TE OGH 1993/3/9 5Ob27/93

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Georg L*****, Angestellter, ***** Graz, D***** Straße 27, vertreten durch Dr.Elmar Wenger, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegnerin Gertraud H*****, Bankangestellte, ***** Graz, H*****straße 92a, vertreten durch Dr.Gerhard Schmidt, Rechtsanwalt in Graz, wegen Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten (§ 22 Abs 1 Z 13 WGG) infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 22. September 1992, GZ 3 R 266/92-17, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. Mai 1992, GZ 7 Msch 46/91-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die von den Parteien verzeichneten Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind - mit der Maßgabe des § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG - als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin, die über Nutzungsrechte an einer im Haus D***** Straße Nr 27 in Graz gelegenen Genossenschaftswohnung verfügte, hat vom Antragsteller anläßlich des Übergangs der Nutzungsrechte an diesen im Herbst 1988 S 360.000,-- verlangt und erhalten.

Am 19.6.1991 stellte der Antragsteller beim Magistrat Graz/Schlichtungsstelle den Antrag, der Antragsgegnerin die Rückzahlung von S 250.000,-- aufzutragen, weil es sich dabei - mangels Gegenleistung der Antragsgegnerin - um eine verbotene Ablöse handle. Das Begehren ist mittlerweile gerichtsanhängig geworden.

Die Antragsgegnerin brachte dazu im wesentlichen vor, daß es sich bei dem vom Antragsteller geleisteten Betrag in Höhe von S 360.000,-- um die Abgeltung der von ihr und ihrem Gatten geleisteten Investitionen gehandelt habe; keinesfalls habe sie eine Ablöse bloß für die Überlassung der Wohnung an den Antragsteller gefordert und erhalten. Schon zu Beginn der Verhandlungen habe sie dem Antragsteller und seiner Gattin den Betrag von S 360.000,-- excl. Genossenschaftsanteil als Forderung genannt und dazu erklärt, daß sie diesen Betrag für die von ihr und ihrem Gatten in der Wohnung geleisteten Investitionen, für die Kosten ihrer Übersiedlung in eine neue Wohnung, für die in der Wohnung verbleibenden Möbel sowie für die Aufwendungen zur Beschaffung einer Ersatzwohnung begehre. Allein in den letzten 4 Jahren habe sie Investitionen geleistet, deren Wert den Betrag der Ablöse erheblich übersteige. Der Wert dieser (im Detail angeführten) Investitionen zuzüglich Übersiedlungskosten mache S 404.360,-- aus. Dazu sei der Antragsteller - durch ein Entgegenkommen der Antragsgegnerin - noch in den Genuß eines früheren als des vereinbarten Wohnungsbezuges gekommen. Schließlich habe die Antragsgegnerin für die Beschaffung einer Ersatzwohnung S 422.000,-- zahlen müssen.

Der Antragsteller habe sich mit dem Betrag von S 360.000,-- zuzüglich S 93.084,-- Genossenschaftsanteil ausdrücklich einverstanden erklärt und ein schriftliches Kaufanbot für die Wohnung erstellt, in dem nur die Ablöse, nicht aber der Genossenschaftsanteil enthalten war. Da der Antragsteller die Vereinbarung mit der Antragsgegnerin in der Absicht geschlossen habe, die Ablösezahlungen zurückzuverlangen, sei das nunmehrige Begehren auf Rückzahlung der Ablöse sittenwidrig.

Das Erstgericht gab (ebenso wie zuvor die Schlichtungsstelle) dem Begehren des Antragstellers statt und erkannte die Antragsgegnerin schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution S 250.000,-- samt 4 % Zinsen seit 7.11.1988 zu zahlen. Es ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die verfahrensgegenständliche Wohnung war 1971/72 von der Antragsgegnerin und ihrem Gatten ursprünglich als Dienstwohnung der A***** bezogen worden; der Gatte der Antragsgegnerin löste dann 1975 die Genossenschaftsanteile der A***** ab und war von da an Nutzungsberechtigter der Genossenschaftswohnung. Im Zuge der Ehescheidung der Antragsgegnerin im Jahre 1983 wurden schließlich ihr die Nutzungsrechte übertragen.

In der Wohnung wurden im Laufe der Jahre mehrmals Renovierungsarbeiten durchgeführt, so z.B. im Bad durch das Anbringen von neuen Fliesen an Wänden und Boden sowie den Austausch der Badewanne und des Waschbeckens, die Böden wurden erneuert, ebenso die Wohnungseinrichtung. Die meisten dieser Investitionen stammen aus einer Zeit vor dem Auszug des ehemaligen Gatten der Antragsgegnerin im Jänner 1983.

Die Antragsgegnerin hatte im Herbst 1986 mit einer anderen gemeinnützigen Bauvereinigung einen Anwartschaftsvertrag betreffend den Ankauf einer Wohnung in der H*****straße abgeschlossen und dafür S 460.000,-- sowie Aufzahlungen für Böden, Küche und Bad zu leisten. Sie bot deshalb mittels einer Annonce im Oktober 1988 die Wohnung unter der Rubrik "Eigentumswohnungen" in der K***** Zeitung mit folgendem Text an:

"Genossenschaftseigentumswohnung, dreieinhalb Zimmer und Nebenräume, Topzustand, zentrale Stadtrandlage, incl. Genossenschaftsanteil und Ablöse, teilmöbliert, S 550.000,-- - RZ incl. BK, Heizung S 4.300,-- monatlich unter günstig 098 ME K***** Zeitung".

Zuvor hatte die Antragsgegnerin versucht, die Wohnung an Interessierte ihres Bekanntenkreises weiterzugeben, eine derartige Vergabe kan jedoch nicht zustande.

Auf die Annonce der Antragsgegnerin meldete sich auch der Antragsteller mit seiner Gattin, und es fanden in der Folge Verhandlungen über die Höhe der Investitionsablöse statt. Die Antragsgegnerin teilte dabei dem Antragsteller und seiner Gattin mit, daß der Genossenschaftsanteil direkt an die Genossenschaft zu zahlen sei und gab die Höhe dieses Anteiles mit rund S 93.000,-- bekannt.

Bereits vor Beginn der Verhandlungen hatte die Antragsgegnerin Aufzeichnungen über einzelne Investitionen und die von ihr dafür in Anschlag gebrachten Beträge gemacht (Beilage 1) und als Summe der Einzelpositionen einen Gesamtbetrag von S 112.000,-- handschriftlich festgehalten. Unter diesem Betrag war der Genossenschaftsanteil mit S 100.000,-- handschriftlich angeführt und die Summe von S 212.000,-- ausgewiesen; darunter hatte die Antragsgegnerin folgendes festgehalten:

"Ablö f. Wg. Verg. 250.000,-

462.000,-

mit Kü + Vorzimmer 38.000,-

500.000,-"

Diese Aufstellung überreichte die Antragsgegnerin der Gattin des Antragstellers im Zuge der Besprechungen; sie war Grundlage der Verhandlungen. Vor Abschluß der Vereinbarungen erzählte die Antragsgegnerin außerdem noch, daß sie eine Eigentumswohnung in der H*****straße gekauft hat.

Bei der zweiten Besprechung in der Wohnung der Antragsgegnerin, bei welcher diese dem Antragsteller die Aufstellung Beilage ./1 überreichte, kam es schließlich zu einer Einigung: Der Antragsteller sollte der Antragsgegnerin S 360.000,-- zahlen, wobei vereinbart wurde, daß S 110.000,-- als Investitionsablöse gezahlt werden sollten, S 250.000,-- als Ersatz für die von der Antragsgegnerin mit dem monatlichen Nutzungsentgelt geleisteten Annuitäten. Die Antragsgegnerin hatte dem Antragsteller und seiner Ehegattin erklärt, daß der von ihr geleistete Annuitätenanteil für den Fall der Übertragung der Wohnung ins Eigentum angerechnet werden würde. Außerdem wurde vereinbart, daß vom Antragsteller ein Betrag von ca. S 100.000,-- an die Wohnbaugenossenschaft zu leisten ist (es waren schließlich S 96.991,--, die gem. § 17 WGG über die Genossenschaft der Antragsgegnerin zugeflossen sind).

Nach Abschluß der mündlichen Vereinbarung in der Wohnung der Antragsgegnerin anläßlich der zweiten Besprechung richteten der Antragsteller und seine Ehegattin an die Antragsgegnerin am 30. Oktober 1988 ein Schreiben folgenden Inhaltes:

"Betrifft: Kaufanbot über ihre Wohnung mit obgenannter Adresse.

Sehr geehrte Frau H*****!

Nach Ansehung in Frage stehender Wohnung erklären wir uns mit dem von Ihnen geforderten Kaufpreis von öS 360.000,-- zuzüglich ca. öS 100.000,-- Genossenschaftsanteil einverstanden. Um unsere Kaufabsicht zu dokumentieren, bieten wir Ihnen als eine Art Anzahlung öS 10.000,-- die Sie heute von mir erhalten. Den noch ausständigen Betrag von S 350.000,-- erhalten Sie, sobald unser Bausparvertrag durch unsere Bausprakasse abgerechnet ist. Alle weiteren Details werden in der Folge noch besprochen."

Die Antragsgegnerin schied mit Vereinbarung vom 31.12.1988 als Nutzungsberechtigte aus dem Vertragsverhältnis mit der Eigentümerin des Hauses D***** Straße Nr. 27 (einer gemeinnützigen Bauvereinigung) aus, hat die Wohnung aber schon am 12.12.1988 verlassen. Der Antragsteller seinerseits schloß am 5.Jänner 1989 einen Vertrag mit dieser Wohnbaugenossenschaft ab. Er hat den letzten Teilbetrag des von ihm an die Antragsgegnerin zu leistenden Betrages von insgesamt S 360.000,-- im November 1988 bezahlt und mußte dazu einen Kredit aufnehmen.

Zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller war vereinbart, daß die in der Wohnung vorhandene Einbauküche in der Wohnung verbleiben wird, ebenso ein Einbauschrank im Vorzimmer; das Wohnzimmer war zum Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung an den Antragsteller leer.

In rechtlicher Hinsicht schloß das Erstgericht aus diesen Feststellungen, daß die Antragsgegnerin vom Antragsteller S 250.000,-- lediglich für die Aufgabe der Wohnung begehrt habe, was gemäß § 27 Abs 1 MRG unzulässig und verboten sei. Demnach habe es auch keiner Beweisaufnahmen über den Wert der in der Wohnung zurückgebliebenen Einrichtungsgegenstände und Investitionen oder über die Höhe der Übersiedlungs- und Ersatzbeschaffungskosten der Antragsgegnerin bedurft.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß, ohne sich allerdings auf die Richtigkeit der seiner Meinung nach nicht entscheidungswesentlichen Feststellungen einzulassen, wie die Beilage 1 in die Hände des Antragstellers gelangte, ob sie Grundlage der Ablösevereinbarung war und wie die Abkürzung "Ablö f. Wg. Verg."

zu verstehen ist. Auch die Streitfrage, ob es schon beim ersten Zusammentreffen der Streitteile oder erst bei der zweiten Zusammenkunft zum Vertragsabschluß kam, ließ das Rekursgericht dahingestellt. Ausgehend von der Tatsache, daß vereinbarungsgemäß S 110.000,-- als Investitionsablöse und S 250.000,-- als Ersatz für die von der Antragsgegnerin zusammen mit dem monatlichen Nutzungsentgelt beglichenen Annuitäten gezahlt werden sollten und daß die Antragsgegnerin selbst betonte, dem Antragsteller die Kosten der Ersatzwohnung nicht angerechnet zu haben, erweise sich nämlich das Verfahren vor dem Erstgericht als frei von Mängeln; in rechtlicher Hinsicht ergebe sich folgendes:

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG seien Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat, ungültig und verboten. Nicht unter dieses Verbot fielen die Verpflichtung zum Ersatz der tatsächlichen Übersiedlungskosten und zum Rückersatz des Aufwandes, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat. Das wesentliche Merkmal eines solchen verbotenen Ablösevertrages sei das Fehlen einer gleichwertigen Gegenleistung. Als solche würden im Verhältnis Vormieter - Nachmieter von der Rechtsprechung außer den schon vom Gesetz genannten Kosten u.a. der verbliebene Wert von Investitionen, der Wert von überlassenen Einrichtungsgegenständen und die angemessenenen Kosten für die Beschaffung eines Ersatzobjektes anerkannt (vgl. Würth-Zingher19, Rz 8 zu § 27 MRG).

Dazu gehöre jedenfalls nicht der vom Antragsteller als Ersatz für die von der Antragsgegnerin mit dem monatlichen Nutzungsentgelt entrichteten Annuitäten geleistete Betrag von S 250.000,--. Wenn die Rekurswerberin in ihrer Rechtsrüge ausführe, daß mit diesem Betrag Einrichtungsgegnstände und Investitionen sowie Aufwendungen für die Beschaffung einer Ersatzwohnung abgegolten worden seien, gehe sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Demnach sei nur der Betrag von S 110.000,-- für diesen Zweck verwendet worden. Nach neuerer Rechtsprechung sei alllerdings eine Ablösevereinbarung auch dann gültig, wenn der Leistung des neuen Mieters objektiv eine gleichwertige Gegenleistung des weichenden Mieters gegenübersteht, auch wenn diese Gegenleistung gar nicht besprochen wurde (MietSlg 41.309, 39.391 u.a.). Der vorliegende Fall sei aber doch anders gelagert, weil hier eine ausdrückliche Vereinbarung vorliege, welcher Teil des vom Antragsteller zu zahlenden Betrages auf die (an sich zulässige) Investitionsablöse und welcher auf eine nicht nach § 27 Abs 1 MRG zulässige "Ablöse" entfällt. Damit sei eine Feststellung des objektiven Wertes der von der Antragsgegnerin in der Wohnung tatsächlich zurückgelassenen Investitionen und Möbel nicht erforderlich.

Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes enthält im übrigen noch den Ausspruch, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen der im § 528 Abs 1 ZPO bezeichneten Art nicht zu lösen gewesen seien.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin fristgerecht außerordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung erhoben, daß jener Judikatur zu folgen sei, die die Nichtigkeit einer Ablösevereinbarung vom Fehlen einer objektiv gleichwertigen Gegenleistung abhängig macht. Anderfalls könnte die unrichtige Bezeichnung einer Investitionsablöse dazu führen, daß der Nachmieter durch die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 27 MRG seine Geldleistung zurückerhält, ohne auch den Wert der ihm zugutegekommenen Investitionen herausgeben zu müssen. Es sei daher die gesamte Ablösevereinbarung als einheitliches Rechtsgeschäft zu behandeln und unter Ausschöpfung des Beweisanbotes der Antragsgegnerin festzustellen, welchen Wert die von ihr zurückgelassenen Investitionen hatten. Daneben wären ihre Übersiedlungs- und Ersatzbeschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder im Sinne einer Abweisung des Zurückzahlungsbegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dazu hat die Antragsgegnerin noch die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung verzeichnet.

Dem Antragsteller wurde die Revisionsbeantwortung freigestellt. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Auszugehen ist davon, daß der Gesetzgeber mit dem Verbot der in § 27 Abs 1 Z 1 MRG angeführten Ablösevereinbarungen sowie mit der in § 27 Abs 3 MRG geschaffenen Möglichkeit der Zurückforderung erbrachter Leistungen eine ungerechtfertigte, mit den Prinzipien einer sozialen Wohn- und Geschäftsraumbewirtschaftung unvereinbare Bereicherung des weichenden Mieters hintanhalten wollte. Die Nichtigkeit einer solchen Ablösevereinbarung hängt daher grundsätzlich davon ab, ob der neue Mieter für seine Ablösezahlung eine gleichwertige Gegenleistung erhält (WoBl 1988, 46/24; WoBl 1988, 143 80 u. 81; EvBl 1989/108; WoBl 1990, 101 ua). Dazu findet sich im Gesetz noch die Klarstellung, daß die bloße Aufgabe des Mietgegenstandes durch den früheren Mieter keine Gegenleistung ist, die veranschlagt werden könnte; andererseits kann eine Ablöseforderung durch Übersiedlungskosten des früheren Mieters oder durch ersatzfähige Aufwendungen iSd § 10 MRG bzw § 20 Abs 5 WGG gerechtfertigt sein.

Aus diesem Verbotszweck schließt die herrschende Judikatur, daß eine Ablösevereinbarung iSd § 27 Abs 1 Z 1 MRG dann nichtig ist, wenn ihr - von sonstigen Rechtfertigungsgründen abgesehen - keine objektiv gleichwertige Gegenleistung des weichenden Mieters gegenübersteht. Ist die Äquivalenz von Ablöse und Gegenleistung gewahrt, dann hat die Ablösevereinbarung auch dann Bestand, wenn die Gegenleistung nicht besprochen wurde oder ihr Wert den Parteien nicht bewußt war (WoBl 1988, 46/24; WoBl 1992, 205/137; 8 Ob 517/91). Es wird sogar der Standpunkt vertreten, daß es insoweit auf den Inhalt der Ablösevereinbarung gar nicht ankommt (WoBl 1988, 46/24; WoBl 1992, 205/137).

Schon das Rekursgericht erwähnte diese Judikatur, meinte daraus jedoch keine Schlußfolgerungen für den gegenständlichen Fall ableiten zu können, weil zwei getrennte Ablösevereinbarungen vorlägen: Eine beschäftige sich mit der Abgeltung bestimmter Investitionen und sei gar nicht Gegenstand des Verfahrens; die andere sehe die gesetzlich verpönte Ablöse der vom Vormieter geleisteten Annuitätenzahlungen vor und sei daher schon aus diesem Grund unwirksam.

Gegen diese Rechtsansicht spricht zunächst die unhaltbare Konsequenz, daß es praktisch von der mehr oder weniger geschickten Wortwahl der Parteien abhinge, ob der neue Mieter für die ihm effektiv zugekommenen Leistungen eine "Ablöse" zu zahlen hat oder nicht. Richtig weist die Revisionsrekurswerberin darauf hin, daß schon die unrichtige Bezeichnung einer echten Investitionsablöse oder die Nichterwähnung der dem neuen Mieter zurückgelassenen Werte in der Ablösevereinbarung dazu führen würde, daß der alte Mieter die empfangene Ablöse zurückzahlen muß, ohne seine an sich ablösefähigen Gegenleistungen anrechnen zu können. Ihm bliebe bestenfalls ein im streitigen Verfahren durchzusetzender Rückabwicklungsanspruch nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (vgl SZ 63/23).

Der Verbotszweck des § 27 MRG, die Umgehung des Mieterschutzes zu unterbinden und zu verhindern, daß aus einer Mangelsituation unrechtmäßiger Gewinn gezogen wird, erfordert einen möglichst umfassenden rechtlichen Zugriff auf alle Phänomene des Ablösewuchers. Der Gesetzgeber hat dies damit zum Ausdruck gebracht, daß er mit der Wortfolge ".... oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung" in § 27 Abs 1 Z 1 MRG schlechthin die Äquivalenzstörung von Ablöse und Gegenleistung inkriminierte. Dieser Verknüpfung des Ablöseverbotes mit dem objektiven Tatbestand der Bereicherung hat die Judikatur dadurch Rechung getragen, daß sie grundsätzlich für alle Leistungen des neuen Mieters an den alten eine Rückforderungsmöglichkeit anerkennt, soweit es an gleichwertigen Gegenleistungen fehlt. Maßgebend ist dabei nicht, ob die Leistung für die Aufgabe des Mietgegenstandes und die Ermöglichung des Abschlusses eines neuen Mietvertrages gefordert und gegeben wurde; es reicht vielmehr aus, wenn die Ablösevereinbarung nur im tatsächlichen Zusammenhang mit der Übergabe des Mietgegenstandes vom alten an den neuen Mieter zustandekam (SZ 60/274).

Konsequenterweise ist auch die Bereicherung des weichenden Mieters durch die ihm zugekommene "Ablöse" primär daran zu messen, welche Gegenleistungen er dem neuen Mieter aus Anlaß der Auf- und Übergabe des Mietobjektes erbracht, also welche Sachgüter er ihm zurückgelassen hat. Der Zweckwidmung der Ablöse kommt dagegen grundsätzlich keine Bedeutung zu. Selbst die Vereinbarung einer "Investitionsablöse" neben einer Ablöse für die Aufgabe des Mietgegenstandes oder - wie hier - für die vom alten Mieter geleisteten Annuitätenzahlungen müßte zur Konsequenz einer einheitlichen rechtlichen Behandlung des gesamten Ablösungspaktes mit dem schlichten Ziel der Vermeidung einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung führen, solange bei allen Einzelverträgen das gemeinsame Wesensmerkmal der Ablöse, also die Festlegung einer Entgeltsverpflichtung des neuen Mieters über die ihm obliegenden Mietzinszahlungen hinaus, erkennbar bleibt. Das wäre etwa dann nicht mehr der Fall, wenn der alte Mieter seinem Nachfolger einzelne Sachgüter (oder alle) unentgeltlich zuwenden wollte.

Die davon abweichende rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes nimmt zu wenig auf den gegen die Bereicherung des weichenden Mieters gerichteten Verbotszweck des § 27 MRG Bedacht. Nach diesem Verbotszweck bestimmt sich, wie weit die Nichtigkeit der im konkreten Fall getroffenen Vereinbarung reicht (Koziol-Welser I9, 148; SZ 63/23 ua). Die Aufspaltung der insgesamt S 360.000,-- betragenden Ablösezahlung des Antragstellers in einen gültigen (S 110.000,-- für die übernommenen Investitionen) und einen ungültigen Teil (S 250.000,-- für die von der Antragsgegnerin geleisteten Annuitätenzahlungen) verhindert die durch § 27 MRG gebotene Prüfung der jeweils erbrachten Leistungen unter bereicherungsrechtlichen Aspekten und ist daher abzulehnen, solange außer der rein formellen Trennung der beiden Vereinbarungen nichts gegen die Einheitlichkeit des anläßlich der Aufgabe und Übernahme des verfahrensgegenständlichen Mietgegenstandes abgeschlossenen Ablösungsgeschäftes spricht. Mangels Selbständigkeit der "Investitionsablöse" kann sich daher die Frage einer Teilnichtigkeit der "Annuitätenablöse" gar nicht stellen; die beiden Teile der Ablösevereinbarung dürfen wegen des besonderen Verbotszweckes des § 27 MRG nicht verschieden behandelt werden.

Damit ist die Sache noch nicht spruchreif, weil Feststellungen über den Wert der dem Antragsteller zurückgelassenen Sachgüter (Investitionen) fehlen.

Daß dem Antragsteller ein darüber hinaus gehender wirtschaftlicher Wert in Form der reellen Chance zugekommen wäre, Wohnungseigentum an der verfahrensgegenständlichen Wohnung zu erwerben und dafür - auf Grund der Annuitätenzahlungen der Antragsgegnerin - weniger bezahlen zu müssen als ein außenstehender Mitbewerber (vgl 5 Ob 165/92), behauptet die Antragsgegnerin selbst nicht, sodaß nach der derzeitigen Aktenlage kein Anlaß zu einer Verfahrensergänzung auch in dieser Richtung besteht. Das Maß für die Höhe eines allfälligen Rückforderungsanspruches wird demnach an der Differenz zu nehmen sein, die zwischen der Ablösezahlung und dem Wert der zurückgelassenen Investitionen bzw Einrichtungsgegenstände im Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung bestand (vgl WoBl 1988, 46/24; WoBl 1988, 143/80).

Keine weiteren Erörterungen sind hingegen zu den angeblichen Übersiedlungs- und Ersatzbeschaffungskosten der Antragsgegnerin anzustellen. Es handelt sich dabei um keine Gegenleistung iSd § 27 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz MRG, sondern um Aufwendungen, die nur zufolge einer vom Gesetz (§ 27 Abs 1 Z 2 zweiter Halbsatz MRG) bzw von der Judikatur anerkannten Ausnahmeregelung eine "Ablösezahlung" des neuen Mieters rechtfertigen können. Dazu bedarf es jedoch einer besonderen Vereinbarung zwischen Alt- und Neumieter (MietSlg 40/15; MietSlg 40.401; WoBl 1992, 205/137; vgl auch EvBl 1989/108), die im konkreten Fall nicht behauptet wurde und auch nicht hervorgekommen ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG und § 52 ZPO.

Anmerkung

E34636

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00027.93.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19930309_OGH0002_0050OB00027_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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