Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Manfred J*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** Gesellschaft mbH (S 59/90 des Landesgerichtes Salzburg), wider die beklagte Partei Dr.Gabriele U*****, vertreten durch Dr.Herbert Pflanzl und Dr.Ägidius Horvatits, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 150.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 7.August 1992, GZ 4 R 139/92-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5.Mai 1992, GZ 1 Cg 288/91-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.471,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.245,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß vom 24.7.1990 wurde über das Vermögen der S***** Gesellschaft mbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin, kurz "GS") der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.
Mit Kaufvertrag vom 21.3.1990 hatte die Beklagte von der späteren GS deren Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** H*****, bestehend aus dem 1639 m2 großen Grundstück Nr.***** Baufläche und Garten, um den Kaufpreis von 2,400.000 S erworben. Bezüglich der Zahlung des Kaufpreises enthielt § 2 des Kaufvertrages folgende Vereinbarung:
"Der Kaufpreis ist bei Vertragsunterfertigung an den Vertragserrichter, Dr.Ägidius H*****, treuhändig zu erlegen. Dieser wird von der Käuferin unwiderruflich ermächtigt und beauftragt, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe einer Löschungsquittung für sämtliche auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft intabulierten Pfandrechte der C***** an die Letztgenannte weiterzuüberweisen."
§ 3 des Kaufvertrages lautete unter der Überschrift "Gewährleistung" auszugsweise:
"....... Die Verkäuferin haftet.......dafür, daß der Kaufgegenstand
frei von bücherlichen Lasten und Beschränkungen in das freie und
einungeschränkte Eigentum der Käuferin übergeht. Festgestellt wird,
daß im Lastenblatt der Liegenschaft......das Pfandrecht zugunsten der
C***** bis zu einem Höchstbetrag von 3,120.000 S einverleibt ist. Der Kaufvertrag ist dadurch auflösend bedingt, daß die C***** spätestens binnen einem Monat ab Vertragsunterfertigung eine Löschungsquittung für sämtliche auf der Liegenschaft intabulierte Pfandrechte an den Vertragserrichter übergibt."
§ 4 des Kaufvertrages lautete unter der Überschrift "Stromanschluß und Wasserzähler" wie folgt:
"Festgehalten wird, daß für das Kaufobjekt derzeit kein eigener Stromanschluß und Wasserzähler vorhanden ist. Die Verkäuferin verpflichtet sich, unverzüglich für die Installierung eines eigenen Stromanschlusses samt Zähler sowie eines Wasserzählers für das Objekt Sorge zu tragen. Bis zur vollständigen Erfüllung dieser Verpflichtung ist die Käuferin zum Rückbehalt eines Kaufpreisanteiles von 150.000 S berechtigt."
Mit Schreiben vom 22.6.1990 übermittelte die C***** dem Dr.Ägidius H***** "zu treuen Handen" eine Löschungsquittung vom 18.6.1990, mit welcher sie ihre ausdrückliche Zustimmung erteilte, daß aufgrund dieser Urkunde ohne ihr ferneres Wissen und Einvernehmen, jedoch nicht auf ihre Kosten, die Löschung des unter C-LNR 2a einverleibten Pfandrechtes im Höchtsbetrag vom 3,120.000 S im Lastenblatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** H***** einverleibt werde. Die C***** hatte mit dem Vertragserrichter Dr.Ägidius H***** zugleich mit der Zustimmung zur Ausfolgung der Löschungsquittung an die Käuferin gegen Zahlung eines Betrages von 2,250.000 S auf das bei ihr geführte Konto der GS vereinbart, daß er verpflichtet sei, den Restkaufschilling von 150.000 S bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 des Kaufvertrages einzuziehen und an die C***** weiterzuleiten.
Nach dem - insoweit vom Kläger gemäß § 267 ZPO zugestandenen - Sachvorbringen der Beklagten ist auch der Restkaufpreis von 150.000 S von dieser bereits beim Vertragsverfasser Dr.Ägidius H***** treuhändig hinterlegt worden.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 23.4.1991, GZ TZ 777/92, wurde (ua) im Eigentumsblatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** H***** die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Beklagte und im Lastenblatt die Löschung des unter C-LNR 2a einverleibten Pfandrechtes im Höchstbetrag von 3,120.000 S bewilligt.
Mit der Behauptung, die GS habe ihre Verpflichtungen gemäß § 4 des Kaufvertrages durch Installierung eines eigenen Stromanschlusses samt Zähler sowie eines Wasserzählers für das Objekt erfüllt, wodurch die Fälligkeit des Restkaufpreises eingetreten sei, begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 150.000 S sA. Zwischen der GS und der Beklagten sei die Berichtigung des Kaufpreises von 2,400.000 S in der Weise vereinbart worden, daß 2,250.000 S - wie geschehen - zur Löschung des Höchstbetragspfandrechtes C-LNR 2a der C***** verwendet werde, der Restbetrag von 150.000 S aber nach Erfüllung der Verpflichtungen gemäß § 4 des Kaufvertrages an die GS zu entrichten sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Abgesehen davon, daß die Liegenschaft immer noch keinen eigenen Stromanschluß und Wasserzähler habe, weshalb die Verpflichtungen gemäß § 4 des Kaufvertrages noch nicht erfüllt seien, sei die GS als Verkäuferin zur Lastenfreistellung der Liegenschaft verpflichtet gewesen. Da das zugunsten der C***** einverleibte Pfandrecht bis zum Höchstbetrag ausgenützt gewesen sei, habe von Anfang an Klarheit darüber bestanden, daß der gesamte Kaufpreis an die Pfandgläubigerin und nicht an die GS zu leisten sein werde. Die C***** sei jedoch entgegenkommmender Weise dazu bereicht gewesen, gegen Zahlung des Kaufpreises von nur 2,400.000 S eine Löschungsquittung über das Höchstbetragspfandrecht von 3,120.000 S auszuhändigen. Sie habe aber dem Vertragsverfasser Dr.Ägidius H***** die Löschungsquittung mit dem Auftrag übermittelt, daß er sie nur dann verwenden dürfe, wenn der gesamte Kaufpreis von 2,400.000 S auf das bei ihr bestehende Konto der GS eingezahlt wird. Im Hinblick auf § 4 des Kaufvertrages sei zwischen dem Vertragsverfasser und der C***** vereinbart worden, daß von der Löschungsquittung bereits gegen Zahlung eines Betrages von 2,250.000 S Gebrauch gemacht werden dürfe, daß aber auch der bereits beim Vertragsverfasser treuhändig hinterlegte Restbetrag von 150.000 S bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß diesem Vertragspunkt an die C***** weiterzuleiten sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte über den eingangs geschilderten Sachverhalt hinaus noch fest, daß bereits in der ersten Jahreshälfte 1990 im Auftrag der GS sowohl ein eigener Stromanschluß der Liegenschaft samt Zähler als auch ein Wasserzähler ordnungsgemäß installiert worden seien. In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, daß die C***** in Ansehung des Kaufpreises nicht "Begünstigte" im Sinne des § 881 Abs 1 ABGB gewesen sei und der Kaufvertrag auch nichts darüber enthalten, was mit dem Restkaufpreis von 150.000 S geschehen solle, wenn die Lastenfreistellung schon vor dessen Zahlung erfolgt. Es gelte daher die Regel des § 1062 ABGB, wonach der Käufer das Kaufgeld zugleich mit der Erfüllung des Kaufvertrages durch den Verkäufer an diesen bar abzuführen habe.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Ungeachtet der Mängel- und Beweisrüge der Berufung stehe dem Kläger schon aus rechtlichen Gründen kein Anspruch auf den von ihm begehrten Restkaufpreis zu. Der Vertragsverfasser Dr.Ägidius H***** sei nämlich von beiden Parteien des Kaufvertrages zum Treuhänder bestimmt worden. Als offener Treuhänder beider Vertragspartner habe er der von ihm übernommenen Treuhandverpflichtung sorgfältig nachzukommen und müsse spätere Dispositionen bloß eines Treugebers, die dem anderen Treugeber offenbar zum Nachteil gereichten, unberücksichtigt lassen. Zwar sei gemäß § 26 KO, § 1024 ABGB mit der Konkurseröffnung der von der GS dem Treuhänder erteilte Auftrag in Ansehung des Kaufpreises erloschen, doch müsse auch hier wie im Fall eines einseitigen Widerrufes des Treuhandauftrages gelten, daß die Rechte des anderen Teiles davon nicht berührt sind, wenn der Masseverwalter - wie im vorliegenden Fall - auf der Erfüllung des Kaufvertrages beharrt. Die Beklagte als Käuferin und der Treuhänder könnten durch die Konkurseröffnung nicht schlechter gestellt werden als bei einem einseitigen Widerruf des Treuhandauftrages durch die Verkäuferin. Die begehrte Zahlung des Restkaufpreises an den Masseverwalter beeinträchtige aber die Interessen der Beklagten, weil damit die Garantie wegfalle, daß auch dieser Kaufpreisteil zur Abdeckung der seinerzeit pfandrechtlich sichergestellten Forderung der C***** verwendet wird.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise mit dem Antrag auf Urteilsaufhebung.
Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der vom Kläger gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Da der Kläger mit der vorliegenden Klage gerade auf der Erfüllung des noch vor Konkurseröffnung von der GS mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages beharrt, ist er zunächst darauf zu verweisen, daß sich regelmäßig aus der vertraglichen Vereinbarung selbst ergibt, wie der Kaufpreis zu entrichten ist (Aicher in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1061).
Danach hatte aber die Beklagte den gesamten Kaufpreis bei
Vertragsunterfertigung an den Vertragserrichter Dr.Ägidius H*****
treuhändig zu erlegen. Die Behauptung des Klägers, es sei zwischen
den Vertragsparteien vereinbart gewesen, daß die Beklagte den
Teilkaufpreis von 150.000 S, zu dessen Rückbehalt sie gemäß § 4 des
Kaufvertrages berechtigt war, nicht an den Vertragserrichter, sondern
an die GS zu entrichten habe, ist nach den Feststellungen nicht
erwiesen. Vielmehr ist der Kläger der Behauptung der Beklagten,
wonach auch dieser Kaufpreisrest von ihr längst bei Dr.Ägidius H*****
treuhändig hinterlegt worden sei, gar nicht ernstlich
entgegengetreten. Er bestreitet auch nicht mehr das Vorliegen einer
mehrseitigen Treuhandschaft, bei welcher der Treuhänder in mehreren
Richtungen Interessen zu wahren hat (EvBl 1972/19; EvBl 1980/162; RdW
1990, 375; ecolex 1991, 682 uva). Er hat den von ihm übernommenen
Treueverpflichtungen sorgfältig nachzukommen; Dispositionen lediglich
eines Treugebers, die dem anderen zum Nachteil gereichen müßten,
haben unberücksichtigt zu bleiben (JBl 1984, 85 mwN; 8 Ob 559/83). An diesen Grundsätzen ändert es nichts, daß der von der GS erteilte Treuhandauftrag gemäß § 26 KO und § 1024 ABGB mit der Konkurseröffnung erlosch, da einerseits der Kläger mit der vorliegenden Klage gerade auf der Erfüllung des Kaufvertrages beharrt und andererseits das Treuhandverhältnis der Beklagten und der C***** zum Vertragsverfasser aufrecht blieb (SZ 16/20; JBl 1984, 85; 8 Ob 559/83). Bei dieser Sachlage muß daher die von Schumacher (Konkurseröffnung, Treuhand und Liegenschaftsverkehr, NZ 1991, 1 ff [5]) im Anschluß an Lehmann (Kommentar zur österreichischen Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, Bd I, 176) vertretene Auffassung, § 26 KO sei jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn dritte Personen vor Konkurseröffnung Rechte aus der Auftragserteilung erworben haben, nicht mehr näher geprüft werden. Unabhängig davon, ob hier der Kaufvertrag von der GS oder der Beklagten im Zeitpunkt der Konkurseröffnung schon vollständig erfüllt war oder ob der Masseverwalter andernfalls im Sinne des § 21 Abs 1 KO in den Kaufvertrag eingetreten ist, wäre er nämlich in beiden Fällen an den vereinbarten Treuhand-Abwicklungsmodus gebunden (Schumacher aaO), sodaß die Beklagte durch Erlag auch des noch in Rede stehenden Kaufpreisrestes beim Vertragsverfasser bereits mit schuldbefreiender Wirkung gezahlt hat. Dem Argument des Klägers, der Treuhand-Abwicklungsmodus widerspreche dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung im Konkurs, ist entgegenzuhalten, daß die C***** für ihre Forderung gegen die GS ja mit einer Höchstbetragshypthek sichergestellt war.
Der Revision mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E33039European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00509.93.0311.000Dokumentnummer
JJT_19930311_OGH0002_0060OB00509_9300000_000