TE OGH 1993/4/20 1Ob1/93

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Veröffentlicht am 20.04.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Benno H*****, vertreten durch Dr.Tassilo Neuwirth, Dr.Wolfgang Wagner, Dr.Alexander Neureuter, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 58.393,55 sA, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 26.November 1992, GZ R 800/92-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Irdning vom 10. August 1992, GZ Nc 311/92-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Am 24.7.1990 wurde im Bereich der vollbiologischen Kläranlage der Gemeinde T***** und in dem dazugehörenden Kanalnetz eine Ölverschmutzung größeren Ausmaßes festgestellt, welche vom "Alpenferienhof G*****" ihren Ausgang genommen hatte. Dort waren durch einen im Boden des Heizraumes befindlichen Ausguß ca. 100 bis 120 Liter Heizöl in das Kanalsystem gelangt. Der Antragsteller ist Pächter des "Alpenferienhofes G*****", bewirtschaftet wird der Gasthof vom Heimleiter Walter Z*****. Über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft L***** wurde von der Öl-Stützpunkt-Feuerwehr eine Ölsperre errichtet und der Inhalt der Klärbecken durch Spezialfahrzeuge des Grubendienstes abgepumpt und einer Sondermüllverwertung zugeführt. Die Gesamtkosten dieser Tätigkeiten beliefen sich auf S 58.393,55. Diesen Betrag schrieb die Bezirkshauptmannschaft L***** mit Bescheid vom 11.2.1992 dem Antragsteller zum Ersatz vor.

Der Antragsteller beantragte gemäß § 117 Abs.4 WRG bei dem nach § 117 Abs.6 WRG zuständigen Erstgericht die gerichtliche Entscheidung und brachte dazu im wesentlichen vor, daß er für die Kosten der Sanierungsmaßnahmen deshalb nicht hafte, da er zwar Pächter des Gasthofes sei, dieser jedoch nicht von ihm, sondern vom Heimleiter als gewerberechtlichem Geschäftsführer bewirtschaftet werde. Der gegenständliche Ölunfall sei im übrigen von Bediensteten des mit der Heizöllieferung beauftragten Unternehmens verursacht worden.

Die Antragsgegnerin vertrat die Auffassung, daß der Antragsteller als Betreiber der Heizanlage für die davon ausgehenden Gefahren der Gewässerverunreinigung gemäß § 31 Abs.3 WRG verschuldensunabhängig hafte.

Das Erstgericht verhielt den Antragsteller zur Zahlung des Betrages von S 58.393,55 sA. Der Antragsteller hafte als Anlagenbetreiber gemäß § 31 Abs.3 WRG.

Dem dagegen erhobenen Rekurs des Antragstellers gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es könne dahingestellt bleiben, ob neben dem Antragsteller auch das Verhalten des Heimleiters und/oder der Heizölfirma zur Gewässerverunreinigung beigetragen habe. Es stehe der Wasserrechtsbehörde frei, die Ersatzleistung für die gemäß § 31 Abs.3 WRG veranlaßte Tätigkeit einem oder allen Verpflichteten aufzuerlegen. Auch der Umstand, daß sich der Antragsteller nicht am Ort des Schadenseintrittes befunden habe, könne nicht haftungsbefreiend wirken. Daß die Gewässerverunreinigung von der dem Antragsteller als Pächter und Betreiber zuzurechnenden Heizungsanlage ausgegangen sei, werde im Verfahren nicht bestritten.

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist gemäß § 117 Abs.4 und 6 WRG iVm § 24 Abs.1 EisbEG und § 14 Abs.1 AußStrG zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs.1 WRG hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinn des § 1297 ABGB, zutreffendenfalls mit der im Sinn des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlage so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung die dem § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist, vermieden wird. Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat der nach § 31 Abs.1 WRG Verpflichtete alle zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen unverzüglich zu treffen (§ 31 Abs.2 WRG). Wird dies unterlassen, so hat nach § 31 Abs.3 WRG die Wasserrechtsbehörde diese Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung SZ 57/134 ausgeführt hat, wurde der besonderen Bedeutung der Reinhaltung der Gewässer durch die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1959, BGBl. 54, und 1969, BGBl. 207, dadurch Rechnung getragen, daß die Reinhaltung der Gewässer nicht nur dem Wasserberechtigten, sondern jedermann zur Pflicht gemacht wird (Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2 154 Anm.1 zu § 31 WRG). § 31 WRG verpflichtet grundsätzlich jeden, alles hintanzuhalten, was zu einer Beeinträchtigung der Wassergüte führen könnte. Es können daher auch mehrere Personen unabhängig voneinander zu Maßnahmen nach § 31 Abs.2 WRG verpflichtet sein. Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits ausgesprochen (SZ 59/111), daß ein Werkunternehmer, der durch von ihm auf fremdem Grund gesetzte Maßnahmen (die Zerlegung von Öltanks) die Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch Eindringen von Altöl in das Erdreich herbeigeführt hat, gemäß § 31 Abs.2 WRG verpflichtet ist, die durch ihn herbeigeführte Gefahr unverzüglich zu beseitigen. Die Bestimmung des § 31 Abs.2 WRG kann sinnvollerweise nur dahin verstanden werden, daß derjenige zu Maßnahmen verpflichtet ist und von der Behörde dazu verhalten werden kann, der die durch ihn herbeigeführte Gefahr beherrscht und damit faktisch aber auch rechtlich in der Lage ist, entsprechende Abwehrmaßnahmen zu setzen (SZ 60/235).

Wenngleich somit dem Antragsteller darin zuzustimmen ist, daß möglicherweise auch andere Personen, die im konkreten Zusammenhang Maßnahmen oder Unterlassungen gesetzt haben, als Verpflichtete im Sinn des § 31 Abs.1 WRG angesehen werden können, vermag dies jedoch nichts daran zu ändern, daß auch der Pächter der Anlage durch deren Betrieb die Gefahr der Gewässerverunreinigung ausgelöst wurde, zu dem vom Gesetz genannten Personenkreis zählt (vgl. Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2 157 Anm.4 zu § 31 WRG 1959). Gerade dem Pächter kommt in hohem Maße die Pflicht, aber auch die Möglichkeit, Abwehrmaßnahmen zu setzen, zu. Ist aber der Antragsteller Verpflichteter im Sinne des § 31 Abs.1 WRG 1959, kann er sich von seiner Leistungspflicht weder zur Gänze noch teilweise durch den Hinweis befreien, daß auch andere Personen als Verpflichtete in Frage kommen (vgl. Kaan, Wasserrechtsgesetz 19592 Anm.2 zu § 31 WRG 1959).

Ebensowenig vermag den Antragsteller sein Vorbringen zu exculpieren, daß er am Ort des Geschehens gar nicht anwesend gewesen sei, da § 31 WRG 1959 vom Verursacherprinzip ausgeht und somit eine verschuldensunabhängige Haftung vorsieht (Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2 157 Anm.5 zu § 31 WRG 1959). Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SZ 57/134 ausgesprochen, daß die Zitierung der §§ 1297, 1299 ABGB im § 31 Abs.1 WRG 1959 klarstelle, daß anders als nach § 22 des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes 1957 die Haftung nur bei schuldhafter Verletzung der Vorschriften der §§ 30 f WRG 1959 eintrete. Dies allerdings bei Beurteilung der Ersatzansprüche eines Fischereiberechtigten, in welchem Zusammenhang die Wasserreinhaltungsvorschriften der §§ 30 ff WRG 1959 als Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB qualifiziert wurden. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Eigentümer oder Pächter zu Abwehrmaßnahmen im Sinne des § 31 Abs.2 und 3 WRG 1959 verpflichtet ist. Hiebei geht es nicht um Schadenersatzpflichten, sondern primär um Schadenverhütungs- oder doch -begrenzungs- oder um Sanierungsmaßnahmen, die auch ohne Verschulden und ohne eine vielfach gar nicht mögliche Verschuldensprüfung unverzüglich zu setzen sind. Für sie kann nur das Verursacherprinzip gelten, wie dies bereits in der Entscheidung SZ 57/16 zum Ausdruck gebracht wurde, welche die verschuldensunabhängige Pflicht des Eigentümers einer Tankanlage zur Vermeidung des Umsichgreifens von Gewässerverunreinigungen aussprach (SZ 60/235; 1 Ob 36/92).

Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann auf ihn die Bestimmung des § 31 Abs.4 WRG 1959, welche die subsidiäre Ersatzpflicht des Liegenschaftseigentümers vorsieht, schon deshalb nicht analog angewendet werden, da der Antragsteller - wie bereits dargelegt - als Verursacher im Sinne des Abs.1 der zitierten Gesetzesstelle anzusehen ist und somit die Anwendungsvoraussetzung, daß der Verursacher nicht zum Kostenersatz herangezogen werden kann, nicht vorliegt (vgl. Rossmann, Wasserrecht Anm.8 zu § 31 WRG 1959).

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

Im Gegensatz zu der von der Antragstellerin vertretenen Ansicht ist für die Kostentragung im gerichtlichen Verfahren nicht § 123 Abs.2 WRG 1959, dessen Normadressat ausdrücklich die Wasserrechtsbehörde ist, anzuwenden, sondern gemäß der ausdrücklichen Verweisungsnorm des § 117 Abs.6 WRG die Bestimmung des § 44 EisbEG (1 Ob 581/90; 1 Ob 36/92). Für den Bereich des Rechtsmittelverfahrens hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach den aus § 44 EisbEG ableitbaren Grundsatz der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht des Antragsgegners betont, sodaß der Antragsteller bei Erfolglosigkeit seines Rechtsmittels nicht kostenersatzpflichtig wird (SZ 60/17; SZ 60/269 mwN). Für die gemäß § 117 Abs.6 WRG iVm § 30 Abs.4 und 5 EisbEG zulässige Äußerung zum Revisionsrekurs steht daher Kostenersatz nicht zu.

Anmerkung

E31146

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0010OB00001.93.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19930420_OGH0002_0010OB00001_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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