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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des D D in W, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 10. Oktober 2005, Zl. MA 61/IV - D 1324/2004, betreffend Wiederaufnahme eines Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahrens und Abweisung des Antrages auf Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 10. Oktober 2005 das mit rechtskräftigem Bescheid vom 27. Mai 2004 abgeschlossene Verfahren, mit welchem dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 und 2 AVG wieder aufgenommen (Spruchpunkt 1.) und das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. 311/1985 idF BGBl. I 130/1998 (StbG), abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Dezember 2004 sei der belangten Behörde durch das kommunale Ausländeramt in Düsseldorf bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer in Deutschland wegen Eigentumsdelikten wiederholt verurteilt worden sei. Ein daraufhin eingeholtes deutsches Führungszeugnis habe (unter anderem) folgende Vormerkungen des Beschwerdeführers angeführt:
1. 18. Dezember 1985, versuchter gemeinschaftlicher Diebstahl in einem besonders schweren Fall (4 Monate Freiheitsstrafe)
2. 10. März 1987, gemeinschaftlicher Diebstahl (10 Monate Freiheitsstrafe)
3. 10. März 1991, Diebstahl in zwei Fällen, davon in einem Fall fortgesetzt handelnd (Freiheitsstrafe von 7 Monaten)
4. 11. Dezember 1991, Diebstahl in besonders schwerem Fall (7 Monate Freiheitsstrafe)
5. 19. Dezember 1991, Diebstahl in fünf Fällen (3 Jahre Freiheitsstrafe)
...
7. 22. August 1996, gemeinschaftlicher Diebstahl in zwei
Fällen (4 Monate Freiheitsstrafe)
...
9. 24. März 1997, versuchter Diebstahl und Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte (5 Monate Freiheitsstrafe).
Diese Verurteilungen seien nach deutschem Recht mit 24. August 2012 getilgt; nach österreichischem Recht würde die Tilgung am 15. Juni 2012 eintreten.
Der Beschwerdeführer habe sowohl den Aufenthalt in Deutschland als auch die dortigen Verurteilungen absichtlich verschwiegen. Wäre der Aufenthalt in Deutschland rechtzeitig bekannt gegeben worden, wären die Verurteilungen durch die amtswegige Einholung eines Strafregisterauszuges aktenkundig geworden und hätte die belangte Behörde das Bestehen des Einbürgerungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG feststellen können. Das Verfahren würde auch deshalb von Amts wegen wieder aufgenommen, weil - ohne dass die Behörde ein Verschulden daran träfe - neue Tatsachen hervorgekommen seien, die - wären sie damals bekannt gewesen - zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätten. Die angeführten Verurteilungen in Deutschland seien weder nach deutschem noch nach österreichischem Recht getilgt und unterlägen nach österreichischem Recht keiner beschränkten Auskunft. So sei gemäß § 6 Abs. 6 Tilgungsgesetz eine Beschränkung der Auskunft von Strafregistereintragungen bei einem 9 Monate überschreitenden Ausmaß und einer Zahl von mehr als 4 Verurteilungen auf keinen Fall möglich. Daher sei eine positive Erledigung des wieder aufgenommenen Verfahrens wegen des damaligen (aber auch noch nunmehrigen) Bestehens des Einbürgerungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 2 StGB nicht möglich und sei der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gegen die im angefochtenen Bescheid verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens bringt die Beschwerde nichts vor. Diese ist im Übrigen auch im Hinblick auf die hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2005, Zl. 2002/01/0206) nicht als rechtswidrig zu erkennen.
2. Im wieder aufgenommenen Verfahren hatte die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die im Entscheidungszeitpunkt gegebene Sach- und Rechtslage zu erkennen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG, bildet es unter anderen ein Verleihungshindernis, wenn ein Fremder durch ein ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrundeliegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist. Eine gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 oder 3 StbG maßgebliche Verurteilung liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nicht vor, wenn sie in Strafregisterauskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf.
Die Beschwerde zieht nicht in Zweifel, dass die vorliegenden Verurteilungen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG erfüllen. Sie bringt vielmehr vor, die belangte Behörde habe das ihr zustehende Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Der Beschwerdeführer habe die vorliegenden Verurteilungen verschwiegen, da er gemeint habe, sein Fehlverhalten in Deutschland werde auf das österreichische Verleihungsverfahren keinen Einfluss haben. Die letzte Verurteilung datiere vom 24. März 1997 und der Beschwerdeführer sei seit dieser Verurteilung langjährig straffrei geblieben, sodass evident sei, dass er einen positiven Gesinnungswandel vollzogen habe und keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit darstelle. Der Beschwerdeführer habe diese Verurteilungen verschwiegen, da er Angst gehabt habe "von seiner Vergangenheit wieder eingeholt zu werden" und andererseits ihm nicht bewusst gewesen sei, dass diese Verurteilungen auch Auswirkungen auf das österreichische Verleihungsverfahren haben würden.
Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Beurteilung, ob das Einbürgerungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG vorliegt, einer Ermessungsübung im Sinn des § 11 StbG vorgelagert ist und nicht im (freien) Ermessen der Behörde liegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2005, Zl. 2004/01/0285, mwN).
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG stehen nur solche Verurteilungen, die infolge Zeitablaufes getilgt wurden, einer Einbürgerung nicht im Wege (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2003, Zl. 2002/01/0291). Im Beschwerdefall waren die Verurteilungen des Beschwerdeführers im Entscheidungszeitpunkt noch nicht getilgt, sodass die belangte Behörde nicht gehalten war, den seit den rechtskräftigen Verurteilungen zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraum zu berücksichtigen; auf ein seinerzeitiges Wohlverhalten kommt es daher nicht an.
Daher hat die belangte Behörde zu Recht angenommen, dass das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG eine Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer ausschloss.
3. Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010832.X00Im RIS seit
22.03.2006