Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Helga M*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die Antragsgegner 1.) Heinrich F*****, vertreten durch Dr.Stefan Gloß und Dr.Hans Pucher, Rechtanwälte in St.Pölten, 2) Christine F*****, vertreten durch Franz Kuba, Mieterschutzverband Österreichs, 2700 Wiener Neustadt, Eyerspergring und 3.) Johann Z*****, wegen § 37 Abs 1 Z 10 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 23. Dezember 1992, GZ R 900/92-21, womit der Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 16.November 1992, GZ 3 Msch 5/91-13, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin begehrt - nach vorangegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - die Erhöhung der Hauptmietzinse nach den §§ 18 ff MRG.
Im Zuge dieses Verfahrens faßte das Erstgericht zunächst den Beschluß auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über zwischen den Parteien strittige Tatsachenbehauptungen (z.B. über die Notwendigkeit und Preisangemessenheit der beantragten Erhaltungsarbeiten) und bestellte einen Sachverständigen (ON 8).
Über Anregung des Sachverständigen trug das Erstgericht der Antragstellerin die Erstattung ergänzenden Vorbringens sowie die Vorlage bestimmter Belege binnen 4 Wochen auf (ON 10). Die Antragstellerin kam diesen Aufträgen trotz zweimaliger Fristverlängerung nicht nach.
Das Erstgericht enthob daraufhin den Sachverständigen, forderte die Parteien zur Vorlage der Kostenverzeichnisse binnen 14 Tagen auf, erklärte die Verhandlung für geschlossen und behielt die Fassung des Sachbeschlusses der schriftlichen Ausfertigung vor (ON 13).
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin als unzulässig zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Antragstellerin das Rechtsschutzinteresse an der Bekämpfung dieses Beschlusses des Erstgerichtes fehle. In ihre Rechte könnte erst durch den vorbehaltenen Sachbeschluß eingegriffen werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, welche Möglichkeiten einem Gericht in einem amtswegigen Verfahren, welches es ohne Mithilfe der Antragstellerin nicht zu Ende führen könne und in welchem diese die Mitwirkung in angemessener Zeit verweigere, zur Verfügung stünden, eine bisher nicht abschließend gelöste erhebliche Rechtsfrage darstelle.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Berücksichtigung der mit dem Rekurs vorgelegten Urkunden und Informationen aufzutragen. Hilfsweise stellte die Antragstellerin den Antrag, die Rechtssache an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Im Verfahren über die in § 37 Abs 1 MRG genannten Angelegenheiten gelten die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen mit der in § 37 Abs 3 Z 12 MRG geregelten Besonderheit, daß für Beweise die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung gelten. Damit wird auf die Bestimmungen der §§ 266 ff ZPO verwiesen, also auch auf den bei Beurteilung dieser Rechtssache maßgebenden § 277 Abs 4 ZPO, wonach gegen Beweisbeschlüsse ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist.
Als Beweisbeschluß gilt nicht nur derjenige Beschluß, mit dem die Beweisaufnahme angeordnet wird, sondern auch ein solcher Beschluß, mit dem von dem einmal gefaßten Beweisbeschluß abgegangen oder mit dem er widerrufen wird (Fasching, Komm III 302 unter Hinweis auf JBl 1952, 115).
Da der von der Antragstellerin angefochtene Beschluß des Erstgerichtes ein solcher ist, mit dem dieses von der früher angeordneten Beweisaufnahme Abstand nahm, wurde das von der Antragstellerin dagegen erhobene Rechtsmittel vom Rekursgericht zutreffend als unzulässig zurückgewiesen.
Dazu paßt auch die für verfahrensrechtliche Beschlüsse
uneingeschränkt auf den Dritten Abschnitt des Vierten Teiles der
Zivilprozeßordnung (mit Ausnahme der Bestimmungen über die
Unterfertigung eines schriftlichen Rekurses durch einen Rechtsanwalt)
verweisende Bestimmung des § 37 Abs 3 Z 16 MRG. Damit wird auch auf §
515 ZPO verwiesen, wonach in den Fällen, in welchen nach den
Bestimmungen dieses Gesetzes (hier: des im besonderen Verfahren nach
§ 37 Abs 3 MRG ebenfalls anzuwendenden § 277 Abs 4 ZPO) gegen einen
Beschluß ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, die Parteien
ihre Beschwerden gegen diesen Beschluß erst mit dem gegen die
nächstfolgende anfechtbare Entscheidung (hier: den angekündigten
Sachbeschluß) eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen können.
Der Ausspruch, den Sachbeschluß der schriftlichen Ausfertigung vorzubehalten, also die Ankündigung einer künftigen Entscheidung, ist nichts anderes als die Folge des abgesondert unanfechtbaren Abgehens vom seinerzeitigen Beweisbeschluß, aber keine auf die Erzeugung von Rechtswirkungen gerichtete prozessuale Willenserklärung des Gerichtes und folglich unanfechtbar (s Fasching, Lehrbuch2, Rz 1962).
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E34218European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00025.93.0427.000Dokumentnummer
JJT_19930427_OGH0002_0050OB00025_9300000_000