TE OGH 1993/3/31 13Os141/92

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Veröffentlicht am 31.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Süleyman C***** und Ahmet C***** wegen des (teils im Versuchsstadium verbliebenen) Verbrechens nach den §§ 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ahmet C***** sowie über die Berufungen des Angeklagten Süleyman C***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 12.August 1992, GZ 12 Vr 319/92-126, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Ahmet C***** auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Süleyman C***** und Ahmet C***** des (teils im Stadium des Versuches verbliebenen) Verbrechens nach den §§ 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG, 15 StGB (A), Süleyman C***** auch des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG (B) schuldig erkannt. Die Angeklagten wurden hiefür nach dem § 12 Abs. 3 SGG, Süleyman C***** unter Bedachtnahme auf den § 28 Abs. 1 StGB, zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar Süleyman C***** zu vier, Ahmet C***** zu zweieinhalb Jahren. Gemäß dem § 13 Abs. 2 SGG wurden über sie außerdem Wertersatzstrafen in der Höhe von je 13.500 S verhängt. Der zur Beförderung des Suchtgiftes verwendete Personenkraftwagen des Ahmet C***** wurde gemäß dem § 13 Abs. 3 SGG für verfallen erklärt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben

A)

Süleyman C***** und Ahmet C***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter, Süleyman C***** zum Teil auch allein, gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Heroin, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der großen Menge ausgemacht hat,

I.in Wels in Verkehr gesetzt, und zwar:

1. in der ersten Feberhälfte 1992 ca. 2 Gramm Heroin-Zubereitung mit einem Reinheitsgrad von 48,7 %, indem Süleyman C***** diese dem Ahmet C***** zur Weitergabe überließ, worauf Ahmet C***** sie dem abgesondert verfolgten Erdogan A***** unentgeltlich zur Geschäftsanbahnung weitergab;

2. Mitte Feber 1992 mindestens 8 Gramm Heroin-Zubereitung mit einem Reinheitsgrad von 48,7 %, indem Süleyman C***** sie dem Ahmet C***** überließ, der diese übernahm und sodann dem Erdogan A***** zum Preis von 12.500 S verkaufte;

3. etwa eine Woche danach abermals mindestens 8 Gramm Heroin-Zubereitung mit einem Reinheitsgrad von 48,7 %, indem Süleyman C***** sie dem Ahmet Celik überließ, der diese übernahm und sodann an Erdogan A***** zum Preis von 12.500 S verkaufte;

II. in Verkehr zu setzen versucht, indem

1. Süleyman C***** und Ahmet C***** am 4.März 1992 in Wels 274,5 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgrad von 65,1 % (sohin 178,7 Gramm Heroinbase) an einen unbekannten Abnehmer verkaufen wollten, was jedoch infolge Dazwischenkunft der Polizei nicht gelang;

2. Süleyman C***** alleine in Wörist weitere 221,4 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgrad von 70,3 % und 97,6 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgrad von 48,7 % (sohin zusammen 203,5 Gramm Heroinbase) durch Lagern in seinem Wohnhaus zum Verkauf bis zum 4.März 1992 bereithielt, wobei es zufolge Entdeckung durch die Polizei nicht mehr zur Inverkehrsetzung kam.

B)

Süleyman C***** seit Ende 1991 bis zum 4.März 1992 in Wörist, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole der Marke CSP, Kaliber 7,65, samt 50 Stück Patronen besessen und zumindest beim Ankauf sowie am 4.März 1992 bei der Fahrt von Wörist nach Wels auch geführt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten Ahmet C***** mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO sowie mit Berufung bekämpft, den Ausspruch der Freiheitsstrafen fechten auch der Angeklagte Süleyman C***** sowie die Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagter) mit Berufung an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ahmet C***** ist unberechtigt.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist die - in Ansehung des Schuldspruchs allein bekämpfte - gewerbsmäßige Begehungsweise mit den Geständnissen der beiden Angeklagten ausreichend begründet (US 11 iVm S 67, 74; 455, 460/461, 465). Sollte doch darnach der von Süleyman C***** erworbene größere, ein Vielfaches selbst der Übermenge (§ 12 Abs. 3 Z 3 SGG) darstellende Suchtgiftvorrat von Ahmet C***** sukzessive an diverse Abnehmer gewinnbringend und in der Absicht verkauft werden, damit auf längere Sicht die triste finanzielle Lage der beiden zu verbessern.

Im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) macht der Beschwerdeführer geltend, daß nicht jener Zeitpunkt festgestellt worden sei, ab dem die auf Gewinnung einer fortlaufenden Einnahme gerichtete Absicht gegeben war. Eine solche Feststellung wäre erforderlich gewesen, weil die in den Urteilsfakten A/I/1 bis 3 angeführten Heroinmengen nach Auffassung des Beschwerdeführers jeweils für sich allein noch nicht die große (Grenz-)Menge des § 12 Abs. 1 SGG erreichten, die er dem Gutachten des Beirates zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln folgend (siehe Leukauf-Steininger Strafrechtliche Nebengesetze2 2.ErgH 1985 S 50) mit 5 Gramm reinem Heroin annimmt. Mangels der vermißten Konstatierung sei es in rechtlicher Hinsicht nicht zulässig, die von Ahmet C***** in Verkehr gesetzten Suchtgiftmengen zu addieren und in Summe als gewerbsmäßig im Sinne des § 12 Abs. 2, erster Fall, SGG in Verkehr gesetzt zu beurteilen.

Mit diesem Einwand übergeht der Beschwerdeführer die Urteilsannahme, daß er von allem Anfang an darauf aus war, sich durch den wiederholten Verkauf von Heroin aus dem von Süleyman C***** erworbenen Vorrat (dessen Umfang er nach den Feststellungen allerdings nur mit ca. 300 Gramm einschätzte - US 7) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 2, 7, 8, 11, 12), weshalb die Beschwerde nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 26 zu § 281).

Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist allerdings noch beizufügen, daß die Grenzmenge bei Heroin nach ständiger Rechtsprechung bereits bei 1,5 Gramm reinem Heroin anzunehmen ist (EvBl. 1987/87, 1988/3, 1988/131). Demnach bezieht sich die festgestellte Absicht der Angeklagten, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, zwar nicht ausschließlich, aber doch auch auf die wiederkehrende Begehung von strafbaren Handlungen, die jeweils schon für sich allein als Suchtgiftverbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SGG zu beurteilen wären, und erfüllt demnach in tatsächlicher Hinsicht die Voraussetzung, um in rechtlicher Beziehung eine gewerbsmäßige Begehungsweise im Sinne des § 12 Abs. 2, erster Fall, SGG annehmen zu können (vgl. die Judikatur zu den strengeren Qualifikationsfällen der §§ 130 und 148 StGB zit. bei Leukauf-Steininger Komm.3 § 130 RN 14 und § 148 RN 8).

Der Strafbemessungsrüge (Z 11) zuwider verstößt der angenommene Erschwerungsumstand einer die gesetzlich normierte Übermenge (§ 12 Abs. 3 Z 3 SGG) wesentlich übersteigenden Suchtgiftmenge nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil es einen für das Ausmaß der verwirkten Strafe relevanten Unterschied macht, ob die in Verkehr gesetzte Suchtgiftmenge das 25fache der großen Menge (§ 12 Abs. 1 SGG) eben gerade nur "ausmacht" oder auch diese Übermenge übersteigt. Ob es sich dabei um eine "wesentliche" Überschreitung und damit um einen besonderen Erschwerungsgrund handelt oder ob diese Überschreitung nur im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungvorschriften (§ 32 Abs. 3 StGB) zu berücksichtigen ist, ist keine Frage der offenbar unrichtigen Beurteilung von Strafzumessungstatsachen (Z 11, zweiter Anwendungsfall), sondern Ermessensfrage und damit bloß ein Berufungsgrund.

Auch mit den weiteren Beschwerdeausführungen wird keine rechtsfehlerhafte Anwendung von Strafbemessungsvorschriften dargetan, sondern nur die mangelnde oder ungenügende Berücksichtigung von Milderungsgründen oder die in tatsächlicher Hinsicht ungerechtfertigte Annahme von Erschwerungsgründen und die Nichtgewährung bedingter Strafnachsicht (§§ 43, 43 a StGB) kritisiert, was gleichfalls nur im Rahmen der Berufung geltend gemacht werden kann (vgl. RZ 1989/19).

An sich richtig ist zwar, daß der dem Beschwerdeführer persönlich zugekommene Erlös aus dem Verkauf von zweimal 8 Gramm Heroin (Fakten A/I/2 und 3) eindeutig feststeht, nämlich je 2.500 S, zusammen also 5.000 S betragen hat (US 9 oben). Der Beschwerdeführer verkennt aber einerseits, daß Bemessungsgrundlage für die Wertersatzstrafe bei mehreren Tatbeteiligten nicht der jedem von ihnen jeweils zugeflossene Anteil am Erlös, sondern der Gesamterlös aus der gemeinsamen Tat ist, der hier zweimal 12.500 S, also 25.000 S ausgemacht hat. Andererseits übersieht der Beschwerdeführer, daß dazu auch noch der Wert der laut Urteilsfaktum A/I/1 unentgeltlich weitergegebenen 2 Gramm Heroin (d.i. - auf der Basis eines Verkaufspreises von 12.500 S für 8 Gramm - zweimal 1.562,50 S, sohin zusammen 3.125 S) hinzuzuzählen ist (Kodek SGG Anm. 3.2.2. zu § 13). Die Bemessungsgrundlage für die auf die beiden Tatbeteiligten anteilsmäßig nach Strafbemessungsgrundsätzen aufzuerlegende (SSt. 46/28; Kodek aaO Anm. 3.5) Wertersatzstrafe beziffert sich also hier auf 28.125 S (25.000 S + 3.125 S). Der den Angeklagten auferlegte Gesamtwertersatz beträgt aber nur 27.000 S (zweimal 13.500 S), sodaß das gesetzlich zulässige Höchstmaß - das übrigens nur unter den Voraussetzungen der Härteklausel des § 12 Abs. 5 SGG unterschritten werden dürfte - gar nicht ausgeschöpft worden ist und das Erstgericht somit seine Strafbefugnis keineswegs überschritten hat (Z 11, erster Anwendungsfall). Das Verhältnis der nach Strafbemessungsgrundsätzen mehreren Tatbeteiligten aufzuerlegenden Wertersatzanteile aber ist als Ermessensentscheidung nur mit Berufung bekämpfbar.

In diesem Zusammenhang ist freilich noch zur Klarstellung anzumerken, daß dem Erstgericht zwei Fehler bei der Bemessung der Wertersatzstrafen unterlaufen sind, die sich allerdings gegenseitig aufheben und im Ergebnis den beiden Angeklagten sogar zum Vorteil gereichten:

Obwohl der Wert des hier in Verkehr gesetzten Heroins nach den Urteilsfeststellungen mit dem vereinbarten Kaufpreis von 1.562,50 pro Gramm angenommen worden ist (US 9 oben: 12.500 S für 8 Gramm) - Schenkungsmomente bei der Preisvereinbarung lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen (Kodek aaO Anm. 3.2.2.) - geht das Erstgericht bei der Berechnung der Wertersatzstrafen von einem Wert von 3.000 S/Gramm aus und kommt demnach aus der in Verkehr gesetzten Suchtgiftmenge von 18 Gramm Heroin (Fakten A/I/1 bis 3) zu einem Gesamtwert von 54.000 S als Bemessungsgrundlage (US 14). Allerdings hat es bei der Aufteilung des Wertersatzes zu Unrecht auch zwei weitere Personen (nämlich den Erstlieferanten und den Letztabnehmer) miteinbezogen, die nicht an der vorliegenden Tat im Sinne des § 12 StGB beteiligt waren, vielmehr in der Verkaufskette als selbständige Täter zu beurteilen sind (SSt. 48/59; Mayerhofer-Rieder Nebenstrafrecht E 25 und 29 zu § 13 SGG; Kodek aaO Anm. 3.5) und daher hätten außer Betracht bleiben müssen. Solcherart wurde aber auf beide Angeklagten eben ohnedies nur ein Wertersatz von 27.000 S aufgeteilt, der - wie bereits dargelegt - sogar unter dem Betrag von 28.125 S liegt, der richterweise den beiden aufzuerlegen gewesen wäre. Das Verhältnis der Anteile zueinander sowie die Frage der bedingten Nachsicht der Wertersatzstrafe ist aber - dies sei nochmals betont - nur im Rahmen der Berufung zu überprüfen.

Der gegen den Ausspruch des Verfalls des zur Beförderung des Suchtgiftes verwendeten (US 9, 14/15) PKW des Ahmet C***** gerichtete Einwand schließlich ist deshalb unbegründet, weil die Bestimmung des § 13 Abs. 3 SGG weder auf die Unerläßlichkeit des Fahrzeugeinsatzes für die Tatbegehung noch auf eine besondere Gefährlichkeit der Ausstattung des Fahrzeuges, sondern schlicht auf dessen Verwendung zur Beförderung des Suchtgiftes und die Kenntnis des Fahrzeughalters davon abstellt (Kodek aaO Anm. 4), was hier unbestritten ist. Ob der Verfall des Fahrzeuges aber zur Bedeutung der Tat in einem auffallenden Mißverhältnis steht (§ 13 Abs. 3, zweiter Satz, SGG), kann als Ermessensfrage abermals nur Gegenstand der Berufung sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ahmet C***** war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 a iVm § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO), im übrigen aber als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E34417

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00141.9200007.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19930331_OGH0002_0130OS00141_9200007_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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