Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Klinger, Dr.Redl und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder Andreas D*****, geboren am ***** und Stefan D*****, geboren am *****, beide in Obsorge ihrer Mutter Christine D*********, in Verfolgung der Unterhaltsansprüche gegen den Vater Franz D*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie 16.Bezirk, wegen Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen nach dem UVG, infolge Revisionsrekurses des mj. Andreas D***** gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 21.September 1992, GZ 1 P 131/89-137, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 1.Dezember 1992, AZ 44 R 844/92(ON 141), den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der pflegebefohlene Knabe kam am 20.Dezember 1974 zur Welt. Die sechseinhalb Monate vor der Geburt seines älteren Bruders im August 1970 geschlossene Ehe der Eltern wurde mit Urteil vom 3.April 1989 geschieden. Die Eltern hatten aber bereits ab 1979 längere Zeit und nach einer Wiedervereinigung ab 1986 endgültig voneinander getrennt gelebt. Der Mutter war bereits im Juli 1979 die alleinige Obsorge für den Knaben und seinen fast vier Jahre älteren Bruder übertragen worden. Im April 1987 wurde der Jugendwohlfahrtsträger zum besonderen Sachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Minderjährigen bestellt.
Der Vater war bei den Wiener Verkehrsbetrieben beschäftigt. 1986 bezog er nach übereinstimmenden Angaben der Eltern ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen zwischen 14.000 S und 15.000 S. Damals trafen den Vater konkurrierende Sorgepflichten für seine nicht berufstätige Ehefrau, die Mutter des pflegebefohlenen Knaben, für dessen zwei Brüder sowie für ein uneheliches Kind, die am 14. Dezember 1978 geborene Marion. Unter Zugrundelegung dieser Umstände verpflichtete sich der Vater im gerichtlichen Vergleich vom 4. April 1986, jedem seiner drei ehelichen Söhne ab 1.April 1986 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.500 S zu bezahlen.
Auf diese Unterhaltsverpflichtung wurde dem pflegebefohlenen Knaben mit Beschluß vom 20.Juli 1987 für die Zeit vom 1.April 1987 bis 31. März 1989 ein monatlicher Unterhaltsvorschuß von 1.500 S gewährt.
Ab 30.September 1987 bezog der damals 38 Jahre alte Vater Arbeitslosengeld (ohne Familienzulagen 345,10 S täglich) und ab 16. Januar 1988 Notstandshilfe (382,90 S täglich; ab 2.Jänner 1989 nur noch 317,50 S täglich). Mit Rücksicht auf dieses verminderte Einkommen des Vaters setzte das Pflegschaftsgericht die monatlichen Unterhaltsvorschüsse mit Beschluß vom 16.Februar 1989 auf 1.200 S herab.
Mit Beschluß vom 21.März 1989 beschloß das Pflegschaftsgericht die Weitergewährung der dem Minderjährigen bis 31.März 1989 gewährten Unterhaltsvorschüsse von 1.200 S monatlich auf die Vergleichsverpflichtung des Vaters zur Zahlung von monatlich 1.500 S für die Zeit vom 1.April 1989 bis 31.März 1982.
Seit seiner Scheidung im Frühjahr 1989 konnten dem Vater selbst keine Gerichtssendungen mehr zugestellt werden. Nach einer Auskunft des Arbeitsamtes bezog der Vater allerdings weiter Notstandsgeld (und zwar vom 14.Februar 1989 bis 25.April 1989 von täglich 356,10 S), zwischen 26.April und 8.August 1989 erfolgten keine Leistungen des Arbeitsamtes mehr und ab 9.August 1989 wieder Zahlungen an Notstandsgeld (und zwar in der Höhe von 317,50 S täglich). In der Folgezeit soll der Vater (nach den Behauptungen seiner unterhaltsberechtigten Söhne in einem Exekutionsantrag) den Beruf eines Tankwartes ausgeübt haben. Seither sind Wohnort des Vaters und dessen Erwerbstätigkeit nicht aktenkundig.
Die Mutter ist nach einem Erhebungsbericht des Jugendwohlfahrtsträgers seit dem Jahr 1989 ganztägig berufstätig. Ihr Einkommen ist nicht aktenkundig.
Der Minderjährige selbst schloß seine Schulbildung im Sommer 1990 mit dem polytechnischen Lehrgang ab. Vom September 1990 bis September 1991 war er ordentlicher Schüler der Allgemeinen Krankenpflegeschule Wurlitzergasse und besucht seit 1991 als externer Schüler die Allgemeine Krankenpflegeschule am Kaiserin Elisabeth-Spital. Seine Ausbildung dauert voraussichtlich bis September 1994. Im Schuljahr 1991/92 erhielt er ein monatliches Taschengeld von 2.255 S (14 x jährlich) sowie ein Verpflegsgeld von 59 S pro Tag. Die Sachbezüge betrugen 1.920 S.
Am 3.März 1992 beantragte der am 20.Dezember 1974 geborene Krankenpflegeschüler mit der Behauptung, er verfüge lediglich über ein Taschengeld, die mit rund 7.500 S anzunehmende Selbsterhaltungsfähigkeitsgrenze wäre noch nicht erreicht, der Vater sei unbekannten Aufenthaltes, er beziehe keine Leistungen des Arbeitsamtes mehr, ein versicherungspflichtiger Arbeitgeber sei aber nicht bekannt, für die Zeit ab 1.April 1992 die Weitergewährung monatlicher Unterhaltsvorschüsse von 1.500 S auf die Unterhaltsleistungen des Vaters. Der Minderjährige leistet seit 1. Juli 1992 seinen Präsenzdienst ab.
Das Pflegschaftsgericht bewilligte die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse in der Höhe von 1.500 S monatlich auf die vergleichsweise geregelte Unterhaltspflicht des Vaters für die Zeit vom 1.April bis 31.Juli 1992 und wies das Begehren auf Weitergewährung von Vorschüssen nach dem UVG für die Zeit nach dem 1. August 1992 ab. Dies begründete das Pflegschaftsgericht damit, daß ein Minderjähriger während der Ableistung seines Präsenzdienstes als selbsterhaltungsfähig gelte, weil er in dieser Zeit vom Bundesheer gänzlich versorgt werde und ihm darüber hinaus ein Taschengeld zur Verfügung stünde.
Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Vorschußbegehrens für die Zeit ab 1.August 1992. Dazu sprach es aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht trat der erstgerichtlichen Beurteilung aus der Erwägung bei, daß die über Unterbringung und Verpflegung hinausgehenden Unterhaltsbedürfnisse eines Wehrpflichtigen mit dem ihm zustehenden Bargeldbetrag von rund 2.000 S monatlich voll abzudecken wären.
Der durch den Jugendwohlfahrtsträger vertretene Minderjährige erhebt Revisionsrekurs mit dem Abänderungsantrag, die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse über den 1.August 1992 zu bewilligen. Die Rechtsmittelausführungen beschränken sich in der Sache auf die nicht weiter ausgeführte Ansicht, daß "der Unterhaltsbedarf eines Präsenzdieners durch das Bundesheer keinesfalls gedeckt und dieser mit einem Geldbetrag von ca 2.000 S pro Monat nicht selbsterhaltungsfähig" sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist mangels Ausführung einer für die Entscheidung wesentlichen, im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Zwar hat das Rekursgericht seine Entscheidung mit der Rechtsansicht begründet, daß e i n Wehrpflichtiger Anspruch auf unentgeltliche Unterbringung und Verpflegung habe und seine übrigen Unterhaltsbedürfnisse durch einen Geldbezug von knapp über 2.000 S monatlich gedeckt werden könnten. Es hat damit erkennen lassen, daß es die Selbsterhaltungsfähigkeit eines Präsenzdieners allgemein - und unabhängig von seinen gemäß § 140 Abs 1 ABGB zu berücksichtigenden angemessenen Bedürfnissen - anzunehmen bereit sei. Dagegen wendet sich der Revisionsrekurswerber mit seinen Rechtsmittelausführungen, hat er sich doch auch schon in seinen Ausführungen gegen den erstinstanzlichen Beschluß inhaltlich der in EFSlg 56.529/10 dargelegten Rechtsansicht angeschlossen. Allein nach den für die Entscheidung über das Weitergewährungsbegehren des konkreten Rechtsmittelwerbers bei der Unterhaltsbemessung zugrundezulegenden und angemessenen Bedürfnissen liegt die wertende Beurteilung der Vorinstanzen innerhalb der durch § 140 Abs 1 ABGB, § 18 Abs 1 Z 2 UVG abgesteckten Grenzen.
Das Maß der für den Unterhaltsanspruch des 18-jährigen Krankenpflegeschülers bestimmenden Unterhaltsbedürfnisse richtet sich gemäß § 140 Abs 1 ABGB nach den Lebensverhältnissen der Eltern und kann danach höchstens als durchschnittlich angenommen werden. Der Minderjährige leistete ab 1.Juli 1992 seinen Präsenzdienst ab. Er hatte für diese Zeit nach dem mit 1.Juli 1992 in Kraft getretenen Heeresgebührengesetz 1992 neben dem Anspruch auf Sachbezüge (auf unentgeltliche Unterbringung im Sinn des § 12 HGG, die unentgeltliche Verpflegung im Sinn des § 13 HGG sowie auf unentgeltliche Beteilung mit Bekleidung im Sinn des § 16 HGG) auch einen Anspruch auf Barbezüge im Sinn des § 3 HGG. Die monatlichen Barbezüge übersteigen nach den Rekursbehauptungen des Minderjährigen knapp den Betrag von 2.000 S. Nach den maßgeblichen Lebensverhältnissen wäre bei einem eigenen Monatseinkommen des Minderjährigen von 8.000 S jedenfalls seine Selbsterhaltungsfähigkeit anzunehmen. Danach machen seine Bargeldbezüge während der Ableistung des Präsenzdienstes ein Viertel der zur Bedürfnisbefriedigung erforderlichen Mittel aus. Die nicht durch Sachbezüge nach dem HGG gedeckten Unterhaltsbedürfnisse des Minderjährigen (beispielsweise an Zivilkleidung, an Aufwendungen zur Freizeitgestaltung usw) wären insoweit, als sie insgesamt ein Viertel der zur Deckung sämtlicher Unterhaltsbedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel überstiegen, ohne Verstoß gegen die aus § 140 Abs 1 ABGB abzuleitenden Unterhaltsbemessungsgrundsätze als unangemessen zu werten. Die Begrenzung der Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse zunächst mit 31.Juli 1992 ist daher durch § 18 Abs 1 Z 2 UVG vollauf gedeckt.
Der Revisionsrekurs war mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Anmerkung
E33051European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00530.93.0415.000Dokumentnummer
JJT_19930415_OGH0002_0060OB00530_9300000_000