TE OGH 1993/4/15 15Os46/93

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Veröffentlicht am 15.04.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Mag.Strieder und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hans Peter B***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 26.Jänner 1993, GZ 25 Vr 2212/92-49, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, und des Verteidigers Dr.Claudius Kain, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hans-Peter B***** zu A des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB, zu B des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und zu C des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 StGB (§§ 109 Abs. 1, 125, 87 Abs. 2 StGB) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Schwaz

A) zwischen 17.Juni 1992 und 11.Juli 1992 das Fahrrad des Philipp

H***** im Wert von 13.000 S, mithin eine Sache, welche die abgesondert verfolgte Doris W***** durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, an sich gebracht,

B) am 14.Juni 1992 Doris W***** dadurch, daß er einen spitzen

Gegenstand nach ihr warf, wodurch sie eine Schnittwunde am linken Handgelenk erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt, sowie

C) sich am 5.September 1992, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt, und im Rausch Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs. 1 StGB (1.), als Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (2.) und als Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 und 2 StGB (3.) zugerechnet würden, indem er

1. in die Wohnstätte des Hans-Peter L***** in der Hopfnerstraße 2 a in Schwaz mit Gewalt, und zwar dadurch, daß er die Wohnungstür aufbrach, eindrang,

2. eine fremde Sache beschädigte, indem er gegen die Tür der zu 1. genannten Wohnung trat, wodurch das Türblatt in der Mitte knickte, und

3. dem Walter L***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) absichtlich dadurch zufügte, daß er ihm mehrmals heftige Fußtritte versetzte, wobei die Tat eine schwere Dauerfolge, nämlich für lange Zeit ein schweres Leiden und eine Berufsunfähigkeit des Genannten, nach sich zog.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten lediglich in den Punkten A) und B) mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten.

Gegen den Schuldspruch wegen Hehlerei (A) wendet er aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO ein, Voraussetzung für eine Verurteilung nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB sei eine rechtskräftige Verurteilung des Vortäters wegen der hehlereibegründenden Vortat; so lange eine solche nicht erfolgt ist, müsse für den Vortäter die Unschuldsvermutung gelten, was auch dem Nachtäter zugute kommen müsse; im angefochtenen Urteil unterstelle das Erstgericht eine strafbare Handlung der Doris W*****, obwohl eine diesbezügliche rechtskräftige Verurteilung nicht vorliege; mangels einer solchen fehle es an einer Voraussetzung für die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei.

Die Rüge ist zwar insoweit gesetzmäßig ausgeführt, sie verkennt jedoch die Rechtslage:

Hehler nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB ist, wer eine Sache, die ein anderer durch ein Verbrechen, ein Vergehen gegen fremdes Vermögen oder ein Vergehen nach den §§ 304 bis 311 StGB erlangt hat, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Ob die Sache aus einer derartigen Vortat stammt, hat das Gericht im Verfahren gegen den wegen Hehlerei Angeklagten eigenständig und unabhängig davon zu beurteilen, ob der Vortäter wegen seiner Tat bereits (rechtskräftig) abgeurteilt worden ist (oder werden kann); ist es doch für die Verurteilung des Hehlers nicht einmal erforderlich, daß der Vortäter überhaupt ermittelt werden konnte (vgl Leukauf-Steininger, Komm3, RN 14 zu § 164).

Dem Ersturteil haftet der behauptete Rechtsfehler demnach nicht an.

Die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Angeklagte den Schuldspruch wegen Körperverletzung im Faktum B) bekämpft, läßt eine gesetzmäßige Ausführung vermissen. Der Beschwerdeführer behauptet, das Erstgericht hätte sich lediglich auf die Aussagen der Doris W***** vor der Gendarmerie, die Ambulanzkarte des Krankenhauses Schwaz und die kurze Bewertung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung stützen können; die ausführliche Darstellung des Geschehens durch Doris W***** in ON 25 sei nichtig, weil die Zeugin nicht über ihr Entschlagungsrecht nach § 152 StPO belehrt worden sei. Daher habe das Erstgericht eine "Verletzungsabsicht" des Angeklagten bloß "aus dieser dürftigen Grundlage" abgeleitet und dies mit dem bei diesem bestandenen Aggressionspotential begründet. Aus dem vorhandenen Beweisergebnis lasse sich aber nicht erschließen, daß der Angeklagte die Körperverletzung in seinen Vorsatz aufgenommen habe; der festgestellte Sachverhalt sei daher - wenn überhaupt - nach § 83 Abs. 2 StGB zu beurteilen.

Mit diesem Vorbringen negiert der Beschwerdeführer die Konstatierung, daß er beim Werfen des spitzen Gegenstandes es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, daß er dadurch Doris W***** am Körper verletzt (US 7). Demnach ist im Urteil Verletzungsvorsatz festgestellt. Damit aber vergleicht der Angeklagte nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz, was Voraussetzung für eine prozeßordnungsgemäß dargestellte Subsumtionsrüge wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Hans-Peter B***** nach § 287 Abs. 1 StGB iVm § 87 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen und in bezug auf strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen rückfallsbegründenden Vorstrafen, die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen überhaupt und dreier Straftaten im Zustand voller Berauschung, den raschen Rückfall und die besondere Rücksichtslosigkeit bei der Tatbegehung, als mildernd hingegen das Teilgeständnis.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu. Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig angeführt und diese - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - auch zutreffend gewürdigt. Daß der Angeklagte alkoholkrank und drogensüchtig ist, vermag keinen weiteren Milderungsgrund darzustellen. Anhaltspunkte dafür, daß er die strafbaren Handlungen laut den Punkten A) und B) in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand begangen hat, liegen nach dem Akteninhalt nicht vor; im Faktum C) hingegen handelte der Berufungswerber im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit. Sonach ist § 35 StGB, der ein Handeln des Täters in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand zur Voraussetzung hat, nach Lage des Falles nicht anwendbar.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes entspricht die von den Tatrichtern gefundene Freiheitsstrafe bei Bedacht auf die durch die mögliche Anwendung des § 39 Abs. 1 StGB zu Gebote stehende Überschreitung der Strafobergrenze bis zu 4 1/2 Jahre Freiheitsstrafe durchaus dem schweren Verschulden des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen strafbaren Handlungen. Einer Strafherabsetzung konnte daher nicht nähergetreten werden.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten gemäß § 366 Abs. 2 StPO zur Zahlung eines Teilschmerzengeldbetrages von 100.000 S an den Privatbeteiligten Walter L*****. Auch diesen Zuspruch bekämpft der Angeklagte mit Berufung; er meint, der Teilschmerzengeldbetrag gehe weit über die von Gesetz und Rechtsprechung erarbeiteten Bemessungsgrundlagen hinaus und es hätte ohne entsprechende fachärztliche Beurteilung dieser Zuspruch nicht erfolgen dürfen.

Auch in diesem Punkt erweist sich die Berufung als unbegründet. Nach den schriftlichen und dem mündlichen Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen (vgl ON 29 und 37 sowie in ON 48) erlitt Walter L***** durch kräftige Fußtritte des Angeklagten eine ausgedehnte Leberruptur im Bereiche des rechten Leberlappens, eine Brustkorbquetschung rechts mit einer Bruchverletzung der siebenten Rippe und weitere geringfügigere Verletzungen. Diese Verletzungen erforderten zumindest vier Operationen und führten infolge akuter Lebensgefahr zu einem Aufenthalt in der Intensivstation der Universitätsklinik für Anasthesiologie Innsbruck vom 7.September bis zum 6.Dezember 1992, die Gesamtdauer des stationären Spitalsaufenthaltes währte vom 5.September 1992 bis 3. Jänner 1993. Als Folge der erwähnten Verletzungen ist eine sehr lange Gesundheitsschädigung mit einer Dauerbeeinträchtigung der Funktion der rechten Lunge und der Bauchorgane, insbesondere der Leber zu erwarten.

Unter Bedachtnahme auf diese äußerst schwerwiegenden und nach forensischer Erfahrung mit langandauernden starken Schmerzen verbundenen Verletzungen erweist sich das vom Erstgericht zugesprochene Teilschmerzengeld als durchaus angemessen und keineswegs überhöht.

Die Rechtsmittel des Angeklagten sind daher in keinem Punkt begründet, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Anmerkung

E33345

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00046.9300011.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19930415_OGH0002_0150OS00046_9300011_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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