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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des JH in D, Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. April 2004, Zl. uvs-2004/23/078-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines näher bezeichneten Lastkraftwagens eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich durchgeführt und dabei keinen ausreichend funktionierenden Umweltdatenträger verwendet, weil dieser entgegen den Bestimmungen des Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 nicht ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei. Dies sei anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Brenner/MÜG festgestellt worden.
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs. 2 GütbefG, BGBl. Nr. 593/95 idF der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 iVm Art. 1 Abs. 1 lit. a und lit. b sowie Art. 2 Abs 1 und 2 der VO (EG) Nr. 3298/94 idF der VO Nr. 1524/96 vom 30. Juli 1996 und Nr. 609/2000 vom 21. März 2000, zuletzt geändert mit VO Nr. 2012/2000 vom 21. September 2000 verletzt. Gemäß § 23 Abs. 2 GütbefG wurde unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und die kostenpflichtige (betreffend den Vorlageaufwand) Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde habe es entgegen § 51e VStG unterlassen, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen.
§ 51e VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 65/2002, lautet (auszugsweise):
"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)
§ 51e (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine
öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
..."
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, die Tatbegehung mit näherer Begründung bestritten und mehrere Beweisanträge wie z.B. die Einvernahme näher bezeichneter Zeugen gestellt. Die belangte Behörde war daher verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2002/03/0259, uvm).
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Unterlassung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Februar 2006
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung AntragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004030089.X00Im RIS seit
22.03.2006