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L37169 Kanalabgabe Wien;Norm
B-VG Art7;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/17/0078Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden 1. des PA und
2. der UA, beide in Wien, beide vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwaltspartnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen die Bescheide der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien jeweils vom 12. Dezember 2002, Zlen. ABK - 172/02 (hg. Verfahren zur Zl. 2003/17/0077) und ABK - 173 und 174/02 (hg. Verfahren zur Zl. 2003/17/0078), beide betreffend Abwassergebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer übertrug mit Schenkungsvertrag vom 16. März 1998 das Eigentum an der Liegenschaft in Wien 14, W-Weg 7a, an die Zweitbeschwerdeführerin, seine Ehegattin.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2001 führte der Erstbeschwerdeführer in Beantwortung eines Vorhaltes gegenüber der Abgabenbehörde aus, dass sich an der genannten Liegenschaft ein (nicht benützter) Anschluss an den öffentlichen Schmutzwasserkanal befinde, welcher 1988 hergestellt worden sei. Dieser Kanalanschluss sei nur im Hinblick auf eine allfällige spätere Bebauung der Liegenschaft (zu der es bislang nicht gekommen sei) errichtet worden. Es seien daher lediglich eine abgemauerte Putzkammer und eine von der Putzkammer zum öffentlichen Kanal führende Kunststoffrohrleitung hergestellt worden (lt. Baubewilligungsakt). Dem Wasseranschluss auf der Liegenschaft werde Wasser ausschließlich zur Bewässerung des Gartens entnommen. Eine Hauswasserleitung existiere nicht. Dieser Sachverhalt sei auch durch die MA 45 vor Ort überprüft worden.
Mit Schreiben vom 12. November 2001 verwies die Zweitbeschwerdeführerin auf die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers.
In der Folge wurden dem Erstbeschwerdeführer für den Zeitraum 1. Jänner 1996 bis 15. März 1998 und der Zweitbeschwerdeführerin für den Zeitraum 16. März 1998 bis 17. April 2001 bescheidmäßig Abwassergebühren für die Einleitung von Abwässer von der genannten Liegenschaft in den öffentlichen Kanal vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufungen.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde jeweils nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen ausgeführt, es sei nur maßgebend, ob eine Einleitung in das öffentliche Kanalnetz theoretisch möglich sei, was aber bejaht werden müsse, wenn ein Kanalanschluss bis zum Schacht an der Grundstücksgrenze errichtet werde. Wenn aber ein Kanalanschluss bestehe, sei es unerheblich, ob dieser auch tatsächlich benützt werde. Die Gebührenpflicht entstehe gemäß § 15 KKG mit Anschluss des Grundbesitzes an einen öffentlichen Kanal. Nach der widerlegbaren Vermutung des § 12 Abs. 1 Z 1 KKG gelte die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene Wassermengen als in den öffentlichen Kanal abgegeben. Der Sachverhalt, dass die derart abgegebenen Wassermengen nicht in den öffentlichen Kanal gelangten, sei in § 13 Abs. 1 KKG geregelt. Eine Anwendung dieser Bestimmung komme jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil für die maßgebenden Kalenderjahre weit weniger als 100 m3 Wasser bezogen worden seien.
Gegen diesen Bescheid richten sich die Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Die Beschwerdeführer replizierten auf die Gegenschriften.
Wegen des sachlichen Zusammenhanges hat der Verwaltungsgerichtshof die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz 1978 (im Folgenden: KKG), LGBl. Nr. 2/1978 (§ 11 Abs. 1 idF LGBl. Nr. 45/2000 und § 13 Abs. 1 idF LGBl. Nr. 16/1994), lauten:
"II. Abschnitt
ABWASSERGEBÜHR
Gebührenpflicht und Ausmaß der Gebühr
§ 11. (1) Der Gebührenpflicht unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149) in einen öffentlichen Straßenkanal.
(2) Die Abwassergebühr ist nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Ermittlung der Abwassermenge
§ 12. (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten
1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene,
nach § 11 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien
Nr. 10, ermittelte Wassermenge und
2. bei Eigenwasserversorgung die im
Wasserrechtsbescheid festgestellte Wassermenge, deren Benutzung eingeräumt wurde (§ 111 Wasserrechtsgesetz 1959).
(2) Ist im Wasserrechtsbescheid das eingeräumte Maß der Wassernutzung nicht enthalten oder liegt eine nach dem Wasserrechtsgesetz nicht bewilligte Eigenwasserversorgung vor, ist die bezogene Wassermenge vom Magistrat unter Zugrundelegung der Verbrauchsmenge gleichartiger Wasserabnehmer zu schätzen. Diese Menge gilt als in den öffentlichen Kanal abgegeben.
(3) Besteht eine Wasserversorgung nach Abs. 1 oder Abs. 2, sind die aus einer zusätzlichen Eigenwasserversorgungsanlage bezogenen Wassermengen bei der Ermittlung der Abwassermenge nicht zu berücksichtigen, wenn diese nachweislich zur Gänze nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleitet werden.
(4) Der Gebührenschuldner kann bei Eigenwasserversorgung die Anbringung eines Wasserzählers zur Messung der entnommenen Wassermenge beantragen. Die vom Wasserzähler angezeigte Wassermenge gilt in diesen Fällen als in den öffentlichen Kanal abgegeben. Die §§ 11, 15 Abs. 3, § 20 Abs. 5 lit. a und § 27 des Wasserversorgungsgesetzes 1960 sind sinngemäß anzuwenden. Zusätzlich hat der Gebührenschuldner die Kosten der Anschaffung und Auswechslung des beigestellten Wasserzählers zu tragen. Verlangt der Gebührenschuldner die Beseitigung des Wasserzählers, sind ihm die vorgeschriebenen Anschaffungskosten, vermindert um 10 v. H. für jedes Kalenderjahr, in dem ein Wasserzähler beigestellt war, rückzuerstatten.
Herabsetzung der Abwassergebühr
§ 13. (1) Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.
…
Beginn und Ende der Gebührenpflicht
§ 15. (1) Die Gebührenpflicht beginnt bei Grundbesitz, der bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits an einen öffentlichen Kanal angeschlossen ist, am 1. Jänner 1979. Ansonsten beginnt die Gebührenpflicht mit Ablauf des Kalenderviertels, in dem der Grundbesitz an einen öffentlichen Kanal angeschlossen worden ist.
…
(3) Die Gebührenpflicht endet mit Ablauf des Kalenderviertels, in dem der Kanalanschluss beseitigt worden ist."
Unstrittig ist, dass die Liegenschaft der Beschwerdeführer an den öffentlichen Kanal angeschlossen ist und dass über diesen Kanal kein Abwasser entsorgt wird, weil das aus der öffentlichen Wasserversorgung bezogene Wasser zur Gänze zur Bewässerung des Gartens verwendet wird.
Die Beschwerdeführer vertreten unter Berufung auf § 11 Abs. 1 KKG, wonach der Gebührenpflicht die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern in einen öffentlichen Straßenkanal unterliege, die Auffassung, dass die Vorschreibung der Abwassergebühr mangels tatsächlicher Einleitung von Abwässern in den öffentlichen Kanal zu Unrecht erfolgt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 1993, Zl. 92/17/0259, in einem gleich gelagerten Fall ausgesprochen, dass die Gebührenpflicht gemäß § 15 KKG mit Anschluss des Grundbesitzes an einen öffentlichen Kanal entsteht und nach der widerlegbaren Vermutung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1985, Zl. 85/17/0008) des § 12 Abs. 1 Z 1 leg. cit. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien Nr. 10, ermittelte Wassermenge als in den öffentlichen Kanal abgegeben gilt. Der Sachverhalt, dass derart abgegebene Wassermengen nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist im § 13 Abs. 1 KKG geregelt.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch durch das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Auch im Beschwerdefall hat die belangte Behörde - von den Beschwerdeführern unbestritten - festgestellt, dass in den maßgebenden Kalenderjahren weit weniger als 100 m3 Wasser bezogen worden seien. Somit ist ihr auch darin zu folgen, dass die Anwendung des § 13 Abs. 1 KKG nicht in Betracht kommt, weil diese Mindestmenge nicht überschritten wurde.
Die Beschwerdeführer bestreiten auch grundsätzlich die Anwendbarkeit des § 13 KKG auf jenen Fall, dass auf einer Liegenschaft überhaupt kein Wasser in den öffentlichen Kanal gelangt.
Schon aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 KKG ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bei teilweiser Einleitung bezogenen Wassers in den öffentlichen Kanal ein Anspruch auf Herabsetzung der Abwassergebühr nach dieser Bestimmung bestünde. Die genannte Regelung sieht - abgesehen von den Mindestmengen - keinerlei Einschränkung ihrer Anwendbarkeit vor.
In seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1984, Zl. 83/17/0149, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, es wäre nicht sachgerecht, die Kanalgebühr bei gänzlichem Entfall der Einleitung von Abwässern in den öffentlichen Kanal mit Null zu bemessen, weil auch in diesem Fall die Gemeinde eine Leistung - nämlich die Bereithaltung der Ableitungsmöglichkeit - erbracht habe, für die eine (allenfalls reduzierte) Gebühr zu entrichten sei.
Wenn die Beschwerdeführer sich gegen diese Aussage mit dem Vorbringen wenden, für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an den öffentlichen Straßenkanal sei ohnehin gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 22/1995, eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten gewesen, so übersehen sie, dass diese Gebühr für die Herstellung eines Anschlusses, nicht aber für die sich zeitlich daran anschließende Leistungsbereithaltung, anfällt.
Dass dies - bei einer Menge wie der vorliegenden - keinen "fixen Grundbetrag" zur Folge hat, sondern eine Gebührenvorschreibung, die sich an der Menge des bezogenen Wassers orientiert, spricht noch nicht gegen diese Auslegung.
Auch aus dem Hinweis auf § 12 Abs. 3 KKG, welcher bei Vorliegen einer zusätzlichen Eigenwasserversorgungsanlage die Möglichkeit einer Reduktion der Abwassergebühr ohne Antragstellung und Grenzwerte vorsieht, lässt sich für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts gewinnen. Nach § 12 Abs. 3 KKG sind die Wassermengen, die aus einer Eigenwasserversorgungsanlage, welche neben der öffentlichen Wasserversorgung besteht, bezogen werden, bei der Ermittlung der Abwassermenge nicht zu berücksichtigen, wenn diese zusätzlichen Wassermengen nachweislich zur Gänze nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleitet werden. Das bedeutet aber, dass auch in diesem Fall jedenfalls eine Abwassergebühr zu entrichten ist, nämlich in Relation zu der von der öffentlichen Wasserversorgung bezogenen Wassermenge, allenfalls reduziert nach § 13 KKG.
Im hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1985, Zl. 85/17/0008, wird dazu ausgeführt, dass gegen die Verschiedenartigkeit der Verfahrensweisen nach § 12 Abs. 3 KKG und § 13 KKG sowie der Voraussetzungen bei der Berücksichtigung des Nachweises unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes keine Bedenken bestünden, weil im Falle des § 12 Abs. 3 KKG der Nachweis der Nichteinleitung von Eigenwasser in der Regel einfach zu erbringen sei. Entgegen dem Beschwerdevorbringen erlaubt allein die leichte Nachweisbarkeit der Nichteinbringung von Abwässern im Beschwerdefall noch keine analoge Anwendung des § 12 Abs. 3 KKG bzw. würde nach den obigen Ausführungen auch nicht zu einem gänzlichen Entfall der Abwassergebühren führen, weil § 12 Abs. 3 KKG eine "zusätzliche Eigenwasserversorgungsanlage" voraussetzt.
Den Beschwerdeführern kann auch nicht darin gefolgt werden, dass es in § 15 Abs. 1 und 3 KKG "lediglich um die Eingrenzung des Verrechnungszeitraumes, also um eine Vereinfachung der Gebührenberechnung geht". Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung regelt diese nämlich "Beginn und Ende der Gebührenpflicht", d.h. die Entstehung des Abgabenanspruches bei Anschluss des Grundbesitzes an einen öffentlichen Kanal und seine Beendigung durch Beseitigung des Kanalanschlusses. Es ist im Beschwerdefall unbestritten, dass die Liegenschaft der Beschwerdeführer während des gesamten Abgabenzeitraumes an einem öffentlichen Kanal angeschlossen gewesen ist.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 20. März 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003170077.X00Im RIS seit
19.04.2006