TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/20 2005/17/0230

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Veröffentlicht am 20.03.2006
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Index

E1E;
E6J;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
55 Wirtschaftslenkung;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E028 EG Art28;
11997E087 EG Art87;
11997E088 EG Art88 Abs3;
11997E088 EG Art88;
11997E234 EG Art234;
61978CJ0177 Pigs and Bacon Commission VORAB;
61982CJ0222 Apple and Pear Development Council VORAB;
62000CJ0325 Kommission / Deutschland;
62001CJ0261 van Calster VORAB;
62002CJ0006 Kommission / Frankreich;
62002CJ0174 Streekgewest Westelijk Noord-Brabant VORAB;
62002CJ0345 Pearle VORAB;
62004CJ0266 Nazairdis VORAB;
AMA-Gesetz 1992 §21a;
AMA-Gesetz 1992 §21j Abs1;
BAO §289;
MRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2005/17/0237 E 20. März 2006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der T GmbH in F, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 8. September 2005, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0853- I/7/2005, betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Juli 2004 und Aussetzung des Verfahrens betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen in der Höhe von EUR 2.001,70 für die Schlachtung von Rindern, Kälbern, Schweinen, Lämmern und Schafen im Beitragszeitraum Juli 2004 gemäß § 21a ff AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, abgewiesen.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Vorschreibung eines zehnprozentigen Erhöhungsbetrages gemäß § 21g Abs. 3 AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, stattgegeben.

Mit Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides wurden Verfahren über Berufungen gegen die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Zeiträume von März 1998 bis Juni 2004 gemäß § 281 BAO ausgesetzt.

1.2. Begründend führt die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1. aus, dass die Rechtslage durch die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens für Beitragszeiträume ab dem 1. Juli 2004 geklärt sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zlen. 2005/17/0070 bis 0073).

Hinsichtlich der Aussetzung einer Reihe von Verfahren für Beitragszeiträume zwischen März 1998 und Juni 2004 verweist die belangte Behörde mit näherer Begründung darauf, dass das noch vor der Kommission laufende Verfahren NN 34/2000 für die Entscheidungen über Berufungen für Beitragszeiträume vor Juli 2004 maßgeblich sei. Es sei vor allem der Aspekt entscheidend, ob überhaupt eine Beihilfe vorliege und wenn ja, wie weit diese unzulässig sei. Für Beitragszeiträume ab März 2003 bis Juni 2004 sei entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 21. März 2005, Zl. 2004/17/0237, die Frage des Durchführungsverbots gemäß Art. 88 Abs. 3 EG relevant. Analog zu dem beim EuGH in den Verfahren betreffend die Energieabgabenrückvergütung anhängigen Vorabentscheidungsverfahren, Rechtssache C-368/04, sei eine Klärung notwendig, da keine Entscheidung der Kommission nach Art. 87 Abs. 2 oder 3 EG vorliege, sondern die Mitteilung, dass die Kommission keine Einwände gegen die Maßnahme habe (Unbedenklichkeitsbescheinigung) und somit Beitragszeiträume nach der Anmeldung lägen, da die Kommission als Behörde bzw. der EuGH als Gericht als Institution im Sinne des § 281 Abs. 1 BAO anzusehen seien. Die Aussetzung der Entscheidung über die Beitragszeiträume vor Juli 2004 erfolge bis zur Entscheidung der Kommission im Verfahren NN 34/2000, hinsichtlich der Beitragszeiträume ab März 2003 bis Juni 2004 werde jedenfalls bis zur Entscheidung über das Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache C-368/04 ausgesetzt.

1.3. Gegen Spruchpunkt 1. und (Teile des) Spruchpunktes 3. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der insbesondere die Verletzung im Recht auf vorrangige Anwendung des Gemeinschaftsrechts geltend gemacht wird. Bei richtiger Anwendung des Gemeinschaftsrechtes hätten der beschwerdeführenden Partei keine Agrarmarketingbeiträge vorgeschrieben werden dürfen. Die beschwerdeführende Partei sei insbesondere in ihrem Recht auf Schutz durch nationale Behörden und Gerichte gegen Verletzungen des gemeinschaftsrechtlichen Durchführungsverbots betreffend staatliche Beihilfen verletzt.

Hinsichtlich Spruchpunkt 3. richtet sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Aussetzung von Berufungsverfahren betreffend die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Zeiträume bis 2002. Die beschwerdeführende Partei wendet sich diesbezüglich gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Aussetzungsbescheides, nachdem in den einzelnen Verfahren, auf welche sich die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 3. bezieht, auf Grund der Säumnis der belangten Behörde bereits Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 B-VG erhoben worden war und der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 1 VwGG das Vorverfahren über die Säumnisbeschwerde eingeleitet hatte.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die beschwerdeführende Partei hat eine Replik zur Gegenschrift erstattet.

1.5. Hervorzuheben ist im Zusammenhang mit der Argumentation der beschwerdeführenden Partei weiters, dass zur Zl. T-375/04 vor dem Gericht erster Instanz eine Klage gegen die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000), anhängig ist. Die beschwerdeführende Partei ist - wie in der Replik im Gegensatz zur Beschwerde zutreffend ausgeführt wird - Klägerin in diesem Verfahren.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zur Aussetzung von Verfahren betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen:

2.1.1. Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides wird mit der vorliegenden Beschwerde ausdrücklich nur insoweit bekämpft wird, als es sich um Verfahren betreffend die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Zeiträume bis Jänner 2002 handelt.

Auf die Argumentation der belangten Behörde hinsichtlich der Aussetzung von Verfahren, die spätere Beitragszeiträume betreffen, braucht daher im vorliegenden Zusammenhang nicht eingegangen werden.

2.1.2. Die Aussetzung der Berufungsverfahren betreffend die Vorschreibung des Agrarmarketingbeitrages für Zeiträume bis Jänner 2002 wird ausschließlich unter Hinweis auf die Unzuständigkeit der belangten Behörde bekämpft. Wie in dem hg. Verfahren zur Zl. 2005/17/0231 bis 0233 stützt sich diese Auffassung darauf, dass nach der Einleitung des Vorverfahrens über eine Säumnisbeschwerde in dem jeweiligen Berufungsverfahren die belangte Behörde nicht mehr zur Erlassung eines Aussetzungsbescheides nach § 281 BAO zuständig gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2006, Zlen. 2005/17/0231 bis 0233, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, festgestellt hat, trifft der genannte Einwand nicht zu.

2.1.3. Die belangte Behörde hat die Aussetzung im vorliegenden Fall einerseits bis zur Entscheidung der Kommission im Verfahren NN 34/2000, andererseits, nämlich für Beitragszeiträume ab März 2003 bis Juni 2004, "jedenfalls" bis zur Entscheidung im Verfahren vor dem EuGH in der Rechtssache C-368/04 vorgenommen.

Diese zweifache Begründung der Aussetzung ist jedoch angesichts der eingeschränkten Anfechtung des Spruchpunktes 3. im vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung.

Da mit der vorliegenden Beschwerde die Aussetzung nur für Zeiträume bis Jänner 2002 bekämpft wird, braucht nicht näher auf die Frage eingegangen werden, welche Bedeutung diese Aussetzung im Hinblick auf zwei verschiedene Verfahren hat. Es braucht auch nicht geprüft werden, welche Bedeutung die Verwendung des Wortes "jedenfalls" hat und welche Auswirkung diese "doppelte" Aussetzung in jenen Fällen hat, für welche die Entscheidung im Verfahren NN 34/2000 keine Bedeutung haben kann (dieses Verfahren betrifft nur den Zeitraum bis September 2002; es ist daher nicht ersichtlich, welche Auswirkung die Entscheidung der Kommission in diesem Verfahren für die Erhebung der Agrarmarketingbeiträge für Bemessungszeiträume ab September 2002 haben könnte, für welche die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000), vorliegt).

2.1.4. Aus dem Vorgesagten folgt, dass die beschwerdeführende Partei durch Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheids im Umfang seiner Anfechtung weder durch die geltend gemachte, noch durch eine vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem wahrzunehmende Rechtswidrigkeit in ihren Rechten verletzt wurde.

2.1.5. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist aber ergänzend zu der Begründung der belangten Behörde für die (nach dem eben Gesagten im Beschwerdefall mangels Anfechtung durch die beschwerdeführende Partei hinsichtlich der Aussetzung von Verfahren betreffend spätere Zeiträume nicht relevante) Differenzierung zwischen Zeiträumen vor und nach März 2003 auch noch auf Folgendes hinzuweisen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem von der belangten Behörde genannten Erkenntnis vom 21. März 2005, Zl. 2004/17/0237, darauf hingewiesen, dass sich auch für Zeiträume nach dem 8. März 2003, an dem das Schreiben an die Kommission erging, welches diese als Anmeldung der staatlichen Beihilfe qualifizierte, die Frage der Wirkung des Durchführungsverbotes stelle. Ungeachtet der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, könnte im Sinne der Fragestellungen, die im Verfahren vor dem EuGH in der Rechtssache C-368/04 vom Verwaltungsgerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt wurden, das Durchführungsverbot auch nach diesem Zeitpunkt wirken. Dieser Hinweis sollte nicht bedeuten, dass die Rechtslage gemeinschaftsrechtlich für die Zeit zwischen dem September 2002 und März 2003 anders zu beurteilen sei. Die im Verfahren vor dem EuGH in der Rechtssache C-368/04 zu klärende Frage geht dahin, ob das Durchführungsverbot auch für die vor der Entscheidung der Kommission liegenden Zeiträume weiter zu beachten wäre, obwohl die Kommission für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt hat. Dieser Zeitraum beginnt im vorliegenden Fall (soferne das gemeinschaftsrechtliche Beihilfenrecht auch auf die Erhebungsseite, hier: die Erhebung der Agrarmarketingbeiträge anwendbar ist, dazu siehe unter Punkt 2.2.) nach der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004 mit dem 26. September 2002. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis, Zl. 2004/17/0237, auch deutlich gemacht, dass die dort beschwerdegegenständlichen Beitragszeiträume sowohl die Zeit vor als auch nach dem 8. März 2003 betrafen und dass sich die Frage der weiteren Wirkung des Durchführungsverbots trotz der Entscheidung der Kommission sowohl für die Zeit vor als auch nach dem 8. März 2003 stelle.

2.2. Zur Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für den Beitragszeitraum Juli 2004:

2.2.1. Die beschwerdeführende Partei macht gegen die Vorschreibung des Agrarmarketingbeitrages für Juli 2004 - wie die Beschwerdeführer in einer ganzen Reihe von vergleichbaren Verfahren betreffend die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen - geltend, dass sie im Recht auf vorrangige Anwendung des Gemeinschaftsrechts verletzt sei. Die beschwerdeführende Partei werde zur Finanzierung einer dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Werbekampagne herangezogen, deren Nutzen bestimmten Mitbewerbern und einzelnen Handelsbetrieben zugute komme, die mit den Abnehmern der beschwerdeführenden Partei in direktem Konkurrenzverhältnis stünden. Die beschwerdeführende Partei führt dieses beihilfenrechtliche Vorbringen in der Beschwerde detailliert aus. Darüber hinaus wird in der Beschwerde geltend gemacht, dass die Werbekampagnen dem Verbot des Art. 28 EG "und der einschlägigen Entscheidungspraxis von Kommission und EuGH" widersprächen.

2.2.2. Zum beihilfenrechtlichen Vorbringen:

Zum gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund der beihilfenrechtlichen Problematik der Einhebung von Agrarmarketingbeiträgen ist zunächst auf die Ausführungen in den hg. Erkenntnissen vom 20. März 2003, Zl. 2000/17/0084, und vom 1. Juli 2005, Zlen. 2005/17/0070 bis 0073, zu verweisen.

Das letztgenannte Erkenntnis betraf ebenfalls die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für die Zeit nach der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin.

Für den vorliegenden Zusammenhang ist im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des EuGH daran zu erinnern, dass der Ausgangspunkt der beihilfenrechtlichen Überlegungen in den genannten Verfahren und auch in einer Reihe von weiteren Verfahren, über welche im Frühjahr 2003 nach Ergehen des genannten Erkenntnisses vom 20. März 2003 entschieden wurde, die Rechtsprechung des EuGH zur Anwendbarkeit des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenrechts, insbesondere des Durchführungsverbots gemäß Art. 88 Abs. 3 EG, auch in jenen Fällen war, in denen eine Abgabe oder ein Beitrag auf Grund eines unmittelbaren Zusammenhangs mit der Durchführung von Maßnahmen, die sich als staatliche Beihilfe darstellten, ebenfalls dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenrecht unterlag (vgl. etwa die Urteile des EuGH vom 21. Oktober 2003, Rs C-261/01 und C-262/01, Van Calster, Rdnr. 49 ff, vom 15. Juli 2004, Rs C-345/02, Pearle BV, Rdnr. 29, oder vom 13. Jänner 2005, Rs C-174/02, Streekgewest Westelijk Noord-Brabant, Rdnr. 22 ff). Nach dieser Rechtsprechung muss die Untersuchung einer Beihilfenmaßnahme durch die Kommission notwendigerweise auch die Finanzierungsweise der Beihilfe berücksichtigen, wenn diese Finanzierungsweise Bestandteil der Maßnahme ist (EuGH, Rs Van Calster, a.a.O., Rdnr. 49). Die sich aus dieser Rechtsprechung ergebenden Folgeprobleme, wie die Frage, welche Auswirkung eine Entscheidung der Kommission, mit der die Unbedenklichkeit einer staatlichen Maßnahme oder mit der die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Art. 87 EG festgestellt wird, für Zeiträume vor dieser Feststellung (auch wenn die Feststellung ausdrücklich für diese früheren Zeiträume getroffen wurde) hat, und die Frage, inwieweit das nationale Gericht eine diesbezügliche Entscheidung der Kommission seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat, oder ob und unter welchen Voraussetzungen eine Unterbrechung des Verfahrens und Vorlage der Frage der allfälligen Nichtigkeit der Entscheidung der Kommission gemäß Art. 234 EG an den EuGH zu erfolgen hat, hängen unmittelbar mit der Frage zusammen, ob im konkreten Fall ein entsprechender "Verwendungszusammenhang" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorliegt, sodass es überhaupt grundsätzlich zur Anwendung des Beihilfenrechts zu kommen hat (sodass das Durchführungsverbot nach Art. 88 Abs. 3 EG zu beachten ist). Liegt keine derartiger Verwendungszusammenhang vor, erübrigen sich die genannten Fragen.

Im Urteil vom 27. Oktober 2005, verbundene Rechtssachen C- 266/04 bis C-270/05, C-276/04 und C-321/04 bis C-325/04, Nazairdis SAS, u.a., hat der EuGH nunmehr Klarstellungen zur Frage getroffen, wann ein derartiger Verwendungszusammenhang anzunehmen ist. Der Gerichtshof präzisiert damit seine bereits im Urteil in der Rechtssache Streekgewest Westelijk Noord-Brabant (Rdnr. 26) enthaltene Aussage, dass eine Abgabe dann als Bestandteil einer Beihilfenmaßnahme angesehen werden kann, wenn zwischen der Abgabe und der Beihilfe notwendig ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehe, dass das Abgabenaufkommen notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet werde.

In diesen Verfahren war eine nationale Abgabe zu beurteilen, die zur Finanzierung einer besonderen Ausgleichsbeihilfe zu Gunsten bestimmter Kaufleute und Handwerker ("Abgangsentschädigung") verwendet wurde (und überdies nur von Unternehmen ab einer bestimmten Größe eingehoben wurde; dieser Aspekt kann hier mangels analoger Einschränkungen bei der Vorschreibung der Agrarmarketingbeiträge außer Betracht bleiben; im Übrigen kam aber der EuGH auch diesbezüglich zum Ergebnis, dass insofern keine staatliche Beihilfe vorliege, und verwies insbesondere auf das Urteil vom 20. September 2001, Rs C-390/98, Banks). Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens hatten geltend gemacht, dass zwischen der streitigen Abgabe und den mit dieser Abgabe finanzierten Maßnahmen ein zwingender Zusammenhang im Sinne der Rechtsprechung des EuGH gegeben sei. Das Aufkommen aus der Abgabe werde nicht der Staatskasse zugeführt. Es sei vielmehr die Regelung, durch welche die Abgabe eingeführt worden sei, spezifisch darauf gerichtet, Unterstützungsmaßnahmen zu Gunsten bestimmter Gruppen von Kaufleuten zu finanzieren, die sich gegenüber den Abgabepflichtigen in einem Wettbewerbsverhältnis befänden. Der Vorwurf in diesem Verfahren deckte sich insofern mit dem Vorbringen im Beschwerdefall, es werde ein verpflichtend eingehobener Beitrag so verwendet, dass sich eine Beihilfe für die begünstigten Unternehmen (die auch Beitragszahler sind) ergebe, die im Wettbewerb mit der Beschwerdeführerin stünden.

Zu diesem Vorbringen stellte der EuGH fest (Rdnr. 48), dass die Finanzierung dieser Maßnahme nach den streitigen Rechtsvorschriften durch die in Rede stehende Abgabe erfolge. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen im Ausgangsverfahren lasse die nationale Regelung jedoch keinen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und der Abgangsentschädigung erkennen. Die Höhe der den Kaufleuten bzw. Handwerkern tatsächlich gezahlten Entschädigung hänge nicht vom Aufkommen aus der Abgabe ab, sondern werde gemäß einer näher genannten Regelung durch den örtlichen Ausschuss in den durch eine Ministerialverordnung festgelegten Grenzen nach den Merkmalen, die die Lage des jeweiligen Antragstellers kennzeichneten und insbesondere nach dem Stand seiner Mittel und seiner Belastungen festgesetzt. Die streitige nationale Regelung unterscheide sich somit von jener Regelung, die in der Rechtssache, welche Anlass zu dem Urteil vom 25. Juni 1970, Rs 47/69, Frankreich/Kommission, gegeben habe und die vorgesehen habe, dass die durch sie eingeführte Beihilfe mit der Zunahme des Ertrags der Abgabe anstieg.

Auch nach jener Regelung, die in der Rechtssache, welche Anlass zum Urteil Enirisorse (Urteil vom 27. November 2003, Rs C-34/01 bis C-38/01) gegeben habe, habe das Aufkommen aus der Abgabe unmittelbar Einfluss auf den Umfang der gewährten wirtschaftlichen Vergünstigung gehabt (Rdnr. 51). In jener Rechtssache habe die nationale Regelung nämlich ausdrücklich vorgesehen, dass zwei Drittel des Ertrags aus der Abgabe an ein spezifisches Hafenunternehmen gezahlt werden sollten. Dagegen bestünde in den Ausgangsverfahren kein Zusammenhang zwischen dem Aufkommen aus der Abgabe und der Höhe der Abgangsentschädigung, die Kaufleuten und Handwerkern gewährt werde, die ihre Tätigkeit endgültig aufgäben (Rdnr. 52). Die streitige nationale Regelung lege die Höhe der Abgangsentschädigung nämlich unabhängig von dem Aufkommen aus der Abgabe zwischen einem Mindestwert und einem Höchstwert fest. Es sei dann Sache des örtlichen Ausschusses, die Höhe der Abgangsentschädigung allein nach der persönlichen Lage der betroffenen Kaufleute und Handwerker zu bestimmen. Da das Aufkommen aus der Abgabe keinen Einfluss auf den Umfang der den Kaufleuten und den Handwerkern als Abgangsentschädigung gewährten Vergünstigung habe, fehle es an einem zwingenden Zusammenhang im Sinne der Rechtsprechung wie etwa im Urteil in der Rechtssache Streekgewest Westelijk Noord-Brabant.

Der EuGH resümiert sodann (Rdnr. 53), dass die eventuelle Rechtswidrigkeit der Abgangsentschädigung im Hinblick auf die Vorschriften des Vertrages über staatliche Beihilfen somit die Rechtmäßigkeit der geprüften Abgabe nicht berühren könne.

Aus den Ausführungen des EuGH im Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS folgt, dass der EuGH davon ausgeht, dass ein so genannter Verwendungszusammenhang im Sinne seiner oben zitierten Rechtsprechung nicht schon dann vorliegt, wenn nachweisbar ist, dass eine Maßnahme, die eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 EG darstellt, ausschließlich oder überwiegend aus dem Aufkommen einer bestimmten Abgabe finanziert wird. Der EuGH stellt vielmehr präzisierend darauf ab, ob sich die gemeinschaftsrechtswidrige Verwendung unmittelbar auf die nationale Vorschrift, welche die Abgabe regelt, zurückführen lässt oder nicht. Wenn sich die allfällige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit im Hinblick auf das Beihilfenrecht nicht auf die gesetzliche Regelung (im vorliegenden Fall das AMA-Gesetz 1992 oder die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen) zurückführen lasse, liege kein derartiger Verwendungszusammenhang vor.

Das Beschwerdevorbringen geht dahin, dass durch die faktische Durchführung der Werbekampagnen und die nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei damit erfolgende Bevorzugung bestimmter Mitbewerber eine staatliche Beihilfe vorliege.

Eine solcherart allenfalls selektive Mittelverwendung ergibt sich jedoch im Beschwerdefall nicht aus Vorschriften des AMA-Gesetzes 1992 oder aus Durchführungsverordnungen zum AMA-Gesetz 1992.

Gemäß § 21j Abs. 1 AMA-Gesetz 1992 ist der Agrarmarketingbeitrag eine Einnahme der AMA, die für die Deckung der Verwaltungskosten, die durch die Beitragserhebung erwachsen (§ 21j Abs. 1 AMA-Gesetz 1992) sowie für die in § 21a AMA-Gesetz 1992 genannten Zwecke zu verwenden ist.

§ 21a AMA-Gesetz 1992 lautet:

"§ 21a. Der Agrarmarketingbeitrag (im folgenden Beitrag genannt) wird für folgende Zwecke erhoben:

1. zur Förderung und Sicherung des Absatzes von inländischen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und daraus hergestellten Erzeugnissen;

2. zur Erschließung und Pflege von Märkten für diese Erzeugnisse im In- und Ausland;

3.

zur Verbesserung des Vertriebs dieser Erzeugnisse;

4.

zur Förderung von allgemeinen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und -sicherung bezüglich dieser Erzeugnisse (insbesondere der entsprechenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse) sowie zur Vermittlung von für die Verbraucher relevanten Informationen hinsichtlich Qualität und sonstiger Produkteigenschaften dieser Erzeugnisse;

              5.              zur Förderung sonstiger Marketingmaßnahmen (insbesondere damit zusammenhängen der Serviceleistungen und Personalkosten)."

Der nach Abzug der Verwaltungskosten verbleibende Betrag wird der AMA Marketing GmbH und der Österreichischen Weinmarketingservice GmbH für die Durchführung von Marketingmaßnahmen zur Verfügung gestellt (vgl. Norer in:

Norer (Hrsg.), Handbuch des Agrarrechts, 2005, 34).

Gemäß § 21d Abs. 1 AMA-Gesetz 1992 hat die AMA jährlich bis Ende Oktober für das nächstfolgende Kalenderjahr durch Verordnung die Beitragshöhe festzusetzen; das Gesetz enthält diesbezüglich allgemeine Determinanten in § 21d Abs. 1 sowie Höchstsätze in § 21d Abs. 2.

Es ist daher nunmehr durch den EuGH klargestellt, dass im Zusammenhang mit der Erhebung des Agrarmarketingbeitrages nach den §§ 21a ff AMA-Gesetz 1992 kein Verwendungszusammenhang im oben dargestellten Sinn gegeben ist.

Wie sich aus dem dargestellten Urteil vom 27. Oktober 2005 in der Rechtssache Nazairdis SAS ergibt, liegt hinsichtlich der Agrarmarketingbeiträge kein Fall vor, in welchem sich die allfällige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Durchführung der Werbemaßnahmen durch die AMA und das mit der Durchführung der Werbemaßnahmen betraute Unternehmen insoweit auf die Seite der Abgabenerhebung auswirkte, dass auch die Abgabenerhebung unter das Beihilfenrecht des EG-Vertrages falle.

Daraus folgt jedoch, dass auf die Ausführungen in der Beschwerde und in der mittlerweile erstatteten Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde, die weiterhin von der Annahme eines derartigen Verwendungszusammenhanges ausgehen, nicht näher einzugehen ist.

Zu diesen Fragen zählt insbesondere die Problematik, inwieweit durch die durchgeführten Werbemaßnahmen eine beihilfenrechtlich relevante Selektivität vorliegt. Die beschwerdeführende Partei wendet sich insbesondere gegen die von der Kommission zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und erachtet das vorliegende Verfahren in diesem Zusammenhang als mangelhaft. Angesichts der dargestellten Klarstellung der Rechtslage durch den EuGH ist es jedoch nicht von Belang, ob und inwieweit die Kommission bei ihrer Entscheidung vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000), von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Auch die Frage, ob überhaupt eine Bindungswirkung dieser Entscheidung gegeben sei, wenn die Kommission nicht jene Sachverhalte ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat oder zu Grunde legen konnte, von welchen die beschwerdeführende Partei ausgeht, ist nicht von Relevanz, wenn das allfällige Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, die allenfalls (entgegen der Entscheidung der Kommission) nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar wäre oder (weil es sich um eine Maßnahme handelte, die der Kommission gerade nicht zur Beurteilung vorlag) für welche das Durchführungsverbot gälte, für die Erhebungsseite, um die es im vorliegenden Fall der Erhebung von Agrarmarketingbeiträgen allein geht, nicht von Bedeutung ist.

Die genannten Fragen stellen sich nicht, wenn das Durchführungsverbot für die Erhebung des in Rede stehenden Beitrags mangels des nach der Rechtsprechung erforderlichen Verwendungszusammenhanges nicht eingreift. Es erübrigen sich daher weitere Sachverhaltsfeststellungen zur Verwendung der Agrarmarketingbeiträge.

Es ist daher aber auch nicht neuerlich auf die Frage einzugehen, ob entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofes im genannten Erkenntnis vom 1. Juli 2005 sehr wohl eine Aussetzung des Verfahrens und Antragstellung an den EuGH gemäß Art. 234 EG betreffend die Nichtigkeit der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004 vorzunehmen wäre. Wenn die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000), ausschließlich Bedeutung für die Frage hat, ob die Verwendung der Mittel entsprechend dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenrecht erfolgte oder erfolgt, und das Vorliegen einer allfälligen unzulässigen staatlichen Beihilfe für die Erhebungsseite nicht von Relevanz ist, ist auch der Ausgang des Verfahrens vor dem Gericht erster Instanz betreffend diese Entscheidung nicht präjudiziell im vorliegenden Verfahren.

Es stellt sich damit schließlich auch nicht die Frage, in welchem Ausmaß der nationale Richter von der Unzulässigkeit des eingehobenen Beitrages auszugehen hätte (sofern nur eine teilweise Verwendung für eine nach Gemeinschaftsrecht unzulässige Maßnahme vorliegen sollte). Wie der EuGH mehrfach verdeutlicht hat, bewirkt die teilweise Unzulässigkeit der Mittelverwendung selbst in jenen Fällen, in denen der unmittelbare Zusammenhang mit der Finanzierung der Beihilfe zu bejahen ist, nicht, dass eine vollständige Rückzahlung der Beiträge anzuordnen wäre (in der im Beschwerdefall vorliegenden Fallgestaltung: dass die Vorschreibung des Beitrages zur Gänze zu entfallen hätte; vgl. dazu auch die weiteren Überlegungen von Generalanwalt Ruiz Colomer, Schlussanträge vom 11. März 2004, Rs C-345/02, Pearle BV).

Letztlich sind auf Grund des mangelnden Verwendungszusammenhanges auch die Beweisanträge zur Frage der Anmeldung der Maßnahmen obsolet.

Soweit in der Beschwerde darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, dass Spruchpunkt 1. unklar sei und auch die Rechtsgrundlagen für die Beitragsvorschreibung nicht ausreichend nenne, ist auf Folgendes zu verweisen:

Die belangte Behörde hat mit Spruchpunkt 1. die Berufung gegen die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen in Höhe von EUR 2.001,70 für die Schlachtung von Rindern, Kälbern, Schweinen, Lämmern und Schafen im Beitragszeitraum Juli 2004 gemäß §§ 21a ff AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001 abgewiesen.

Ungeachtet des Umstandes, dass damit nicht ausdrücklich auf einen bestimmten erstinstanzlichen Bescheid, der nach Datum und Geschäftszahl spezifiziert würde, Bezug genommen wird, ergibt sich aus der Nennung des Inhalts des Bescheides (Vorschreibung eines konkreten Beitrags für einen bestimmten Zeitraum), der mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Vorstands für den Geschäftsbereich I der AMA vom 1. Oktober 2004, Zl. I/2/5- amb/2004, übereinstimmt, mit hinreichender Deutlichkeit, über welche Berufung die belangte Behörde entschieden hat.

Da in der Abweisung einer Berufung gegen einen Abgabenbescheid die Erlassung eines mit dem erstinstanzlichen Bescheides inhaltsgleichen Bescheides liegt (Ritz, Bundesabgabenordnung - Kommentar3, § 289, Rz 47), konnte die belangte Behörde bei der Erledigung der Berufung sich darauf beschränken, die Berufung abzuweisen.

2.2.3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art. 28 EG:

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend eines Verstoßes der §§ 21a ff AMA-Gesetz 1992 gegen Art. 28 EG ist zunächst daran zu erinnern, dass der Ausgangspunkt für Bedenken gegen die Einhebung eines möglicherweise gemeinschaftsrechtswidrig verwendeten Beitrages die Auffassung des EuGH im Urteil vom 13. Dezember 1983, Rs 222/82, Apple and Pear Development Council, ist. Der EuGH hat in diesem Urteil ausgeführt, dass die gemeinschaftsrechtswidrige Verwendung des Ertrages von Abgaben oder Pflichtbeiträgen (und zwar nicht im Hinblick auf das Beihilfenrecht, sondern im damaligen Fall im Hinblick auf Art. 28 EG sowie das gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht) auch die Zulässigkeit ihrer Einhebung tangieren kann.

Der EuGH hat somit die später auch im Zusammenhang mit dem Beihilfenrecht verwendete Überlegung, dass bei einem entsprechenden Zusammenhang zwischen Beitragserhebung und Verwendung der Abgabe eine gemeinschaftsrechtswidrige Verwendung der aufgebrachten Geldmittel auch Auswirkungen auf die Erhebungsseite habe (bzw. haben könne), schon im Zusammenhang mit der Prüfung, ob ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit vorliege, angestellt. Aus diesem Grund könnte ein Verstoß gegen Art. 28 EG oder die Marktordnungsregelungen des Gemeinschaftsrechts auch Auswirkungen auf die Erhebung der Agrarmarketingbeiträge haben.

Da sich das oben genannte Urteil vom 27. Oktober 2005 in der Rechtssache Nazairdis (nur) auf eine beihilfenrechtliche Problematik bezieht und die Klarstellung zum Verwendungszusammenhang daher nur die Frage der Anwendbarkeit des Beihilfenrechts auf die Vorschriften über die Abgabenerhebung betrifft, lassen sich aus diesem Urteil noch keine unmittelbaren und endgültigen Schlüsse für das Problem einer gemeinschaftsrechtswidrigen Verwendung eines Beitrages allgemein ziehen.

Wenngleich es nicht ausgeschlossen erscheint, dass der EuGH seine Position auch in dieser Frage überdenken könnte und die (anteilige) Unzulässigkeit der Beitragserhebung bei (teilweiser) gemeinschaftsrechtswidriger Verwendung des Beitragsaufkommens nicht mehr in jedem Fall annehmen würde (sondern ebenfalls nur bei einem qualifizierten Verwendungszusammenhang in dem in der Rechtssache Nazairdis umschriebenen Sinn), ist mangels ausdrücklicher diesbezüglicher Aussagen in diese Richtung vorderhand noch von jener Rechtslage auszugehen, wie sie der EuGH im genannten Urteil in der Rechtssache Apple and Pear Development Council und im Urteil vom 26. Juni 1979, Rs 177/78, Pigs and Bacon, Rdnr. 21, dargestellt hat (vgl. dazu Eilmansberger, Agrarmarketingbeiträge und Gemeinschaftsrecht, ZfV 2003, 535 (540)). Auch unter Heranziehung dieser Rechtsprechung zeigt jedoch das Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit auf.

Aus dem Urteil in der Rechtssache Apple and Pear Development Council ergibt sich zunächst, dass Art. 28 EG und die Verordnungen über die Gemeinsamen Marktorganisationen dem Einzelnen Rechte verleihen, die in einem Mitgliedstaat gerichtlich durchgesetzt werden können (Punkt 8 des Tenors des Urteils und Rdnr. 37). Der EuGH hat in diesem Urteil die Zulässigkeit der Einrichtung eines Councils wie im Ausgangsverfahren bejaht und nähere Kriterien für die Zulässigkeit der Werbung für die von seinen Mitgliedern erzeugten Produkte (also heimische Waren) angegeben. Er ist grundsätzlich davon ausgegangen, dass Art. 28 EG und die Marktordnungsvorschriften einem Anspruch auf Zahlung einer "mit ihnen nicht vereinbarten (gemeint offenbar: nicht zu vereinbarenden) Abgabe entgegengehalten" werden könnten und als Grund für einen Anspruch auf Erstattung einer solchen zu Unrecht erhobenen Abgabe geltend gemacht werden könnten. Der EuGH hat in diesem Urteil auch ausgesprochen, dass es Sache der nationalen Gerichte sei, zu beurteilen, ob ein teilweiser Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht durch die Körperschaft, deren Finanzierung ein Beitrag dient, die Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung beeinträchtige und eine völlige oder teilweise Abgabenbefreiung gebietet (a.a.O., Rdnr. 40 und 42).

Im Zusammenhang mit der Frage eines allfälligen Verstoßes von (mit parafiskalischen Beiträgen finanzierten) Werbemaßnahmen für landwirtschaftliche Produkte, insbesondere wenn dabei für "Gütesiegelwaren" geworben wird, ist schließlich auch die jüngere Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen und den Bedingungen für die Zulässigkeit einer solchen Werbung für Gütesiegelprodukte zu beachten (vgl. die Urteile vom 5. November 2002, Rs C-325/00, Kommission/Deutschland, und vom 6. März 2003, Rs C-6/02, Kommission/Frankreich). Diese Urteile präzisieren die Auffassung des EuGH zur Zulässigkeit von Werbung für landwirtschaftliche Produkte.

Eilmansberger (ZfV 2003, 541) hat darauf hingewiesen, dass aus dieser Rechtsprechung insofern eine Verschärfung des Standards abzuleiten sei, als "generell Marketingkampagnen, mit denen die besonderen Qualitäten nur inländischer Erzeugnisse betont werden, als mit Art. 28 EGV unvereinbare Maßnahme" angesehen werden könnten.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Aussagen des EuGH in diesem Zusammenhang kommt man jedoch zum Ergebnis, dass Werbekampagnen, in denen die Qualität der inländischen Produkte beworben wird, nicht schon deshalb als unzulässig anzusehen sind.

Eine Werbung für Gütesiegelprodukte, die aus Österreich kommen, unter Hinweis auf diese Herkunft muss vielmehr noch nicht gegen die vom EuGH für die Vereinbarkeit solcher Maßnahmen mit der Warenverkehrsfreiheit entwickelten Kriterien verstoßen. Eine Gütesiegelwerbung betont nämlich selbst dann nicht "die Qualitäten nur inländischer Erzeugnisse" (wie Eilmansberger formuliert), wenn das Gütesiegel mit einer Herkunftsbezeichnung verknüpft ist (wie dies in Österreich der Fall ist) und sich tatsächlich keine ausländischen Erzeuger am Gütesiegelprogramm beteiligen.

Die Kommission ist in ihrer Entscheidung vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000), jedenfalls davon ausgegangen, dass die von ihr beurteilten Maßnahmen den Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Werbung für in Anhang I des EG-Vertrages genannte Erzeugnisse und bestimmte nicht in Anhang I genannte Erzeugnisse (im Folgenden: Werbeleitlinien), ABl. C 252 vom 12. September 2001, 5, entsprochen hätten.

Die in diesem Zusammenhang von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Bedenken, die bei ihrem Zutreffen dazu führen könnten, dass eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorläge, vermögen insgesamt eine solche - im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG relevante - Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht darzutun. Einerseits wird durch die Werbung für Gütesiegelprodukte in Verbindung mit der Darstellung, welche Eigenschaften Gütesiegelprodukte, die die Kennzeichnung, dass sie aus Österreich stammen, haben, nicht im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EuGH vom Kauf von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten abgehalten oder andere Erzeugnisse in den Augen der Verbraucher herabgesetzt, andererseits unterscheiden sich die österreichischen Regelungen betreffend den Zugang zum Gütesiegel von jenen, die in der Rechtssache C-325/00 zu beurteilen waren. Eine Durchführung der Werbemaßnahmen entgegen den von der Kommission erlassenen Werbeleitlinien wird durch das Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt.

Da es nach der Rechtsprechung des EuGH im genannten Urteil in der Rechtssache Apple and Pear Development Council Sache des nationalen Gerichtes ist, auf dem Boden der Rechtsauffassung des EuGH zu beurteilen, ob und in welchem Ausmaß allenfalls ein eingehobener Beitrag nicht geschuldet werde, können einzelne Werbeeinschaltungen, in denen allenfalls die vom EuGH gezogenen Grenzen für die Werbung für heimische Qualität überschritten werden, noch keine Relevanz für die Zulässigkeit der Einhebung des Beitrages haben.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es dem Verwaltungsgerichtshof nach der Rechtsprechung des EuGH verwehrt ist, zu dieser Frage eine Vorabentscheidung einzuholen. Wie der EuGH in dem Urteil in der Rechtssache Apple and Pear Development Council (Rdnr. 25) ausgesprochen hat, ist es Sache des nationalen Gerichts, auf Grund der vom EuGH gegebenen Auslegungskriterien zu beurteilen, ob und inwieweit eine Einrichtung wie der in diesem Urteil gegenständliche Council die ihm durch die nationale Regelung übertragenen Aufgaben in einer Weise ausübe, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, die von der AMA Marketing GmbH durchgeführten Werbemaßnahmen hielten sich in den von Art. 28 EG gezogenen Grenzen.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass - worauf in der Beschwerde hingewiesen wird - die Aufgabe der AMA nach dem AMA-Gesetz 1992 ausdrücklich auf das Agrarmarketing für inländische Erzeugnisse eingeschränkt ist. Die oben dargestellte Rechtslage nach dem Gemeinschaftsrecht bezieht sich ausdrücklich auf vergleichbare nationale Werbemaßnahmen (vgl. schon den Ausgangssachverhalt in der Rechtssache Apple and Pear Development Council).

Soweit in der Beschwerde in diesem Zusammenhang weiterhin die Auffassung vertreten wird, das Gütesiegel sei inländischen Produkten vorbehalten und dazu auf angebliche Ausführungen in der Bescheidbegründung verwiesen wird, aus denen sich ergeben solle, dass die Gütesiegelrichtlinien nicht anwendbar seien, ist das Vorbringen nicht nachvollziehbar (vgl. Seite 10 des angefochtenen Bescheids, wo bereits auf den auch in der vorliegenden Beschwerde erhobenen Einwand konkret eingegangen wird, was aber bei der Beschwerdeabfassung offensichtlich keine Berücksichtigung gefunden hat).

Soweit in der Beschwerde die Auffassung vertreten wird, dass die Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Partei durch Eilmansberger, a.a.O., bestätigt werde, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

2.3. Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten, noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte - entgegen der in der Gegenäußerung vertretenen Auffassung - gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich, weil die vorliegende Angelegenheit betreffend die Erhebung von ("parafiskalischen") Beiträgen keine "civil rights" im Sinne dieser Bestimmung berührt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2002, Zl. 98/17/0249, und vom 26. Jänner 2004, Zl. 2000/17/0172, zu Abgaben im Sinne der österreichischen Finanzverfassung). Der Umstand, dass die vorliegenden Beiträge eine Einnahme der AMA sind und damit im Sinne der Finanzverfassung keine Abgaben darstellen, ändert nichts an der Qualifikation des hoheitlichen Eingriffs im Lichte des Art. 6 EMRK. Auch der Umstand, dass die AMA bei der Förderung des Agrarmarketings privatrechtlich handelt und der Beitrag zweckgebunden ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Schließlich legt auch die Behandlung der "parafiskalischen" Beiträge durch den EuGH keine andere Beurteilung nahe; selbst wenn die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Einheit mit einer Beihilfenmaßnahme - dazu siehe oben - zuträfe, könnte dies an der Qualifikation im Lichte des Art. 6 EMRK nichts ändern, zumal auch zweckgebundene Abgaben, wie sie etwa im Ausgangsfall, der der Rechtssache Enirisorse zu Grunde lagen, nach der Rechtsprechung des EGMR nicht unter Art. 6 EMRK fallen. Soweit die beschwerdeführende Partei auf die zivilrechtlichen Folgerungen aus allfälligen Verstößen gegen das Beihilfenrecht hinweist, ist zum einen auf die obigen Ausführungen zum Fehlen eines ausreichenden Verwendungszusammenhanges hinzuweisen und zum anderen festzuhalten, dass derartige Folgen aus dem öffentlichen Bereich zuzuordnenden staatlichen Handlungen, wie etwa auch das allfällige Entstehen von Amtshaftungsansprüchen, die vor Zivilgerichten zu verfolgen wären, nicht dazu führen, dass die Rechtssache "civil rights" berührte; angesichts der prinzipiell auf jedem Gebiet der Hoheitsverwaltung denkbaren Haftung aus dem Titel der Amtshaftung fielen bei dieser Betrachtung sämtliche Bereiche der staatlichen Verwaltung in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK.

2.5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf § 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 20. März 2006

Gerichtsentscheidung

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EuGH 61982J0222 Apple and Pear Development Council VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005170230.X00

Im RIS seit

18.04.2006

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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