Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Dimitri G*****, und des Peter G*****, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters Johannes P*****, vertreten durch Dr. Karl Endl und Dr. Michael Pressl, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 10. Februar 1993, GZ 22 a R 27/93-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16. Dezember 1992, GZ 20 P 567/88-15, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Vergleich vom 8.10.1991 verpflichtete sich der Vater der mj. Kinder Dimitri und Peter G*****, zu deren Unterhalt ab 1.1.1992 monatlich je S 2.250,-- zu Handen der Mutter zu bezahlen (GZ 20 P 567/88-11).
Am 13.10.1992 beantragte die Mutter, den Vater ab 1.1.1993 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für Dimitri G***** von S 3.200,-- und für Peter G***** zu einer solchen von S 2.800,-- zu verpflichten. Sie brachte hiezu vor, mit dem bisher geleisteten Unterhaltsbeitrag die Bedürfnisse der Kinder nicht mehr decken zu können, das Einkommen des Vaters betrage durchschnittlich sicherlich S 18.000,-- netto monatlich (GZ 20 P 567/88-12).
Der Vater wendete ein, es hätten sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse seit Vergleichsabschluß nicht geändert. Er beziehe monatlich netto S 15.000,-- und habe Rückzahlungen für die Anschaffung der Einrichtung der vormaligen Ehewohnung bzw. für ein für diese Wohnung aufgenommenes Darlehen im Gesamtausmaß von S 2.910,-- zu leisten. Eine Unterhaltserhöhung sei ihm nicht zumutbar (GZ 20 P 567/88-13).
Das Erstgericht erhöhte den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalt bezüglich Dimitri G***** auf S 3.100,--, hinsichtlich Peter G***** auf S 2.600,--. Aufgrund des monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommens von S 16.640,-- sei der Vater in der Lage, diese Unterhaltsbeiträge zu leisten. Nach Ablauf eines Jahres seit der letzten Unterhaltsfestsetzung könne davon ausgegangen werden, daß sich die Bedürfnisse der Kinder erhöht haben, weshalb eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei.
Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Vaters nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Die Neubemessung einer Unterhaltsleistung aufgrund der Bedarfssteigerung alleine sei grundsätzlich nach Ablauf etwa eines Jahres möglich, weil die Lebenserfahrung zeige, daß eine Änderung der Bedürfnisse minderjähriger Kinder etwa im Abstand eines Jahres anzunehmen sei. Die Kreditverbindlichkeiten, die der Vater berücksichtigt haben will, seien anläßlich des Scheidungsvergleiches vom Vater zur alleinigen Rückzahlung übernommen worden. Die Interessenabwägung, inwieweit Schulden eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage bilden, ergebe im vorliegenden Fall nach billigem Ermessen, daß die vom Vater übernommenen Kreditverbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Die Anrufung des Obersten Gerichtshofes in Unterhaltssachen ist nur wegen erheblicher Rechtsfragen zulässig (EFSlg. 64.656; 8 Ob 602/91; 3 Ob 505/92). Die Frage, nach Ablauf welchen Zeitraums nach Schaffung eines Unterhaltstitels generell von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen ist und ab wann also eine Bindung an den Unterhaltstitel nicht mehr besteht, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar. Die Auffassung der Vorinstanzen, etwa ein Jahr nach Schaffung des Unterhaltstitels sei im Hinblick auf die allgemeine Erwägung, daß in einem solchen Zeitraum einerseits die Bedürfnisse von heranwachsenden Kindern steigen und andererseits die Einkommen angehoben werden, von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen (EFSlg. 33.383; 62.585; 51.012), ist ebenso vertretbar wie die Auffassung, daß im Einzelfall bei Verstreichen von erst 15 Monaten seit der letzten Unterhaltsfestsetzung grundsätzlich keine wesentlich geänderten Verhältnisse auf seiten des Kindes wegen Bedürfnissteigerung vorliegen (EFSlg. 62.586). Nach welchem Zeitraum geänderte Verhältnisse anzunehmen sind, richtet sich nämlich nach mehreren Kriterien, insbesondere nach dem Alter des Kindes, zumal die Bedürfnisse bei Kindern oft schon nach Verstreichen kurzer Zeitspannen sprunghaft ansteigen (zB Wechsel vom Säuglings- ins Kleinkindalter, Schuleintritt etc.). Eine allgemein gültige Regel, nach Ablauf welchen Zeitraums jedenfalls von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen ist, läßt sich sohin nicht aufstellen, sodaß es der vom Rekursgericht aufgezeigten und vom Revisionsrekurswerber aufgegriffenen Rechtsfrage an Erheblichkeit mangelt.
Bei der Lösung der Frage, ob die vom Vater angeführten Kreditverbindlichkeiten als Abzugsposten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind, ist das Rekursgericht der herrschenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes (EvBl. 1991/50; Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 244) gefolgt und hat eine Interessenabwägung nach billigem Ermessen vorgenommen. Der Revisionsrekurswerber vermag in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen, welche erhebliche Rechtsfrage, die über die Bedeutung des Einzelfalls hinausginge, gelöst werden sollte.
Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.
Textnummer
E31167European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0010OB00534.93.0420.000Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
06.02.2013