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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Wiesenthal & Co AG in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Spitzy und Dr. Esther Lenzinger, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Weyrgasse 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 12. Dezember 2005, Zl. BOB-516/05, betreffend Antrag auf Verlängerung der Erfüllungsfrist eines baupolizeilichen Auftrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid vom 1. März 2004, AZ ..., hat die Magistratsabteilung 37 (MA 37) der Beschwerdeführerin als Eigentümerin aufgetragen, binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides die "abweichende und entgegen der mit Bescheid vom 8. März 1957 (AZ ...) bewilligte Heizungs- und Lüftungsanlage abzutragen ... und danach den konsensmäßigen Zustand entsprechend der genannten Bewilligung vom 8. März 1957 wieder herstellen zu lassen".
Da die Beschwerdeführerin durch den Abbau der bestehenden Klimaanlage und "Rückbau" auf den Altzustand aus dem Jahr 1957 einen unwiederbringlichen Schaden befürchten musste, stellte sie, um einen solchen abzuwenden, Anträge auf Fristerstreckung, welche mit Bescheiden der MA 37 vom 20. September 2004, 14. März 2005 und 14. Juni 2005 bewilligt wurden.
Ein weiterer Antrag vom 15. September 2005 wurde mit Bescheid vom 23. September 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine bereits drei Mal erstreckte Frist für die Wiederherstellung eines konsensmäßigen Zustandes oder Erwirkung der diesbezüglichen baubehördlichen Bewilligung für die bestehende abgeänderte Anlage mehr als ausreichend sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Das Ansuchen um Fristerstreckung hätte ein Ansuchen auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides dargestellt, weil die Erfüllungsfrist gemäß § 59 Abs. 2 AVG einen Bestandteil des Spruches bildete. Solche Anträge seien gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung im Sinne der Abs. 2 bis 4 des § 68 AVG finde. Auf die Ausübung des Ermessens stünde aber gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Rechtsanspruch zu. Die belangte Behörde habe keinen Anlass gesehen, die Erfüllungsfrist zu verlängern, zumal die Erfüllungsfrist von der Baubehörde erster Instanz bereits drei Mal erstreckt worden sei, nunmehr seit der Erlassung des gegenständlichen Bauauftrages bereits 1 Jahr und 9 Monate zur Verfügung gestanden seien und die betreffende Heizungs- und Lüftungsanlage sowie die Klimaanlage Gegenstand von Anrainerbeschwerden sei.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erlassung einer fehlerfreien Ermessensentscheidung und auf Stattgebung des Antrages auf Fristerstreckung verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der hier verfahrenseinleitende Antrag vom 15. September 2005 bezweckt die Verlängerung jener Erfüllungsfrist, welche im - offenbar rechtskräftigen - Bauauftrag vom 1. März 2004 gesetzt worden war und welche in der Folge drei Mal verlängert wurde.
In der Wiener Bauordnung ist keine Bestimmung vorgesehen, nach der die bescheidmäßige Frist für die Behebung von Baugebrechen verlängert werden kann. Eine etwa gemäß § 129 Abs. 4 BO in einem Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist stellt - wie die Frist gemäß § 59 Abs. 2 AVG - einen Bestandteil des Spruches des baupolizeilichen Auftrages dar und ist von dessen Rechtskraft erfasst. Ein Antrag auf Verlängerung der Erfüllungsfrist kann daher nur als Antrag auf Abänderung des rechtskräftigen baupolizeilichen Auftrages angesehen werden. Einem Ansuchen um Verlängerung der Erfüllungsfrist eines baupolizeilichen Auftrages steht gemäß § 68 Abs. 1 AVG res iudicata entgegen.
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. Gemäß Abs. 7 dieser Gesetzesstelle steht auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts niemandem ein Anspruch zu.
Aus dieser Gesetzeslage ergibt sich, dass der Partei kein Rechtsanspruch auf die Ausübung des behördlichen Aufsichtsrechtes zusteht. Die Ausübung des Aufsichtsrechtes kann zwar angeregt, nicht aber erzwungen werden. Auf die Erstreckung der Erfüllungsfrist eines in Rechtskraft erwachsenen Bauauftrages steht somit niemandem ein Rechtsanspruch zu (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2005/05/0076 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Die Beschwerdeführerin hält dem ihre Rechtsauffassung entgegen, sie habe ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass die Behörde von dem hier eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch mache und ihre Ermessensausübung auch entsprechend begründen müsse. Die Kannbestimmung des § 68 AVG räume der Behörde die Möglichkeit ein, nach freiem Ermessen zu beurteilen, die Entscheidung dürfe jedoch nicht auf Willkür beruhen, sondern habe sich an sachlichen Kriterien im Sinne des Gesetzes zu orientieren. Ein Bescheid, der an einem Ermessensfehler leide, sei vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Soweit die Beschwerdeführerin zu dieser Rechtsauffassung auf Belege aus der Rechtsprechung und der Lehre verweist, ist ihr zu erwidern, dass in keinem der dort beschriebenen Fälle die Ermessensausübung nach § 68 AVG gegenständlich war. Die Beschwerdeführerin verkennt den ausdrücklichen Ausschluss des von ihr geltend gemachten Anspruches durch § 68 Abs. 7 AVG, weil eben nur der Behörde die Befugnis eingeräumt ist, in bestimmten Fällen einen rechtskräftigen Bescheid abzuändern oder zu beheben (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz. 651). Die Frage der gesetzmäßigen Ausübung des Ermessens kann sich in einem solchen Fall erst dann stellen, wenn die Behörde von sich aus einen rechtskräftigen Bescheid abgeändert oder behoben hat und die Partei durch diese Abänderung oder Behebung in ihren Rechten betroffen ist. Eine solche abändernde oder behebende Entscheidung ist hier aber nicht ergangen, sodass weder der Sachverhalt ergänzungsbedürftig ist noch der Beweiswürdigung und der Wahrheitsfindung die behaupteten Mängel anhaften.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Wien, am 27. Februar 2006
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006050024.X00Im RIS seit
27.03.2006