TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/24 2005/04/0220

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Veröffentlicht am 24.02.2006
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;
IngGDV 1991/244 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Mag. Alexandra Cervinka, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Grünangergasse 3-5/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 10. August 2005, Zl. 91.508/30795- I/3/05, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. August 2005 wies der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Mai 2005 auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung Ingenieur mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz (IngG) 1990, BGBl. Nr. 461/1990, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2001, ab.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es auszugsweise:

"...

Wie sich aus Ihren dem Antrag beigeschlossenen Unterlagen ergibt, haben Sie die Reife- und Diplomprüfung an der Höheren Technischen Lehranstalt für 'Maschinenbau, Ausbildungszweig allgemeiner Maschinenbau', am 6. Juni 1997 abgelegt.

...

Hinsichtlich der Berufspraxis haben Sie geltend gemacht, dass Sie in der Zeit vom 1. Juni 1998 bis 30. September 1998 und vom 2. September 2002 bis 31. Mai 2003 im Unternehmen ... K., Installateur, ..., beschäftigt waren.

Laut Praxiszeugnis (o.D.) beliefen sich Ihre Tätigkeiten auf:

     (        Planung haustechnischer Anlagen im Bereich

     (        Heizung, Sanitär, Klima, Lüftung,

     (        Kundenbetreuung

     (        Kontrolle der durchgeführten Montagearbeiten

     (        Rechnungslegung.

Seit 1. Juni 2003 sind sie selbständig erwerbstätig und seit der Pensionierung Ihres Vaters im Juni 2003 der gewerberechtliche Geschäftsführer der K. GmbH.

Die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung stellte jeweils mit Bescheid vom 21. Mai 2003 fest, dass Sie die individuellen Befähigungsnachweise zur Ausübung folgender Gewerbe besitzen:

Zl. ..., 'Gas- und Sanitärtechnik gemäß § 94 Z. 25 GewO 1994 idgF',

Zl. ..., 'Heiztechnik gemäß § 94 Z. 31 GewO 1994 idgF',

Ihre Tätigkeiten bzw. Aufgabenbereiche beschrieben Sie wie folgt:

     (        Erstkundengespräche bzw. Kundenneugewinnung

     (        Planung haustechnischer Anlagen in Kooperation mit

dem Kunden im Bereich:

     (        Heizung, Sanitär, Lüftung, Klima, Solartechnik

     (        Schwimmbadtechnik und zentrale Staubsaugeranlagen

     (        Angebotslegung

     (        Kontrolle der durchgeführten Montagearbeiten

     (        Rechnungslegung

     Derzeit beschäftigen Sie 7 (sieben) Mitarbeiter.

Ergänzend haben Sie am 11. Mai 2005 ua. eine auszugsweise Projektliste (Zeitraum 1.6.1998 bis 30.9.1998 und seit dem 2.9.2002) per Fax nachgereicht und die durchgeführten Arbeiten wie folgt angegeben:

Heizlastberechnungen, Auslegung von Gaskesseln, Heizkörpern, Fußbodenheizungen, Solaranlagen, Rohrdimensionierungen, Badezimmerplanungen, Dimensionierungen von Be-, Entlüftungs- und Staubsaugeranlagen, Planerstellungen, Koordination und Kontrolle der Montagearbeiten, Koordination der E-Installation, Erstellung von Anlagenbüchern."

Aus der von der Behörde genannten, im Verwaltungsakt aufliegenden Projektliste vom 11. Mai 2005 sind die Projekte und die in ihrem Rahmen durchgeführten Tätigkeiten näher dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass in der überwiegenden Zahl der angeführten Projekte "Heizlastberechnungen nach ÖNORM 7500" und die Auslegung von "Gas-", "Öl-" und "Brennwertkesseln" sowie von "Kombithermen" mit einer Leistung von bis zu 24,4 kW durchgeführt worden seien.

Nach Wiedergabe des § 2 der Verordnung zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990, BGBl. Nr. 244/1991, begründete die belangte Behörde die Versagung der Verleihung des Ingenieurtitels rechtlich wie folgt:

"...

Aus der Stundentafel Ihres Reife- und Diplomprüfungszeugnisses ergibt sich, dass neben den allgemein bildenden Fächern der Schwerpunkt der Ausbildung in den Bereichen Mechanik, Fertigungstechnik, Maschinenelemente, Elektrotechnik und Elektronik, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik, Strömungsmaschinen, Kolbenmaschinen, Fördertechnik, Energie- und Umwelttechnologie, Konstruktionsübungen gelegen war.

Darüber hinaus liefert die Höhere Technische Lehranstalt für Maschinenbau die wesentlichen anwendungsbezogenen Fertigkeiten und Kenntnisse auf dem Gebiet der Mechanik, Fertigungstechnik und Konstruktion sowie in Schwerpunktbereichen von Maschinen und Anlagen, ergänzt durch Kenntnisse in der Elektrotechnik, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik. Darüber hinaus werden vertiefte Kenntnisse der branchenspezifischen Grundsätze für Konstruktion, Dimensionierung und Ausführung von Motoren, Pumpen, Turbinen einschließlich Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Rückgewinnung, Luftreinhaltung und Abwasserbehandlung vermittelt.

Die von Ihnen geltend gemachte Berufspraxis im Unternehmen ... K. (jetzt: K. GmbH) erfordert nach Ansicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit allenfalls Kenntnisse, wie sie während der gewerblichen Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz vermittelt werden, jedoch keine höheren Fachkenntnisse im Umfang einer Ausbildung an einer Höheren Technischen Lehranstalt (vgl. hiezu die Berufsbilder 'Sanitär- und Klimatechniker - Heizungsinstallation', 'Sanitär- und Klimatechniker - Gas- und Wasserinstallation', früher: Gas- u. Wasserleitungsinstallateur, Zentralheizungsbauer).

Da somit die im Ingenieurgesetz normierte Voraussetzung einer qualifizierten mindestens dreijährigen Praxis nicht erfüllt ist, war spruchgemäß zu entscheiden." (Hervorhebung im Original)

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Die von ihm angeführte "Heizlastberechnung nach ÖNORM 7500" erfordere fundierte Kenntnisse im Bereich der Mechanik, konkreter der Thermodynamik. Den weiter angeführten Tätigkeiten "Auslegung des Gaskessels" und "Auslegung der Heizkörper" lägen Kenntnisse der Rohrnetzberechnung sowie Heizkörperauslegung zu Grunde und entsprächen den im Rahmen der Ausbildung an der Höheren Technischen Lehranstalt für Maschinenbau (HTL) vermittelten und vom Beschwerdeführer erlernten Kenntnissen im Bereich Hydromechanik sowie Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik. Für die Tätigkeit "Dimensionierung Be- und Entlüftungsanlage" seien fundierte Kenntnisse von Steuerungsmaschinen erforderlich. Aus einem (näher bezeichneten) Projekt gehe hervor, dass für die dort angeführten Tätigkeiten (Heizlastberechnung nach ÖNORM 7500, Auslegung des Gaskessels (21,2 kW), Auslegung einer Entlüftung, Auslegung der Heizkörper, Rohrdimensionierung, Erstellung eines Planes, Koordination und Kontrolle der Montagearbeiten, Koordination der E-Installation, Erstellung eines Anlagenbuches) umfassende Kenntnisse der Hydromechanik sowie der technischen Logistik erforderlich seien. Die Thermodynamik als Unterbereich der Mechanik beinhalte erlernte Kenntnisse im Bereich der Heizungs- und Klimatechnik, der Schwerkraftheizung sowie Warmwasserzirkulationsanlagen; diese Kenntnisse seien "unbedingt notwendig", um beispielsweise Heizlastberechnungen durchzuführen. Kenntnisse auf dem Gebiet der Fertigungstechnik seien für die Berechnung von Konsolen und Ankern von Heiz- und Klimageräten erforderlich. Die theoretischen und praktischen Grundlagen im Bereich der Elektrotechnik seien für die Dimensionierung der Anschlussleitungen von Elektrogeräten (Warmwasser- und Raumheizgeräten) erforderlich; Kenntnisse im Bereich der Elektronik für die Programmierung von digitalen Regelungs- und Steuerungsgeräten in der Heizungs- und Klimatechnik (der Beschwerdeführer führt weitere in der von ihm vorgelegten Projektliste genannte Tätigkeiten auf einzelne Unterrichtsgegenstände der Stundentafel seines Ausbildungszweiges an der HTL zurück).

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer fehlende Ermittlungen und die fehlende Zuziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der erforderlichen Fachkenntnisse für die absolvierte Berufspraxis geltend.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 IngG 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Nach § 2 der zum Ingenieurgesetz 1990 ergangenen Durchführungsverordnung BGBl. Nr. 244/1991 ist eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und in überwiegendem Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Berufspraxis, die nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand hat, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum jener höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde, nicht als höherwertige Tätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 angesehen werden.

Ausschlaggebend für die Anrechenbarkeit einer Berufspraxis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b IngG 1990 ist, dass die in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten auf dem absolvierten Fachgebiet, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde, Voraussetzung für die ordnungsgemäße und fachgerechte Ausführung der beruflichen Tätigkeit sind, wobei es im Gegenzug noch nicht ausreichend ist, dass die erworbenen Fachkenntnisse für die verrichtete Tätigkeit grundsätzlich von Nutzen sein können (vgl. zu alldem das hg. Erkenntnis vom 14. September 2005, Zl. 2004/04/0097, mwH).

Die belangte Behörde ist in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise davon ausgegangen, bei dem hier in Frage stehenden Gewerbe würden Tätigkeiten ausgeübt, die typischerweise im Rahmen eines Gewerbes anfallen, für dessen Antritt keine entsprechend höhere Ausbildung gefordert ist. Es wäre daher im Sinne der ständigen Rechtsprechung Sache des Beschwerdeführers gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. August 2003, Zl. 2001/04/0136), konkret darzustellen, dass ungeachtet dessen die von ihm verrichteten Tätigkeiten derartige höhere Fachkenntnisse (dem Beschwerdevorbringen folgend) auf dem Gebiet des Maschinenbaues erfordern (die in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten Voraussetzung für die ordnungsgemäße und fachgerechte Ausführung der beruflichen Tätigkeit sind), und zwar (auch) dahin, dass solche Tätigkeiten den überwiegenden Teil der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit gebildet haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 2003, Zl. 2001/04/0164).

Mit den umfangreichen Darlegungen in der Beschwerde, die die in der Projektliste angeführten Arbeiten jeweils einem Fachgebiet der Stundentafel über die an der HTL vermittelten Lehrinhalte des vom Beschwerdeführer absolvierten Ausbildungszweigs gegenüberstellen, ist diese (über die für eine Gewerbeberechtigung erforderliche Befähigung hinausgehende) konkrete Höherwertigkeit der zurückgelegten Berufspraxis nicht dargetan, mögen die verrichteten Tätigkeiten - bei ganz allgemeiner Betrachtung - auch mehr oder weniger einem bestimmten an der HTL unterrichteten Fachgebiet zuzuordnen sein. Dies schließt zwar nicht aus, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines solchen Unternehmens tatsächlich Tätigkeiten verrichtet hat, die derartige höhere Fachkenntnisse erfordern. In einem solchen Fall ist es allerdings Sache des Antragstellers, konkret darzutun, dass und aus welchen Gründen dies zutrifft (vgl. zuletzt das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 14. September 2005).

Da dem Beschwerdevorbringen derartige konkrete Ausführungen jedoch nicht zu entnehmen sind, war die belangte Behörde auch nicht gehalten, zu dieser Frage einen Sachverständigen beizuziehen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005040220.X00

Im RIS seit

27.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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