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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §25 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. F P in W, vertreten durch Dipl.-Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Oktober 2005, Zl SD 726/05, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 136/2004, der ihm am 22. April 1999 ausgestellte Waffenpass entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe am 8. Februar 2005 in Innsbruck angezeigt, dass ihm vier Tage zuvor am Wiener Westbahnhof eine Tasche, die er während des Wartens auf den Zug auf eine Bank neben sich gelegt und in der sich eine Faustfeuerwaffe seines Sohnes befunden habe, gestohlen worden sei.
In seiner Stellungnahme vom 22. Februar 2005 habe der Beschwerdeführer angegeben, während des Wartens auf den Zug zwei Taschen unmittelbar neben sich auf der Bank gelagert zu haben und "entsprechend unangenehm überrascht" über das Verschwinden des einen Gepäcksstückes gewesen zu sein. Das "Zustandekommen dieser überraschenden Entwendung" sei ihm bis heute ein Rätsel.
In seiner Stellungnahme vom 23. März 2005 habe der Beschwerdeführer angegeben, die Waffe in der Tasche bewusst zu unterst gelagert und sie mit anderen Sachen bedeckt zu haben, um ein unbefugtes Herausnehmen zu verhindern. Er habe diese Tasche "zwischen der großen Tasche und der Lehne der Bank eingezwickt und konkret auch die Hand auf die Tasche gelegt". Er sei sehr achtsam gewesen und könne sich nicht erklären, wie die Tasche gestohlen werden konnte. Als er aufgestanden sei, um in den Zug einzusteigen, habe er den Diebstahl bemerkt, aber keine verdächtigen Personen mehr sehen können, und deshalb den Zug, den er unbedingt erreichen habe wollen, bestiegen.
Nach Wiedergabe dieses Vorbringens folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe offenbar während des ca 20 minütigen Wartens auf den Zug der Verwahrung der Waffe nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Der - nicht etwa unter ganz außergewöhnlichen Umständen erfolgte - Diebstahl zeige nämlich, dass die getroffenen Vorkehrungen unzureichend gewesen seien. Bei Anwendung aller erdenklicher Sorgfalt könne erwartet werden, dass der Beschwerdeführer "die Tathandlung des Diebstahls zumindest bemerkt" hätte. Der Umstand, dass dem Beschwerdeführer erst in Innsbruck eingefallen sei, in der gestohlenen Tasche habe sich auch die Waffe befunden, lasse den Schluss zu, der Beschwerdeführer habe "der Waffe während des Ablegens der Tasche offenbar gar keine bewusste Aufmerksamkeit" geschenkt. Hätte der Beschwerdeführer "im vollen Sich-Bewusst-Sein, eine angesichts der Örtlichkeit und der Umstände besonders sorgfältiger Verwahrung bedürfende Waffe zu transportieren, gehandelt", sei es denkunmöglich, dass ihm erst Tage später in Innsbruck eingefallen sei, die Waffe habe sich in der gestohlenen Tasche befunden. Damit erscheine es ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer die erforderliche Sorgfalt habe walten lassen, weil das ja ein entsprechendes Bewusstsein über die transportierte Waffe geradezu vorausgesetzt habe. Da der Diebstahl in einer Situation (stark frequentierter öffentlicher Ort, Bahnhof) erfolgt sei, die eine besondere Sorgfaltspflicht erfordert hätte und eine außergewöhnlich aufmerksame Beaufsichtigung der Tasche als Verwahrungsort der Waffe notwendig gemacht habe, sei der Schluss gerechtfertigt, der Beschwerdeführer habe die Waffe nicht mit der gebotenen Sorgfalt verwahrt, weshalb es ihm an der waffenrechtlichen Verlässlichkeit fehle. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer erst vier Tage nach Abhandenkommen der Waffe den Diebstahl angezeigt habe. Von einem sorgfältigen Waffenbesitzer müsse nämlich auch erwartet werden, dass er den Diebstahl einer Waffe ohne unnötige Verzögerung der Behörde zur Kenntnis bringe, um das in seiner Macht Gelegene dazu beizutragen, dass die Waffe wieder aufgefunden werde und nicht in unberechtigten Händen verbleibe. Zudem verfüge der Beschwerdeführer bloß über einen ihn zum Besitz und zum Führen von zwei Faustfeuerwaffen berechtigenden Waffenpass und besitze auch seit 1997 zwei derartige Waffen, weshalb er zum Besitz der geladenen Faustfeuerwaffe seines Sohnes nicht berechtigt gewesen sei. Vor diesem Hintergrund erfülle der Beschwerdeführer nicht mehr die in § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen, weshalb ihm der Waffenpass zu entziehen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.
Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.
Gemäß § 3 Abs 1 der zweiten Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn der Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des Waffengesetzes bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass waffenrechtliche Urkunden insbesondere dann zu entziehen sind, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt sind. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab.
Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umgangs bzw der Verwahrung der Waffe und über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt hat, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, dass der Verlust der Waffe trotz sorgfältigem - das heißt insbesondere alle in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden - Umganges bzw trotz sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, ist die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, dass der Berechtigte die beim Umgang mit bzw der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl 2005/03/0042, mwN).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann die eben dargestellte Judikatur auch auf den Fall des Diebstahls einer Waffe übertragen werden (so schon das hg Erkenntnis vom 10. Juli 1997, Zl 95/20/0472).
Die belangte Behörde ist (anders können ihre Ausführungen unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs bei verständiger Würdigung nicht verstanden werden) davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer am Bahnhof während des Wartens auf den Zug die (kleinere) Tasche, in der die Waffe verwahrt war, auf eine Bank neben sich gestellt und zwischen Lehne der Bank und einer größeren Tasche "eingezwickt" hat. Dass hingegen der Beschwerdeführer "die Hand auf die Tasche gelegt" (gehalten) hatte, wurde von ihr nicht festgestellt.
Die belangte Behörde legte nämlich dar, sie gehe "davon aus, dass es sich tatsächlich um einen wie vom Berufungswerber beschriebenen Diebstahl der Waffe handelt". Die weitere Formulierung "er will sogar die Hand auf die Tasche gelegt haben" kann unter Berücksichtigung der folgenden Ausführungen nur so verstanden werden, dass das behauptete (ständige) Beaufsichtigen der Tasche mittels aufgelegt gehaltener Hand als unglaubwürdig erachtet wurde. Die belangte Behörde stützte sich bei ihrer diesbezüglichen Beurteilung darauf, dass bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Art der Beaufsichtigung der Tasche durch ständigen Kontakt mit seiner Hand zu erwarten gewesen wäre, dass er den Diebstahl sofort bemerkt hätte.
Diese Beweiswürdigung begegnet keinen Bedenken.
Geht man von der dargestellten Art der Verwahrung der Schusswaffe aus, erweist sich im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde der von der belangten Behörde aus dem Verlust der Waffe und dem Umstand, dass der Diebstahl in einer Situation erfolgte, die eine besondere Sorgfaltspflicht erfordert hätte (Bahnhof), gezogene Schluss, der Beschwerdeführer habe nicht mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt und es mangle ihm daher an der rechtlichen Verlässlichkeit, nicht als rechtswidrig. Das Verwahren einer Faustfeuerwaffe in einer Tasche, die auf einem Bahnhof aus der Hand gegeben, auf eine Bank gestellt und zwischen dieser und einer weiteren Tasche eingeklemmt wurde, stellt aus objektiver Sicht keinen Umgang mit Waffen dar, der der geforderten Sorgfaltspflicht genügen würde bzw als eine den konkreten Umständen nach sorgfältige Verwahrungsart angesehen werden könnte.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verfahrensrüge, die die Unterlassung weiterer Beweisaufnahmen hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer sofortigen Anzeigeerstattung bemängelt, ebenso als unberechtigt wie der Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs hinsichtlich des von der belangten Behörde angenommenen unbefugten Waffenbesitzes: Da schon die nicht ausreichende, einen Diebstahl ermöglichende Verwahrung die fehlende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers begründet, ändert die Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer gewünschten Feststellung hinsichtlich der genannten weiteren Umstände nichts mehr am Ergebnis.
Die Beschwerde war daher, da schon ihr Inhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen (§ 35 Abs 1 VwGG).
Wien, am 28. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005030239.X00Im RIS seit
23.03.2006Zuletzt aktualisiert am
03.05.2012