TE OGH 1993/4/20 14Os38/93

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Veröffentlicht am 20.04.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Zawilinski als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes Z***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johannes Z***** gegen das Urteil es Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 11.Jänner 1993, GZ 33 Vr 2.362/92-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, der Generalanwältin Dr.Bierlein, und des Verteidigers Dr.Schön, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Johannes Z***** wurde mit dem angefochtenen Urteil (das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Robert H***** enthält) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten [unrichtig: schweren] gewerbsmäßig begangenen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall und 15 StGB (A I und II) sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B I) und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB (B II) schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des allein in Beschwerde gezogenen Schuldspruchs wegen Diebstahles (A) hat Johannes Z***** in Linz dem Verein "Oberösterreichische V*****" fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert (jeweils) durch Einbruch mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, wobei er die Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

I. allein

1. in der Nacht zum 28.September 1992 durch Einschlagen eines Fensters und Aufbrechen mehrerer Türen ca. 6.000 S Bargeld sowie einen Regenschirm;

2. in der Nacht zum 17.Oktober 1992 durch Einschlagen eines Fensters und Aufbrechen von Schubladen ca. 14.000 S Bargeld;

3. in der Nacht zum 28.Oktober 1992 durch Einschlagen eines Fensters, Aufzwängen einer Tür und Aufbrechen zweier Handkassen ca. 90 S Bargeld;

II. am 10.November 1992 gemeinsam mit Manfred H***** als Mittäter durch Einschlagen eines Fensters, Aufbrechen einer Tür und dreier Schreibtischladen Bargeld in unbekannter Höhe, wobei diese Tat infolge Betretung der Täter beim Versuch geblieben ist.

Rechtliche Beurteilung

Mit der vom Angeklagten ausschließlich auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wird nur die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der (durch Einbruch qualifizierten) diebischen Angriffe bekämpft.

Dies jedoch zu Unrecht:

Nach den wesentlichen erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen (S 143 ff) gelang es dem Angeklagten nach seiner Entlassung aus dem Vollzug einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe am 5.September 1992 nicht mehr, eine Arbeit zu finden. Er war bis auf geringfügige fallweise Einkünfte aus Gelegenheitsarbeiten ohne wesentliches Einkommen, sodaß er sich entschloß, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. In Verwirklichung dieses Planes brach er zwischen 27.September und 10. November 1992 jeweils zur Nachtzeit insgesamt viermal mit Diebstahlsvorsatz in die Büroräumlichkeiten des ihm aus einer früheren Geldzuwendung bekannten Gebäudes des Vereines "Oberösterreichische V*****" in Linz ein. Das bei den drei ersten (allein begangenen) Einbrüchen erbeutete Bargeld von insgesamt ca. 20.000 S verbrauchte er für eigene Zwecke. Die Vollendung der am 10. November 1992 vom damals alkoholisierten Angeklagten vorgeschlagenen und gemeinsam mit Manfred H***** geplanten vierten Einbruchsdiebstahls scheiterte nach Einsteigen in das Büro und nach Aufbrechen von Türen und Laden am Einschreiten der alarmierten Sicherheitswachebeamten.

Unter dem Prätext von Feststellungsmängeln (Z 10) wendet der Beschwerdeführer ein, das Erstgericht habe es infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung unterlassen, das Gesamtverhalten des Angeklagten zu berücksichtigen, und setze sich nicht mit der Tatsache auseinander, daß er die Einbruchsdiebstähle stets und ausschließlich unter Alkoholeinwirkung bzw. nur im betrunkenen Zustand begangen habe; die beträchtliche Alkoholisierung schließe jedoch die Absicht aus, daß er sich durch die Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte; die Entschlüsse zum Einbruch seien vielmehr spontan und impulsiv durch den Genuß von Alkohol bewirkt worden.

Die Subsumtionsrüge versagt indes, weil sie keinen für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Umstand releviert:

Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider stünde nämlich die Annahme einer (auch beträchtlichen) Alkoholisierung bei jeder einzelnen Deliktsbegehung der bekämpften, primär die Lösung einer Tatfrage berührenden (vgl. Leukauf-Steininger Komm.3 § 70 RN 4, 9 Os 77/77) - Konstatierung gewerbsmäßigen Verhaltens im Sinne des § 70 StGB rechtlich ebensowenig entgegen wie die ins Treffen geführte Spontaneität bei den einzelnen Tathandlungen (vgl. EvBl. 1976/274). Denn die qualifizierte Vorsatzform der "Absicht" (§ 5 Abs. 2 StGB) verlangt nur für die gesamte Zielrichtung des deliktischen Handelns die entsprechende innere Haltung auf Gewinnung laufender Einnahmen als spezifische Motivation der Wiederholung gleichartiger Taten, während für die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Deliktes bedingter Vorsatz genügt. Die Absicht des gewerbsmäßig handelnden Täters kann daher auch auf die Gewinnung fortlaufender Einnahmen aus der wiederkehrenden Begehung solcher Taten gerichtet sein, mit deren (allenfalls unter dem Einfluß von Alkohol und jeweils in spontaner Überlegung) ernstlich für möglich gehaltener Tatbildlichkeit er sich abgefunden hat, ohne sie gerade bezweckt oder als gewiß angenommen zu haben (EvBl. 1983/58; 13 Os 134/87).

Daß es dem Beschwerdeführer aber bei seiner Handlungsweise von vornherein auf die Erzielung regelmäßiger Einkünfte aus der wiederkehrenden Verübung von (gleichartigen) Einbruchsdiebstählen ankam und er sich die fortlaufende Einnahme jeweils "in Ausführung der genannten" bzw. "der erwähnten gewerbsmäßigen Absicht", also mit der auf Erschließung der Einkommensquelle von längerer Dauer gerichteten Tendenz verschaffte, wurde vom Schöffengericht ausdrücklich und unbedenklich festgestellt (S 144 und 148).

Mangels rechtlicher Erheblichkeit für die Beurteilung des subjektiven Qualifikationsmerkmales der Gewerbsmäßigkeit bedeutet demnach das Unterbleiben einer näheren Erörterung der (konkret nur beim Diebstahlsversuch konstatierten) Alkoholisierung des Angeklagten - der Beschwerde zuwider - keinen Feststellungsmangel im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Die Beschwerdeeinwendungen können aber auch unter dem Gesichtspunkt eines (der Sache nach in Betracht kommenden) möglichen Begründungsmangels nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO nicht zielführend sein. Denn die Tatrichter vermochten aus dem lückenlos konkretisierten äußeren Tatgeschehen unter der gebotenen Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, sein Verhalten vor und zwischen den Anlaßtaten sowie auf die Begleitumstände derselben (Situation des nach Haftentlassung beschäftigungs- und weitgehend einkommenslosen Nichtigkeitswerbers im Zusammenhalt mit der Wiederholung der auf dasselbe Deliktsobjekt in relativ kurzen zeitlichen Abständen auf gleichartige Weise verübten qualifizierten diebischen Angriffe sowie der umgehenden Verwendung des erbeuteten Bargeldes für eigene Bedürfnisse) in tatsachenmäßiger Beziehung mängelfrei die gewerbsmäßige Tendenz abzuleiten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB eine Freiheitsstrafe von dreißig Monaten. Dabei berücksichtigte es als mildernd das großteils vorliegende Geständnis des Angeklagten und die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch der Straftaten geblieben war; demgegenüber fielen die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die Anstiftung (gemeint: Bestimmung) des Manfred H***** als erschwerend ins Gewicht.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe an.

Sie ist jedoch nicht im Recht.

Abgesehen davon, daß auch noch die dreifache Qualifizierung der Diebstähle zum Verbrechen sowie der äußerst rasche Rückfall in bezug auf die Körperverletzung des Clemens P***** am 2.Oktober 1992 (B II des Schuldspruchs) als erschwerend zu berücksichtigen gewesen wären, hat das Erstgericht die gegebenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt und ihnen auch das entsprechende Gewicht beigemessen.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers lag bei ihm keine "dringende Notlage" von der Qualität des § 34 Z 10 StGB vor; diese müßte nämlich objektiv als drückend im Sinne "eines bestehenden oder drohenden Mangels am notwendigen Lebensunterhalt" zu empfinden sein. Nach der Aktenlage (vgl. S 41, 70-72, 76, 111, 113 und 129) hat der Angeklagte aber seine (wenngleich) bescheidenen Subsistenzmittel (vgl. S 128) offensichtlich nicht zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhaltes verwendet, sondern diese ebenso wie einen Teil der Beute (vgl. S 129 unten) regelmäßig in Alkohol umgesetzt. Bei dieser Sachlage kann aber mit Fug nicht davon gesprochen werden, daß er zu den Einbrüchen durch eine "drückende Notlage" bestimmt worden sei.

Der desweiteren vom Angeklagten für sich reklamierte Milderungsgrund, daß er "zumindest den versuchten Einbruch vom 10.11.1992 in einem Zustand alkoholbedingter Enthemmung begangen hatte", scheitert daran, daß bei ihm nach Lage des Falles der Vorwurf des Versetzens in einen Rauschzustand durch übermäßigen Alkoholgenuß den Vorwurf der durch den Rausch bewirkten verminderten Zurechnungsfähigkeit zumindest aufwiegt (vgl. Leukauf-Steininger Komm.3 § 35 RN 1 ff), zumal der Rechtsmittelwerber selbst eingesteht, solche Einbrüche nur dann begangen zu haben, wenn er betrunken war (S 70), und er zumindest seit seiner letzten Verurteilung am 31.August 1992 durch das Landesgericht Linz zum AZ 35 E Vr 532/92-Hv 106/92 um die schädliche Wirkung übermäßigen Alkoholgenusses auf seine Psyche auch weiß (vgl. Sachverständigengutachten S 225 ff des Bezugsaktes).

Zutreffend hat das Schöffengericht ferner "die einschlägigen Vorstrafen" als erschwerend gewertet, womit es ersichtlich nicht nur jene wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen (Punkte 1, 3, 6, 7, 10 und 11 der Strafregisterauskunft S 11 f), sondern (im Hinblick auf das Schuldspruchfaktum B II zutreffend) auch alle vorangegangenen Vorstrafen wegen Gewalt- und Körperverletzungsdelikten berücksichtigt hat. Im übrigen erfolgte die vom Beschwerdeführer (ersichtlich gemeint: zum Diebstahl) als "letzte einschlägige Vorstrafe" bezeichnete Verurteilung wegen Verbrechens des schweren Raubes (Landesgericht Innsbruck 20 Vr 3346/83) zwar am 22. März 1984, doch darf nicht übersehen werden, daß die sechsjährige Freiheitsstrafe bis zum 24.September 1989 vollzogen wurde.

In Abwägung der Zahl und des Gewichtes der vorhandenen Strafzumessungsgründe entspricht daher auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes das vom Gericht erster Instanz gefundene Strafmaß von dreißig Monaten sowohl der gravierenden personalen Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der Straftaten.

Über die Rechtsmittel des Angeklagten war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E31410

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0140OS00038.930001.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19930420_OGH0002_0140OS00038_9300010_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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