TE OGH 1993/3/25 2Ob580/92

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Veröffentlicht am 25.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****-Kommanditgesellschaft, Dkfm.F.K*****, vertreten durch Dr.Herwig Hauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** Versicherung*****, vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 275.537,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 16. April 1992, GZ 41 R 78/92-13, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8.Oktober 1991, GZ 48 C 264/91i-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrte den Ersatz von Investitionen im Betrag von S 275.537,-- sA, die sie zum Nutzen der beklagten Partei in deren Bestandobjekt top Nr 12, ***** getätigt habe. Sie habe die Räumlichkeiten am 19.12.1990 geräumt; vorher, und zwar am 7.12.1990 habe sie der beklagten Partei ihre Ersatzansprüche schriftlich angezeigt. Sie habe ihr dabei die Höhe des Investitionsaufwandes bekanntgegeben und die entsprechenden Rechnungen vorgelegt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete unter anderem ein, daß es sich bei dem Bestandverhältnis um eine Geschäftsraummiete gehandelt habe, sodaß keine Ersatzansprüche nach § 10 MRG erhoben werden könnten. Außerdem sei auf solche gemäß § 1097 ABGB verzichtet worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte lediglich fest, daß die mietvertragliche Einigung über drei Büroräume, zwei Nebenräume und einen Vorraum, erfolgt sei. Gemäß Punkt 6) des Mietvertrages habe sich die klagende Partei als Mieterin verpflichtet, den Mietgegenstand nur für eigene Wohnzwecke und eigene Geschäftszwecke zu benützen. Nach Punkt 7) habe sie den Mietgegenstand auf eigene Kosten im guten Zustand zu erhalten und allfällige Beschädigungen unverzüglich zu beheben. Sie habe auf das Recht, die Instandhaltung im Inneren des Mietgegenstandes vom beklagten Vermieter zu fordern, soferne es sich nicht um ernste Schäden des Hauses handle, verzichtet.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß § 10 MRG auf die zur Gänze zu Geschäftszwecken untervermieteten Büroräume keine Anwendung finde. Auch § 1097 ABGB könne nicht herangezogen werden, weil der Mietgegenstand vom Mieter vertraglich auf eigene Kosten in gutem Zustand zu erhalten war und für "Fahrnisse" wie Elektroeinbaumulde, Seifenschalen, WC-Roller, Vorhangstange und Kücheneinrichtung ohnehin kein Ersatzanspruch gewährt werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge, bestätigte die Abweisung eines Teilbetrages von S 8.012,83 sA, hob im übrigen das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob § 16 Abs 1 Z 1 MRG auch bei Beurteilung der Anwendbarkeit des § 10 MRG auf gemischte Objekte heranzuziehen sei und ob eine Handelsgesellschaft auch zu Wohnzwecken anmieten könne.

Nach Auffassung des Berufungsgerichtes fehlten erstgerichtliche Feststellungen sowohl zur Anwendbarkeit des § 10 MRG als auch zur Frage der Ersatzfähigkeit von Investitionen im Sinne der §§ 10 MRG und 1097 ABGB. § 10 MRG regle den Ersatz von Aufwendungen auf Wohnungen, nicht auch auf andere Bestandobjekte. Ob und unter welchen Umständen für ein nach dem vereinbarten Vertragszweck sowohl zu Wohnals auch zu geschäftlichen Zwecken zu benützendes Bestandobjekt Aufwandersatz nach § 10 MRG zu leisten ist, lasse sich dieser Gesetzesbestimmung nicht entnehmen. Die Rechtsprechung habe mehrfach die Regelung des § 16 Abs 1 Z 1 MRG als Grundsatz für die Abgrenzung der Wohnungs- von der Geschäftsraummiete herangezogen, sodaß die Anwendung dieser Bestimmung auch in Ansehung des § 10 MRG konsequent erscheine. Danach sei ein teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit zu verwendendes Bestandobjekt als Wohnung anzusehen, es sei denn, daß die Verwendung (= vertragliche Widmung) zu Geschäftszwecken jene zu Wohnzwecken bedeutend überwiegt. Daß die Klägerin als Handelsgesellschaft überhaupt nur zu Geschäftszwecken anmieten könne, sei nicht richtig. Mag auch die Tätigkeit des Anmietens einer Handelsgesellschaft eine geschäftliche Tätigkeit darstellen, so hindere dies nicht das Bewohnen durch eine natürliche Person zu deren privaten Zwecken. Mietet also etwa eine Kommanditgesellschaft eine Wohnugn, die ihrem Geschäftsführer zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses dienen soll, so diene damit der Mietgegenstand im Sinne des § 16 Abs 1 Z 1 MRG Wohnzwecken. Anders als die Anmietung eines Objektes für Tätigkeiten eines Vereines stelle die Anmietung eines Bestandobjektes zum Zwecke des privaten Bewohnens durch eine natürliche Person eine Anmietung zu Wohnzwecken dar.

Das Erstgericht werde daher nach Erörterung mit den Parteien und allfälliger Durchführung eines Beweisverfahrens Feststellungen zu treffen haben, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob es sich, wie in der Klage behauptet, tatsächlich um einen Fall der Wohnungsmiete handelt.

Zu den auf §§ 1097, 1036, 1037 ABGB gestützten Ersatzansprüchen sei zu klären, ob sie zum klaren und überwiegenden Vorteil des Bestandgebers gemacht wurden, doch könne schon jetzt gesagt werden, daß ein Aufwandersatz für eine Vorhangstange und eine Kücheneinrichtung einschließlich der Elektroeinbaumulde weder nach § 10 MRG noch nach §§ 1097, 1037 ABGB in Betracht komme, weil es sich hiebei um keine Aufwendungen auf die Bestandsache handelte. Fußbodensanierung, Verfliesung, Elektroinstallationen, Malerarbeiten etc könnten jedoch zum klaren und überwiegenden Vorteil des Bestandgebers gemacht worden sein, hingegen könnten Seifenschalen und WC-Roller, sofern diese Gegenstände im Rahmen einer Neuerrichtung oder der Haushaltsführung dienenden Umgestaltung einer gesamten sanitären Anlage, also etwa der gesamten Neugestaltung eines WCs angeschafft wurden, nicht andes als Armaturen beurteilt werden und wären damit ersatzfähig nach § 10 MRG. Auch die Verfliesung von Küche, Badezimmer oder WC könne als "gleich wesentliche Verbesserung" im Sinne des § 10 Abs 3 Z 4 MRG ersatzfähig sein, wenn diese Anlagen bei Inbestandnahme der Wohnung nicht oder nur unzureichend vorhanden waren, es sich also nicht nur um Ersetzung des infolge gewöhnlicher Abnützung unbrauchbar gewordenen Inventars handle.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß abzuändern und das Ersturteil zu bestätigen oder ihn aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die klagende Partei beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei vertritt den Standpunkt, daß § 10 MRG zur Begründung des geltend gemachten Ersatzanspruches nicht herangezogen werden könne, weil das Erstgericht festgestellt habe, daß der Mietgegenstand tatsächlich zu Geschäftszwecken benützt wurde. Eine Handelsgesellschaft könne im übrigen nur zu Geschäftszwecken anmieten. Da die Investitionen Instandhaltungsarbeiten betrafen, die vereinbarungsgemäß von der klagenden Partei zu tragen waren, könne auch § 1097 ABGB (§§ 1036, 1037 ABGB) nicht angewendet werden. Im übrigen habe es sich nach der Rechnungsaufstellung um nicht ersatzfähige Sanierungsarbeiten gehandelt und könnten nicht ausreichend beschriebene Investitionen schon deshalb nicht ersetzt werden, weil die Klage diesbezüglich unschlüssig sei.

Demgegenüber ist zunächst klarzustellen, daß das Erstgericht im Gegensatz zu den Behauptungen der beklagten Partei nicht mit der erforderlichen Klarheit Feststellungen darüber traf, ob das Bestandobjekt Wohn- oder Geschäftszwecken diente. Es stellte lediglich fest, daß die Räumlichkeiten zu Geschäftszwecken weitergegeben wurden und bezog sich dabei auf die Ergebnisse eines vorangegangenen Verfahrens 48 C 289/89p (in welchem das Mietverhältnis der Klägerin aufgekündigt worden war). Bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes kommt es aber auf die Verhältnisse vor der Weitergabe des Bestandobjektes an, weil die behaupteten Aufwendungen in der der Weitergabe vorangehenden Periode getätigt wurden. Für diesen Zeitraum kam das Erstgericht in seinen rechtlichen Ausführungen zwar zum Schluß, daß es sich beim Mietobjekt um Büroräume gehandelt habe und keine Verwendung zu Wohnzwecken vorlag, bezog sich dabei aber auf den "rechtskräftig festgestellten Sachverhalt" aus dem bezogenen Vorakt. Nach diesem wurden jedoch die Räumlichkeiten sowohl zu Wohn- als auch zu Geschäftszwecken verwendet (vgl AS 79 und AS 157 des Aktes 48 C 289/89p). Unter diesen Umständen kann von einer eindeutig geklärten Sachlage im dargelegten Belang nicht gesprochen werden.

Richtig hat das Berufungsgericht auch erkannt, daß die Frage, ob es sich bei den in Bestand gegebenen Objekten um eine Wohnung oder um Geschäftsräumlichkeiten handelte, nicht davon abhängt, daß Bestandnehmerin eine Handelsgesellschaft war. Das entscheidende Kriterium hiefür ist vielmehr der Vertragszweck des Bestandvertrages, also die Parteienabsicht bei Vertragsabschluß, bzw welcher Zweck von den Parteien später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht wurde (MietSlg 36.301, MietSlg 36.544/29; JBl 1986, 255; 4 Ob 554/89 ua). Wird ein Mietgegenstand zu Wohn- und Geschäftszwecken vermietet, wie dies nach Punkt 6 des bezogenen Mietvertrages der Fall ist, kommt es darauf an, ob die Verwendung (= vertragliche Widmung) zu Geschäftszwecken die so verstandene Verwendung zu Wohnzwecken bedeutend überwiegt (MietSlg 36.301/29; MietSlg 38.301/7; MietSlg XXXIX/56 ua). Dieser aus § 16 Abs 1 Z 1 MRG ableitbare Grundsatz wurde vom Obersten Gerichtshof bereits im Falle der Anwendung des § 44 Abs 2 MRG und des § 12 Abs 3 MRG ausgesprochen und dabei darauf hingewiesen, daß aus dieser Regelung die die Qualifikation eines Mietgegenstandes als Wohnung begünstigende Wertung des Gesetzgebers hervorgeht (vgl insbesondere MietSlg 36.301/29). Der gleiche Gedankengang trifft auch auf den vorliegenden Fall zu, in welchem es um den Ersatz von Investitionen nach § 10 MRG geht, die jedenfalls in Räumlichkeiten vorgenommen wurden, die allenfalls auch Wohnzwecken dienten.

Da die Parteien in Punkt 7 des Mietvertrages vereinbarten, daß die klagende Partei als Mieterin den Mietgegenstand auf eigene Kosten in gutem Zustand zu erhalten und allfällige Beschädigungen unverzüglich zu beheben hat (vgl hiezu MietSlg 31.190 und insbesondere 5 Ob 545/89), hat das Berufungsgericht richtig jene Ersatzposten, die Erhaltungsarbeiten im Sinne dieser Vereinbarung betrafen, als nicht ersatzfähig beurteilt. Es hat aber auch zutreffend angeordnet, daß die darüber hinaus geltend gemachten Ersatzposten, von denen mangels ausreichender Klarstellung des Sachverhaltsbildes noch nicht gesagt werden kann, ob auf sie die getroffene Vereinbarung anzuwenden ist, oder ihr Ersatz nach den gesetzlichen Vorschriften verlangt werden kann (Ansprüche nach § 10 MRG und § 1097 ABGB können miteinander konkurrieren: Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 4 zu § 10 MRG), näher zu umschreiben sind und dem Erstgericht mit Recht aufgetragen, seine summarisch gehaltenen Feststellungen in der dargelegten Richtung zu vervollständigen. Im Gegensatz zur Auffassung der beklagten Partei hat die klagende Partei durch die als Bestandteile der Klage bezeichnete Vorlage der "Investitionsaufstellung" deutlich jene Investitionen bezeichnet, für die sie entsprechend den gesetzlichen Grundlagen vom Vermieter Ersatz begehrt.

Der Rekurs erweist sich demnach in keinem Belang als stichhältig. Dies führt zur Bestätigung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz und damit zur Rückverweisung der Rechtssache in die erste Instanz zur Ergänzung des Verfahrens in der aufgezeigten Richtung und zur Fällung einer neuen Entscheidung.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E30738

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0020OB00580.92.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19930325_OGH0002_0020OB00580_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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