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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W R in R, vertreten durch Dr. Ernst Summerer, Rechtsanwalt in 2070 Retz, Znaimerstraße 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 17. Februar 2003, Zl Wa 288/00, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 134/2002 (WaffG), ein Waffenverbot. Begründend führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:
Der Beschwerdeführer sei bereits am 14. Mai 1990 wegen unbefugten Besitzes einer Faustfeuerwaffe verurteilt worden. Dennoch habe er im Zeitraum von 1993 bis Dezember 2000 wiederum unbefugt Waffen besessen, nämlich Kriegsmaterial (ein halbautomatisches Sturmgewehr) und genehmigungspflichtige Schusswaffen (eine halbautomatische Flinte, eine halbautomatische Kleinkaliberbüchse und einen Perkussionsrevolver), und sei deshalb mit Urteil des Bezirksgerichtes Retz vom 27. März 2001 (wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 und Z 4 WaffG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 60 Tagessätzen) rechtskräftig verurteilt worden.
Wegen unbefugten Besitzes einer Gewehrpatrone sei der Beschwerdeführer zudem mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 27. April 2001 bestraft worden. Im Einspruch gegen diese Strafverfügung habe der Beschwerdeführer erklärt, er sei "nicht bereit, (sich) an Konventionen zu halten, die (sein) freies und autonomes Denken, Handeln und Entscheiden beengen".
In dem im Zuge des ergänzten Ermittlungsverfahrens mit dem amtsärztlichen Sachverständigen geführten "Explorationsgespräch" habe der Beschwerdeführer - nach der Motivation zum Sammeln von Waffen befragt - erklärt, "das ist der Trieb, für Waffen interessiert man sich"; nähere Angaben dazu seien nicht zu erreichen gewesen.
Der amtsärztliche Sachverständige habe ferner auf die Aussagen des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung des gegen ihn wegen § 50 Abs 1 Z 1 und Z 4 WaffG geführten Strafverfahrens am 27. März 2001 verwiesen, in der er auf die Frage, was er mit den Waffen gemacht habe, erklärt habe:
"Ich habe die Waffen gesammelt. Ich interessiere mich für Waffen. Ich will mir das von fremden Leuten nicht vorschreiben lassen, was ich haben darf und was nicht. Es war mir bewusst, dass das verboten ist. Ich habe kein waffenrechtliches Dokument beantragt, weil dann kommt die Exekutive immer nachschauen und ich mag es nicht, wenn jemand zu mir kommt. Ich habe das in Kauf genommen, dass das strafbar ist."
Daraus habe der amtsärztliche Sachverständige gefolgert, dass beim Beschwerdeführer "die Akzeptanz von Autoritäten und Normen als deutlich vermindert anzusehen" sei. Es bestehe "eine narzisstische Persönlichkeitsstruktur mit Überbewertung des eigenen Wertesystems". Das von ihm geforderte "waffenpsychologische Gutachten" habe der Beschwerdeführer nicht beigebracht; insgesamt erscheine die "Annahme der Gefährdung" gerechtfertigt.
Das von der belangten Behörde daraufhin eingeholte Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie habe - zusammengefasst - ausgeführt, dass
"sich aus fachärztlicher Sicht keinesfalls ausschließen (lasse), dass (der Beschwerdeführer) durch das missbräuchliche Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."
Die dargestellten Umstände in ihrer Gesamtheit begründeten die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Spannungssituationen überreagieren und als Waffenbesitzer Waffen verwenden und damit die in § 12 Abs 1 WaffG normierten Gefahren verwirklichen könnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0012, mwN).
Der Beschwerdeführer tritt dem angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit entgegen, dass die von der belangten Behörde bestellte Sachverständige für Psychiatrie und Neurologie lediglich einen Befund, aber kein abschließendes Gutachten erstattet habe. Die Unterlassung der Einholung eines solchen Gutachtens begründe einen Verfahrensmangel. Die Annahme nämlich, es könne "keinesfalls ausgeschlossen werden", dass der Beschwerdeführer Waffen missbräuchlich verwenden werde, reiche für die Verhängung eines Waffenverbotes nicht aus. Aktuelle Aggressionsbereitschaft liege auf Seiten des Beschwerdeführers nicht vor, weshalb die Annahme der belangten Behörde, es bestehe eine Gefahr im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG, nicht ausreichend begründet sei.
Diese Ausführungen sind nicht zielführend:
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Retz vom 27. März 2001 wegen unbefugten Besitzes von genehmigungspflichtigen Schusswaffen und Kriegsmaterial verurteilt und war schon zuvor mit Urteil des Bezirksgerichtes Amstetten vom 14. Mai 1990 wegen unbefugten Besitzes einer Faustfeuerwaffe verurteilt worden.
Zur Frage, inwieweit der unbefugte Besitz von Waffen und Kriegsmaterial ein Waffenverbot rechtfertigen kann, kann zunächst gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf das hg Erkenntnis vom 27. Februar 2003, Zl 2001/20/0213, verwiesen werden. Die bloße Tatsache eines allenfalls auch vorsätzlichen Verstoßes gegen Waffenrecht rechtfertigt danach nicht losgelöst von der Art des Verstoßes und den Umständen des Einzelfalles die Verhängung eines Waffenverbotes. Ein Waffenverbot kann aber beispielsweise zu verhängen sein, wenn die festgestellten Verstöße im Sinne des Erkenntnisses vom 20. Februar 1985, Zl 85/01/0039, auf einer "kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft" für den Besitz von Waffen beruhen (so etwa die Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl 98/20/0279, und vom 17. Oktober 2002, Zl 2001/20/0478).
Im vorliegend zu beurteilenden Fall war der Beschwerdeführer durch die Verurteilung vom 14. Mai 1990 nicht davon abgehalten worden, im Zeitraum von 1993 bis Dezember 2000 wiederum unbefugt Waffen (genehmigungspflichtige Schusswaffen und Kriegsmaterial) zu besitzen. Er hat (im gerichtlichen Strafverfahren) erklärt, "sich von fremden Leuten nichts vorschreiben zu lassen". Er sei "nicht bereit, sich an Konventionen zu halten, die sein freies und autonomes Denken, Handeln und Entscheiden beengen" würden, wie er in seinem Einspruch gegen die verwaltungsbehördliche Strafverfügung vorbrachte. Von der Sachverständigen danach befragt, warum er sich so sehr für Waffen interessiere, erklärte der Beschwerdeführer, dass "man mit Waffen überlegen" sei und sich "endlich stärker" fühle.
Unter diesen Umständen - Wiederholung jener Tat, derentwegen der Beschwerdeführer bereits im Jahr 1990 verurteilt wurde, in den Jahren danach, bei beträchtlicher Steigerung der Intensität des unerlaubten Waffenbesitzes; durch eigene Äußerungen des Beschwerdeführers bestätigte Einschätzung der Sachverständigen, der Beschwerdeführer zeige keine Einsicht, was seine Leidenschaft zum Besitz von Waffen anlangt - kann die Beurteilung der belangten Behörde, es sei die Annahme gerechtfertigt, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, nicht als rechtswidrig erkannt werden, weshalb die Unterlassung der Einholung eines "abschließenden Gutachtens" keinen relevanten Verfahrensmangel darstellt.
Die Beschwerde erweist sich also als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 28. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005030070.X00Im RIS seit
23.03.2006