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L00206 Auskunftspflicht Informationsweiterverwendung Steiermark;Norm
AuskunftspflichtG Stmk 1990 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Albrechtgasse 3, gegen den Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Februar 2003, Zl. LAD - 09.10 - 258/98 - 26, betreffend Auskunft nach dem Stmk. Auskunftspflichtgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Regierungsoberbaurat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land S. Seine Dienststelle ist die Landesbaudirektion, in der er seit seinem Dienstbeginn im Jahr 1978 als technischer Sachverständiger verwendet wird.
Mit Eingabe vom 3. Juli 2002 richtete er folgendes
Auskunftsbegehren an den Landeshauptmann von S:
"Sehr geehrte Frau Landeshauptmann K!
In Schriftstücken vom 3.2.1997 (gerichtet an die Fachabteilung V und die Wirtschaftskammer S) hat der damalige Landesrat Architekt Dipl.-Ing. S. erwähnt, dass Sie, sehr geehrte Frau Landeshauptmann, mich betreffend eine Überprüfung bzw. Untersuchung angeordnet hätten. Jedoch habe ich bis heute von Überprüfungs- und/oder Untersuchungsvorgängen nichts erfahren. Mehrere Versuche, diesbezüglich Klarheit zu erlangen, blieben erfolglos.
Ich begehre daher nunmehr formell eine schriftliche Auskunft nach dem Steiermärkischen Auskunftspflichtgesetz über folgende Tatsachen:
1.) Haben Sie, sehr geehrte Frau Landeshauptmann, eine mich betreffende Untersuchung und/oder Überprüfung im Zeitraum 1996 - 1997 angeordnet?
2.) Wenn ja, welches Ergebnis hat diese erbracht? Ihr ergebener
..."
(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) Hiezu antwortete ihm der Landesamtsdirektor am 31. Juli 2002
wie folgt:
"... Was die Anordnung einer Ihre Person betreffenden Untersuchung im Jahr 1996-1997 und deren Ergebnis betrifft, verweise ich darauf, dass Sie als Dienstnehmer des Landes S nach den dienstrechtlichen Vorschriften einen Rechtsanspruch darauf haben, Einsichtnahme in Ihren Personalakt zu nehmen und auf diese Weise alle dienstrechtlich relevanten Informationen über Maßnahmen, die Sie betreffen, erkunden können. Die begehrte Auskunft unterliegt daher nicht dem Steiermärkischen Auskunftspflichtgesetz."
Am 2. Oktober 2002 stellte der - mittlerweile anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides über die Verweigerung der Auskunft bezüglich der genannten Anordnung einer Untersuchung bzw. Überprüfung.
Begründend führte er (zusammengefasst) aus, er könne nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Frist von acht Wochen davon ausgehen, dass die Auskunft nicht erteilt oder verweigert werde. Er habe bereits in seinem Auskunftsbegehren ausgeführt, dass mehrere Versuche, Klarheit zu erlangen, erfolglos geblieben seien. Dazu hätten auch wiederholte Akteneinsichten "in den Personalakt bei der RA1" gezählt. Aus dem Personalakt sei eine Überprüfung bzw. Untersuchung nicht ersichtlich, sondern nur deren Erwähnung durch Landesrat S. Eine "Nichthandlung wie eine Nichtuntersuchung" könne im Personalakt auch nicht enthalten sein. Dagegen könnte eine stattgefunden Anordnung oder Untersuchung aus dem Personalakt nicht hervorgehen. Die Erteilung der Auskunft sei also zur Klarstellung notwendig. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft nach § 6 Abs. 2 lit. b Stmk. Auskunftspflichtgesetz entfalle hier somit, weil die begehrte Information auf anderem Weg nicht unmittelbar zu erhalten gewesen sei. Ihre Erteilung wäre überdies mit weit geringerem Aufwand verbunden gewesen als die bisherige Verweigerung.
Mit dem angefochtenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde die verlangte Auskunft gemäß § 6 Abs. 2 lit. b Stmk. Auskunftspflichtgesetz, LGBl. Nr. 73/1990.
Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage aus, der Beschwerdeführer sei Landesbeamter des Dienststandes. Als solcher habe er nach den dienstrechtlichen Vorschriften einen Rechtsanspruch darauf, Einsicht in den ihn betreffenden Personalakt und in alle jene Akten zu nehmen, deren Inhalt seine Person betreffe und seine rechtlichen Interesse berühre. Darüber hinaus habe er die Möglichkeit, von seinem Dienstvorgesetzten und vom Landesamtsdirektor Informationen über ihn betreffende Angelegenheiten auch mündlich zu erlangen. Das Bestehen dieser Möglichkeiten habe der Beschwerdeführer in seinem Anbringen vom 2. Oktober 2002 selbst dargetan.
Somit habe der Beschwerdeführer selbst unter Beweis gestellt, dass nicht die Rede davon sein könne, dass er nicht in der Lage wäre, die von ihm gewünschte Information auf anderem Weg als durch ein Auskunftsbegehren nach dem Stmk. Auskunftspflichtgesetz unmittelbar zu erhalten. Daher sei die Vorraussetzung für eine Verweigerung der Auskunft i.S.d. § 6 Abs. 2 lit. b leg. cit. gegeben, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens (unvollständig) vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage:
Das Stmk. Auskunftspflichtgesetz, LGBl. Nr. 73/1990, § 3 Abs. 1 idF der Novelle LGBl. Nr. 63/1999, im Übrigen in der Stammfassung, lautet auszugsweise:
"§ 1
Recht auf Auskunft
(1) Jedermann hat das Recht, von den Organen des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der durch Landesgesetz zu regelnden Selbstverwaltungskörper Auskünfte zu verlangen.
(2) Diese Organe sind verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nicht entgegensteht.
(3) Insoweit Auskünfte auf Grund anderer Rechtsvorschriften verlangt werden können, gilt dieses Gesetz nicht.
§ 2
Inhalt und Umfang der Auskunft
(1) Auskünfte im Sinne dieses Gesetzes sind Mitteilungen über Tatsachen oder Inhalte von Rechtsvorschriften.
(2) Auskünfte sind nur insoweit zu erteilen, als durch die Erteilung der Auskunft die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
§ 3
Auskunftsbegehren
(1) Ein Auskunftsbegehren kann schriftlich, mündlich oder telefonisch gestellt werden.
...
§ 4
Form der Auskunft, Aufwand für die Auskunft
(1) Die Auskunft kann erteilt werden
-
mündlich,
-
durch Einsichtgewährung (in Akten, auf einen Bildschirm und dergleichen),
-
schriftlich,
-
in jeder anderen technisch möglichen Form.
(2) Die Auskunft ist in jener Form zu erteilen, die im Einzelfall tunlich ist.
(3) Wird in einem schriftlich eingebrachten Auskunftsbegehren glaubhaft gemacht, dass der Auskunftswerber ein berechtigtes Interesse daran hat, den genauen Inhalt der Auskunft dokumentieren zu können, so ist die Auskunft schriftlich zu erteilen. Widrigenfalls gilt sie als nicht erteilt.
(4) Der Verwaltungsaufwand für die Erteilung einer Auskunft ist möglichst gering zu halten. Daher darf die Herstellung von Kopien von der Bezahlung von Selbstkosten abhängig gemacht werden.
§ 5
Frist für die Auskunftserteilung
Auskünfte sind möglichst rasch, spätestens aber binnen 8 Wochen nach Einlangen eines fehlerfreien Auskunftsbegehrens zu erteilen. Kann die Auskunft innerhalb dieser Frist nicht erteilt werden, so ist dies dem Auskunftswerber unter Angabe des Grundes mitzuteilen.
§ 6
Nichterteilung der Auskunft
(1) Auskünfte sind nicht zu erteilen, wenn sie mutwillig verlangt werden.
(2) Die Auskunft darf verweigert werden,
a) wenn die für die Erteilung der Auskunft erforderlichen Informationen nur nach umfangreichen Erhebungen, Berechnungen oder Ausarbeitungen beschafft werden können;
b) wenn der Auskunftswerber die gewünschte Information auf anderem Wege unmittelbar erhalten kann.
...
§ 7
Bescheid über die Auskunftsverweigerung
(1) Wird eine Auskunft nicht erteilt, so kann der Auskunftswerber schriftlich verlangen, dass über die Verweigerung der Auskunft ein Bescheid erlassen wird. Der Antrag muss das Auskunftsbegehren wiederholen und die Dienststelle bezeichnen, die die Auskunft verweigert hat. Dem Antrag kann auch eine Fotokopie oder Abschrift des ursprünglichen schriftlichen Auskunftsersuchens angeschlossen werden.
...
(4) Zur Erlassung des Bescheides über die Verweigerung der Auskunft ist zuständig:
a) in Sachen, die vom Amt der Landesregierung als Geschäftsapparat oder Behörde besorgt werden, das Amt der Landesregierung als Behörde.
...
(5) Gegen einen gemäß Abs. 1 erlassenen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Im Übrigen gilt als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, sofern nicht in der Sache, in der Auskunft begehrt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.
..."
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Auskunft nach dem Stmk. Auskunftspflichtgesetz verletzt. Nach § 4 Abs. 3 leg. cit. bestehe ein Anspruch auf schriftliche Auskunft, wenn ein berechtigtes Interesse zu bejahen sei, den genauen Inhalt der Auskunft dokumentieren zu können. Aus dem Personalakt gehe einerseits die schriftliche Weisung von Herrn Landesrat S. hervor, bis zum Abschluss der vom Landeshauptmann eingeleiteten Untersuchung/Überprüfung den Beschwerdeführer vom Außendienst zu suspendieren, andererseits ergebe sich jedoch kein Hinweis auf eine vom Landshauptmann eingeleitete Untersuchung/Überprüfung. Hieraus folge das rechtliche Interesse. Die Begründung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdeführer könnte auf anderem Weg Auskunft erlangen, sei (aus den bereits dargestellten Gründen) unrichtig.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu:
Die Möglichkeit der Akteneinsicht oder einer Auskunft durch Dienstvorgesetzte, etwa den Landesamtsdirektor, deckt die gewünschte Information, deren grundsätzliche Subsumierbarkeit unter die weite Anordnung des § 1 Abs. 1 Stmk. Auskunftspflichtgesetz auch die belangte Behörde zu Recht nicht in Zweifel zieht, aus den im Folgenden darzustellenden Erwägungen im vorliegenden Fall nicht ab. Daher erweist sich auch eine Verweigerung der Auskunft unter Berufung auf § 6 Abs. 2 lit. b leg. cit., der ein solches Vorgehen lediglich dann gestattet, wenn der Auskunftswerber "die gewünschte Information auf anderem Wege unmittelbar erhalten kann", als gesetzwidrig.
Die Anordnung einer den Beschwerdeführer betreffenden Untersuchung und/oder Überprüfung (im Zeitraum 1996 - 1997) durch den Landeshauptmann wäre nämlich auch mündlich nicht ausgeschlossen (oder gar im Fall ihres Ergehens unwirksam) und müsste dritten Personen dann nicht einmal notwendigerweise bekannt sein. Ebenso können Unvollständigkeiten in (Personal)Akten nie mit Sicherheit ausgeschlossen werden, sodass sich die beantragte Auskunft bei der im vorliegenden Fall gegebenen Sachlage als für eine verlässliche Information des Beschwerdeführers unentbehrlich erweist. Aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten kann jedenfalls das Beschwerdevorbringen, die Anordnung der genannten Untersuchung und/oder Überprüfung im Zeitraum 1996 - 1997 durch den Landeshauptmann von S (oder ihr Unterbleiben) sei aus dem Personalakt nicht klar hervorgekommen, nicht widerlegt werden. Ist aber nicht einmal aus dem (erweislichen) Akteninhalt eine entsprechende Information zu gewinnen, besteht ein rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung gemäß § 1 des Stmk. Auskunftspflichtgesetzes.
Der Argumentation der belangten Behörde mit der Möglichkeit des Beschwerdeführers zur Akteneinsicht "in alle" (sonstigen) "Akten, die seine Person betreffen", ist (überdies) Folgendes zu entgegnen:
Gemäß § 17 Abs. 1 AVG (hier in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG) hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten. Diese Bestimmung räumt das Recht zur Akteneinsicht nur den Parteien ein, die an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligt sind; ohne ein solches Verfahren kann daher niemandem ein derartiges Recht zustehen. Daraus folgt allerdings weiters, dass sich jeder Antrag auf Akteneinsicht auf eines oder mehrere konkrete Verwaltungsverfahren zu beziehen hat. Ein allgemeines oder unbestimmtes Begehren auf Akteneinsicht (etwa im Umfang sämtlicher den Beschwerdeführer betreffender Geschäftstücke der Dienstbehörde, von angelegten Handakten, Notizen oder eines seine Person betreffenden E-Mail-Verkehrs - wie dies im Ergebnis in der Begründung des angefochtenen Bescheides nahe gelegt wird) wäre demnach nicht erfolgversprechend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2004, Zl. 2003/12/0173, m.w.N.).
Die belangte Behörde hat durch den angefochtenen Bescheid somit das Recht des Beschwerdeführers auf Auskunft nach § 1 Abs. 1 Stmk. Auskunftspflichtgesetz verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher, ohne dass auf die Form der konkret gebotenen Auskunftserteilung eingegangen werden musste, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 24. Februar 2006
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003120052.X00Im RIS seit
30.03.2006Zuletzt aktualisiert am
16.02.2010