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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des JB in L, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld und Dr. Wilfried Leys, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Malserstraße 49a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 12. Oktober 2004, Zl Wa 4618-16/04, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs 2 und § 22 Abs 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe die Ausstellung eines Waffenpasses für eine genehmigungspflichtige Schusswaffe beantragt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass er seit der Ausstellung einer Waffenbesitzkarte an ihn im Jahr 1983 nie negativ aufgefallen sei, dass er sich seit einer gegen ihn gerichteten Drohung, die er 1996 bei der Gendarmerie zur Anzeige gebracht habe, bedroht fühle und dass er außerdem in der Ausübung seines Berufes als Taxifahrer Gefahren ausgesetzt sei. Der Beschwerdeführer sei persönlich niederschriftlich einvernommen worden und habe dabei zu Protokoll gegeben, dass er seit 1983 im Besitz einer Waffenbesitzkarte und seit 1988 im Besitz eines Taxilenkerausweises sei. Er sei in den Wintermonaten seit ca 12 Jahren bei einem Seilbahnbetrieb beschäftigt. Vor ca 10 Jahren sei er als Taxifahrer bei einem näher genannten Unternehmen aushilfsweise beschäftigt gewesen. Er habe bei diesem Unternehmen ein Vorstellungsgespräch gehabt und mehrere Fahrten unternommen, allerdings habe sich der Unternehmer dann für einen anderen Taxifahrer entschieden. In den letzten zehn Jahren habe er mehrere Vorstellungsgespräche bei diversen näher genannten Taxiunternehmen gehabt. Er habe allerdings in diesem Zeitraum den Beruf als Taxifahrer nicht ausgeübt. Am 12. Mai 2004 habe er einen Antrag für eine Alterspension eingebracht, jedoch noch keinen Bescheid erhalten.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers gemäß § 8 WaffG unstrittig sei. Das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen habe der Antragsteller nachzuweisen oder die besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Dieser Aufgabe, an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken und durch konkrete Angaben die für die Beantwortung der Bedarfsfrage wesentlichen tatsächlichen Umstände aufzuzeigen, sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Dass er im Jahr 1996 eine gegen seine Person gerichtete Drohung bei der Gendarmerie angezeigt habe und sich seither bedroht fühle, sei nicht geeignet darzutun, dass er besonderen Gefahren im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG ausgesetzt sei. Dass der Beschwerdeführer den Beruf eines Taxifahrers ausübe, habe er bei seiner persönlichen Einvernahme "selbst widerlegt".
Da die Bedarfsfrage zu verneinen sei, habe die Behörde zu prüfen, ob sie eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers treffen könne. Die Behörde könne von ihrem Ermessen zu Gunsten eines verlässlichen Antragstellers, der das 21. Lebensjahr vollendet habe und EWR-Bürger sei, jedoch den Nachweis eines Bedarfes zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe nicht zu erbringen vermöge, dann Gebrauch machen, wenn der Antragsteller glaubhaft Umstände vorbringe, die dem Nachweis eines Bedarfs nahe kommen und keine Umstände vorliegen, die einer negativen Beurteilung der Verlässlichkeit des Antragstellers nahe kommen. Der Beschwerdeführer habe keine Umstände vorgebracht, die dem Nachweis eines Bedarfs zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe auch nur annähernd nahe kämen. Vom Ermessen des § 21 Abs 1 iVm § 10 WaffG zum Vorteil des Beschwerdeführers könne daher nicht Gebrauch gemacht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 134/2002 (WaffG), lauten:
"Ermessen
§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.
...
Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß
§ 21. ...
(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.
...
Rechtfertigung und Bedarf
§ 22. ...
(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."
§ 6 der Zweiten Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Durchführung des Waffengesetzes, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), lautet:
"Ermessen bei der Ausstellung von Waffenpässen
§ 6. Das der Behörde in § 21 Abs. 2 WaffG eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf (§ 22 Abs. 2 WaffG) nahekommen."
Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl 2005/03/0066, mwN).
2. Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst dagegen, dass die belangte Behörde das Vorliegen eines Bedarfs im Sinne des § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 WaffG verneint habe. Der Beschwerdeführer habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren darauf verwiesen, dass er sich auf Grund eines Vorfalles, der einer Anzeige aus dem Jahr 1996 beim Gendarmerieposten Landeck zu Grunde liege, berechtigterweise auch außerhalb seiner Wohnung bedroht fühle. Diese Drohung sei geeignet, den Bedarf glaubhaft zu machen, zumal sie gegen die persönliche Integrität des Beschwerdeführers gerichtet gewesen sei. Weiters sei unstrittig, dass der Beschwerdeführer über einen Taxilenkerausweis verfüge. "Unabhängig, ob der Beschwerdeführer derzeit den Beruf des Taxifahrers ausübt oder nicht," sei ein Bedarf gegeben. Als Taxifahrer sei man besonderen Gefahren ausgesetzt, die das normale Ausmaß erheblich überstiegen. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer zumindest einen "Waffenpass, beschränkt für die Zeit der Ausübung als Taxifahrer" auszustellen.
Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer lediglich in allgemeiner Form auf eine Drohung Bezug nimmt, die nach seinen Angaben zu einer Anzeige vom 15. August 1996 beim Gendarmerieposten Landeck geführt habe. Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht dargelegt, aus welchen Gründen aus einer im Jahr 1996 gegen ihn ausgesprochenen Drohung auch bzw erst im Jahr 2004 besondere Gefahren resultieren, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Die gemäß § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 WaffG bestehende qualifizierte Pflicht zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 4. April 1990, Zl 89/01/0394) hätte es erfordert, nicht bloß auf eine zum Zeitpunkt der Antragstellung rund acht Jahre zurückliegende Drohung zu verweisen, sondern einerseits die näheren Umstände der Drohung zu konkretisieren und sodann nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen sich aus dieser lange zurückliegenden Drohung zum Zeitpunkt der Antragstellung weiterhin eine besondere Gefahrensituation ergebe.
Mit der vom Beschwerdeführer allgemein behaupteten Bedrohung im Jahr 1996 vermag er daher das Vorliegen einer besonderen Gefahr im Sinn des § 22 Abs 2 WaffG zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde am 12. Oktober 2004 nicht glaubhaft zu machen.
3. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass sich aus der Tätigkeit als Taxifahrer eine besondere Gefahrensituation ergebe, die einen Bedarf für die Ausstellung eines Waffenpasses begründe, ist ihm entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde festgestellt hat, dass er den Beruf des Taxilenkers nicht ausübe. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten, er vermeint jedoch, dass ein Bedarf unabhängig davon sei, ob der Beruf des Taxilenkers tatsächlich ausgeübt werde.
Dem kann nicht gefolgt werden: Der bloße Besitz eines Taxilenkerausweises (der dazu berechtigt, als Lenker im Fahrdienst tätig zu werden) kann für sich genommen - ohne tatsächliche Ausübung des Taxilenker-Berufs - eine Gefahrensituation, wie sie unter bestimmten Umständen im Fahrdienst als Taxilenker vorliegen mag, keinesfalls begründen. Da der Beschwerdeführer diesen Beruf nicht ausübt und auch nicht dargetan hat, dass die Aufnahme einer Beschäftigung als Taxilenker konkret bevorstehe, kann auch dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des Taxilenker-Berufs, wie der Beschwerdeführer offenkundig annimmt, in jedem Fall eine besondere Gefahr mit sich bringt, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden kann.
Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis gekommen ist, dass der Beschwerdeführer einen Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 erster Satz WaffG nicht glaubhaft gemacht hat.
4. Da der Beschwerdeführer nicht dargetan hat, dass er den Beruf eines Taxilenkers tatsächlich ausübt, kam auch die vom Beschwerdeführer eventualiter begehrte Ausstellung eines beschränkten Waffenpasses im Sinn des § 21 Abs 4 WaffG für die Zeit der Ausübung dieses Berufes nicht in Betracht.
5. Die belangte Behörde hat, da der Bedarf zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe vom Beschwerdeführer aus den angeführten Gründen nicht nachgewiesen werden konnte, in ihrem den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses abweisenden Bescheid auch darzulegen, weshalb sie nicht gemäß § 21 Abs 2 zweiter Satz WaffG von dem ihr durch diese Bestimmung eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht hat. Da der Beschwerdeführer den Beruf eines Taxilenkers nicht ausübt und die Drohung aus dem Jahr 1996 nicht konkretisiert und auch nicht - wie er dies in der Beschwerde behauptet - dargelegt hat, dass auf Grund der vorgefallenen Drohung mit einer Gefahr gegen Leib und Leben zu rechnen sei, sind private Interessen, die einer besonderen Gefahr nahe kommen könnten, nicht zu erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten und dieses nicht im Sinne des Gesetzes geübt hätte.
6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 28. Februar 2006
Schlagworte
Begründung von Ermessensentscheidungen Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005030041.X00Im RIS seit
22.03.2006