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L85006 Straßen Steiermark;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und durch die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde 1. des TS und 2. der AS, beide in K, beide vertreten durch Dr. Karl Maier, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Hauptplatz 13/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Februar 2004, GZ. FA13B-80.30 472/03-9, betreffend straßenbaurechtliche Bewilligung und Enteignung gemäß Stmk. Landes-Straßenverwaltungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Land Steiermark, Landesstraßenverwaltung, Landhausgasse 7, 8010 Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben je zu gleichen Teilen dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 6. März 2003 (eingelangt bei der belangten Behörde am 7. Mai 2003) beantragte die mitbeteiligte Partei mit entsprechenden Einreichunterlagen die Erteilung der straßenrechtlichen Bewilligung betreffend den Ausbau der Landesstraße L 501 für den "Geh- und Radweg A" von km 1,895 bis km 3,835 und die lastenfreie Einlösung der dafür benötigten Flächen (u.a. Teile von Grundstücken der Beschwerdeführer).
Gemäß dem der Eingabe angeschlossenen, von Dipl. Ing. V. erstellten Detailprojekt 1999 "Geh- und Radweg A" ist in dem angeführten Bereich der Landesstraße Nr. 501 die Herstellung eines Geh- und Radweges mit einer Breite von 2,0 m auf der linken Straßenseite im Sinne der Kilometrierung vorgesehen. Der Weg soll von der bestehenden Landesstraßenfahrbahn im Regelfall durch einen 1,0 m breiten Trennstreifen getrennt sein.
Die Beschwerdeführer wurden mit der Kundmachung vom 27. Juni 2003 zu den mündlichen Verhandlungen am 17. und den 23. Juli 2003 persönlich geladen.
In den mündlichen Verhandlungen ließen sich die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsbeistand vertreten, der insbesondere geltend machte, dass das öffentliche Interesse an der Errichtung des Geh- und Radweges im vorgesehenen Ausmaß nicht gegeben und die beabsichtigte Grundinanspruchnahme nicht gerechtfertigt sei.
In dem in diesen Verhandlungen im Rahmen des erstatteten straßenbautechnischen Gutachtens dargelegten Befund kennzeichnete der Amtsachverständige die Landesstraße Nr. 501 derart, dass sie beginnend bei K als Abzweigung von der B 96 M-Straße die verkehrsmäßige Hauptaufschließung für das gesamte K-Tal darstelle. Als durchschnittlicher Verkehr auf dieser Straße seien im Jahr 1998 1800 Kraftfahrzeuge je 24 Stunden bei einem LKW Anteil von 10% ermittelt worden.
Die Verständigung vom 3. Oktober 2003 für eine weitere Verhandlung am 15. Oktober 2003 (offenbar nur mit den Beschwerdeführern) erging an die Beschwerdeführer, nicht an ihren Rechtsvertreter. Ein Protokoll über eine am 15. Oktober 2003 stattgefundene mündliche Verhandlung findet sich im Akt nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid erklärte die belangte Behörde in Spruchpunkt I die Ausführung des Straßenbauvorhabens an der Landesstraße Nr. 501 im Baulos "Geh- und Radweg A", von km 1,895 bis 3,835, wie im näher bezeichneten Projekt vom 30. Juni 1999 dargestellt, vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung unter Berücksichtigung der im Befund beschriebenen Abweichungen bzw. Ergänzungen und Feststellungen für zulässig.
Im Spruchpunkt II wurde die dauernde und lastenfreie Enteignung der im Projekt näher gekennzeichneten Teilflächen (betreffend ausschließlich zwei den Beschwerdeführern gehörender Grundstücke) und sonstigen Anlagen zu Gunsten der Mitbeteiligten ausgesprochen und die Höhe der Entschädigung für die Beschwerdeführer bestimmt. Dieser Spruchpunkt enthält auch eine Tabelle, in der die betroffenen Grundstücke, die Größe der betroffenen Flächen, die entsprechende Kennzeichnung dieser Flächen im angeschlossenen Plan, der Entschädigungsbetrag pro m2 und der jeweilige Gesamtbetrag der Entschädigung für die jeweilige Grundfläche angeführt sind.
In der Begründung des Bescheides stellte die belangte Behörde zunächst das Verwaltungsgeschehen, die Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen Ing. Z. und des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Land- und Forstwirtschaft DI S., weiters die Stellungnahmen des Bürgermeisters als Vertreter der Gemeinde F, des Vertreters der Landesstraßenverwaltung und eine ergänzende Stellungnahme des straßenbautechnischen Amtsachverständigen und das Vorbringen der Beschwerdeführer dar.
Nach dem Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen liege die Durchführung der Baumaßnahme im öffentlichen Interesse, da dadurch eine Verbesserung der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere auch für die Fußgänger und Radfahrer, erzielt werden könne. Gemäß der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen ergänzenden Stellungnahme des straßenbautechnischen Sachverständigen weise das Projekt den Geh- und Radweg in einer technischen Mindestbreite aus. Eine Verringerung der Ausbaubreite sei nach Ansicht des Amtsachverständigen aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht vertretbar.
Nach der Stellungnahme des Bürgermeisters der Gemeinde F habe das Verkehrsaufkommen auf der Landesstraße Nr. 501 in den letzten Jahren stark zugenommen. Die vorhandene Breite der Straße lasse eine gefahrlose Nutzung für den Fußgänger nicht zu. Besonders betroffen seien Schulkinder, die diesen Weg täglich nutzten, und ältere Menschen, die auf Grund ihrer persönlichen Situation den Gefahren voll ausgesetzt seien. Verschärft werde der Zustand vor allem in den Wintermonaten, wo eine Nutzung der Bankette durch den dort lagernden abgeräumten Schnee der Straße für Fußgänger nicht mehr möglich sei. Überdies sei auch der derzeitige Trend zum Radtourismus für die Region von großer wirtschaftlicher Bedeutung.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach aus Gründen der Verkehrssicherheit im gegenständlichen Bereich die Errichtung des Geh- und Radweges nicht erforderlich sei, könne nach den folgenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nur als eine Schutzbehauptung betrachtet werden, die allein durch die Stellungnahme des Bürgermeisters und durch die Ausführungen im Befund und Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen als schlüssig widerlegt anzusehen sei. Bezüglich der Ausbaubreite des beabsichtigten Geh- und Fahrweges, der nach der Stellungnahme des Amtsachverständigen dazu nur eine technische Mindestbreit aufweise, erscheine eine Auseinandersetzung mit der Frage einer wesentlich geringeren Beanspruchung hinfällig zu sein.
Entgegen der Ansicht der Liegenschaftseigentümer bestünden sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit als auch des Gegenstandes und des Umfanges der Enteignung keinerlei Bedenken.
Die Behandlung der dagegen zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom 27. September 2004, Zl. B 473/04-9, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 47 Abs. 1 erster und zweiter Satz Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 (LStVG. 1964), LGBl. 154 in der Fassung LGBl. Nr. 9/1973, hat die in Abs. 3 genannte Behörde vor Neuanlage, Verlegung oder Umbau u.a. der in § 7 Abs. 1 Z. 1 genannten Straßen (Landesstraßen) den beabsichtigten Straßenbau in den in Betracht kommenden Gemeinden kundzumachen. Überdies sind hievon die bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten durch besondere Mitteilung zu verständigen. In diesen Verständigungen ist auch zugleich eine mündliche Verhandlung auf einen Zeitpunkt binnen zwei bis vier Wochen anzuberaumen.
Gemäß § 47 Abs. 3 erster Satz LStVG. 1964 in der angeführten Fassung hat, soweit es sich um die in § 7 unter Z. 1, 2 und 3 genannten Straßen handelt, die Landesregierung, sonst die Gemeinde auf Grund der Ergebnisse dieser mündlichen Verhandlung mit Bescheid die Bedingungen festzusetzen, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesen nicht im Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind.
§ 48 Abs. 1 erster Satz und § 50 Abs. 1 LStVG. 1964 in der Fassung LGBl. Nr. 9/1973 sehen betreffend die Enteignung Folgendes vor:
"§ 48
(1) Bei Neuanlage, Verlegung und Umbau von Straßen, die im § 7 unter Z. 1, 2, 3 und 4 genannt sind, sowie für die dazugehörigen baulichen Anlagen und für die Erhaltung solcher Straßen und Anlagen besteht ein Anspruch auf Enteignung auf Grund der nach § 47 vorgenommenen Feststellungen unter der Voraussetzung, dass deren Notwendigkeit für die Herstellung und Benützung der Straße für den öffentlichen Verkehr erwiesen ist.
... ."
"§ 50
(1) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet die in § 49 genannte Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Kommen hiebei Grundstücke in Betracht, die öffentlichen Zwecken dienen, so ist im Einvernehmen mit den zur Wahrung dieser öffentlichen Interessen zuständigen Behörden vorzugehen. (LGBl. Nr. 202/1963, Art. I Z. 22a)."
Die Beschwerdeführer machen eine Verletzung des Parteiengehörs geltend. Trotz entsprechender Vollmachtserteilung und Berufung auf die Vollmacht vor der belangten Behörde (in den Verhandlungen vom 17. und 23. Juli 2003) sei dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer die Verständigung vom 3. Oktober 2003 betreffend eine weitere Verhandlung am 15. Oktober 2003 nicht zugestellt worden. Diese sei an die Beschwerdeführer ergangen. Wäre diese Verständigung an den Rechtsvertreter ergangen, hätte er dazu verschiedene, näher ausgeführte Bedenken gegen die Frequenzberechnung des straßenbautechnischen Amtsachverständigen auf der L 501 vorgetragen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall schon deshalb eine Verletzung des Parteiengehörs nicht angenommen werden kann, weil die gerügte Verkehrszählung bereits in den mündlichen Verhandlungen vom 17. und 23. Juli 2003 vom straßenbautechnischen Amtsachverständigen angeführt wurde und somit ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Stellungnahme dazu für den Rechtsvertreter bestanden hat. Hinzukommt, dass es tatsächlich zu keiner weiteren mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2003 gekommen ist und sich der angefochtene Bescheid auch nur auf die am 17. und 23. Juli 2003 durchgeführten örtlichen Erhebungen und mündlichen Verhandlungen stützt.
Die Beschwerdeführer machen weiters geltend, der Bescheid leide an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, da sich im bekämpften Bescheid Ausführungen zur Notwendigkeit, zum Gegenstand und zum Umfang der Enteignung nicht fänden. Die belangte Behörde führe im bekämpften Bescheid lediglich aus, dass "entgegen der Ansicht der Liegenschaftseigentümer sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit als auch des Gegenstandes und des Umfanges der Enteignung keinerlei Bedenken bestehen". Die belangte Behörde stütze sich dabei auf das Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen, der in seinem Befund davon ausgehe, dass auf der L 501, die bei K als Abzweigung von der B 96 (M-Straße) beginne und die Hauptaufschließung des K-Tales darstelle, im Jahr 1998 ein durchschnittlicher Verkehr je 24 Stunden von 1800 Kraftfahrzeugen bei einem LKW-Anteil von 10 % ermittelt worden sei. Diese Messdaten seien nach Ansicht der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar und seien auch nicht offen gelegt worden. Es könne nicht überprüft werden, an welcher Stelle die Verkehrszählung vorgenommen worden sei.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Im angesprochenen, im Bescheid wiedergegebenen straßenbautechnischen Gutachten wurde das Projekt als im öffentlichen Interesse gelegen beurteilt, da die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere auch für die Fußgänger und Radfahrer, verbessert werde. Die Notwendigkeit des vorliegenden Straßenbauvorhabens wurde damit nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend begründet (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 20. April 2004, Zl. 2002/06/0192). Die von der Enteignung erfassten Grundstücksteile der Beschwerdeführer sind solche, die für die Durchführung des in Spruchpunkt I bewilligten Straßenbauvorhabens erforderlich sind. Im Enteignungsverfahren ist nur mehr die Notwendigkeit der Enteignung zur Durchführung des straßenbaurechtlich bewilligten Projektes zu prüfen, nicht aber die Notwendigkeit des Straßenprojektes (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 20. April 2004, Zl. 2002/06/0192). Das Ausmaß und die Lage der zur Durchführung des bewilligten Straßenbauprojektes erforderlichen Grundinanspruchnahmen ergibt sich aus Spruchpunkt II selbst, in dem die betroffenen Grundstücke der Beschwerdeführer Nr. 112 und 107 und die jeweilige Größe der beanspruchten Teilflächen angegeben sind, in Verbindung mit dem sowohl Spruchpunkt I als auch Spruchpunkt II zu Grunde liegenden Detailprojekt vom 30. Juni 1999. Dass die beanspruchten Teilflächen für das bewilligte Straßenprojekt nicht erforderlich wären, wird von den Beschwerdeführern selbst nicht behauptet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Februar 2006
Schlagworte
Anforderung an ein GutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004060190.X00Im RIS seit
04.04.2006