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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer sowie die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des HB in L, Deutschland, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 21. März 2001, Zl. 1-0692/00/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 8. März 2000 um 18.10 Uhr in Hörbranz, A 14, Richtung Deutschland, Höhe km 0,6, als Lenker des LKWs mit dem Kennzeichen R (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t), mit welchem der Anhänger mit den Kennzeichen R gezogen worden sei, beim ehemaligen Zollamt Hörbranz nach einer Transitfahrt durch Österreich zur Ausreise nach Deutschland gestellt (die Einreise von Liechtenstein sei über das Zollamt Tisis erfolgt), ohne die nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorgelegt zu haben:
"a) entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt,
b) oder einen Umweltdatenträger (Ecotag), der eine automatische Entwertung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt ermöglichte,
c) oder geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine ökopunktebefreite Fahrt handelte,
d) oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelte und dass im Falle einer Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger dieser für diesen Zweck eingestellt war."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden, verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe als Lenker eines näher bezeichneten Kraftwagenzuges eine Fahrt durchgeführt, welche von Liechtenstein durch Österreich nach Deutschland geführt habe, und dabei keine der in der Tatumschreibung angeführten Unterlagen mit sich geführt. Insbesondere habe er keine Unterlagen mitgeführt, aus welchen sich ergeben habe, dass zum Zeitpunkt seiner Einreise von Liechtenstein nach Österreich festgestanden sei, dass er bei der Spedition W. in Lauterach aufzuladende Waren nach Deutschland bringen und daher keine Transitfahrt durchführen solle. Mit dem im LKW befindlichen Ecotag-Gerät seien für die gegenständliche Fahrt keine Ökopunkte abgebucht worden.
Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass er vor seiner Einreise nach Österreich von seinem Chef telefonisch die Anweisung erhalten habe, zur Spedition W. nach Lauterach zu fahren, um dort Waren aufzuladen und vor der Einfahrt nach Österreich die "Taste zu betätigen". Nachdem er bei der genannten Firma angekommen sei, sei ihm mitgeteilt worden, dass "sich die Ladung erledigt habe" und er nach Deutschland weiterfahren solle. Dazu sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich entweder um eine ökopunktbefreite Fahrt oder um keine Transitfahrt handle, mitzuführen gehabt hätte. Im vorliegenden Fall stehe - unbestrittenermaßen - fest, dass der Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Unterlagen mit sich geführt habe.
Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens liege auch keine Fahrt vor, bei der das Fahrzeug eine vollständige Ladung in Österreich abgesetzt oder aufgenommen habe und im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt worden seien. Weiters sei im Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass sich sonst auf Grund der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission vom 21. März 2000 für den Beschwerdeführer eine zur Zeit der Fällung des Straferkenntnisses erster Instanz günstigere Rechtslage ergebe. Ein Anwendungsfall des § 1 Abs. 2 VStG sei somit nicht gegeben. Der Tatvorwurf sei ausreichend umschrieben worden, weil der Beschwerdeführer die angeführten Unterlagen bei der gegenständlichen Fahrt nicht mitgeführt und somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung tatbestandsmäßig verwirklicht habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen, welchen der vier Tatbestände des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 die Behörde gemäß § 44a Z. 1 VStG als erwiesen angenommen habe. Lediglich aus der Begründung ließe sich schließen, dass der Beschwerdeführer keine geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber mitgeführt habe, dass es sich nicht um eine Transitfahrt gehandelt habe und dass der Umweltdatenträger für diesen Zweck eingestellt gewesen sei. Das essenzielle Erfordernis, dass der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten habe, könne durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden. Der Bescheid sei daher nicht überprüfbar und mangelhaft.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, verpflichtet doch der Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission den Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs, alternierend eine der vier genannten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen. Da der Beschwerdeführer jedoch unbestritten keine einzige der genannten Unterlagen mitgeführt hat, ist dem Spruch des bekämpften Bescheides somit eindeutig zu entnehmen, welcher konkrete Tatvorwurf dem Beschwerdeführer gemacht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/03/0175). Es erübrigt sich daher auch, auf die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers zu den vermeintlichen Spruchfehlern betreffend die Tatumschreibung der Übertretung des Art. 1 Abs. 1 lit. d der zitierten Verordnung näher einzugehen.
Der Beschwerdeführer führt weiters aus, dass nach § 44a Z. 1 VStG der Spruch jedes Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat genau zu bezeichnen habe. Im angefochtenen Bescheid sei jedoch der Übertretungsort nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist rechtswidrig geändert worden, weil dem Beschwerdeführer noch im Straferkenntnis angelastet worden sei, von "der Schweiz" nach Österreich eingereist zu sein, während der Spruch des angefochtenen Bescheides nunmehr dahingehend umgestellt worden sei, dass die Einreise "von Liechtenstein" aus erfolgt sei. Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht: Da bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung und im erstinstanzlichen Bescheid der Grenzübergang Tisis als Ort der Einreise und "Hörbranz, A 14, Richtung Deutschland, Höhe km 0,6 ... nach einer Transitfahrt durch Österreich zur Ausreise nach Deutschland" angeführt wird, ergibt sich daraus eindeutig, auf welcher Transitfahrt durch Österreich sich der Beschwerdeführer befunden hat, unabhängig davon, ob nun der Ausgang der Fahrt in der Schweiz oder in Liechtenstein lag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 2000/03/0036). Die belangte Behörde war daher zur Präzisierung des Ausgangspunktes der vom Beschwerdeführer durchgeführten Fahrt berechtigt.
Im Hinblick auf die Tatbildmäßigkeit der vorliegenden Übertretung und das Verschulden des Beschwerdeführers an der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung war die Beschwerde daher nicht begründet.
In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:
"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht."
Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt, erweist sich der Ausspruch über die im Beschwerdefall gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 verhängte Mindeststrafe von S 20.000,-- als inhaltlich rechtswidrig.
Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 MRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der MRK, Genüge getan.
Wien, am 28. Februar 2006
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2001030126.X00Im RIS seit
22.03.2006