Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Sonja V*****, vertreten durch Dr.Christian Prem und Dr.Michael Mathes, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Karl V*****, vertreten durch Dr.Hans-Peter Ullmann und Dr.Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterhalt, infolge Revision (Revisionsstreitwert S 54.920,--) der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12. November 1992, GZ 1 a R 470/92-47, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 12. Juni 1992, GZ 5 C 37/89w-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil insgesamt zu lauten hat:
"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei für die Zeit von September 1986 bis März 1990 an rückständigem Unterhalt S 18.431,40 zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei darüber hinaus an Unterhaltsrückstand S 101.168,60 zu bezahlen, wird abgewiesen.
3. Das Begehren der klagenden Partei auf Erhöhung der von der beklagten Partei ab April 1990 zu erbringenden Unterhaltsleistungen von S 4.300,-- auf S 5.100,-- monatlich wird abgewiesen.
4. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die anteilig mit S 59.446,46 (darin enthalten S 9.436,91 Umsatzsteuer und S 2.825,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens zu bezahlen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die anteilig mit S 5.449,60 (darin enthalten S 241,60 Umsatzsteuer und S 4.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die am 2.5.1965 ehelich geborene Tochter der Anna Maria V***** und des Beklagten. Deren Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 14.6.1974 rechtskräftig geschieden. Aufgrund eines im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleiches wurde die Obsorge für die damals noch minderjährige Klägerin ihrer Mutter überbunden. In diesem Vergleich verpflichtete sich der Beklagte zur Erbringung monatlicher Unterhaltsleistungen für die Klägerin, wobei zuletzt ab September 1980 S 4.300,-- monatlich tatsächlich geleistet wurden. Die Klägerin studierte Medizin und beendete dieses Studium im Frühjahr 1991 erfolgreich. Im Jahre 1991 arbeitete sie in der Praxis eines Gynäkologen als "Lehrpraktikantin", wobei sie insgesamt S 27.000,-- verdiente. Arbeitslosenunterstützung steht ihr nach Beendigung dieser Tätigkeit nicht zu. Die Klägerin ist für einen Turnusplatz im Bereich Wien vorgemerkt, den sie aber erst Mitte 1994 erlangen wird. Sie lebt nach wie vor im Haushalt ihrer Mutter. Studienbeihilfe wurde ihr nicht gewährt. Der Beklagte war bis 1976 Direktor bei der V*****-Versicherung, Landesdirektion für Tirol. Ab 1976 war für ihn die Planstelle eines "Gebietsdirektors" geschaffen worden. Mit Jahreswechsel 1988/89 trat er aus gesundheitlichen Gründen endgültig in den Ruhestand. Seither bezieht er Pensionseinkünfte. Er erhielt auch von seinem Dienstgeber Urlaubsentschädigung (netto S 16.179,18) und Abfertigung (netto S 669.530,--) ausbezahlt. Ab Jänner 1989 erhielt der Beklagte von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine monatliche Pension (unter Einschluß der Sonderzahlungen) von S 20.644,47, wobei sich ab Jänner 1990 die Pensionsbezüge erhöhten. Zu diesen Bezügen kam ab Juli 1990 eine freiwillige Firmenpension des früheren Dienstgebers (14mal S 2.440,-- brutto jährlich). Im Jahre 1990 errechnet sich für den Beklagten unter Berücksichtigung einer Steuernachzahlung ein monatliches Pensionsnettoeinkommen von S 22.285,39. Der Beklagte ist für seine nunmehrige (zweite) Ehegattin sorgepflichtig, wobei diese "im Normalmonat" S 6.300,-- an Pension bezieht.
Die Klägerin begehrte mit ihrer am 12.5.1989 beim Erstgericht eingelangten Klage den Zuspruch rückständigen Unterhalts von S 175.600,-- samt 4 % Zinsen ab dem Tag der Klagseinbringung, weiters den Zuspruch monatlicher Unterhaltsleistungen vom 1.5.1989 bis 31.3.1990 von S 12.400,--, und ab 1.4.1990 einen monatlichen Unterhalt von S 5.100,--.
Der Beklagte anerkannte mit Schriftsatz vom 21.7.1989 (ON 9) das Bestehen eines Unterhaltsrückstandes für die Zeit vom 1.9.1986 bis 30.4.1989 im Betrage von S 56.000,-- sowie monatliche Unterhaltsleistungen im Betrage von S 12.100,-- für die Zeit vom 1.5.1989 bis 31.3.1990. Im übrigen beantragte er Klagsabweisung, wobei er auf seine unzureichende Leistungsfähigkeit und den Umstand einer ihn finanziell belastenden Zuckerkrankheit verwies.
In der Tagsatzung vom 31.7.1989 wurde über Antrag der Klägerin ein Teilanerkenntnisurteil gefällt, wonach der Beklagte schuldig erkannt wurde, der Klägerin S 56.000,-- und vom 1.5.1989 bis 31.3.1990 monatlich an Unterhalt S 12.100,-- zu bezahlen (ON 10). Nach diesem Teilanerkenntnisurteil waren streitgegenständlich ein Unterhaltsrückstand von S 119.600,--, monatliche Unterhaltsbeträge von S 300,-- für die Zeit von Mai 1989 bis einschließlich März 1990 bzw. von S 5.100,-- für die Zeit ab April 1990.
Das Erstgericht verpflichtete im zweiten Rechtsgang mit Urteil vom 12.6.1992 (ON 41) den Beklagten zur Bezahlung eines über den Zuspruch mit Teilanerkenntnisurteil vom 31.7.1989 hinausgehenden Unterhaltsrückstandes von S 54.920,--, und zwar für die Zeit von September 1986 bis März 1990. Das Mehrbegehren bezüglich des Unterhaltsrückstandes (S 64.680,--) wies es ebenso wie das Begehren der Klägerin auf Zuspruch eines monatlichen Unterhalts von S 5.100,-- ab April 1990 ab. Es vertrat die Auffassung, der Klägerin stünden unter Berücksichtigung der Sorgepflicht des Beklagten für seine zweite Ehegattin 20 % des Nettoeinkommens des Beklagten zu, wobei die von September 1986 bis Dezember 1988 vereinnahmten Diäten gänzlich außer acht zu lassen seien. Der Diätkostmehrbedarf des Beklagten belaufe sich auf S 3.000,-- monatlich. Dieser Betrag sei auf die "drei beteiligten Personen" aufzuteilen, sodaß vom Nettoeinkommen des Beklagten monatlich S 1.000,-- abzuziehen seien. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhaltenen Abfertigung, die der Bemessungsgrundlage hinzuzuzählen sei, der geleisteten Teilzahlungen und des mit Teilanerkenntnisurteil erfolgten Zuspruchs errechne sich noch ein Rückstand von S 54.920,--. Ab April 1990 stünde der Klägerin ein geringerer Unterhaltsbetrag als die vom Beklagten ohnehin geleisteten S 4.300,-- monatlich zu, weshalb ihr Begehren auf Bezahlung von S 5.100,-- monatlich abgewiesen werden müsse.
Die Abweisung des klägerischen Mehrbegehrens blieb unangefochten. Der vom Beklagten gegen den Zuspruch von S 54.920,-- an die Klägerin und gegen die Kostenentscheidung erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge. Die Beweisrüge sei hinsichtlich der vom Erstgericht festgestellten Nettoeinkünfte für die Monate Oktober und November 1986 nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt worden. Das Berufungsgericht könne daher von der vom Erstgericht ermittelten Sachgrundlage hinsichtlich der genannten Monate nicht abgehen. Es stellte aber die seiner Meinung nach richtige Berechnung dar. Das Erstgericht hätte die vom Beklagten bezogenen Diäten zu 50 % in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbeziehen müssen. Der Beklagte sei von der Klägerin bereits vor Prozeßbeginn aufgefordert worden, die von ihm tatsächlich bezogene Gesamtpension bekanntzugeben. Der Beklagte müsse Diätnahrung zu sich nehmen, weil er an einer Zuckerkrankheit leide. Der hiefür erforderliche finanzielle Mehraufwand wäre grundsätzlich angemessen als Abzugspost von der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Das konkrete Entstehen eines Diätkostenaufwandes habe der Beklagte aber nicht nachgewiesen. Dennoch ging das Berufungsgericht - wie das Erstgericht - bei der rechnerischen Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage davon aus, daß ein Drittel des Mehraufwandes für die Diätnahrung von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen sei. Die Klägerin habe zwar Unterhaltserhöhung ab Mai 1986 begehrt, zugunsten des Beklagten werde aber die Nichterledigung des Begehrens von Mai bis August 1986 außer Betracht gelassen. Der Klägerin stünden 22 % des monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten an Unterhalt zu, weil dessen zweite Ehegattin als selbsterhaltungsfähig anzusehen sei. Es ermittelte die Unterhaltsbemessungsgrundlage für die Zeit von Mai 1986 bis zum Zeitpunkt der Urteilsfällung und kam bei Ermittlung des Unterhaltsrückstands für die Zeit von September 1986 bis einschließlich März 1990 auf den Betrag von S 127.864,56. Unter Bedachtnahme auf den mit Teilurteil vom 31.7.1989 zugesprochenen Unterhaltsbetrag von S 56.000,-- bestehe noch immer ein Unterhaltsrückstand von S 71.864,56; dieser Betrag liege über dem vom Erstgericht zugesprochenen Unterhaltsrückstand von S 54.920,--, sodaß sich die Berufung des Beklagten bezüglich des Unterhaltsrückstands als unberechtigt erweise. Die Revision erklärte das Berufungsgericht für nicht zulässig, weil die relevanten Rechtsfragen vom Höchstgericht bzw. zweitinstanzlichen Gerichten einheitlich gelöst worden seien.
Die Revision des Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.
Zur Frage, in welchem Ausmaß die durch Einhaltung einer Diät erwachsenden Mehrkosten als Abzugspost bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind, existiert - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Dies fällt gemäß Art. XLI WGN 1989 Z 9 bei der Beurteilung, ob die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, nicht ins Gewicht. Die Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zu dieser Frage ist aber nicht einheitlich. Die Entscheidung EFSlg. 59.128 besagt lediglich, daß Diätkosten "angemessen" zu berücksichtigen seien, während in EFSlg. 47.956 die Auffassung vertreten wird, die durch Einhaltung einer Diät erwachsenden Mehrkosten seien mit etwa der Hälfte der Kosten der Diätverpflegung anzunehmen. Im vorliegenden Fall wurden die Diätkosten in Anbetracht der dem Unterhaltsschuldner obliegenden Sorgepflichten lediglich mit einem Drittel als Abzugspost berücksichtigt. Die Frage, inwieweit solche Kosten abzugsfähig sind, bedarf sohin einer Klärung, weshalb die Revision zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aber auch berechtigt.
Das Berufungsgericht übernahm den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt zur Gänze und legte ihn seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde (S.13 dieser Entscheidung = AS 271). Nun hat das Erstgericht die Feststellung getroffen, daß der Beklagte aufgrund seiner Zuckerkrankheit Diätnahrung zu sich nehmen müsse und dies einen finanziellen Mehraufwand erfordere. Bezüglich der Höhe dieses Mehraufwandes habe der Beklagte keinen Nachweis angetreten, gemäß § 273 ZPO lasse sich dieser Aufwand aber mit S 3.000,-- monatlich einschätzen (S.6 f und S.9 des Ersturteils = AS 221 f, 227). Im Berufungsverfahren blieb sowohl die Feststellung, daß für die Diätnahrung des Beklagten ein finanzieller Mehraufwand erforderlich sei, wie auch die Höhe dieses vom Erstgericht ermittelten Mehraufwandes unbestritten. Seitens der Klägerin wird in der Berufungsbeantwortung sogar ausdrücklich ausgeführt, es sei bezüglich des Mehrbedarfes aufgrund der Krankheit des Klägers den Ausführungen des Erstgerichtes auf S.9 des angefochtenen Urteiles (AS 227) zu folgen, und wird in der Folge auf den Betrag von S 3.000,-- pro Monat ausdrücklich hingewiesen (AS 243). Der vom Erstgericht festgestellte Mehraufwand für Diätnahrung im Betrage von S 3.000,-- monatlich ist sohin unstrittig und geht auch das Berufungsgericht von einem derartigen Mehraufwand aus. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war aber die Festsetzung des Betrages von S 3.000,-- im Wege des § 273 ZPO zulässig, da bezüglich der genauen Höhe der Mehrauslagen der vom Beklagten zu erbringende Beweis mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre. Es ist daher davon auszugehen, daß dem Beklagten zur Anschaffung der erforderlichen Diätnahrung monatlich ein Mehraufwand von S 3.000,-- entsteht. Dieser Mehraufwand ist angemessen als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, weil die zur Beschaffung der täglich erforderlichen Nahrung nötigen Mehrkosten einen unbedingt nötigen Aufwand darstellen, der den Beklagten im Gegensatz zu anderen Personen, die "Normalnahrung" zu sich nehmen können, trifft. In welchem Ausmaß die Mehrkosten die Unterhaltsbemessungsgrundlage vermindern, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Hiebei sind einerseits die Einkommenssituation auf seiten des Unterhaltsverpflichteten und andererseits die dem Unterhaltsberechtigten zufließenden Unterhaltsbeträge zu berücksichtigen. Der Unterhaltspflichtige muß in der Lage sein, die zur Erhaltung seiner Gesundheit nötigen Mehrkosten zu bestreiten. Dies darf aber nicht dazu führen, daß der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten in unangemessener Weise beschnitten oder gar gefährdet wird. In solchen Fällen müßte der Unterhaltspflichtige eben eine Einschränkung seiner sonstigen Lebensbedürfnisse in Kauf nehmen, um den Unterhalt des Unterhaltsberechtigten gleichwohl in angemessener Weise decken zu können. Im vorliegenden Fall ist es gerechtfertigt, den Mehraufwand des Vaters zur Gänze als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, da die Klägerin mit den ihr zukommenden Beträgen angemessen an den Lebensverhältnissen des Beklagten teilnimmt.
Was die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage betrifft, ist auszuführen:
Das Erstgericht hat bezüglich sämtlicher Einkommensbestandteile detaillierte Feststellungen getroffen, auch bezüglich der vom Beklagten bezogenen Diäten (S.5 des Ersturteils = AS 219). Ob diese Diäten (zum Teil) in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, stellt eine Rechtsfrage dar. Wenn also das Berufungsgericht unter Bedachtnahme auf die herrschende Judikatur (EFSlg. 62.156 f uva) die Diäten zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen hat, weil ein Mehrverbrauch seitens des Beklagten nicht nachgewiesen wurde, dann handelt es sich hiebei um eine Neuberechnung der Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund einer von der des Erstgerichtes abweichenden rechtlichen Beurteilung. Dies ist aber durchaus zulässig. Ähnliches gilt für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage bezüglich der Monate Oktober und November 1986. Diesbezüglich vertritt der Revisionswerber die Ansicht, das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge des Beklagten nicht befaßt, obwohl die Beweisrüge ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Das Erstgericht hat den dem Beklagten in den genannten Monaten zugekommenen Spesenersatz (S 885,-- bzw. S 1.435,--) ausdrücklich festgestellt (S.3 des Ersturteils = AS 215), es hat die diesbezüglichen Beträge aber in der Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung belassen. Das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge des Beklagten, die eigentlich in den Bereich der rechtlichen Beurteilung fällt, ohnehin befaßt und ist bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage von den richtigen Werten, nämlich durch Außerachtlassung des Spesenersatzes, ausgegangen. Auf die Frage, ob die Beweisrüge "dem Gesetz entsprechend ausgeführt" worden ist, braucht daher nicht näher eingegangen werden, da die Frage der Berücksichtigung von Spesenersätzen in den Bereich der rechtlichen Beurteilung fällt und eine entsprechende rechtliche Beurteilung vom Berufungsgericht korrekt vorgenommen wurde.
Die Rüge des Beklagten, das Berufungsgericht habe bezüglich von der Klägerin nicht begehrter Unterhaltszahlungen für die Monate Mai bis August 1986 überschießende Feststellungen getroffen, geht ins Leere. Es ist dem Revisionswerber zuzubilligen, daß nach dem Klagsvorbringen für die Monate Mai bis August 1986 seitens der Klägerin kein Unterhalt gefordert wurde, was sich eindeutig daraus ergibt, daß ein 28monatiger und ein 4monatiger Unterhaltsrückstand, insgesamt also ein Unterhaltsrückstand bezüglich 32 Monaten begehrt wurde (AS 5). Der Unterhaltsrückstand wurde der Klägerin aber ohnehin nur für die Monate ab September 1986 zuerkannt, sodaß der Beklagte bezüglich der Feststellungen hinsichtlich seines Einkommens in den Monaten Mai bis August 1986 nicht beschwert ist.
Die Frage, ob 20 oder 22 % der Bemessungsgrundlage für den Unterhalt der Klägerin heranzuziehen sind, ist keine einer generellen richtungsweisenden Aussage des Obersten Gerichtshofes zugängliche, sondern stets im konkreten Einzelfall jeweils nach den Vermögensverhältnissen der betroffenen Personen zu entscheidende Bemessungsfrage (ÖAV 1991, 42). Prozentsätze können nur bei der konkreten Berechnung eines Unterhaltsanspruches im Interesse der gleichen Behandlung gleichartiger Fälle herangezogen, nicht aber generell als Maßstab für die Unterhaltsbemessung festgelegt werden (ÖAV 1992, 88). Im konkreten Fall ist unstrittig, daß der Beklagte für seine (zweite) Ehegattin sorgepflichtig ist. Während die erste Instanz die Ansicht vertrat, daß infolge dieser Sorgepflicht der Beklagte lediglich zur Bezahlung von 20 % seines Nettoeinkommens an die Klägerin zur Deckung deren Unterhalts zu verhalten ist, vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, diese den Beklagten treffende weitere Sorgepflicht sei nicht zu berücksichtigen, weil die Ehegattin des Revisionswerbers selbsterhaltungsfähig sei. Die Begründung des Berufungsgerichtes ist aber nicht stichhaltig. Nur bei einfachen Lebensverhältnissen - also vor allem in Fällen, in welchen der geschuldete Unterhaltsbeitrag wegen des Einkommens des Unterhaltsschuldners oder dessen Sorgepflichten verhältnismäßig gering ist - kann nach der Rechtsprechung der Richtsatz für die Gewährung einer Ausgleichszulage im Sinne des § 293 Abs.1 lit.a sublit bb und lit.b ASVG als Richtschnur für die Beurteilung, ob Selbsterhaltungsfähigkeit anzunehmen ist, gelten (1 Ob 560/92; SZ 63/101; RZ 1992/3 uva). Von einem verhältnismäßig geringen Unterhaltsbeitrag des Unterhaltsschuldners kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, lebt der Beklagte in überdurchschnittlichen, nicht in einfachen Lebensverhältnissen. Die Selbsterhaltungsfähigkeit der Gattin des Beklagten ist sohin nicht anzunehmen. Im vorliegenden Fall erscheint der Zuspruch von 20 % des monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten an die Klägerin zur Deckung deren Unterhalts in Anbetracht des relativ geringen Einkommens der Ehegattin des Beklagten und unter Bedachtnahme auf dessen Lebensverhältnisse angemessen (vgl. EFSlg. 59.266).
All diese Umstände führen zu folgender Berechnung des der Klägerin gebührenden Unterhalts für den noch strittigen Zeitraum von September 1986 bis einschließlich März 1990:
Zeitraum: Bemessungsgrundlage: 20 % hievon
9-12/86 31.107,58 6.221,52
1987 29.254,51 5.850,90
1988 24.831,62 4.966,32
1-4/89 63.358,42 12.671,68
1-3/90 63.964,19 12.792,84
Zeitraum: geleistet: Rest
9-12/86 4.300,-- 1.921,52
1987 4.300,-- 1.550,90
1988 4.300,-- 666,32
1-4/89 4.300,-- 8.371,68
5-12/89 12.100,-- 571,68
1-3/90 12.100,-- 692,84.
Dies ergibt aufgegliedert folgenden, der Klägerin zustehenden Unterhaltsrückstand:
für 9-12/86 (= 4 Monate a 1.921,52) 7.686,08
1987 (12 Monate a 1.550,90) 18.610,80
1988 (12 Monate a 666,32) 7.995,84
1-4/89 (4 Monate a 8.371,68) 33.486,72
5-12/89(8 Monate a 571,68) 4.573,44
1-3/90 (3 Monate a 692,84) 2.078,52
Gesamt 74.431,40.
Von diesem Unterhaltsrückstand im Betrage von S 74.431,40 ist der mit Teilanerkenntnisurteil vom 31.7.1989 (ON 10a) bereits zugesprochene Betrag von S 56.000,-- in Abzug zu bringen, sodaß ein der Klägerin gebührender Unterhalt aufgrund des von September 1986 bis einschließlich März 1990 aufgelaufenen Rückstandes von S 18.431,40 verbleibt, der ihr hiemit zuzusprechen ist. In teilweiser Stattgebung der Revision sind die Entscheidungen der Vorinstanzen wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 43 Abs.1 und 2, 50 ZPO. Zum Zwecke der Ermittlung der Kosten ist das Verfahren in drei Abschnitte zu gliedern: Der erste Abschnitt umfaßt das Verfahren bis einschließlich der Erlassung des Teilanerkenntnisurteils vom 31.7.1989. In diesem Abschnitt hat die Klägerin mit etwa der Hälfte ihres Begehrens obsiegt, sodaß ihr die Hälfte der von ihr entrichteten Pauschalgebühr zuzusprechen, ansonsten aber mit Kostenaufhebung vorzugehen ist. Der zweite Abschnitt umfaßt das Verfahren bis zur Erlassung des Urteils erster Instanz vom 12.6.1992 (ON 41). In diesem Verfahrensabschnitt war Streitgegenstand das Begehren auf Bezahlung rückständigen Unterhalts im Betrage von S 119.600,--, das Begehren auf Bezahlung weiterer S 300,-- monatlich für die Zeit vom 1.5.1989 bis 31.3.1990 (= S 3.300,--) sowie auf Bezahlung von S 5.100,-- monatlich ab 1.4.1990 (15 Monate, sohin diesbezüglicher Streitwert S 127.500,--). Der Gesamtstreitwert beträgt in diesem Abschnitt also S 250.400,--, die Klägerin hat nur mit S 18.431,40 obsiegt. Dieser Betrag entspricht etwas mehr als 7 % des Gesamtstreitwerts, weshalb die Bestimmung des § 43 Abs.2 ZPO in Anwendung zu bringen ist. Sohin hat die Klägerin dem Beklagten die Kosten dieses Verfahrensabschnitts zu ersetzen.
Der dritte Abschnitt umfaßt das Verfahren ab Erhebung der (zweiten) Berufung (ON 42). Streitgegenstand dieses Verfahrensabschnitts war nur mehr der der Klägerin zuerkannte rückständige Unterhalt im Betrage von S 54.920,--. Bei Obsiegen der Klägerin mit S 18.431,40 - dies entspricht etwa einem Drittel des Streitgegenstandes - hat die Klägerin dem Beklagten ein Drittel der im dritten Verfahrensabschnitt aufgelaufenen Kosten (zwei Drittel der Pauschalgebühr) zu ersetzen.
Anmerkung
E33200European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0070OB00528.93.0317.000Dokumentnummer
JJT_19930317_OGH0002_0070OB00528_9300000_000