Index
L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Senatspräsidenten Dr. Novak und Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Mag. MA in B, vertreten durch Mag. Roja Claudia Missaghi, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Erzherzog Rainer-Ring 23, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. Mai 2002, Zl. GS5-F-36.787/29-02, betreffend Einstellung der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2000 stellte die Bezirkshauptmannschaft Baden die der Beschwerdeführerin gewährte Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - in der Höhe von S 9.292,00 (EUR 675,28) mit 1. September 1997 ein. Die Voraussetzungen zur Gewährung der Sozialhilfe seien weggefallen. Die Sozialhilfeleistung sei bis zur Klärung der Einkommens- und Vermögenssituation im Zuge anhängiger zivil- und strafgerichtlicher Verfahren ausgesetzt worden. Im Verfahren zur Zl. 41 Vr 242/00 41 Hv 7/00 sei hervorgekommen, dass die gesamte Höhe der gewährten Sozialhilfeleistungen in Zuwendungen durch unterstützende Verwandte Deckung fände. Trotz mehrmaliger Aufforderung seien diese Zuwendungen nicht bekannt gegeben worden. Nach den im Strafakt enthaltenen Bankmitteilungen habe die Beschwerdeführerin laufend erhebliche Geldbeträge durch eine KR Ltd erhalten. Diese Geldleistungen hätten von Frau LR gestammt, der Eigentümerin des englischen Standortes der KR Ltd und seien offenbar aus Dankbarkeit für eine frühere finanzielle Unterstützung durch den Ehegatten der Beschwerdeführerin (der Geschäftsführer einer KR Ges mbH in Österreich war, bis er aus gesundheitlichen Gründen diese Funktion aufgeben musste) erfolgt. Diese Zuwendungen hätten monatlich etwa 800 bis 1.000 britische Pfund betragen. Aus dem Strafakt ergäben sich überdies Mieteinkünfte in der Höhe von S 3.500,-- (EUR 254,35) pro Monat sowie vereinzelte Honorare aus der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Dolmetscherin.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Mit Urteil vom 23. Oktober 2001, GZ 41 Vr 242/00-72, des Landesgerichts Wiener Neustadt wurde die Beschwerdeführerin des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, § 148, 1. Fall StGB für schuldig erkannt und hiefür nach § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt, weil sie vom 10. August 1992 bis 1. August 1997 in Baden gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich und Dritte unrechtmäßig zu bereichern, dadurch, dass sie Verfügungsberechtigten der Bezirkshauptmannschaft Baden wesentliche Einkommensteile, nämlich Geldzuwendungen in der Gesamthöhe von S 555.058,-- (nach dem Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 13. August 2002, 11 Os 52/02-7 - unter Berücksichtigung der vom Erstgericht festgestellten Zahlungen, die auf dem Konto eines nahen Angehörigen eingegangen waren, aber ebenfalls für die Beschwerdeführerin bestimmt waren, richtig: S 814.291,--) verschwieg, jemand durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von Geldbeträgen aus der Sozialhilfe in Gesamthöhe von S 657.942,-- verleitet habe, wodurch das Land Niederösterreich mit diesem Betrag am Vermögen geschädigt wurde. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 13. August 2002 zurückgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, dass gemäß § 78 Abs. 2 NÖ Sozialhilfegesetz 2000, LGBl. 9200-2, über Rechtsansprüche auf Leistung der Sozialhilfe, die bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes zustünden, auf Grund des (alten) NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. 9200, abzusprechen sei. Damit sei das NÖ Sozialhilfegesetz "1974" (NÖ SHG) und die dazu ergangenen maßgeblichen Verordnungen in jeweils jener Fassung, wie sie im Zeitpunkt der Einstellung der Sozialhilfe (im September 1997) gegolten hätten, anzuwenden.
Zum Zeitpunkt der Einstellung der Sozialhilfe sei das NÖ Sozialhilfegesetz "1974" (NÖ SHG) in der Fassung LGBl. 9200-13 in Kraft gestanden.
Die "Verordnung über Sozialhilfen" sei in der Fassung LGBl. 9200/1-25, die "Verordnung über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Gewährung von Sozialhilfen" in der Fassung LGBl. 9200/2-2 heranzuziehen.
Nach Darstellung des wesentlichen Inhalts der maßgeblichen Bestimmungen (§§ 8, 9 und 12 NÖ SHG sowie der §§ 30, 31 und 37 NÖ SHG) kommt die belangte Behörde mit näherer Begründung zum Schluss, dass die seit 1996 bis August 1997 bezahlte monatliche Unterstützung in Höhe von S 9.292,-- (EUR 675,28) insbesondere im Hinblick auf den Wegfall des Sohnes Florian als für die Sozialhilfebemessung maßgebliches Familienmitglied und die bei der Bemessung der Sozialhilfe anzurechnende Studienbeihilfe für den Sohn Matthias zu hoch gewesen sei. Der Sohn Matthias sei "eigentlich schon seit Beginn des Studienjahres 1995/96" nicht mehr zu berücksichtigen gewesen; er habe jedenfalls Studienbeihilfe im Jahr 1997/98 bezogen.
Kurz vor der Einstellung der Sozialhilfe hätte die Beschwerdeführerin jedenfalls eine freiwillige Zuwendung in der Höhe von EUR 13.856,73 erhalten. Dieser Betrag erreiche ein Ausmaß, welches die Nichtgewährung von Sozialhilfe nach sich ziehe. Mit diesem Betrag sei der Lebensunterhalt auch für eine große Familie zumindest für mehrere Monate gesichert. Es werde auch darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin schon vor Einstellung der Sozialhilfe laufend berücksichtigungswürdige Zuwendungen in der Höhe von etwa 800 bis 1.000 britischen Pfund pro Monat erhalten habe.
Zu dem Vorbringen, diese zusätzlichen Zuwendungen seien zweckgebunden gewesen und hätten dem Erhalt des Hauses sowie der Schuldenrückzahlung gedient, wird festgehalten, dass § 1 Abs. 1 lit. c der Verordnung über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Gewährung von Sozialhilfen, LGBl. 9200/2-2, ausschließlich darauf abstelle, ob die freiwilligen Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege oder Dritter ein Ausmaß erreichen, dass Hilfe nach dem NÖ SHG nicht zu gewähren wäre. Aus welcher Quelle das Vermögen stamme bzw. zu welchem Zweck dieses Vermögen erworben werde, sei nach ständiger Rechtsprechung weder bei der Gewährung der Sozialhilfe noch bei der Prüfung der Kostenersatzverpflichtung des Hilfeempfängers maßgeblich. Im Übrigen werde darauf aufmerksam gemacht, dass die Beschwerdeführerin in der gerichtlichen Vernehmung am 22. Februar 2000 auch angegeben habe, Lebenshaltungskosten aus den privaten Zuwendungen bestritten zu haben. Das Sozialhilferecht sehe für Schulden- und Wohnprobleme eigene Bestimmungen vor, die umgangen würden, wollte man die Möglichkeit der Heranziehung von liquiden Mitteln zur Schuldenabdeckung bzw. zum Erhalt des Wohnraumes an Stelle der Deckung des grundlegenden Lebensbedarfes annehmen.
Überdies sei auf das gerade nach § 31 NÖ SHG gewährte Sozialhilfedarlehen hinzuweisen, welches von der Beschwerdeführerin aber nicht angenommen worden sei. Die Beschwerdeführerin hätte dieses Darlehen nach ihren Angaben nicht in Anspruch genommen, weil eine grundbücherliche Besicherung der Rückzahlungsverpflichtung durch die bereits bestehenden hohen Hypotheken nicht vertretbar gewesen wäre. Ein letztrangiges Pfandrecht auf einer durch vorrangige Hypotheken bereits hochbelasteten Liegenschaft stelle allerdings weniger ein Problem des Pfandschuldners, sondern vielmehr ein Risiko des Pfandgläubigers, des Landes Niederösterreich, dar. Jedenfalls sei der Vorwurf, die Sozialabteilung habe sich nicht um die Wohnungsprobleme der Beschwerdeführerin gekümmert, durch das Angebot der Darlehensgewährung widerlegt.
Die belangte Behörde ging insbesondere davon aus, im September 1997 sei eine weitere private Zuwendung in der Höhe von EUR 581,16 erfolgt, und unter Berücksichtigung dieser Überweisung aus Großbritannien ergebe sich zusammen mit der von der Beschwerdeführerin bezogenen monatlichen Notstandshilfe ein anzurechnendes Einkommen von EUR 1.254,62. Bei einer für September 1997 zustehenden Sozialhilfe unter Berücksichtigung von einem Haushaltsangehörigen ohne Anspruch auf Familienbeihilfe und fünf Haushaltsangehörigen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in der Höhe von EUR 1.146,85 stehe ihr auf Grund des anzurechnenden Einkommens von EUR 1.254,62 daher keine Sozialhilfe zu.
Im Übrigen erörtert die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die bereits genannte private Zuwendung von EUR 13.856,73 im Juni 1997 und geht diesbezüglich davon aus, dass diese den Lebensbedarf der Familie auf längere Sicht abdecken hätte können.
Gegenüber jenem Sachverhalt, der der Berufungsentscheidung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. Oktober 1992, mit welchem über die Berufung betreffend die Gewährung der Sozialhilfe an die Beschwerdeführerin entschieden worden war, habe sich der Sachverhalt insofern wesentlich verändert, als zwei der damals unterhaltsberechtigten Angehörigen im September 1997 nicht mehr zu berücksichtigen gewesen seien. Dessen ungeachtet habe "die Berufungsbehörde bei obiger Berechnung ausschließlich die Richtsätze nach dem NÖ SHG ohne weitere Einschränkung" herangezogen. Überdies müsste in Anwendung des § 37 NÖ SHG, der auf Grund des festgestellten Sachverhaltes gerechtfertigt wäre, zusätzlich der für die Beschwerdeführerin als Hilfesuchende angewendete Richtsatz eines Haushaltsvorstandes außer Ansatz bleiben. Damit ergebe sich eine noch deutlichere Differenz.
Das Einkommen der Beschwerdeführerin habe im September 1997 den Unterhaltsbedarf der unterhaltsberechtigten Angehörigen bei weitem überstiegen; der Bedarf der unterhaltsberechtigten Angehörigen sei nahezu schon mit der Notstandshilfe allein abgedeckt. Dabei seien die "Mieteinkünfte", weitere Zuwendungen anderer Bekannter und Verwandter, Einkünfte aus Dolmetschertätigkeit, Eigentumsverhältnisse an den Pferden und dem landwirtschaftlichen Betrieb gänzlich außer Betracht gelassen worden (im Verfahren erster Instanz und auch im Berufungsverfahren wurde eingehend über das Eigentum an Pferden bzw. über künftige Ansprüche hinsichtlich von Pferden der beiden Söhne der Beschwerdeführerin und über die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes Beweis erhoben bzw. von der Beschwerdeführerin Stellung genommen).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in dem gemäß § 9 NÖ SHG zustehenden subjektiven Recht auf Zuerkennung von Sozialhilfe, insbesondere Hilfe zum Lebensunterhalt, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, bei welchen sich auch umfangreiche Kopien aus Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin bzw. ihren Ehegatten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148 erster Fall StGB befinden, und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 78 Abs. 2 Niederösterreichisches Sozialhilfegesetz 2000, LGBl. 9200-0, die Regelungen des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes (1974), LGBl. 9200, anzuwenden.
Die §§ 8 und 9 bis 11 in der Fassung LGBl. 9200-5 und die §§ 30, 31 und 37 in der Fassung LGBl. 9200-10 lauteten:
"§ 8
Dauer der Sozialhilfe
(1) Sozialhilfe ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, einzustellen, sobald die Voraussetzungen für ihre Gewährung weggefallen sind.
(2) Einem Hilfeempfänger ist aber nur solange Sozialhilfe zu gewähren, als er seinen ordentlichen Wohnsitz in Niederösterreich hat oder mangels eines solchen sich in Niederösterreich aufhält, es sei denn, dass die Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes oder die Änderung des Aufenthaltes durch die Gewährung der Sozialhilfe bedingt ist.
...
Abschnitt II
Hilfe zum Lebensunterhalt
§ 9
Lebensunterhalt
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist dem zu gewähren, der den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend selbst beschaffen kann und nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
(2) Der notwendige Lebensunterhalt umfasst den Aufwand für die notwendigen Bedürfnisse des täglichen Lebens, insbesondere Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Unterkunft, Beheizung, Beleuchtung, Kleinhausrat sowie persönliche Bedürfnisse zur angemessenen Bildung und Pflege der Beziehungen zur Umwelt.
...
§ 10
Einsatz der eigenen Kräfte
(1) Bevor Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt wird, hat der Hilfesuchende seine Arbeitskraft einzusetzen.
(2) Der Einsatz der Arbeitskraft darf nicht verlangt werden, wenn dies dem Hilfesuchenden nicht zumutbar ist; hiebei ist auf sein Lebensalter, seine physischen und geistigen Kräfte und familiären Verhältnisse Bedacht zu nehmen. Eine Arbeit ist insbesondere nicht allein deshalb unzumutbar, weil
1. sie nicht einer früheren beruflichen Tätigkeit des Hilfesuchenden entspricht,
2. sie im Hinblick auf die Ausbildung des Hilfesuchenden als geringwertig anzusehen ist,
3. der Beschäftigungsort vom Wohnort des Hilfesuchenden weiter entfernt ist als ein früherer Beschäftigungs- oder Ausbildungsort,
4. die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei der bisherigen Beschäftigung des Hilfesuchenden.
§ 11
Einsatz der eigenen Mittel
(1) Bevor Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt wird, hat der Hilfesuchende sein Einkommen und sein verwertbares Vermögen einzusetzen.
(2) Kleinere Einkommen und Vermögen, insbesondere solche, die wegen des besonderen Zustandes ihres Empfängers gewährt werden oder die der Berufsausbildung bzw. Erwerbsausübung dienen, sind jedenfalls nicht zu berücksichtigen.
(3) Als nicht verwertbares Vermögen sind ferner Vermögen und Vermögensteile anzusehen, deren Verwertung mit der Aufgabe der Sozialhilfe (§ 1) unvereinbar wäre oder eine besondere Härte für den Hilfesuchenden oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen bedeuten würde.
(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften darüber zu erlassen, inwieweit das Einkommen und Vermögen nicht zu berücksichtigen sind. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass eine angemessene Alterssicherung nicht wesentlich erschwert wird.
...
§ 30
Hilfe zur Schaffung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage
(1) Die Hilfe zur Schaffung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage umfasst Maßnahmen, die darauf abzielen, Personen, die keine geeignete wirtschaftliche Lebensgrundlage haben, eine solche zu schaffen oder eine solche abzusichern. Hiebei ist auf die Fähigkeit und Leistungen des Hilfesuchenden sowie auf die Arbeitsmarktlage Bedacht zu nehmen.
(2) Geldleistungen können als Beihilfen oder Darlehen gewährt werden.
§ 31
Hilfe für Familien
Die Hilfe für Familien umfasst Maßnahmen, die der Weiterführung des Haushaltes, der Erhaltung eines geordneten Familienlebens, der sozialen Eingliederung von Familien und der Eingliederung elternloser Kinder in Familien oder familienähnliche Gemeinschaften dienen.
...
§ 37
Einschränkung der Sozialhilfe
Die Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Abschnittes II ist auf das unerlässliche Mindestmaß einzuschränken, wenn ein Hilfesuchender seine Notlage vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat oder trotz Belehrung und Ermahnung mit den eigenen oder ihm zur Verfügung gestellten Mitteln nicht sparsam umgeht. Der Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Angehöriger darf jedoch hiedurch nicht beeinträchtigt werden.
Gemäß § 8 Abs. 1 NÖ SHG in der hier anwendbaren Fassung war die Sozialhilfe einzustellen, sobald die Voraussetzungen für ihre Gewährung weggefallen waren.
§ 1 der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung
über Sozialhilfen, LGBl. 9200/1-25, lautete:
"Abschnitt I
Hilfe zum Lebensunterhalt
§ 1
Richtsätze
(1) Die monatlichen Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes betragen unbeschadet der in den §§ 2 bis 4 genannten Leistungen:
a)
für Alleinstehende S 5.861,--
b)
für Haushaltsvorstände S 5.148,--
c)
für Haushaltsangehörige mit Anspruch auf Familienbeihilfe
S 1.591,--
d) für Haushaltsangehörige ohne Anspruch auf Familienbeihilfe
S 2.678,--
(2) Die Gesamtunterstützung nach Abs. 1 einschließlich der Mietbeihilfe gemäß § 3 darf in der Regel nicht höher sein als die nach § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/55 in der Fassung BGBl. Nr. 680/94, für das Jahr 1995 festgelegten Mindestleistungen der Pensionsversicherung."
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Einstellung der Sozialhilfe gemäß § 8 Abs. 1 NÖ SHG (1974) in der hier anwendbaren Fassung mit Wirkung ab dem 1. September 1997 bestätigt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu Regelungen in Sozialhilfegesetzen, die der hier maßgeblichen Rechtslage nach dem NÖ SHG (1974) entsprachen und auch zu dem insoweit inhaltlich der früheren Rechtslage entsprechenden NÖ SHG 2000 ausgesprochen hat, hängt die Rechtmäßigkeit der Einstellung von Sozialhilfeleistungen davon ab, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich der zu berücksichtigenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse so geändert haben, dass es dem Sozialhilfeempfänger möglich ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0261, und vom 26. November 1993, Zl. 2001/11/0071).
Eine "rückwirkende" Einstellung bereits erbrachter Sozialhilfeleistungen ist nach dieser Rechtsprechung zwar unzulässig; die Bestätigung eines erstinstanzlichen Einstellungsbescheids ist aber im Falle einer nicht mehr ausbezahlten Dauerleistung grundsätzlich zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0261, und vom 28. Februar 2001, Zl. 98/03/0216).
Der Verwaltungsgerichtshof hat als Voraussetzung für eine solche Einstellung angenommen, dass der Hilfeempfänger ab dem Zeitpunkt der Einstellung der Sozialhilfe in der Lage war, den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen aus dem Einkommen und einem allfälligen verwertbaren Vermögen im Sinne des § 11 Abs. 1 NÖ SHG (1974) zu bestreiten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0261, und vom 18. Oktober 2000, Zl. 95/08/0181).
Im Beschwerdefall ist somit maßgeblich, ob die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin hätte auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden Geldmittel ab September 1997 für sich und ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen den Lebensunterhalt bestreiten können, zutreffend ist.
Die belangte Behörde ist auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhalts, insbesondere der im Juni des Jahres 1997 erfolgten größeren Zahlung an die Beschwerdeführerin, der im September 1997 erfolgten Zahlung in der Höhe von rund EUR 500,-- und des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin Notstandshilfe bezog, davon ausgegangen, dass das Einkommen der Beschwerdeführerin im September 1997 (im Zeitpunkt der Einstellung der Sozialhilfe) höher war als der sich nach den anwendbaren Rechtsvorschriften ergebende Betrag, der als Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 9 NÖ Sozialhilfegesetz in der damals anwendbaren Fassung zu gewähren gewesen wäre.
In der Beschwerde wird ganz allgemein unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, es seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung entgegen § 60 AVG nicht klar und übersichtlich zusammengefasst worden.
Die Beschwerde zeigt damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, im September 1997 sei eine weitere private Zuwendung in der Höhe von EUR 581,16 erfolgt, und unter Berücksichtigung dieser Überweisung aus Großbritannien ergebe sich zusammen mit der von der Beschwerdeführerin bezogenen monatlichen Notstandshilfe bei einer für September 1997 zustehenden Sozialhilfe unter Berücksichtigung von einem Haushaltsangehörigen ohne Anspruch auf Familienbeihilfe und fünf Haushaltsangehörigen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in der Höhe von EUR 1.146,85 auf Grund des anzurechnenden Einkommens von EUR 1.254,62, dass kein Anspruch auf Sozialhilfe bestehe.
Die Beschwerdeführerin hat nicht aufgezeigt, dass diese Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde hinsichtlich der der Beschwerdeführerin im Monat September 1997 zur Verfügung stehenden Mittel unzutreffend gewesen seien.
Im Hinblick auf den durch das in der Sachverhaltsdarstellung genannte Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt festgestellten unrechtmäßigen Bezug der Sozialhilfe zwischen 1992 und August 1997 wäre es an der Beschwerdeführerin gewesen, eine allenfalls tatsächlich eingetretene Notlage unter konkreter Angabe der dafür maßgeblichen Umstände darzulegen.
Soweit die belangte Behörde aus § 1 Abs. 1 lit. c der Verordnung über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei der Gewährung von Sozialhilfen, LGBl. 9200/2-2, den Schluss zog, dass es bei Vorliegen freiwilliger Zuwendungen Dritter lediglich darauf ankomme, dass diese ein Ausmaß erreichen, dass Sozialhilfe nach dem NÖ SHG nicht zu gewähren wäre, so ist dieser Feststellung grundsätzlich nicht entgegenzutreten. Überlegungen zu einer allfälligen Zweckwidmung der der Beschwerdeführerin zugeflossenen Mittel erübrigten sich daher.
Es ist daher im Beschwerdefall auch nicht ausschlaggebend, welche Teile der von der belangten Behörde festgestellten größeren Zuwendung in Höhe von EUR 13.856,73 im September 1997 überhaupt noch zur Verfügung standen und inwieweit die diesbezüglich von der belangten Behörde angestellte Überlegung eines gebotenen Alternativverhaltens hinsichtlich der Verwendung dieser Zahlung (die zumindest zu einem großen Teil für den Erhalt der Wohnmöglichkeit aufgewendet wurde, wiewohl die Beschwerdeführerin ein ihr angebotenes Sozialhilfedarlehen für diesen Zweck ausgeschlagen hatte) zutreffend ist oder nicht.
Es kann insofern dahin gestellt bleiben, ob der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, dass der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt und die für diese Feststellungen maßgeblichen Überlegungen im Rahmen der Beweiswürdigung nicht deutlich zum Ausdruck gebracht werden, auf die in diesem Zusammenhang genannten Feststellungen und Schlussfolgerungen der belangten Behörde zutreffen. Diese Feststellungen betreffen nach dem Vorgesagten lediglich Umstände, die für die rechtliche Beurteilung im Beschwerdefall nicht letztentscheidend sind.
Soweit im angefochtenen Bescheid auch Berechnungen für die Zeit vor August 1997 angestellt werden und die tatsächlich unter dem Titel Hilfe zum Lebensunterhalt ausbezahlte Sozialhilfe jenem Betrag gegenüber gestellt wird, der der Beschwerdeführerin tatsächlich zugestanden wäre (und dabei insbesondere auf Beweisergebnisse hinsichtlich des Einkommens des Sohnes Florian und die Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung eines weiteren Sohnes der Beschwerdeführerin eingegangen wird), sind nach den obigen Ausführungen zur alleinigen Maßgeblichkeit der Einkommens- und Vermögenssituation zum Zeitpunkt der Einstellung der Sozialhilfe auch diese Fragen für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht von Relevanz.
Maßgeblich ist von diesen Feststellung jedoch der Hinweis der belangten Behörde, dass die von ihr genannten Söhne für die Zeit ab September 1997 bei der Bemessung der Sozialhilfe außer Betracht zu bleiben hatten (und sich insofern eine Sachverhaltsänderung gegenüber dem Zeitpunkt der Zuerkennung der Sozialhilfe im Jahre 1992 ergeben hatte).
Damit ergibt sich zusammenfassend, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 27. Februar 2006
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002100181.X00Im RIS seit
04.04.2006