Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6.April 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hautz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Harald D***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreis-(nunmehr Landes-)gerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 21.Dezember 1992, GZ 15 Vr 690/91-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald D***** der Verbrechen des (schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB sowie der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt.
Gegen dieses Urteil meldete er am 23.Dezember 1992 Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 73). Die Urteilsausfertigung wurde dem ausgewiesenen Verteidiger am 5.Februar 1993 zugestellt (VII 133), die Ausführung des angemeldeten Rechtsmittels am 5.März 1993 beim Erstgericht persönlich überreicht (ON 75).
Nachdem zunächst am 2., 4., 9. und 10.Oktober 1991 eine (einheitliche) Hauptverhandlung stattgefunden hatte, faßte der Gerichtshof am 3.Dezember 1992 den Beschluß auf Wiederholung (Neudurchführung) der Hauptverhandlung wegen Überschreitung der Monatsfrist (§ 276 a, zweiter Satz, StPO - VII 21). Danach fand nur noch am 21.Dezember 1992, an dem auch das Urteil verkündet wurde, eine Hauptverhandlung statt.
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil enthält den Hinweis (§ 270 Abs. 3 StPO), daß im Fall der Ergreifung eines Rechtsmittels die für die Ausführung offenstehende Frist vier Wochen beträgt (US 35).
Dieser Hinweis erging rechtsirrtümlich:
Die gesetzliche Erweiterung der Rechtsmittel(ausführungs)frist auf vier Wochen gilt nur für einheitliche, wenn auch gemäß § 276 a, erster Satz, StPO vertagte Hauptverhandlungen, nicht aber für nach § 276 a, zweiter Satz, StPO wiederholte Hauptverhandlungen, bei denen die davor gelegenen Verhandlungstage aus der Sicht des § 285 Abs. 3 StPO nicht mitzählen (Foregger-Serini-Kodek MKK StPO5 Anm VIII zu § 270; JAB zum StRÄG 359 BlgNR 17.GP S 42; 13 Os 168/88 = NRsp 1989/145, 12 Os 149/89, 13 Os 109, 111/90, 13 Os 51,80/92). Demnach hatte im vorliegenden Fall die Hauptverhandlung nicht an mehr als fünf Tagen stattgefunden, sodaß eine Erweiterung der Rechtsmittelausführungsfrist auf vier Wochen nicht eintrat. Der unrichtige Hinweis im Urteil vermag daran nichts zu ändern, weil einer derartigen Belehrung nur deklarativer Charakter zukommt (vgl JAB aaO), also eine Fristverlängerung ausschließlich vom tatsächlichen Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen abhängt. Eine Vorschrift, daß einem solchen unrichtigen Hinweis konstitutive Wirkung beizumessen sei (vergleichbar etwa § 61 Abs. 3 AVG), findet sich in der Strafprozeßordnung nicht.
Daraus ergibt sich, daß die erst am 5.März 1993, somit nach Ablauf der hier zum Tragen kommenden vierzehntägigen (Normal-)Frist des § 285 Abs. 1 StPO beim Erstgericht eingebrachte Ausführung des angemeldeten Rechtsmittels verspätet ist. Da auch bei der Anmeldung keiner der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde, war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO zurückzuweisen. Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft und über jene des Angeklagten, deren rechtzeitiger Anmeldung im Zusammenhang mit dem vorliegenden Urteilsinhalt unmißverständlich zu entnehmen ist, daß damit der Ausspruch über die Strafe bekämpft wird (§ 294 Abs. 2 StPO), waren die Akten dem Oberlandesgericht Wien zuzuleiten (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E34458 11Os49.93European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0110OS00049.93.0406.000Dokumentnummer
JJT_19930406_OGH0002_0110OS00049_9300000_000