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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §23;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/18/0626 2005/18/0628 2005/18/0627Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerden des/der 1. Mohammad T, geboren 1963 (Zl. 2005/18/0625), 2. Zahra Y, geboren 1968 (Zl. 2005/18/0626), 3. Yasaman T, geboren 1992 (Zl. 2005/18/0627), und 4. Ali T, geboren 1996 (Zl. 2005/18/0628), alle vertreten durch Dr. Obrecht, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft, 4020 Linz, Lederergasse 21/P., gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres vom 27. Juni 2005,
1.
Zl. 141.169/12-III/4/05, 2. Zl. 141.169/13-III/4/05,
3.
Zl. 141.169/14-III/4/05 und 4. Zl. 141.169/15-III/4/05, jeweils betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund den Aufwand in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 27. Juni 2005 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführer sei mit seiner Familie (seiner Frau, der Zweitbeschwerdeführerin, und seinen beiden Kindern, der Drittbeschwerdeführerin und dem Viertbeschwerdeführer) am 27. Dezember 1999 nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 8. März 2000 abgewiesen worden sei. Eine dagegen eingebrachte Berufung sei vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 12. September 2001 rechtskräftig abgewiesen worden. Die Behandlung der dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde sei mit Beschluss vom 22. November 2001 abgelehnt worden. Am 11. Jänner 2002 habe der Erstbeschwerdeführer einen zweiten Asylantrag gestellt, diesen jedoch am 10. Mai 2002 unter gleichzeitiger Stellung eines Asylerstreckungsantrages in Bezug auf einen ebenfalls gleichzeitig eingebrachten Asylantrag der Zweitbeschwerdeführerin zurückgezogen. Der genannte Asylerstreckungsantrag sei vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. Jänner 2004 abgewiesen worden sei. Dagegen habe der Erstbeschwerdeführer Berufung erhoben. In der Folge habe er seinen Asylerstreckungsantrag aber zurückgezogen, worauf das Berufungsverfahren vom unabhängigen Bundesasylsenat am 5. Mai 2004 eingestellt worden sei. Am 9. Juni 2004 und am 12. August 2004 habe die belangte Behörde die Ersuchen des Bürgermeisters von Linz auf Zustimmung zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen (§ 19 Abs. 2 Z. 6 FrG) abgelehnt.
Der jeweilige "Asylantrag" der drei anderen Beschwerdeführer sei im Instanzenzug mit den Bescheiden des unabhängigen Bundesasylsenats vom 2. August 2001 rechtskräftig abgewiesen und die Behandlung der dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerden am 19. Dezember 2001 bzw. am 21. März 2002 abgelehnt worden. (Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass diesen Verfahren Asylerstreckungsanträge der genannten Beschwerdeführer zu Grunde gelegen sind.) Sie hätten am 10. Mai 2002 (eigene) Asylanträge gestellt, welchen das Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. Jänner 2004 (Zweitbeschwerdeführerin) bzw. 14. Jänner 2004 (Drittbeschwerdeführerin und Viertbeschwerdeführer) abgewiesen habe. Dagegen hätten sie Berufung erhoben, ihre Asylanträge aber später zurückgezogen, worauf die Berufungsverfahren vom unabhängigen Bundesasylsenat mit 5. Mai 2004 eingestellt worden seien. Am 9. Juni 2004 und am 12. August 2004 habe die belangte Behörde die Ersuchen des Bürgermeisters von Linz auf Zustimmung zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen (§ 19 Abs. 2 Z. 6 FrG) an die genannten Beschwerdeführer abgelehnt.
Zu den Ausführungen aller Beschwerdeführer zu den humanitären Gründen für die angestrebten Niederlassungsbewilligungen werde festgestellt, dass weder die Beurteilung von Asylgründen noch die Beurteilung einer eventuellen Abschiebung in das Heimatland der beschwerdeführenden Parteien in den Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde fallen würde. Diese Verfahren würden von den Asylbehörden und den Fremdenpolizeibehörden geführt. Auf Grund des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. September 2001, mit dem der Asylantrag des Erstbeschwerdeführers abgewiesen und festgestellt worden sei, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran gemäß § 8 AsylG zulässig sei, stehe fest, dass die vom Erstbeschwerdeführer im Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe nicht bestünden und er im Fall seiner Rückkehr in den Iran nicht im Sinn des § 57 Abs. 1 FrG gefährdet sei. Seine Ausführungen über den schwierigen Lebensalltag im Iran, die geschlechtsspezifische Rückkehrgefährdung der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin und die für Kinder unzumutbare "Gesamtlebenssituation" seien zu allgemein gehalten und würden "zu keiner tatsächlichen Wertung" seiner mutmaßlichen eigenen Lebensumstände im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG im Fall einer Rückkehr in den Iran herangezogen werden können.
Soweit sich die Zweitbeschwerdeführerin auf die vom Erstbeschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe berufe, sei sie auf dessen negativen Asylbescheid (vom 12. September 2001) zu verweisen. Zu den von ihr vorgebrachten eigenen Rückkehrgefährdungen werde festgehalten, dass die Asylbehörden auch diesbezüglich Fachbehörden seien und von der Richtigkeit deren Entscheidung ausgegangen werde. Das Bundesasylamt habe mit Bescheid vom 13. Jänner 2004 gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Zweitbeschwerdeführerin in den Iran festgestellt. Der unabhängige Bundesasylsenat habe mit dem den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheid vom 12. September 2001 ausgeführt, dass eine Gefährdung durch die Stellung eines Asylantrages auf Grund der amtsbekannten Verhältnisse im Iran nicht angenommen werden könne. Die Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin über den schwierigen Lebensalltag im Iran, die geschlechtsspezifische Rückkehrgefährdung der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin und die für Kinder unzumutbare "Gesamtlebenssituation" seien zu allgemein gehalten und würden "zu keiner tatsächlichen Wertung" ihrer mutmaßlichen eigenen Lebensumstände im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG im Falle einer Rückkehr in den Iran herangezogen werden können. Zudem habe es auch der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. März 2002 abgelehnt, ihre Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. August 2001 (betreffend den Asylerstreckungsantrag) zu behandeln. Aus dem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. September 2001 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) sei darüber hinaus ersichtlich, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Zug der Einvernahme des Erstbeschwerdeführers bekannt gegeben habe, keine eigenen Fluchtgründe zu haben. Ihren Asylantrag vom 10. Mai 2002 habe sie nach Erhalt des (negativen) erstinstanzlichen Bescheides vom 13. Jänner 2004 aus eigenem Willen zurückgezogen. Bezüglich der behaupteten psychischen Belastungen ihrer Kinder (Drittbeschwerdeführerin und Viertbeschwerdeführer) sei kein medizinisches Attest vorgelegt worden. Darüber hinaus könne den Ausführungen hinsichtlich des eintretenden "Kulturschocks" und der Frage der weiteren Persönlichkeitsentwicklung der Kinder, wenn diese mit ihren Eltern in den Iran abgeschoben würden, insofern nicht gefolgt werden, als die Kinder im Iran geboren seien und vor deren freiwilliger Einreise nach Österreich mehrere Jahre dort gelebt hätten. Zudem sei die längere Anwesenheit in Österreich offensichtlich auf die mehrmalige Stellung von Asylanträgen zurückzuführen.
Zu den von der Drittbeschwerdeführerin und dem Viertbeschwerdeführer behaupteten Rückkehrgefährdungen werde festgehalten, dass von der Richtigkeit der Entscheidungen der Asylbehörden ausgegangen werde. Das Bundesasylamt habe mit den Bescheiden vom 14. Jänner 2004 die Asylanträge der Drittbeschwerdeführerin und des Viertbeschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Der unabhängige Bundesasylsenat habe mit dem den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheid vom 12. September 2001 ausgeführt, dass eine Gefährdung durch die Stellung eines Asylantrages auf Grund der amtsbekannten Verhältnisse im Iran nicht angenommen werden könne. Die Ausführungen der Drittbeschwerdeführerin und des Viertbeschwerdeführers über den schwierigen Lebensalltag im Iran, die geschlechtsspezifische Rückkehrgefährdung der weiblichen Beschwerdeführer und die für sie als Kinder unzumutbare "Gesamtlebenssituation" seien zu allgemein gehalten und würden "zu keiner tatsächlichen Wertung" ihrer mutmaßlichen eigenen Lebensumstände im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG im Fall einer Rückkehr in den Iran herangezogen werden können. Zudem habe es auch der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. März 2002 abgelehnt, ihre Beschwerde gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. August 2001 (betreffend die Asylerstreckungsanträge) zu behandeln. Darüber hinaus hätten sie ihre Asylanträge vom 10. Mai 2002 nach Erhalt der (negativen) erstinstanzlichen Bescheide vom 14. Jänner 2004 aus eigenem Willen zurückgezogen. Zu deren Vorbringen, eine Rückkehr in den Iran würde ihre Persönlichkeitsentwicklung gefährden und der "Kulturschock" würde ihre Psyche treffen, sei festzustellen, dass bezüglich der erwähnten psychischen Belastungen keine medizinischen Atteste vorgelegt worden seien. Darüber hinaus könne den Ausführungen hinsichtlich des eintretenden "Kulturschocks" und der Frage ihrer weiteren Persönlichkeitsentwicklung, wenn sie mit ihren Eltern in den Iran abgeschoben würden, insofern nicht gefolgt werden, als die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer im Iran geboren seien und vor deren freiwilliger Einreise nach Österreich mehrere Jahre dort gelebt hätten. Zudem sei die längere Anwesenheit in Österreich offensichtlich auf die mehrmalige Stellung von Asylanträgen zurückzuführen.
Die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen seien gemäß § 14 Abs. 2 FrG abzuweisen, weil sie ihre Anträge vor der Einreise vom Ausland aus hätten stellen müssen.
2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit den Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 14 Abs. 2 erster und zweiter Satz FrG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitel dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht hätte erteilt werden können (§ 13 Abs. 3 FrG).
2. § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG eröffnet der Niederlassungsbehörde die Möglichkeit, von Amts wegen in ganz bestimmten Ausnahmefällen (nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG) von einer Abweisung eines im Inland gestellten Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung Abstand zu nehmen. § 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0195, und vom 8. September 2005, Zl. 2005/18/0512). Keine Grundlage, einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG anzunehmen, bieten hingegen die Dauer des Aufenthaltes eines Fremden in Österreich sowie seine Integration in den Arbeitsmarkt, ein Befreiungsschein, der Umstand dass ein Fremder seine im Heimatland lebende Familie unterstützen muss, ein in Österreich erworbener Pensionsanspruch und der damit verbundene Krankenversicherungsschutz, die Notwendigkeit der Finanzierung einer medizinischen Behandlung des Ehepartners oder - bei Fehlen eines aus Art. 8 EMRK abzuleitenden Anspruchs auf Familiennachzug -
die Ehe mit einem zum unbefristeten Aufenthalt in Österreich berechtigten Fremden (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 2006/18/0020).
3.1. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide machen die beschwerdeführenden Parteien geltend, sie seien aus besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Gründen berechtigt, ihre Anträge auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen im Inland zu stellen. Soweit sie zur Untermauerung dieser Ansicht "zunächst vollinhaltlich auf unsere bisherigen Ausführungen und Vorbringen" verweisen, ist ihnen zu entgegnen, dass Verweise auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren eingebrachten Schriftsatzes keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe darstellen und daher unbeachtlich sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2003, Zl. 2003/18/0160, mwN). In ihrer Beschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien geltend, sie hätten gar keine Möglichkeit gehabt, ihren Antrag vom Ausland aus zu stellen, weil sie von Schleppern in ein sicheres Land gebracht werden sollten. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin heben hervor, dass ihre Kinder, die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer, "beinahe zur Gänze ihr Leben in Österreich verbracht hatten und mit der hier herrschenden Kultur vertraut sind". Dies sei im Zusammenhang "mit den im Iran zu erwartenden Folgen der Maßnahme wegen der Flucht aus diesem Staat oder der Abkehr vom Islam, die eben durch das Verlassen des Iran zum Ausdruck kommt", zu berücksichtigen. Eine Rückkehr wäre "eine zu große Gefahr". Die Zukunft der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers wäre "sehr ungewiss und gefährlich". Der Verweis der belangten Behörde auf das Asylverfahren sei rechtswidrig.
3.2. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht, dass der Asylantrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. September 2001 rechtskräftig abgewiesen worden ist, wobei ausgesprochen wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in den Iran gemäß § 8 AsylG zulässig ist. Die Asylerstreckungsanträge der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin sowie des Viertbeschwerdeführers sind rechtskräftig abgewiesen worden. Der Erstbeschwerdeführer hat am 11. Jänner 2002 einen zweiten Asylantrag gestellt, den er am 10. Mai 2002 unter gleichzeitiger Stellung eines Asylerstreckungsantrages zurückgezogen hat. Dieser Asylerstreckungsantrag wurde erstinstanzlich am 14. Jänner 2004 abgewiesen, worauf er ihn - nach Erhebung der Berufung an den unabhängigen Bundesasylsenat - zurückgezogen hat. Die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin sowie der Viertbeschwerdeführer haben am 10. Mai 2002 Asylanträge gestellt, die mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 13. Jänner 2004 (Zweitbeschwerdeführerin) bzw. 14. Jänner 2004 (Drittbeschwerdeführerin und Viertbeschwerdeführer) erstinstanzlich abgewiesen worden sind. Darauf haben auch sie ihre Asylanträge am 14. Jänner 2004 zurückgezogen.
3.3. Auf Grund der rechtskräftigen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in seine Heimat im Rahmen der Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. September 2001 steht fest, dass er in seiner Heimat keiner Gefährdung oder Bedrohung im Sinn von § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG ausgesetzt ist, sofern nicht in den als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz für die Entscheidung über das Vorliegen eines humanitären Grundes in Form einer Gefährdung oder Bedrohung im Sinn von § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG zukommt. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, an den die für eine neuerliche Entscheidung positive Prognose anknüpfen kann (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2006/18/0020, mwN). Der unabhängige Bundesasylsenat hat seine Entscheidung über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in den Iran mit dem Fehlen einer Gefahr im Sinn des Art. 3 EMRK begründet. Dass ihm schon allein wegen der Stellung des Asylantrages Gefahr drohen würde, könne auf Grund der amtsbekannten Verhältnisse im Iran nicht angenommen werden. Der Erstbeschwerdeführer habe keine stichhaltigen Gründe im Sinn des § 57 Abs. 1 FrG vorbringen können. Die iranischen Behörden hätten bei verschiedenen Gelegenheiten bekannt gegeben, dass es allen Iranern, die das Land verlassen hätten und die nicht in terroristische Aktivitäten verwickelt wären, frei stehen würde zurückzukommen. Viele Iraner, die im Ausland lebten und keinen gültigen iranischen Reisepass hätten, würden freiwillig und ohne Schwierigkeiten auf Grund eines Passierscheines, der durch die iranische Auslandsvertretung ausgestellt würde, in den Iran reisen. Dass ein iranischer Staatsbürger in einem anderen Land Asyl beantragt hätte, würde von den iranischen Behörden nicht als politischer Akt angesehen und keine strafbare Handlung darstellen. Die iranischen Behörden würden die Ansicht vertreten, dass die große Mehrheit der iranischen Asylwerber versuchen würde, sich den schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen zu entziehen. Mit seinem Vorbringen hat der Erstbeschwerdeführer nicht aufgezeigt, inwieweit sich für ihn seit der Erlassung des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. September 2001 die Lebenssituation im Iran und damit die für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG maßgeblichen Sachverhaltselemente wesentlich geändert hätten. Von daher geht auch der Vorwurf des Erstbeschwerdeführers ins Leere, die belangte Behörde hätte Ermittlungen über seine besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG vornehmen müssen.
3.4. Auch bei der Beurteilung der Situation der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin sowie des Viertbeschwerdeführers kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Anbetracht der Ergebnisse der Asylverfahren dieser Beschwerdeführer sowie des Umstandes, dass sie ihre Asylanträge am 14. Jänner 2004 zurückgezogen haben, den Schluss gezogen hat, dass auch bei ihnen in Anbetracht fehlender Gefährdungen bzw. Notlagen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG keine besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG vorliegen. Im Bescheid vom 13. Jänner 2004 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin) weist das Bundesasylamt bei dem Ausspruch, dass deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran gemäß § 8 AsylG zulässig sei, begründend darauf hin, dass sich aus deren Vorbringen keine wie immer geartete Rückkehrgefährdung ergebe. Der pauschale Hinweis auf die allgemein herrschende Situation im Herkunftsstaat sowie die Beibringung von allgemein gehaltenen Berichten würde nicht ausreichen, um eine Bedrohung im Sinn des § 57 FrG darzutun. Die Würdigung der Ergebnisse der Asylverfahren der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin sowie des Viertbeschwerdeführers kann im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als unschlüssig beurteilt werden, zumal ein substantiiertes Vorbringen, das geeignet wäre, Zweifel an der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung zu erwecken, nicht erstattet wurde.
4. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde die unstrittig im Inland gestellten Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zutreffend gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen. Die Beschwerden waren demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. März 2006
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhaltsänderung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Zurückweisung wegen entschiedener Sache Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005180625.X00Im RIS seit
11.04.2006Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008