Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Othmar Roniger und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rupert S*****, Kellner, ***** vertreten durch Dr.Robert A. Kronegger und Dr.Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wegen 350.000 S sA und Feststellung (Streitwert 50.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Oktober 1992, GZ 7 Ra 80/92-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.Feber 1992, GZ 22 Cga 185/91-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten mit 15.658,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.607,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da sich der Beklagte im Verfahren erster Instanz auf die Verfallsbestimmungen des Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs (im folgenden: KV) berufen hat, hatte sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gemäß § 43 Abs 3 ASGG den Inhalt dieser Norm von Amts wegen zu ermitteln.
Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Auführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:
Die allgemeine Fassung der Verfallsbestimmung des Art XI Z 7 KV "Ansprüche des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer wegen von diesem verursachter Schäden müssen vom Dienstgeber binnen 3 Monaten ab Kenntnis gegen den Dienstnehmer schriftlich geltend gemacht werden, widrigenfalls der Anspruch verfällt "läßt die von der Revisionswerberin angestrebte einschränkende Auslegung auf Ansprüche des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer aus der Auflösung des Dienstverhältnisses nicht zu, auch wenn der Art XI KV mit "Auflösung des Dienstverhältnisses" überschrieben ist. Aus der Einordnung der Verfallsbestimmung ist nicht einmal zu folgern, daß die generelle Regelung des Punktes 6 und 7 der Art XI KV über die Geltendmachung von Ansprüchen des Dienstnehmers und Schadenersatzansprüchen des Dienstgebers Art XI KV während des aufrechten Dienstverhältnisses nicht anzuwenden wäre. Ihre Einordnung in Art XI KV ist wohl nur deshalb erfolgt, weil es zu einer Auseinandersetzung über derartige Ansprüche häufig erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt (9 Ob A 81/87).
Die Bedenken der Revisionswerberin gegen die Zulässigkeit einer auch grob fahrlässig zugefügte Schäden erfassenden Verfallsklausel sind nicht berechtigt. Nach herrschender Rechtsprechung sind Verfallsklauseln in Kollektivverträgen grundsätzlich zulässig und nicht sittenwidrig, wenn die Geltendmachung der Ansprüche nicht
übermäßig erschwert wird (siehe DRdA 1987, 136 [abl Holzner] = Arb
10.219 = SZ 56/27 ua, zuletzt zu einer auf Schadenersatzansprüche des Dienstgebers in einem ähnlichen Fall anzuwendenden Verfallsklausel 9 Ob A 70/91). Eine Frist von drei Monaten, wie im vorliegenden Fall, ist durchaus üblich und zulässig (ZAS 1983, 177 = Arb 10.174; RdW 1985, 380, zuletzt 9 Ob A 70/91), soferne es sich nicht um eine Fallfrist handelt, die zum Nachteil des Dienstnehmers gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstößt, was naturgemäß bei einem Schadenersatzanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer nicht der Fall sein kann (zur Zulässigkeit kollektivvertraglicher Verfallsklauseln auch für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen vgl Schaub Arbeitsrecht7 1536; BAG AP 54 und 71 zu § 4 TVG).
Zutreffend haben schließlich die Vorinstanzen erkannt, daß für den gemäß § 67 VersVG auf den Kaskoversicherer übergegangenen Ersatzanspruch des Dienstgebers gegen den als Lenker tätig gewordenen Dienstnehmer keine eigene Verfallsfrist läuft (siehe DRdA 1984, 227 [kritisch, eine korrigierende Gesetzesinterpretation fordernd Migsch 232 f]= Arb 10.064; Arb 10.208; JBl 1987, 737 zustimmend Scheffenacker unter Bezugnahme auf den den berechtigten Lenker ausdrücklich als "Dritten" im Sinne des § 67 VersVG nennenden Artikel 6 Abs 1 KKB 1986] = SZ 59/214; 9 Ob A 101/91; vgl Petrasch, Probleme der Kaskoversicherung, ZVR 1979, 321 ff [323 f]); maßgeblich ist daher nicht die Kenntnis des Versicherers, sondern die des Versicherten vom Schaden und der Person des Schädigers.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E32354European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:009OBA00016.93.0317.000Dokumentnummer
JJT_19930317_OGH0002_009OBA00016_9300000_000