TE OGH 1993/4/6 11Os14/93

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Veröffentlicht am 06.04.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.April 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hautz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl F***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht St.Pölten vom 14.Oktober 1992, GZ 24 Vr 550/92-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Wasserbauer, des Angeklagten Karl F***** und des Verteidigers Dr.Fürst zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 11.Jänner 1966 geborene Karl F***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Demnach hat er am 10.März 1992 in Neumarkt an der Ybbs in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Jugendlichen Brigitte S***** und Kathrin E***** dem Ferenc K***** mit Gewalt gegen seine Person, nämlich dadurch, daß er mit einem ca. 20 cm langen Schraubenzieher auf ihn einstach und ihm die Worte "Geld her !" zurief, unter Verwendung einer Waffe Bargeld mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich oder Dritte durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die Geschwornen hatten die anklagskonform gestellte Hauptfrage nach versuchtem schweren Raub einstimmig bejaht und die Eventualfrage in Richtung eines Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) mehrheitlich (mit sieben Stimmen) verneint.

Rechtliche Beurteilung

Die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Zu diesen beiden Nichtigkeitsgründen rügt der Beschwerdeführer zunächst, der Schwurgerichtshof habe verabsäumt, die Geschwornen in der Rechtsbelehrung ausdrücklich auf die im § 330 Abs. 2 StPO vorgesehene Möglichkeit hinzuweisen, Einschränkungen beizufügen und dadurch die Hauptfrage nur teilweise zu bejahen. Da der Schwurgerichtshof eine eigene Zusatzfrage nach dem strafsatzändernden Umstand der Verwendung einer Waffe bei der Raubtat abgelehnt habe, wäre zumindest eine solche Rechtsbelehrung notwendig gewesen, um den Geschwornen eine differenzierende Tatbeurteilung zu ermöglichen.

Mit diesen Einwänden zeigt der Beschwerdeführer keine Verletzung der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften über die Fragestellung auf. Ist es doch nach dem § 317 Abs. 2 StPO grundsätzlich dem Ermessen des Schwurgerichtshofs anheimgestellt, ob er einen strafsatzändernden Umstand in die Hauptfrage aufnimmt oder zum Gegenstand einer besonderen Frage, nämlich einer sogenannten uneigentlichen Zusatzfrage nach dem § 316 StPO, macht (vgl. 13 Os 111/87 uva; siehe auch Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr. 6 b). Der Schwurgerichtshof war hier nicht verpflichtet, die Frage nach der Qualifikation des § 143 erster Fall StGB vom Grundtatbestand des Raubes zu trennen. Der Nichtigkeitsgrund nach dem § 345 Abs. 1 Z 6 StPO liegt daher nicht vor.

Die Beschwerdeargumentation versagt aber auch unter dem Gesichtspunkt der Instruktionsrüge (Z 8). Das Fehlen eines Hinweises auf die Möglichkeit einschränkender Bejahung von Fragen nach dem § 330 Abs. 2 StPO kann nämlich diesen Nichtigkeitsgrund nicht erfüllen. Darunter fallen nach der gesetzlichen Anordnung nur Verstöße gegen die §§ 321, 323 und 327 StPO. Nicht in Betracht kommt jedoch eine Verletzung nach dem § 330 Abs. 2 StPO, ist doch diese Bestimmung weder im § 345 Abs. 1 Z 8 StPO selbst noch im § 321 Abs. 2 StPO erwähnt, der den Inhalt der den Laienrichtern zu erteilenden Rechtsbelehrung regelt (vgl. 9 Os 73/83, 15 Os 45,46/92 uva; siehe auch Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr. 3 zu § 345). Im übrigen wurden die Geschwornen durch den in der Antwortspalte des Fragenformulars gedruckten Hinweis ohnehin auch auf die Möglichkeit einschränkender Fragebeantwortung hingewiesen.

Ebenfalls nicht im Recht ist der Beschwerdeführer schließlich auch, wenn er mit der Instruktionsrüge eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung zur Zusatzfrage nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) geltend macht. Eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung läßt sich einer Unrichtigkeit im Sinn des genannten Nichtigkeitsgrundes nämlich nur dann gleichstellen, wenn sie nach den Umständen des Falles geeignet ist, Mißverständnisse der Geschwornen über die im § 321 Abs. 2 StPO umschriebenen rechtlichen Kriterien hervorzurufen oder sonst die Geschwornen bei der Beantwortung der an sie gestellten Fragen auf einen falschen Weg zu weisen (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr. 66 uva). Dies trifft hier nicht zu.

Der Angeklagte hatte sich damit verantwortet, gegen das Tatopfer keine Gewalt angewendet, sondern vielmehr schon unmittelbar nach der Bedrohung in der spontanen Erkenntnis, "einen Blödsinn" gesagt zu haben, sogleich von der weiteren Tatausführung freiwillig Abstand genommen zu haben und davongelaufen zu sein (AS 240-243). Mit diesem Vorbringen, auf dem die Zusatzfrage fußt, sind nur innere (situationsunabhängige) Erwägungen angesprochen. Für die von den Geschwornen zu treffende Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Merkmals der Freiwilligkeit im Sinn des § 16 StGB waren mithin vorwiegend solche inneren Erwägungen erörterungsbedürftig. Diesem Erfordernis tat der Schwurgerichtshof Genüge, indem er in der Rechtsbelehrung - zum Teil wörtlich und durch die Übernahme allgemein gehaltener Ausschlußbeispiele einem Kommentar folgend (vgl. Leukauf-Steininger, StGB3, Rz 2 und 3 zu § 16) - relevante Möglichkeiten der Abstandnahme von der Tatvollendung aus eigenem Antrieb dargelegt hat. Der Darstellung der Frankschen Formel, wonach Freiwilligkeit dann vorliegt, wenn sich der Täter sagt, er könne die Tat vollenden, wolle dies aber überhaupt oder wenigstens jetzt nicht, und den angeführten Beispielen, ist im übrigen ohnedies unmißverständlich entnehmbar, daß auch situationsbedingte äußere Umstände das Merkmal der Freiwilligkeit nicht hindern, sofern sie nur mitbestimmend wirkten und der Täter die Tatvollendung nach dem Tatplan noch für möglich hielt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war bei dieser Sachlage somit weder zusätzlich ein ausdrückliches Hervorheben des zuletzt angeführten Gesichtspunktes geboten noch eine Bezugnahme auf den gleichfalls nicht aktuellen Zustand, daß ein Rücktritt nach § 16 Abs. 1 StGB nicht auf ethisch wertvollen Motiven beruhen müsse (vgl. Leukauf-Steininger, StGB3, Rz 2 zu § 16). Eine Nichtigkeit begründende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung ist daher nicht gegeben.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen sowie den raschen Rückfall, als mildernd hingegen, daß die Tat beim Versuch geblieben ist und der Angeklagte die Tat unter Einwirkung seiner Mittäter begangen hat. Es verhängte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Strafe und der Angeklagte eine Strafherabsetzung unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes an.

Keines der beiden Rechtsmittel ist begründet.

Das Geschwornengericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig herangezogen.

Im Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen, auf das sich der Angeklagte in seiner Berufung teilweise stützt, ist von einer leichten Unterbegabung die Rede. Damit kann aber vom Gewicht der Beeinträchtigung her der Milderungsumstand nach dem § 33 Z 1 StGB nicht erreicht werden. Wenn der Angeklagte in seiner Berufung ferner mit der Behauptung einer untergeordneten Tatbeteiligung sinngemäß den Milderungsumstand nach dem § 34 Z 6 StGB anstrebt, so übersieht er das Ausmaß der von ihm nach der Aktenlage und dem Schuldspruch zu vertretenden Mitwirkung an der Tat. Da dem Angeklagten das Verbrechen des schweren Raubes nur in der Form des Versuches zur Last liegt, kann auch die Tatsache, daß kein wesentlicher Schaden eingetreten ist, nicht als mildernd gewertet werden.

Der Strafausspruch basiert auf dem ersten Strafsatz des § 143 StGB, der eine Strafdrohung von fünf bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Ausgehend von den besonderen Strafzumessungsgründen und den nach dem § 32 StGB für das Schuldmaß bestimmenden Umständen ist das vom Geschwornengericht oberhalb, doch nahe der gesetzlichen Untergrenze mit sechs Jahren gefundene Strafmaß angemessen. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft wurde daher auch der Erschwerungsumstand der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen entsprechend gewertet.

Da weder für eine Erhöhung noch Herabsetzung der Strafe eine Veranlassung bestand, mußten auch die beiden Berufungen erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E34435

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0110OS00014.930001.0406.000

Dokumentnummer

JJT_19930406_OGH0002_0110OS00014_9300010_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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