TE OGH 1993/3/23 4Ob37/93

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Veröffentlicht am 23.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** AG, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Jahn und Dr.Harald R.Jahn, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. S***** GmbH, ***** 2. Alexander P*****, beide vertreten durch Dr.Michael Lackner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 420.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 15.Oktober 1992, GZ 3 R 198/92-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes als Handelsgericht Salzburg vom 19. August 1992, GZ 13 Cg 263/92-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagten Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin erzeugt und vertreibt - wie ihre Gesamtrechtsvorgängerin - seit mehr als fünf Jahren Verschnittweinbrände und Liköre unter der Bezeichnung "CHARLY". Mit ihren Likören ist die Klägerin in Österreich Marktführerin. Die Produkte der Klägerin werden nicht nur im Lebensmittelhandel vertrieben; es werden auch Gastronomiebetriebe beliefert, wo die Liköre der Klägerin auch zur Herstellung von Mixgetränken verwendet werden. Die Klägerin ist Inhaberin der unter Nr. 38 273 des Österreichischen Patentamtes registrierten Wortmarke "CHARLY" mit der Priorität vom 20.11.1957 für die Warenklasse 16 b (Weinbrände), der unter Nr. 44 181 des Österreichischen Patentamtes registrierten identischen Wortmarke für die Warenklasse 16 b (Weinbrände, Liköre, Spirituosen) mit der Priorität vom 9.7.1960 sowie der unter Nr. 90 070 des Österreichischen Patentamtes registrierten Wort-Bild-Marke für die Warenklasse 33 (Weinbrände) mit der Priorität vom 20.10.1978 folgenden Inhalts:

Für ihre Liköre verwendet die Klägerin auch folgendes Flaschenetikett:

Die Erstbeklagte ist Linzenznehmerin der "Charly's Bar" Longdrink VertriebsGmbH, BRD, sowie Linzenznehmerin an der internationalen Wort-Bild-Marke Nr. 560 698 für die Warenklasse 33 (Cocktails auf der Basis von Spirituosen) mit der Priorität vom 6.2.1989/9.11.1989, für welche der Schutz auch für Österreich beansprucht wurde; diese Marke hat folgendes Aussehen:

Die Erstbeklagte vertreibt als Generalimporteurin in Österreich halbfertigte alkoholische und alkoholfreie Getränke zur Herstellung von Longdrinks unter der Bezeichnung "Charly's Bar", wobei insbesondere folgendes Flaschenetikett verwendet wird:

Der Zweitbeklagte vertreibt die von der Erstbeklagten importierten Lizenzprodukte ebenfalls in Österreich. Auf den Werbemitteln der Beklagten, wie Prospekten, Preislisten, Rechnungen und Visitenkarten, werden diese Produkte auch mit der Kurzform "Charly's" bezeichnet.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb alkoholischer und alkoholfreier Getränke, insbesondere halbfertiger alkoholischer und alkoholfreier Getränke, und zwar auch bei der Werbung und in Form jeglicher Hilfestellung, die Verwendung der Bezeichnungen "Charly's" und/oder "Charly's Bar" sowie jedweder sonstigen verwechselbar ähnlicher Bezeichnungen zu verbieten. Durch die unbefugte kennzeichenmäßige Verwendung der Bezeichnungen "Charly's" und "Charly's Bar" griffen die Beklagten in die Markenrechte der Klägerin ein und verstießen damit gegen § 9 Abs 3 UWG. Die Verwechslungsgefahr sei ungeachtet der unterschiedlichen Aufmachung der von den Streitteilen verwendeten Flaschenetiketten gegeben; zumindest bestehe Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Das Schwergewicht der äußeren Erscheinung ihrer Produkte liege in der durch ein Jugendstilemblem geprägten Etikettengraphik; im Vordergrund stünden dabei die Produktbezeichnungen wie "Tequila Sunrise", "Easy Driver", "Red Daisy", "Vodka Tropic", "Gin Fiz", "Bourbon Dream" udgl. Erst bei sorgfältigerer Betrachtung werde die davon getrennt angebrachte Wort-Bild-Marke "Charly's Bar" festgestellt. Eine Assoziation mit den Marken und Produktbezeichnungen der Klägerin finde beim flüchtigen Betrachten nicht statt; somit fehle die Verwechslungsgefahr. Nicht bestritten werde jedoch, daß die Beklagte auf anderen Werbemitteln die Bezeichnungen "Charly's" nicht verwenden dürfe.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Es bejahte sowohl die Gleichartigkeit der von den Streitteilen vertriebenen Waren als auch die Gefahr von Verwechslungen. Mit den von ihnen verwendeten Kennzeichen griffen die Beklagten in die Rechte der Klägerin an den Wortmarken "Charly" und an der Wort-Bild-Marke "Charly's Weinbrand" ein. Die Zusätze "Weinbrand" und "Bar" hätten als reine Beschaffenheits- bzw übliche Zusatzangaben bei der rechtlich gebotenen Gesamtbetrachtung keinerlei unterscheidende Wirkung. Auch der Eindruck des Bildteils der Wort-Bild-Marken trete so in den Hintergrund, daß er zur Unterscheidung nichts Wesentliches beitragen könne.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung insoweit, als es den Beklagten die Verwendung der Bezeichnung "Charly's" ohne unterscheidenden Zusatz sowie jedweder sonstigen der Bezeichnung "Charly" und/oder "Charly's" verwechselbar ähnlichen Bezeichnung verbot; das Mehrbegehren, den Beklagten auch die Verwendung der Bezeichnung "Charly's Bar" zu verbieten, wies es hingegen ab. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Kennzeichen der Klägerin seien schwache Zeichen mit geringer Unterscheidungskraft, deren Schutz einschränkend zu beurteilen sei: Zwar sei die unveränderte, buchstabengetreue Übernahme durch einen Konkurrenten auch bei einem solchen Zeichen in jedem Fall unzulässig; schon geringfügige Abweichungen könnten aber die Gefahr von Verwechslungen beseitigen. Die Wort-Bild-Marke "Charly's Weinbrand" und "Charly's Bar" unterschieden sich hinsichtlich des Wortklanges, des Wortbildes und des Wortsinns. Während die Bezeichnung "Charly's Weinbrand" auf den Inhalt der Flasche hinweise, bezeichne "Charly's Bar" den Hersteller des Getränkes. Damit sei ein Eingriff in die Marke "Charly's Weinbrand" zu verneinen. Die Wortmarke "Charly" sei zwar in der Wort-Bild-Marke "Charly's Bar" buchstabengetreu enthalten, habe dort aber durch die Abwandlung in den Genitiv und den Zusatz "Bar" eine neue, eigenständige Bedeutung. Der Gesamteindruck des von den Beklagten verwendeten Zeichens werde vor allem durch Bildbestandteile geprägt, denen gegenüber das Wort "Charly" nur eine untergeordnete Rolle spiele. Daher sei auch hier eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Gegen die Neufassung der einstweiligen Verfügung durch das Rekursgericht durch die Worte "ohne unterscheidenden Zusatz" sowie den abändernden Teil des angefochtenen Beschlusses richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen.

Die Beklagten haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Fragen der Kennzeichnungskraft und der Verwechslungsgefahr abgewichen ist; er ist auch berechtigt.

Mit Recht weist der Revisionsrekurs darauf hin, daß die Kennzeichen der Klägerin weder schwach sind, noch von den Beklagten ausreichend unterscheidungskräftige Zusätze verwendet werden.

Unterscheidungskraft haben - bei Wortmarken - grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (ieS) oder solche Wörter, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware (Dienstleistung), für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen; entscheidend ist dabei, ob die Wörter im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefaßt werden (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 163; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 149; ÖBl 1991, 254; ÖBl 1990, 24 uva). Im Zusammenhang mit der Frage der Kennzeichnungskraft wird von starken Zeichen, normalen Zeichen und schwachen Zeichen gesprochen (vgl Hohenecker-Friedl aaO). Die geringe Kennzeichnungskraft eines Zeichens kann etwa darauf beruhen, daß es nur Wörter der Umgangssprache, an denen kein absolutes Freihaltebedürfnis besteht, also nur Phantasiewörter im weiteren Sinn, enthält (vgl ÖBl 1966, 42); auch bloß beschreibende Angaben iS des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG gehören - unter der Voraussetzung der Verkehrsgeltung (§ 4 Abs 2 MSchG) - regelmäßig nur zu den schwachen Kennzeichen (ÖBl 1991, 96 mwN). Immer aber ist für die Stärke der Kennzeichnungskraft entscheidend, ob das Zeichen mit der Ware (Dienstleistung), für die es bestimmt ist, in einem Zusammenhang steht (ÖBl 1991, 98 und 254; ÖBl 1990, 24 uva). Der Name "Charly" ist für Spirituosen weder eine im Verkehr gebräuchliche Bezeichnung, noch enthält er in bezug darauf eine beschreibende Angabe; er steht daher mit dieser Ware in keinerlei Zusammenhang. Für die Kennzeichnung derartiger Waren kommt ihm daher nicht bloß schwache, sondern zumindest normale Kennzeichnungskraft zu.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist der Wortbestandteil von Wort-Bild-Marken stärker zu berücksichtigen; bildliche Darstellungen tragen regelmäßig weniger zur Unterscheidung bei (ÖBl 1985, 46; ÖBl 1984, 103). Bei der vollständigen Übernahme eines Zeichens in ein anderes Zeichen ist Verwechslungsgefahr in der Regel zu bejahen, sofern nicht die ältere Marke innerhalb des jüngeren Zeichens nur eine untergeordnete Rolle spielt und gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägen, ganz in den Hindergrund tritt; ein deutlich verschiedener Begriffsinhalt des neuen Zeichens, das durch vollständige Übernahme des älteren Zeichens gebildet wurde, kann aber Ähnlichkeiten im Wortbild und Wortklang in den Hintergrund drängen (ÖBl 1991, 247 mwN). Im vorliegenden Fall enthält das von den Beklagten verwendete Kennzeichen "Charly's Bar" zur Gänze die Wortmarke der Klägerin "Charly". Seine Zusätze und die graphische Gestaltung vermögen zur Unterscheidung nichts beizutragen: Das "s" dient nur der Bildung des Genitivs; das Wort "Bar" aber ist im Zusammenhang mit Spirituosen und Likören nur eine beschreibende Angabe (vgl: SZ 47/103 uva). Durch diese Zusätze ist aber auch keine eigentümliche sprachliche Neubildung entstanden, in der die sonst übliche Bedeutung der einzelnen Wörter so in den Hintergrund tritt, daß diese Wortverbindung geeignet wäre, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden (vgl dazu etwa ÖBl 1986, 127; ÖBl 1981, 104; ÖBl 1979, 77). Auch die graphische Gestaltung enthält hier keine besonderen Merkmale, die sie gegenüber dem Wortbestandteil der Marke in den Vordergrund rücken ließe. Damit ist aber die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Wortmarken der Klägerin und der von den Beklagten verwendeten Zeichen begründet; sie ist aber nach denselben Grundsätzen auch zwischen der Wort-Bild-Marke der Klägerin "Charly's Weinbrand" und der Wort-Bild-Marke "Charly's Bar" zu bejahen.

Somit war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Beklagten auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50 und 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E31193

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0040OB00037.93.0323.000

Dokumentnummer

JJT_19930323_OGH0002_0040OB00037_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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