TE OGH 1993/3/31 3Ob517/93

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Veröffentlicht am 31.03.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Eva S*****, und des mj. Guido S*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des ehelichen Vaters Dr.Franz S*****, vertreten durch Dr.Wilfried Haidacher, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 12.Jänner 1993, GZ 2 R 15/93-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16.November 1992, GZ 17 P 123/87-41, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Dr.Franz S***** ist der eheliche Vater der Kinder Eva, geboren ***** Guido, geboren ***** Michael, geboren ***** und Sabine S*****, geboren *****. Der Aktenlage nach ist seine mit Ingeborg S***** geschlossene Ehe aufrecht. Mit Vergleich vom 18.4.1989 verpflichtete sich der Vater, zum Unterhalt seiner Gattin ab 1.5.1989 monatlich S 9.000,-- und für die Kinder Eva, Guido und Michael einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von je S 2.000,-- zu bezahlen. Im Vergleich wurde festgehalten, daß bei der Bemessung dieser Unterhaltsbeträge davon ausgegangen wurde, daß der Vater weiterhin die gesamten Kosten des Hauses in Gratwein, Au 2, "wie in der dem Protokoll angeschlossenen Liste ersichtlich" trägt (GZ 17 P 123/87-26).

Am 16.Juni 1992 beantragte die Mutter die Erhöhung der vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeiträge hinsichtlich des Kindes Eva auf S 6.000,--, bezüglich des Kindes Guido auf S 5.000,-- monatlich, jeweils ab 1.7.1992. Sie begründete ihren Unterhaltserhöhungsantrag damit, daß sich die Bedürfnisse der Minderjährigen und die Lebenshaltungskosten wesentlich erhöht hätten. Für das Kind Sabine bezahle der Vater monatlich S 4.000,-- (an Unterhalt), er trage auch die Wohnungskosten im Betrag von etwa S 10.000,-- monatlich für das Haus in Au 2, wo die Mutter mit den Kindern wohnhaft sei (GZ 17 P 123/87-28).

Der Vater sprach sich gegen eine Unterhaltserhöhung aus. In seinen Einkommensverhältnissen sei seit dem Unterhaltsvergleich vom 18.4.1989 keine wesentliche Änderung eingetreten. Im Jahre 1991 habe er für die Mutter und die Kinder Eva sowie Guido monatlich S 10.653,-- (Strom, Rundfunk etc.) aufgewendet, für die von den Genannten benützte Wohnung habe er 1991 einmalige Ausgaben im Ausmaß von etwa S 66.000,-- gehabt. Insgesamt wende der Vater unter Bedachtnahme auf die für Sabine und Michael S***** geleisteten Unterhaltszahlungen für die Ehefrau und die vier Kinder monatlich etwa S 40.000,-- auf. Es verbleibe ihm demnach nur mehr ein Betrag von knapp S 10.000,-- monatlich, mit dem er seine eigenen Bedürfnisse decken müsse (GZ 17 P 123/87-30).

Am 16.11.1992 schränkte die Mutter das Unterhaltsbegehren hinsichtlich Eva und Guido S***** auf je S 4.000,-- monatlich ein (GZ 17 P 123/87-40).

Das Erstgericht erhöhte den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag antragsgemäß ab 1.7.1992 auf S 4.000,-- je Kind. Die Pensionsbezüge des Vaters beliefen sich monatlich netto auf S 59.768,30. Aufgrund dieses relativ hohen Einkommens und unter Bedachtnahme auf die monatlich anfallenden Kosten für das von der Mutter und den beiden Kindern bewohnte Einfamilienhaus, weiters unter Bedachtnahme auf die den Vater treffenden Sorgepflichten für Michael und Sabine S*****, sei der Vater in der Lage, den erhöhten Unterhaltsbeitrag zu leisten, und entspreche dieser Unterhalt auch den Bedürfnissen der Kinder.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem vom Vater erhobenen Rekurs teilweise Folge. Der für Eva S***** zu leistende monatliche Unterhalt wurde ab 1.7.1992 mit S 4.000,-- bestätigt, der für das Kind Guido zu leistende monatliche Unterhalt für die Zeit vom 1.7. bis 30.9.1992 mit S 3.000,-- und ab 1.10.1992 mit S 3.500,-- festgesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters, der zulässig und mit seinem Aufhebungsantrag auch berechtigt ist.

Der Vater vertritt die Ansicht, daß er für die Jahre 1991 und 1992 aufgrund des durchzuführenden Jahresausgleiches eine Steuernachzahlung von mindestens S 86.000,-- jährlich zu gewärtigen habe, weshalb ein Betrag von monatlich etwa S 7.200,-- von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen sei, weil er entsprechende Rücklagen bilden müsse. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz sind Jahresausgleichsbeträge in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen (EFSlg. 62.173 f uva), der negative Jahresausgleich bildet eine Abzugspost vom Bruttobezug (EFSlg. 22.221). Durch die Vorlage des Jahresausgleichsbescheids für das Jahr 1990 (AS 143) hat der Vater nachgewiesen, daß ihm im Jahre 1992 eine Steuernachzahlung im Betrag von S 86.244,-- entstanden ist, denn diese Nachforderung wurde am 16.4.1992 fällig. Aus dem Inhalt des Jahresausgleichsbescheids und aufgrund der Tatsache, daß sich das Einkommen des Vaters aus mehreren Pensionen zusammensetzt, ist der Schluß gerechtfertigt, daß in den Jahren 1991 und 1992 ähnlich hohe Steuernachzahlungen zur Vorschreibung gelangen werden. Die aliquote Aufteilung des zu erwartenden Jahresausgleichsbetrags ergibt einen Abzug von der Unterhaltsbemessungsgrundlage im Betrage von S 7.187,-- monatlich. Dieser Betrag wäre von dem ansonsten unstrittigen Einkommen des Vaters im Betrage von S 59.768,30 netto monatlich in Abzug zu bringen.

Der Vater rügt, daß die von ihm an seine großjährigen Kinder (Michael und Sabine) geleisteten Unterhaltszahlungen der Höhe nach nicht zweifelsfrei festgestellt und auch nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Tatsächlich hat der Vater behauptet, an "Fixbeträgen" für seine beiden großjährigen Kinder monatlich S 7.000,-- aufzuwenden und darüber hinaus für diese Kinder noch weitere erhebliche Beträge zu bezahlen (AS 141), wo hingegen die vom Erstgericht aufgrund der Angaben der Mutter festgestellten Unterhaltsbeiträge für Michael und Sabine monatlich insgesamt S 6.000,-- betragen. Dieser Unterschied ist aber nicht weiter von Relevanz, weil die den Vater treffenden Sorgepflichten für seine beiden großjährigen Kinder ohnehin durch Kürzung der von der Judikatur entwickelten Prozentsätze zu berücksichtigen sind und auch entsprechend berücksichtigt wurden (EFSlg. 62.362, 59.270 uva). Das Erstgericht wird bei der Unterhaltsfestsetzung aber zu berücksichtigen haben, daß der für die Gattin des Vaters zu leistende Unterhalt trotz seiner betragsmäßigen Bestimmung durch eine Minderung des für die Kinder geltenden Prozentsatzes - und nicht durch Abzug des vom Vater für dessen Gattin tatsächlich geleisteten Unterhalts - zu berücksichtigen ist (EFSlg. 62.358). Zu berücksichtigen wird allerdings auch der vom Vater tatsächlich geleistete Naturalunterhalt sein, zumal die Leistung gemischten Unterhalts (bestehend aus Natural- und Geldleistung) im vorliegenden Fall als zulässig anzusehen ist (vgl EvBl 1992/108). Der Vater rügt in seinem Rechtsmittel, daß die von ihm für das von der Mutter und den Kindern Guido und Eva S***** bewohnte Haus geleisteten Aufwendungen nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Diese Aufwendungen wurden trotz konkreten Vorbringens seitens des Vaters weder vom Erst- noch vom Rekursgericht festgestellt. Das Erstgericht hat sich darauf beschränkt, auf die "monatlich anfallenden Kosten für das Einfamilienhaus" hinzuweisen, ohne deren Höhe zu benennen. Das Rekursgericht hat einen Unterhaltsanspruch der Kinder von etwa je S 8.000,-- monatlich errechnet und die Naturalunterhaltsleistungen des Vaters "durch Tragung der Wohnungskosten der Familie" aliquot berücksichtigt, ebenfalls ohne Feststellungen über diese Wohnungskosten zu treffen (AS 201). Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die vom Vater erbrachten Leistungen für die Ehewohnung detailliert festzustellen haben. Aufwendungen, die der Unterhaltspflichtige lediglich deshalb erbringt, um die von den Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung in benützungsfähigem Zustand zu erhalten, dienen (auch) der Beistellung von Wohnraum für die Unterhaltsberechigten und sind deshalb als Naturalunterhaltsleistungen zu beurteilen. Durch die Bestreitung der Wohnungsbenützungskosten leistet der Vater den beiden Kindern ebenso wie seiner Gattin Naturalunterhalt, wobei diese Wohnungsbenützungskosten nach Köpfen anzurechnen sind (RZ 1992/66; Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 277). Dieser Naturalunterhalt ist von dem sich für die Kinder ergebenden Geldunterhaltsanspruch in Abzug zu bringen.

Dem Revisionsrekurs des Vaters ist Folge zu geben; die Beschlüsse der Vorinstanzen sind aufzuheben und dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Anmerkung

E30791

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0030OB00517.93.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19930331_OGH0002_0030OB00517_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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