TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/23 2005/01/0441

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Veröffentlicht am 23.02.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des Y K in W, geboren 1974, vertreten durch Dr. Georgia Alince, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Am Spitz 8/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Juni 2005, Zl. 257.764/0-IX/27/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben Staatsangehöriger der Türkei, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und sunnitischen Glaubens, beantragte am 5. Juni 2002 Asyl und am 28. September 2004 die Fortsetzung des gemäß § 30 Abs. 1 AsylG eingestellt gewesenen Asylverfahrens. Bei seiner Einvernahme am 1. Februar 2005 gab er zu seinen Fluchtgründen - zusammengefasst - an, er habe die Türkei verlassen, "weil es keine Arbeit gibt" und er eine siebenköpfige Familie zu ernähren habe. Da er sich "mit seiner Lebensgefährtin gestritten habe", habe er 2002 das Land verlassen. Bei seiner Rückkehr in die Türkei befürchte er "weiterhin keine Arbeit zu bekommen und in Armut leben zu müssen".

Mit Bescheid vom 3. Februar 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers weise keinen Konnex zu den in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Gründen auf. Eine konkrete Verfolgung vor seiner Ausreise habe er bei seiner Befragung ausdrücklich verneint. Ein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer einer Risikogruppe angehöre habe sich nicht ergeben. Der Beschwerdeführer, der von 1998 bis 2002 als Koch gearbeitet habe und dessen engere Familie in der Türkei lebe, würde in der Türkei Unterkunft und eine notdürftige Versorgung erhalten. Er sei nicht einem "real risk" ausgesetzt, in der Türkei Opfer von Folter zu werden. Der Beschwerdeführer könne ohne Verstoß gegen Art. 3 EMRK in die Türkei abgeschoben werden. Art. 8 EMRK stehe der Ausweisung nicht entgegen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde verweist in allgemeiner Weise auf die Situation der kurdischen Volksgruppe und "Zustände in der Türkei", sie vermag aber über eine dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung nichts Konkretes darzulegen. Welche Ermittlungen die Behörden von Amts wegen hätten anstellen müssen und aus welchem Grund dadurch die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers hätte glaubhaft gemacht werden können, wird in der Beschwerde nicht näher dargestellt. Die Beschwerde zeigt daher insoweit keine Fehlbeurteilung auf, weshalb sie, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, nicht erfolgreich sein kann.

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 23. Februar 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005010441.X00

Im RIS seit

06.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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