TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/24 2005/02/0276

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Veröffentlicht am 24.02.2006
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §31;
StVO 1960 §44b Abs1 litc;
StVO 1960 §57 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/02/0280

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des MH in B, Deutschland, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. September 2005, Zl. uvs-2005/21/2405-1, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde (einschließlich der angeschlossenen Auszüge aus dem Verwaltungsverfahren, insbesondere der Lichtbilder) und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. September 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 26. September 2004 auf der Inntalautobahn A 12 in S ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und

1.) um 8.46 Uhr bei km 112,800 im dortigen Baustellenbereich die dortige Sperrfläche überfahren sowie

2.) sei um 8.50 Uhr bei km 113,000 im Bereich der Ausfahrt Stams ca. 200 m auf der Autobahn verbotenerweise rückwärts gefahren.

Er habe dadurch Übertretungen gemäß 1.) § 9 Abs. 1 StVO und 2.) § 46 Abs. 4 lit. f StVO begangen. Es wurden Geldstrafen in der Höhe von je EUR 100,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden) verhängt.

Der linke Fahrstreifen der Inntalautobahn A 12 sei im Bereich der Abfahrt M (Baustellenbereich) durch Leitbaken (= Baustellenabsperrung) abgesperrt gewesen. Wegen eines Unfalles (ca. 200 m nach der Abfahrt M) auf dem rechten Fahrstreifen sei ein Einsatzfahrzeug der Gendarmerie auf der Höhe der Ausfahrt Richtung M etwa in der Fahrspurmitte (der rechten Fahrspur) abgestellt gewesen. Auf dessen Dach habe sich eine aufgeklappte, deutlich sichtbare Warntafel befunden, auf der ein nach rechts gut sichtbar blinkender gelber Pfeil ("early warner") zu sehen gewesen sei. Rechts vom Gendarmeriefahrzeug habe sich eine Sperrfläche befunden, rechts von dieser Sperrfläche die Fahrbahn der Ausfahrt M. Der Beschwerdeführer habe das Gendarmeriefahrzeug gesehen, sei rechts an dem Gendarmerieauto vorbeigefahren, habe die Sperrfläche passiert, sei hinter dem Gendarmerieauto wieder nach links auf den rechten Fahrstreifen der Inntalautobahn zurückgeschwenkt und habe die Fahrt fortgesetzt. 200 m später sei die Weiterfahrt wegen eines Unfalls unmöglich gewesen. Der Beschwerdeführer sei bis zum Gendarmerieauto rückwärts gefahren, um über die Ausfahrt M die Autobahn zu verlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu Punkt 1.):

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Verwendung eines blinkenden gelben Pfeils sei in der StVO nicht geregelt und könne keine Straßensperre anzeigen. Er sei für den Beschwerdeführer so zu verstehen gewesen, dass man an dem am rechten Fahrstreifen stehenden Gendarmeriefahrzeug - entgegen der üblichen Fahrordnung -

rechts über die Sperrfläche vorbeifahren müsse und danach seine Fahrt auf der Autobahn fortsetzen könne.

Gemäß § 44b Abs. 1 lit. c StVO dürfen (ua.) die Organe der Straßenaufsicht bei unvorhersehbar eingetretenen Ereignissen, wie zB. Unfällen, die eine besondere Verkehrsregelung (zB. Umleitungen u. dgl.) erfordern, eine solche besondere Verkehrsregelung durch (ua.) Anweisungen an die Straßenbenützer veranlassen.

Derartige Anweisungen dürfen Organe der Straßenaufsicht mit allen Einrichtungen, die zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (vgl. § 31 StVO) verwendet werden dürfen, also etwa auch mit Verkehrsleiteinrichtungen wie Lauflichteinrichtungen oder anderen Anlagen zur Abgabe von blinkendem Licht (vgl. § 57 Abs. 1 StVO) unter der Voraussetzung geben, dass die Zeichen allgemein verständlich sind.

Die vom Beschwerdeführer der Beschwerde beigelegten Lichtbilder, welche die Situation an der Ausfahrt M kurz nach der Begehung der gegenständlichen Übertretungen darstellen, sind hinsichtlich der Abstellung des gegenständlichen Gendarmeriefahrzeuges mit blinkendem gelbem Pfeil für die Tatzeit unbestritten. Sie liegen (unter anderem) auch der Sachverhaltsfeststellung durch die belangte Behörde zu Grunde. Sie zeigen - wie von der belangten Behörde im Wesentlichen bereits aufgezeigt - folgendes Bild: Aus der Sicht des ankommenden Verkehrs sind beide Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn der Autobahn nicht befahrbar (der linke ist durch die Baustellenabsperrung, der rechte durch das gegenständliche, als solches eindeutig zu erkennende Gendarmeriefahrzeug gesperrt (Anmerkung zu weiteren auf den Bildern sichtbaren Personen und Fahrzeugen, die sich zum Tatzeitpunkt noch nicht dort befanden:

auf das Vorhandensein und die Position von Gendarmeriebeamten bzw. weiterer Fahrzeuge kommt es hier nicht an)). Die Fahrbahn der Ausfahrt M ist frei befahrbar. Zwischen gesperrter rechter Fahrspur der Autobahn und der Fahrbahn der Ausfahrt M befindet sich eine Sperrfläche, die sich später als Pannenstreifen der Autobahn fortsetzt. Der gelbe Pfeil der auf dem Dach dieses Gendarmeriefahrzeuges montierten Lichtanlage zur Abgabe von blinkendem Licht zeigt scharf nach rechts und somit klar zur Ausfahrt. All dies zusammen lässt sinnvoller Weise nur das Verständnis zu, dass die Autobahn gesperrt ist und der einzig rechtlich zulässig befahrbare freibleibende Fahrstreifen, also die Ausfahrt (und nicht die Sperrfläche) zu befahren ist.

Von da her gesehen gelingt es dem Beschwerdeführer auch nicht, die Relevanz von Verfahrensmängeln durch das Unterbleiben weiterer Ermittlungen aufzuzeigen. Dass eventuell auch ein anderer Lenker diese Anweisung nicht beachtet hat und sich weitere nach der "Weiterfahrt" erkundigt haben (wobei dies keineswegs im Sinne der Fahrbewegung des Beschwerdeführers verstanden werden muss), ändert nichts am Verschulden des Beschwerdeführers; von einer "unklaren" Situation kann keine Rede sein.

Zu Punkt 2.):

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Zurückfahren auf der Autobahn könne ihm nicht zur Last gelegt werden, weil er "nachträglich" habe feststellen müssen, dass die Autobahn wegen eines Unfalles unpassierbar gewesen sei. Er habe die Straße frei machen müssen, um allenfalls vorbeikommende Einsatzfahrzeuge, die beim Unfallort gebraucht würden, nicht zu behindern. Das Rückwärtsfahren sei die einzige Möglichkeit gewesen, um diesen Zweck zu erfüllen.

Damit zeigt der Beschwerdeführer angesichts der aus den vorgelegten Lichtbildern zu ersehenden Situation, dass in Fahrtrichtung gesehen nach dem absperrenden Gendarmeriefahrzeug der linke Fahrstreifen zwar durch Baustellenabsperrungen für den fließenden Verkehr gesperrt war, aber ein Abstellen eines Fahrzeuges wie das vom Beschwerdeführer gelenkte zwischen zwei Baustellenabsperrungen (bis zur Freigabe des rechten Fahrstreifens) durchaus möglich scheint, keinen sein Verschulden ausschließenden Umstand auf. Damit hätte zumindest diese Möglichkeit bestanden, die Zufahrt zur Unfallstelle frei zu machen, ohne ca. 200 m weit gegen die Fahrtrichtung - noch dazu vor dem Hintergrund, dass (wie der Beschwerdeführer selbst erkennt) mit der Zufahrt von in regulärer Fahrtrichtung auf dem rechten Fahrstreifen der Autobahn fahrenden Einsatzfahrzeugen zu rechnen war - rückwärts zu fahren.

Auch der Rüge des Beschwerdeführers, der Spruch des angefochtenen Bescheides zu Punkt 2.), er sei "im Bereich der Ausfahrt Stams ca. 200 m ... rückwärts gefahren", sei "aktenwidrig", weil sich der Vorfall im Bereich Mötz/Reutte ereignet habe, kommt keine Berechtigung zu. Denn der Beschwerdeführer lässt außer Acht, dass der Tatort durch die Kilometerbezeichnung "113,000" genau bezeichnet ist und es daher nicht mehr darauf ankommt, wie die Ausfahrt - zusätzlich - sprachlich benannt wurde.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 24. Februar 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005020276.X00

Im RIS seit

28.03.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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