Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache betreffend die Landes-Hypothekenbank Tirol, 6020 Innsbruck, Meraner Straße 8, infolge ihres Revisionsrekurses und des ihrer Vorstandsmitglieder 1. Dr.Helmut F*****, 2. Dr.Anton W***** und 3. Dr.Siegfried R*****, sämtliche vertreten durch Dr.Maximilian Eiselsberg, Dr.Dieter Natlacen, Dr.Georg Walderdorff und Dr.Raimund Cancola, Rechtsanwälte in Wien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 16.Dezember 1992, GZ 3 R 332/92-14, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom 11.November 1992, GZ 19 Nc 5523/92-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Das Erstgericht forderte unter Hinweis auf § 33 Abs 1 HGB iVm § 24 Abs 1 FBG die drei Vorstandsmitglieder der Landes-Hypothekenbank Tirol (folgend auch Bank) auf, diese binnen drei Wochen in das Firmenbuch zur Eintragung anzumelden oder darzutun, daß diese Verpflichtung nicht bestehe, "widrigens über jedes Vorstandsmitglied eine Zwangsstrafe von 1.000 S verhängt werden müsse." Dem Rekurs der Bank und ihrer Vorstandsmitglieder wurde nicht Folge gegeben, ihr Revisionsrekurs als unzulässig zurückgewiesen (6 Ob 16/92, veröffentlicht in GesRZ 1993, 47 = WBl 1993, 94 mit Anm von Zib).
Nun verhängte das Erstgericht über die drei Vorstandsmitglieder der Bank die angedrohte Zwangsstrafe von 1.000 S und forderte diese gleichzeitig auf, binnen drei Wochen ab Erhalt des Beschlusses die Bank gemäß § 33 Abs 1 und 2 HGB zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden oder aber darzutun, daß diese Verpflichtung nicht bestehe, widrigens über jedes Vorstandsmitglied eine weitere Zwangsstrafe von 50.000 S verhängt werden müßte. Denn die bisherige, auch für die Landes-Hypothekenbank Tirol geltende Befreiung von Unternehmungen der Gebietskörperschaften von der Eintragungspflicht nach § 36 HGB sei mit Inkrafttreten des FBG durch die Aufhebung des § 36 HGB weggefallen, weshalb die Bank als juristische Person nach § 33 Abs 1 HGB zur Anmeldung ihrer Eintragung in das Firmenbuch verpflichtet sei.
Die zweite Instanz gab dem Rekurs der Bank und ihrer Vorstandsmitglieder nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Rekursgericht mit der Begründung, die Frage der Eintragungspflicht von Landes-Hypothekenbanken sei nach der Aufhebung des § 36 HGB noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen worden, zugelassene Revisionsrekurs der Bank und ihrer drei Vorstandsmitglieder ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die vom Tiroler Landtag am 12.Dezember 1981 beschlossene und von der Tiroler Landesregierung am 13.Jänner 1981 kundgemachte neue Satzung der Tirolischen Landes-Hypothekenbank (TirLGBl 1981/5) berücksichtigte eine vom Verband der österr. Landes-Hypothekenbanken erstellten Mustersatzung, für die der Verband eine informelle Genehmigung des BMF erhalten hatte (Pauger, Österr. Bankrecht 179 und FN 188), die Anpassung an das KWG 1979 und die Einrichtung eines Organisationstatutes nach aktienrechtlichem Vorbild. § 1 der Satzung der Landes-Hypothekenbank Tirol idF der Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 14.April 1987, TirLGBl 1987/26, über die mit 1. Jänner 1987 in Kraft getretenen teilweisen Änderung der Satzung (durch Beschluß des Tiroler Landtages am 25.März 1987) lautet nunmehr:
"Name, Rechtsnatur, Sitz.
(1) Die vom Land Tirol mit Beschluß des Landtages vom
12. und 15.Februar 1898 gegründete 'Tirolische
Landes-Hypothekenanstalt' führt die Bezeichnung
'Landes-Hypothekenbank Tirol'.
(2) Die Landes-Hypothekenbank Tirol ......... ist ein
Sondervermögen des Landes, dem eigene
Rechtspersönlichkeit zuerkannt wurde. Sie ist eine
Landes-Hypothekenbank iS des
Kreditwesengesetzes........ sowie eine
öffentlich-rechtliche Kreditanstalt iS anderer
bundesrechtlicher Vorschriften, insbesondere des
Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten
Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher
Kreditanstalten......."
Damit ist die Landes-Hypothekenbank Tirol nicht bloß Landesvermögen, sondern eine juristische Person iS des § 26 ABGB auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (Aicher in Rummel2, Rz 76 zu § 26 ABGB; Posch in Schwimann, Rz 15 zu § 26 ABGB; Binder, Die Rechtsstellung der Oberösterr. Landes-Hypothekenbank 52 ff; Pauger aaO 169 f; Schlegel, Die Tirolische Landes-Hypothekenanstalt, Werden, Wirken und wirtschaftliche Entwicklung (1865-1965), Band 20 der Schriftenreihe der Jubiläumsstiftung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol, 12 ff). Diese juristische Person betreibt unzweifelhaft ein vollkaufmännisches Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 4 HGB. Denn nach § 2 Abs 1 erster Satz ihrer Satzung idF TirLGBl 1987/26 ist es Aufgabe der Bank, alle Arten von Bankdienstleistungen anzubieten, insbesondere langfristige Finanzierungen auf der Grundlage von Pfand- und Kommunalbriefen. Nach § 4 der Satzung ist Geschäftszweck der Bank der Betrieb aller Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs 2 KWG im In- und Ausland, ausgenommen die Ausgabe fundierter Bankschuldverschreibungen iS des § 1 Abs 2 Z 8 KWG und das Investmentgeschäft hinsichtlich der Verwaltung von Kapitalanlagefonds, ferner die in § 4 Abs 2 der Satzung im einzelnen aufgezählten Geschäfte wie den Handel mit Münzen, Medaillen und Barren aus Edelmetall ua. Zu führen sind die Geschäfte der Bank nach § 2 Abs 2 der Satzung unter Bedachtnahme auf die Interessen des Landes Tirol als Haftungsträger unter Beachtung volkswirtschaftlicher Gesichtspunkte nach kaufmännischen Grundsätzen, sodaß die Gewinnerzielungsabsicht (§ 1 HGB) nicht fraglich sein kann. Juristischen Personen des öffentlichen Rechtes wie Unternehmen eines Bundeslandes kann die Kaufmannseigenschaft zukommen (Straube in Straube, Rz 19 vor § 1 HGB).
Gemäß § 8a Abs 2 KWG idF der KWG-Novelle 1986 haben Landes-Hypothekenbanken die Möglichkeit, als Alleineigentümer eine Aktiengesellschaft zu gründen und ihr bankgeschäftliches Unternehmen in diese einzubringen (Pauger aaO 171 mwN in FN 190). Davon hat hier die Landes-Hypothekenbank Tirol nach dem Aktenstand nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Frage, ob bei einer Landes-Hypothekenbank nach Einbringung ihres bankgeschäftlichen Unternehmens in eine Aktiengesellschaft und Beschränkung auf bloße Vermögensverwaltung (§ 8a Abs 9 KWG) mit dem Entfall des Gewerbebetriebes auch die Eintragungspflicht entfällt (so Zib in WBl 1993, 95), hier nicht untersucht werden muß.
Nach § 33 Abs 1 HGB ist eine juristische Person, deren Eintragung in das Handelsregister (jetzt Firmenbuch) mit Rücksicht auf den Gegenstand oder auf die Art und den Umfang ihres Gewerbebetriebes zu erfolgen hat, von sämtlichen Mitgliedern des Vorstandes zur Eintragung anzumelden. Die Vorschrift hat in erster Linie klarstellende Bedeutung, weil sich die Eintragungspflicht für juristische Personen, die ein Handelsgewerbe betreiben, schon aus §§ 1, 2 und 29 HGB ergibt. Sie gilt namentlich auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts (Schuhmacher in Straube, Rz 2 zu § 33 HGB; Hüffer in GroßK4, Rz 3 zu § 33 HGB;
Schlegelberger-Hildebrandt-Steckkan, HGB5 Rz 2 zu § 33 HGB; Emmerich in Heymann, HGB, Rz 2 zu § 33 HGB) und hat nur für juristische Personen des Handelsrechts, die eine Sonderregelung erfahren haben, wie die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mbH ua, keine Bedeutung (Schuhmacher aaO, Rz 2 zu § 33 HGB;
Schlegelberger-Hildebrandt-Steckkan aaO, Rz 2 zu § 33 HGB; Emmerich aaO).
§ 36 erster Satz HGB iVm Art 6 Nr 9 der 4.EVHGB befreite ua Unternehmen eines österr. Bundeslandes von der sich aus § 33 HGB ergebenden Eintragungspflicht und schuf damit im Ergebnis neben § 3 HGB eine weitere Gruppe von Kannkaufleuten (Emmerich aaO, Rz 2 zu § 36 mwN). Der Gesetzgeber glaubte, bei diesen Unternehmen deshalb auf eine Eintragungspflicht verzichten zu können, weil bei ihnen für einen Vertrauensschutz nach § 15 HGB kein Anlaß bestand und für die nötige Publizität der Rechtsverhältnisse schon auf andere Weise vorgesorgt sei (Schlegelberger-Hildebrandt-Steckkan aaO, Rz 3 zu § 36 HGB). Hier geschah dies jeweils durch die Kundmachung der Satzung im Landesgesetzblatt. Ob schon bisher ungeachtet § 36 HGB eine Eintragungspflicht (ins szt. Handelsregister) für Landes-Hypothekenbanken galt, weil das Unternehmen nicht unmittelbar von der Gebietskörperschaft betrieben wurde, kann auf sich beruhen, weil mit der angefochtenen Beugestrafe die nunmehrige Eintragung ins Firmenbuch erzwungen werden soll. Jedenfalls durch Art II des BG BGBl 1991/10 wurde § 36 HGB aufgehoben. Die Freistellung von Rechtsträgern von der Eintragung ihrer Unternehmen erachtete der Gesetzgeber als nicht mehr zeitgemäß. Aus Transparenzgründen seien diese künftighin ebenfalls in das Hauptbuch des Firmenbuchs einzutragen (Bericht des Justizausschusses, 23 der BlgNR XVIII.GP, 23 f). Demgemäß normiert § 2 Z 11 des Art I des BG BGBl 1991/10 (FBG) nun die Eintragung ins Hauptbuch von "sonstigen", das heißt in der Aufzählung des § 2 Z 1 bis 10 FBG nicht enthaltenen Rechtsträgern, deren Eintragung gesetzlich vorgesehen ist. Zu diesen "sonstigen Rechtsträger" zählen einerseits die bisher in § 3 Abs 2 HRV aufgezählten und im § 33 HGB näher bezeichneten juristischen Personen, die im Hinblick auf ihren Unternehmensgegenstand Vollkaufleute sind - wie hier die Landes-Hypothekenbank Tirol - und andererseits die in einzelnen Sondergesetzen (RFG, StaatsdruckereiG ua) zur Eintragung angeordneten Rechtsträger (Bericht des Justizausschusses aaO, 6). Daß die Eintragung der Landes-Hypothekenbank Tirol ins Firmenbuch nicht in einem Sondergesetz angeordnet ist, schadet deshalb nicht, weil sie beim Betrieb eines Vollhandelsgewerbes nach § 1 Abs 2 Z 4 HGB schon nach § 33 Abs 1 HGB eintragungspflichtig ist. Einer Sonderregelung (so Laurer in Fremuth-Laurer-Pötzelberger-Ruess, Handkommentar zum KWG2, Rz 11 zu § 5 und FN 17) bedarf es daher nicht. Von einer bewußten Ausnahme der Landes-Hypothekenbanken von der Eintragungspflicht nach § 2 Z 11 FBG kann, wie schon die zweite Instanz zutreffend erkannte, keine Rede sein. Die Landes-Hypothekenbank Tirol ist daher nach § 2 Z 11 FBG eintragungspflichtig.
Wer verpflichtet ist, eine Anmeldung ... zum Firmenbuch vorzunehmen,
.... ist vom Gericht durch Zwangstrafen bis zu 50.000 S anzuhalten,
seine Verpflichtung zu erfüllen .... oder darzutun, daß die
Verpflichtung nicht besteht ...... (§ 24 Abs 1 FBG). Kommt der
Betroffene einer gerichtlichen Anordnung nach Abs 1 innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Verhängung der Zwangsstrafe nicht nach, so ist die Zwangsstrafe bis zu 100.000 S zu erhöhen und der Beschluß über die verhängte Zwangsstrafe auf seine Kosten in den Bekanntmachungsblättern zu veröffentlichen (§ 24 Abs 2 FBG). Diese mit 1.Jänner 1991 in Kraft getretene Regelung faßt nach dem Vorbild des § 283 HGB idF des RLG, BGBl 1990/475, als Fallgruppe des bisherigen § 132 FGG den Inhalt der Sanktionsregelungen der § 14 und § 37 Abs 1 HGB zusammen, weshalb alle drei genannten Bestimmungen gleichzeitig aufgehoben wurden (Art II Z 5 und 13, Art XXIV Abs 2 Z 2 des BG BGBl 1991/10). Der Betroffene soll durch stufenweises Vorgehen des Gerichts zur Erfüllung seiner Verpflichtung veranlaßt werden; zunächst ist vom Gericht auszusprechen, welches Verhalten überhaupt zu setzen ist, und dabei eine Zwangsstrafe anzudrohen; erst im Nichtbefolgungsfall ist diese zu verhängen und allenfalls eine weitere (höhere) Strafe wiederum anzudrohen und schließlich zu verhängen (Bericht des Justizausschusses aaO, 17). Verfassungsrechtliche Bedenken, auf die die Revisionsrekurswerber hinweisen bestehen nicht, weil durch dieses stufenweise Vorgehen mit der bestehenden Anfechtungsmöglichkeit der Verhängung des Beugemittels vor Rechtsmittelinstanzen gewährleistet ist, daß die Strafe erst nach Prüfung ihrer Gesetzmäßigkeit und Klärung der eindeutigen Rechtslage, auch durch die Rechtsmittelinstanzen, eingebracht wird (§ 234 Z 4 Geo). Die Gefahr einer Mehrbelastung des die Beugestrafe Anfechtenden bei Klärung im Rechtsmittelverfahren besteht nicht. Es bedarf daher nicht einer beschlußmäßigen Feststellung der Anmeldungspflicht vor der Strafverhängung. Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag nach Art 140 B-VG zu stellen, § 24 FBG auf seine Verfassungskonformität zu überprüfen.
Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
Anmerkung
E33020European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00003.93.0415.000Dokumentnummer
JJT_19930415_OGH0002_0060OB00003_9300000_000