TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/28 2005/06/0112

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Veröffentlicht am 28.02.2006
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Index

L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs4 Z4;
BauO Tir 2001 §26 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §54 litb;
BauRallg;
GdO Tir 2001 §121;
ROG Tir 2001 §41 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der Z-Baugesellschaft mbH in D, vertreten durch Dr. Georg Mandl, Dr. Andreas Mandl und Mag. Karoline Mandl, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Februar 2005, Zl. Ve1-8-5/2-10, betreffend die Nichtigerklärung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem unangefochten gebliebenen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde K vom 28. September 2004 wurde der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zum Abbruch von Gebäuden und Nebengebäuden und anschließend zum Neubau eines "multifunktionalen Fachmärktezentrums unter besonderer Berücksichtigung eines factory outlet centers mit Handels- und Gastronomiebetrieben mit Parkhaus" auf einer Reihe von Grundstücken (darunter auch das Grundstück Nr. 1684) erteilt.

Mit Erledigung vom 10. Dezember 2004 eröffnete die belangte Behörde der Gemeinde sowie der Beschwerdeführerin, durch die zwischenzeitlich erfolgte Einsichtnahme in den Bauakt könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich beim Vorhaben um ein Einkaufszentrum im Sinne des § 8 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (TROG 2001), handle. Im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan sei die gegenständliche Fläche als Gewerbe- und Industriegebiet G1 eingeschränkt auf keine Tankstellen, keine Transportunternehmen und Umladestellen, sowie nur Klein- und Mittelbetriebe mit Handel und Produktion mit dazugehörigem Lager, überwiegend in geschlossenen Räumen, ausgewiesen. Das Vorhaben dürfte demnach im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehen. Diesfalls würde es der belangten Behörde obliegen, gemäß § 121 Tiroler Gemeindeordnung 2001 (TGO 2001) iVm § 68 Abs. 4 Z 4 AVG und § 54 lit. b der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) die Nichtigkeit des Bewilligungsbescheides vom 28. September 2004 auszusprechen. Demnach werde mitgeteilt, dass ein Verfahren zur Aufhebung dieses Bescheides eingeleitet worden sei.

Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin gab dazu eine ablehnende Äußerung ab.

Mit weiterer Erledigung vom 14. Jänner 2001 eröffnete die belangte Behörde der Gemeinde und der Beschwerdeführerin, zwischenzeitig habe der umfangreiche Bauakt einer rechtlichen Überprüfung zugeführt werden können und es seien dabei weitere, vorwiegend mit Nichtigkeit bedrohte Mängel festgestellt worden, die den Weiterbestand des Bewilligungsbescheides vom 28. September 2004 "zumindest zu erschüttern geeignet" seien. Es seien dies ein Widerspruch zum gültigen Flächenwidmungsplan, die Gesetzwidrigkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplanes, ein Widerspruch zum allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan, sowie ein Widerspruch gegen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, was jeweils näher begründet wurde. Bei den angenommenen (weiteren) Widersprüchen zum gültigen Flächenwidmungsplan heißt es unter anderem, dass durch das Vorhaben Teilflächen unter anderem des Grundstückes Nr. 1684, welche nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im Freiland lägen, "in den baulichen Entwicklungsbereich aufgenommen und mit Baulichkeiten versehen" würden. Der Gemeinde und der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, bis 24. Jänner 2005 eine Stellungnahme abzugeben, widrigenfalls das Nichtigerklärungsverfahren ohne weitere Beweisaufnahme abgeschlossen werde. Unstrittig ist, dass diese Erledigung der Beschwerdeführerin vorweg per e-mail und sodann in Ausfertigung postalisch übermittelt wurde, und zwar unmittelbar und nicht zu Handen ihrer ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter.

In einer rechtzeitig erstatteten Stellungnahme (anwaltlicher Schriftsatz vom 24. Jänner 2005) rügte die Beschwerdeführerin, dass die Erledigung vom 14. Jänner 2005 nicht zu Handen ihrer Vertreter zugestellt worden sei. Es folgt sodann eine Stellungnahme in der Sache selbst. Zum vorgehaltenen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, weil (nebst anderen Gründen) das Grundstück Nr. 1684 als Freiland gewidmet sei, führte die Beschwerdeführerin aus, der genehmigte Flächenwidmungsplan weise im betroffenen Bereich im geringfügigen Ausmaß auch die Kategorie "Freiland" auf. Zwischenzeitig habe aber der Gemeinderat eine Änderung dieses Flächenwidmungsplanes beschlossen, welche auch der belangten Behörde zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Hieraus ergebe sich für die belangte Behöre eine besondere Sorgfaltspflicht: Um "nicht in die Nähe eines Missbrauchsvorwurfes zu gelangen", sei die belangte Behörde verpflichtet, zunächst ohne unnötigen Aufschub über die aufsichtsbehördliche Genehmigung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes zu entscheiden, dies schon deshalb, weil gemäß § 68 AVG mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen sei. Die belangte Behörde würde dagegen verstoßen, wenn sie zunächst über die Frage der Aufhebung des Bescheides unter Zugrundelegung der Widmungskategorie Freiland und erst danach über die Genehmigung der ihr vorgelegten Änderung des Flächenwidmungsplanes entscheiden würde. Im Übrigen sei die beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes durchaus sinnvoll und zweckmäßiger als der geltende Flächenwidmungsplan.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Baubewilligung vom 28. September 2004 (als nichtig) aufgehoben. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und Rechtsausführungen aus, das bewilligte Vorhaben stehe (schon deshalb) im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan, weil eine Fläche, die bebaut werden solle, nämlich das Grundstück Nr. 1684, nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im Freiland liege. Dieses Grundstück solle aber mit dem gegenständlichen multifunktionalen Fachmärktezentrum be- bzw. überbaut werden. Dass damit eine widmungskonforme Bebauung (Übereinstimmung mit der Flächenwidmung Freiland) erzielt werde, habe die Beschwerdeführerin im Zuge des Nichtigerklärungsverfahrens nicht einmal behauptet. Vielmehr habe sie geltend gemacht, dass bei der belangten Behörde ein entsprechendes aufsichtsbehördliches Genehmigungsverfahren für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes anhängig sei. Zuerst wäre darüber zu entscheiden und erst danach über eine allfällige Nichtigerklärung der Baubewilligung. Dem sei entgegenzuhalten, dass die angesprochene Änderung des Flächenwidmungsplanes Teil des im Rahmen einer Vorbegutachtung am 28. Jänner 2005 erstmals von der belangten Behörde gesichteten "Gesamtflächenwidmungsplanes" sei und dieser "Gesamtflächenwidmungsplan" der belangten Behörde auf Grund ortsplanerisch noch vorzunehmender Adaptierungsarbeiten auch gar nicht zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt worden sei. Jedenfalls sei es unzutreffend, dass die belangte Behörde mit der Genehmigung zuwarte, um diese Sanierung des Widerspruches zur Flächenwidmung unmöglich zu machen.

Darüber hinaus stelle sich das Vorhaben auch in der gegebenen Widmungskategorie G1 als unzulässig dar, zumal es sich projektgemäß um reine Handels- und Gastronomiebetriebe handle (wurde näher ausgeführt).

Weiters stehe der Baubewilligungsbescheid im Widerspruch zum allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan, es liege ein Widerspruch gegen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 vor, das Vorhaben sei als Einkaufszentrum zu qualifizieren, womit auch deshalb ein Widerspruch zur bestehenden Flächenwidmung gegeben sei (wurde jeweils näher ausgeführt).

Die belangte Behörde befasste sich sodann mit dem Gesichtspunkt, dass gemäß § 116 TGO 2001 das Aufsichtsrecht mit möglichster Schonung auszuüben sei (und befasste sich in diesem Zusammenhang insbesondere mit dem angenommenen Widerspruch der Errichtung eines Einkaufszentrums zur gegebenen Raumordnung). Sie führte in diesem Zusammenhang aus, sie habe erst nach Erlassung des Baubewilligungsbescheides Kenntnis vom Vorhaben erlangt. Sie sei seitens der Bauwerberin im Rahmen der Vorbegutachtung mit einem gänzlich anderen Projekt konfrontiert worden, von welchem ohne Kenntnis der dahinterliegenden Gründe und ohne Information der belangten Behörde in weiterer Folge abgegangen worden sei, wobei sodann das nunmehrige Vorhaben bei der Baubehörde zur Bewilligung eingebracht worden sei. Der Beschwerdeführerin habe aber die Problematik der Unzulässigkeit der Errichtung solcher Fachmarktzentren im Hinblick auf andere (näher bezeichnete Projekte) in anderen Tiroler Gemeinden bewusst sein müssen. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführerin schon "unmittelbar nachdem der Baubescheid in Rechtskraft erwachsen" sei, die Einleitung des Nichtigerklärungsverfahrens mitgeteilt worden sei. Mit Baumaßnahmen sei noch nicht begonnen worden, weshalb der Beschwerdeführerin durch die Aufhebung des Baubewilligungsbescheides auch kein unverhältnismäßiger Vermögensnachteil entstehe. Für die belangte Behörde wögen auf Grund der "Vielzahl der verwirklichten Nichtigkeitsgründe die Nachteile des gegenständlichen Bescheides auf die öffentlichen Interessen sohin wesentlich schwerer als die Nachteile" die der Beschwerdeführerin durch die Aufhebung des Baubewilligungsbescheides erwüchsen.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Gemeindeordnung 2001 (TGO 2001), LGBl. Nr. 36, idF LGBl. Nr. 43/2003 anzuwenden (wobei diese Novelle im Beschwerdefall nicht von Belang ist).

Nach § 116 Abs. 1 leg. cit. ist das Aufsichtsrecht des Landes Tirol so auszuüben, dass die Rechte der Gemeinde und jene Dritter möglichst geschont werden. Stehen im Einzelfall verschiedene Aufsichtsmittel zur Verfügung, so ist das jeweils gelindeste, noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden.

§ 121 TGO 2001 lautet:

"§ 121

Aufhebung von Bescheiden

(1) Die Landesregierung kann einen rechtskräftigen Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde aus dem Bereich der Landesvollziehung nur aus den Gründen des § 68 Abs. 3 und 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, aufheben.

(2) Nach dem Ablauf von drei Jahren nach der Erlassung eines Bescheides ist dessen Aufhebung aus den Gründen des § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG nicht mehr zulässig."

Nach § 68 Abs. 4 Z 4 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

§ 54 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 54 (das Gesetz in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 89/2003), lautet auszugsweise:

"§ 54

Nichtigkeit

Bescheide, mit denen die Baubewilligung erteilt wird, leiden

an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler, wenn

...

b) die Baubewilligung erteilt wurde, obwohl das betreffende Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan oder einem Bebauungsplan widersprochen hat (§ 26 Abs. 3 lit. a) oder ... "

Nach § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2001 ist das Bauansuchen ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn bereits auf Grund des Ansuchens offenkundig ist, dass das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan, einen Bebauungsplan oder örtlichen Bauvorschriften widerspricht.

Nach § 41 Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (TROG 2001), LGBl. Nr. 93, dürfen im Freiland nur ortsübliche Städel in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Bienenhäuser in Holzbauweise mit höchstens 20 m2 Nutzfläche sowie Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden.

Unstrittig ist, dass das Vorhaben auch auf Grundflächen realisiert werden soll, welche in dem zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides (wie auch des nun angefochtenen Bescheides) als Freiland gewidmet sind. Dass das Vorhaben so im Widerspruch zu dieser Flächenwidmung (§ 41 TROG 2001) steht, ist evident und (zutreffend) unstrittig (diese Flächenwidmung ist restriktiv; schon für die Errichtung landwirtschaftlicher Hofstellen bedarf es nach dem TROG 2001 einer Widmung als Sonderfläche: § 44 TROG 2001). Schon damit ist der Nichtigkeitsgrund des § 54 lit. b iVm § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2001 verwirklicht. Der Umstand, dass eine bereits beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes, die aber auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aufsichtsbehördlich noch nicht genehmigt (und demnach schon deshalb noch nicht rechtswirksam) war, die Widmung Freiland in diesem Bereich nicht mehr vorsieht, vermag daran nichts zu ändern. Unzutreffend ist die in der Beschwerde vertretene Auffassung, dass der Baubehörde nicht vorgeworfen werden könne, diese "grundsätzlich positiv beurteilten Flächenwidmungsplanänderungen bereits im Bescheid grundsätzlich" vorweg genommen und "richtigerweise bereits berücksichtigt" zu haben, weil die bei Erlassung des Baubewilligungsbescheides gegebene Flächenwidmung maßgeblich ist und nicht etwa eine mögliche künftige, somit bei Erlassung des Baubewilligungsbescheides eben noch nicht gegebene. Ginge man auch davon aus, dass dieser Mangel insofern sanierbar wäre, als eine rechtswirksame Umwidmung dieser im Freiland gelegenen Flächen in eine dem Vorhaben entsprechende Baulandkategorie eine (spätere) Aufhebung des Baubewilligungsbescheides gemäß § 121 iVm § 116 Abs. 1 TGO 2001 nicht mehr zuließe, wäre hieraus für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen: Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nämlich dargelegt, weshalb sie nicht zugewartet hat und es kann der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles auch nicht erkennen, dass das Unterbleiben des Zuwartens bis zu einem im Beschwerdefall nicht konkret abschätzbaren Zeitpunkt, zu welchem die Flächenwidmungsplanänderung rechtswirksam werden könnte, aus unsachlichen Gründen erfolgt wäre (ergänzend ist hier anzufügen, dass nach den vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Auskünften die Änderung des Flächenwidmungsplanes mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Jänner 2006, also geraume Zeit nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, genehmigt wurde). Ein Zuwarten ist nämlich auch aus dem Gesichtspunkt problematisch, als dadurch der faktische Schwebezustand, ob nun der Baubewilligungsbescheid für nichtig erklärt werde oder nicht, verlängert wird und damit die für die Beschwerdeführerin gegebene, zumindest wirtschaftlich schwierige Situation verlängert wird. Aus diesem Gesichtspunkt besteht ein Interesse daran, möglichst bald Rechtsklarheit zu schaffen. Die Beschwerdeführerin führt in diesem Zusammenhang selbst ins Treffen, im Vertrauen auf die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides wirtschaftliche Dispositionen getroffen zu haben, leitet aber daraus ab, die Aufhebung des Baubewilligungsbescheides widerspreche dem Schonungsgebot des § 116 Abs. 1 TGO 2001. Nun kann aber dieses Schonungsgebot nicht soweit ausgedehnt werden, dass die Nichtigkeitssanktion des (hier) § 54 lit. b TBO 2001 geradezu ins Leere liefe, weil ja Bauwerber typischerweise im Hinblick auf die Rechtskraft der Baubewilligung Dispositionen treffen (und das typischerweise schon vor Abschluss des Bewilligungsverfahrens) und eine Aufhebung noch nicht rechtskräftiger Baubewilligungen nicht in Betracht kommt. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch näher begründet, weshalb sie das Nichtigerklärungsverfahren nicht früher habe einleiten können (was die Beschwerdeführerin auch nicht bestreitet). Im Beschwerdefall ist auch zu bedenken, dass die erteilte Baubewilligung wegen der vorgesehenen Verbauung von als Freiland gewidmeten Flächen offenkundig rechtswidrig war und offenkundig an einem mit Nichtigkeit bedrohten Mangel im Sinne des § 54 lit. b TBO 2001 litt, was gegen eine schützenswerte Vertrauenslage der Beschwerdeführerin spricht. Hätte die Beschwerdeführerin hingegen damit argumentiert, die Dispositionen auf eine (angenommene) "Sanierung" dieses Mangels durch eine zu erwartende, bevorstehende entsprechende Änderung des Flächenwidmungsplanes getroffen zu haben, wäre der zeitliche Horizont dieser Planungen auf den (damals) noch unbestimmten Zeitpunkt einer Rechtswirksamkeit dieser (möglichen, erwarteten) Änderung des Flächenwidmungsplanes abzustellen gewesen. Abgesehen davon, dass dies nicht behauptet wird, spräche auch dieser Gesichtspunkt gegen eine im Beschwerdefall derart zu schützende Vertrauenslage, dass dies eine Nichtigerklärung hinderte.

Vor diesem Hintergrund kommt dem gerügten Verfahrensmangel, dass nämlich die Erledigung der belangten Behörde vom 14. Jänner 2005 (mit der Aufforderung zur Stellungnahme bis 24. Jänner 2005) unmittelbar an die Beschwerdeführerin (und nicht zu Handen ihrer Vertreter) erging, und die Frist zur Stellungnahme zu kurz war, keine entscheidende Relevanz hinsichtlich des hier maßgeblichen Aspektes des Widerspruches zur Flächenwidmung Freiland zu. Jedenfalls wird eine solche nicht aufgezeigt, zumal sich die Beschwerdeführerin zu diesem Aspekt entsprechend geäußert hat.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigte schon dieser Widerspruch der Baubewilligung zur Flächenwidmung "Freiland" die von der belangten Behörde vorgenommene Aufhebung der Baubewilligung. Zwar mag der in das zu bebauende Areal einbezogene Teil des Grundstückes Nr. 1684 flächenmäßig nur einen relativ kleinen Teil des gesamten Areales ausmachen, ihm kommt aber aufgrund seiner Konfiguration und Lage im Areal für das Projekt wesentliche Bedeutung zu (zumal auch eine entsprechende Trennbarkeit des Vorhabens gar nicht behauptet wird).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf die weiteren Momente einzugehen gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Februar 2006

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060112.X00

Im RIS seit

27.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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