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L72007 Beschaffung Vergabe Tirol;Norm
AuslBG §28b;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung, vertreten durch Dr. Michael Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. Mai 2004, Zl. uvs-2004/K11/004-11, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei: A Handels GmbH in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (UVS) vom 21. Mai 2004 wurde die von der beschwerdeführenden Partei im Vergabeverfahren "Bauvorhaben ARA Zirl, Schlammbehandlung BA 09 OG 04, maschinelle Ausstattung" zu Gunsten eines näher bezeichneten Unternehmens, der Firma A. ergangene Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt; gleichzeitig wurde die beschwerdeführende Partei verpflichtet, der mitbeteiligten Partei Verfahrenskosten zu ersetzen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrens im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe es unterlassen, vor Fällung der Zuschlagsentscheidung (2. März 2004) zu Gunsten der Firma A. eine Auskunft aus der Zentralen Verwaltungsstrafevidenz des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 28b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) einzuholen. Erst nach Fällung der Zuschlagsentscheidung sei eine entsprechende Anfrage an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gerichtet worden. Mit Schreiben vom 1. April 2004 habe dieses Ministerium mitgeteilt, dass der Firma A. keine zu berücksichtigende Bestrafung gemäß § 28b Abs. 2 AuslBG zuzurechnen sei. Durch die Unterlassung der Einholung dieser Auskunft vor der Zuschlagsentscheidung sei allerdings die Zuschlagsentscheidung mit Rechtswidrigkeit belastet, was auch Auswirkungen auf die nachfolgende Zuschlagserteilung haben müsse. Sämtliche Eignungs- und Zulässigkeitsvoraussetzungen müssten bereits im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung gegeben und nachgewiesen bzw. vom Auftraggeber überprüft werden. Der vorliegenden Auskunft könne auch nicht entnommen werden, ob zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung die Zuverlässigkeit der Firma A. gegeben gewesen sei. Sie beziehe sich nämlich auf den 1. April 2004, zeitlich vorher getilgte Strafvormerkungen würden in dieser Bestätigung nicht mehr aufscheinen. Es wäre daher möglich, dass zwischen dem Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung (2. März 2004) und dem 1. April 2004 etwa vorhandene Strafvormerkungen getilgt worden seien. In der Nichteinholung der Auskunft aus der Zentralen Strafevidenz handle es sich um einen nicht behebbaren Mangel im Verfahren der Angebotsprüfung durch den Auftraggeber. Ein Vorbehalt der endgültigen Prüfung für die Zeit nach der Zuschlagsentscheidung sei gesetzwidrig und belaste die Zuschlagsentscheidung als solche in jedem Fall mit Nichtigkeit. Die Zuschlagsentscheidung sei daher spruchgemäß für nichtig zu erklären gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei, die sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. im Recht verletzt erachtet, dass die von ihr getroffene Zuschlagsentscheidung nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für nichtig erklärt werde, bringt im Wesentlichen vor, der Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei hätte rechtens zurückgewiesen werden müssen, weil die mitbeteiligte Partei weder den ihr drohenden Schaden "genauestens" dargestellt noch ausreichende Angaben betreffend den Beschwerdepunkt gemacht habe. Im Übrigen könne eine entsprechende Bestätigung nicht beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, sondern nur beim Finanzminister eingeholt werden und es sei der, in der Unterlassung der Einholung der erwähnten Auskunft vor Zuschlagsentscheidung liegende Mangel für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von Relevanz gewesen. In einem vertieften Verfahren hätte jederzeit belegt werden können, dass Zweifel an der beruflichen Zuverlässigkeit der Firma A. niemals aufgetreten seien. Die Firma A. habe (auch) im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung keinerlei Bestrafungen aufgewiesen.
Gemäß § 5 Abs. 1 Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2002 unterliegenden Vertrages behauptet, die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Ein Antrag gemäß § 5 Abs. 1 hat gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. u. a. Angaben über den drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller (Z. 4) sowie die bestimmte Bezeichnung des Rechts, in dem sich der Antragsteller als verletzt erachtet (Z. 5), zu enthalten.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn sie
1. im Widerspruch zu Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2002 oder der Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes steht und
2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
Was zunächst die Beschwerdebehauptung angeht, der Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei habe die dafür normierten Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt und hätte daher zurückgewiesen werden müssen, übersieht die beschwerdeführende Partei, dass dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, bereits dann entsprochen ist, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist; ins Einzelne gehende "genaueste" Darlegungen sind jedoch nicht geboten. Dass der Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei dem Erfordernis gemäß § 8 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. entsprochen hat, ist nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten nicht zweifelhaft.
Weiters ist dem Erfordernis, das Recht, in dem sich der Antragsteller als verletzt erachtet, bestimmt zu bezeichnen, auch dann entsprochen, wenn der Inhalt des Nachprüfungsantrages insgesamt klar erkennen lässt, in welchem Recht sich der Antragsteller verletzt sieht. In diesem Punkt bestehen gegen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages der mitbeteiligten Partei gleichfalls keine Bedenken.
Zu Recht rügt die beschwerdeführende Partei aber die Nichtigerklärung ihrer Zuschlagsentscheidung aus dem Grunde der vor Zuschlagsentscheidung unterbliebenen Einholung einer Auskunft im Sinne des § 28b AuslBG.
Gemäß § 55 Abs. 1 BVergG 2002 hat die vergebende Stelle zur Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit von für die Zuschlagserteilung in Betracht kommenden Bewerbern, Bietern und deren Subunternehmern eine Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 28b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in der jeweils geltenden Fassung, einzuholen. Die Auskunft darf nicht älter als sechs Monate sein.
Die vergebende Stelle hat gemäß § 55 Abs. 1 BVergG 2002 der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Bieters insbesondere die Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz gemäß Abs. 1 zugrunde zu legen. Bei einem Bieter, für den diese Auskunft rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG ausweist, ist die geforderte Zuverlässigkeit nicht gegeben, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er trotz Vorliegens rechtskräftiger Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG nicht unzuverlässig ist.
Bei ihrer Auffassung, bereits die Unterlassung der Einholung einer Auskunft im Sinne dieser Bestimmung habe jedenfalls zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zu führen, übersieht die belangte Behörde, dass nur eine solche Rechtswidrigkeit zur Nichtigerklärung im Sinne des § 14 Abs. 1 Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz führen kann, die für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichen Einfluss war. Eine Zuschlagsentscheidung kann daher nur wegen einer solchen Rechtswidrigkeit für nichtig erklärt werden, die zu einem Verfahrensergebnis geführt hat, das wesentlich anders wäre, wäre die Rechtswidrigkeit unterblieben. Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein. Der bloße Umstand, dass die Einholung der gebotenen Auskunft unterlassen wurde, besagt nämlich für sich noch nichts über die gemäß § 55 BVergG 2002 erforderliche Zuverlässigkeit des Bieters. Erst wenn feststeht, dass diese Auskunft Umstände zu Tage gebracht hätte, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit des Bieters in Frage zu stellen, könnte die Unterlassung der Einholung der Auskunft von Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens sein. Entsprechende Feststellungen sind dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht zu entnehmen.
Indem sie dies verkannte, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Februar 2006
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004040127.X00Im RIS seit
27.03.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008