert. Mit Art II Z 16 des 2.WÄG wurde dem § 37 Abs 1 MRG die Z 14 "Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten (§ 27)" angefügt. Im § 27 MRG ist im Abs 1 ein Katalog von Vereinbarungen über Leistungen und Entgelte enthalten, die nach der Einleitung "ungültig und verboten" sind. § 27 Abs 2 MRG nimmt bestimmte Beträge von den Verboten des Abs 1 aus. Nach § 27 Abs 3 Satz 1 MRG kann samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden, was entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG oder den Bestimmungen des § 27 Abs 1 MRG geleistet wird. "Verbotene" Leistungen und Entgelte iSd § 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des 2.WÄG sind daher nur die Zahlungen, die auf Grund der im § 27 Abs 1 MRG erfaßten verbotenen Vereinbarungen erbracht wurden. Auch die Verwaltungsstrafbestimmung des § 27 Abs 4 MRG richtet sich nur gegen einen Täter, der für sich oder andere Leistungen entgegennimmt oder sich versprechen läßt, die mit den Vorschriften des § 27 Abs 1 MRG in Widerspruch stehen. Leistungen, die entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG erbracht wurden, können zwar ebenso wie Leistungen entgegen den Bestimmungen des § 27 Abs 1 MRG zurückgefordert werden, sind aber nicht "verbotene" Leistungen oder Entgelte. Die Durchsetzung des Rückforderungsanspruches im Rechtsweg, soweit nicht ein Leistungsbefehl nach § 37 Abs 4 MRG erging, wurde für die auf Grund rechtsunwirksamer Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses geleisteten Beträge durch die Einfügung der Z 14 im § 37 Abs 1 MRG nicht berührt (Würth-Zingher, WohnR '91, Anm 1 zu § 27 MRG und Anm 2 zu § 37 MRG; Würth in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 27 MRG).
Dies ergibt sich auch aus der durch Art I Z 3 des 2.WÄG angeordneten Einfügung der Z 13 in den Katalog der ins Verfahren außer Streitsachen verwiesenen Angelegenheiten nach § 22 Abs 1 WGG. Dort wurde - offenbar aus besonderer Vorsicht (Würth-Zingher, WohnR '91, 146, Anm 3 zu § 22 WGG) - die Rückzahlung von Leistungen und Entgelten, die auf ungültigen und verbotenen Vereinbarungen im Sinne des § 27 MRG beruhen, mit der ausdrücklichen Ausnahme von Beträgen nach § 14 Abs 1, § 14 Abs 9 Z 2 und § 17 WGG, ins außerstreitige Verfahren verwiesen, also die Durchsetzung der Rückzahlung von die Angemessenheit (= Zulässigkeit) nach § 14 Abs 1 WGG überschreitender Entgelte dem Prozeß vorbehalten, sofern nicht im Anschluß an ein Feststellungsverfahren ein Titel nach § 37 Abs 4 MRG zustandekommt.
Der Wortsinn der Verfahrensvorschrift schließt eine analoge Ausdehnung auf den von der Antragstellerin gegen die Vermieter verfolgten Anspruch auf Rückzahlung der das gesetzliche Ausmaß übersteigenden Mietzinsbeträge aus, weil es sich dabei nicht um "verbotene" Leistungen und Entgelte handelt.
Aber auch die Materialien bestätigen die Richtigkeit der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht. Mit der ausdrücklichen Verweisung der Ansprüche auf Feststellung der Höhe und auf Ersatz von Aufwendungen auf eine Wohnung nach § 10 MRG (§ 37 Abs 1 Z 6 MRG idF des 2.WÄG) und auf Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten nach § 27 MRG (§ 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des 2.WÄG) sollte in Übereinstimmung mit der Vereinbarung der politischen Parteien über eine große Wohnrechtsreform sowohl die Rückforderung unberechtigt verlangter Ablösezahlungen als auch die Feststellung der Höhe von Aufwandsersatzansprüchen des ausziehenden Mieters vereinfacht und die Übertragung ins außerstreitige Verfahren erfolgen (AB 52 BlgNR 18.GP, 2). Die Verweisung der Rechtsdurchsetzung der Rückzahlungsansprüche nach § 27 MRG ins außerstreitige Verfahren sollte dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit und sachgerechtem Zugang zum Recht Rechnung tragen. Da schon die WGN 1989 Streitigkeiten über verbotene Ablösen (§ 27 MRG) in die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes verwies, sollte nach dieser Rechtsänderung gegenüber der Zuständigkeitsregelung zur Zeit der Erlassung des MRG ebenfalls die Entscheidung durch das Bezirksgericht statt im streitigen nun im außerstreitigen Verfahren erfolgen (AB 52 BlgNR 18.GP, 4).
Es findet sich daher auch im Bericht des Bautenausschusses kein Anhaltspunkt dafür, daß auch die Rückforderung entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG geleisteter Beträge in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen werden sollte, weil mit der Bezugnahme auf § 27 MRG stets nur die "verbotene Ablöse" gemeint war, wie sie auch Gegenstand der Kompetenzvorschrift des § 49 Abs 2 Z 5 letzter Halbsatz JN idF WGN 1989 ist, womit in Zusammenhalt mit dem § 83 JN - zwecks Vermeidung von Kompetenzzersplitterungen - für sämtliche Streitigkeiten über (im Sinne des § 27 MRG) verbotene Ablösen die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes der gelegenen Sache sichergestellt wurde (AB 991 BlgNR 17.GP Zum Art IX Z 1 lit b = § 49 Abs 2 Z 5 JN, 62). Durch § 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des 2.WÄG ist nur das Begehren auf Rückzahlung der auf Grund von nach § 27 Abs 1 MRG verbotenen Vereinbarungen erbrachten Leistungen und Entgelte in das mietrechtliche Außerstreitverfahren verwiesen. Der Anspruch auf Rückzahlung entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG geleisteter Beträge ist dagegen im streitigen Verfahren durchzusetzen, soweit nicht, weil sich der Anspruch des antragstellenden Mieters auf Rückzahlung in einem außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG ergeben hat, schon in diesem Verfahren ein Rückzahlungstitel nach § 37 Abs 4 MRG geschaffen wurde.
Die Vorschrift des § 37 Abs 4 MRG blieb daher auch durch die Verweisung des Anspruches auf Rückzahlung verbotener Leistungen in das außerstreitige Verfahren unberührt. Sie bezieht sich auch nicht, wie die Rechtsmittelwerberin meint, auf Leistungen und Entgelte nach § 27 Abs 1 MRG, weil deren Rückforderung mit einem Zahlungsbegehren nach § 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des 2.WÄG im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen ist und daher insoweit kein Anwendungsbereich für einen Ausspruch nach § 37 Abs 4 MRG bleibt, weil über das Rückzahlungsbegehren selbst, wie etwa auch beim Begehren auf angemessene Entschädigung nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG oder auf Rückzahlung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages (§ 45 MRG) nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG jedenfalls mit Sachbeschluß abzusprechen ist.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes entspricht daher der derzeitigen Verfahrensrechtslage.
Anmerkung
E34217European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00023.93.0309.000Dokumentnummer
JJT_19930309_OGH0002_0050OB00023_9300000_000