TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/20 2006/17/0009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2006
beobachten
merken

Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
L37308 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe Nächtigungsabgabe
Ortsabgabe Gästeabgabe Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AbgVG Vlbg 1984 §67 Abs3;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
B-VG Art6 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
ZweitwohnsitzabgabeG Vlbg 1998 §2 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des HW in S, vertreten durch Mag. Dr. Dietmar Fritz, Rechtsanwalt in 6870 Bezau, Unterdorf 10, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 8. Juni 2005, Zl. IIIa-208.29, betreffend Zweitwohnsitzabgabe für das Jahr 2002 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schoppernau, Unterdorf 2, 6886 Schoppernau), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Juni 2005 gab die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Beschluss der Abgabenkommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Oktober 2004, betreffend die Festsetzung der Zweitwohnsitzabgabe für das Jahr 2002, keine Folge, wobei sie - wie schon die Abgabenbehörden und sie selbst in einem vorangehenden Rechtsgang - vom Vorliegen einer Wohnung ausging, deren Nutzung nach dem Raumplanungsgesetz als Ferienwohnung bewilligt worden war.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, der Beschwerdeführer verfüge über einen Hauptwohnsitz in einer näher genannten Gemeinde in Deutschland. Er sei seit 22. Juli 1998 polizeilich unter einer Anschrift im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde gemeldet. Im Abgabenjahr 2002 sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 8. April 2002 bis 20. Dezember 2002 als Halter eines PKW's mit deutschem Kennzeichen unter seiner Anschrift in der Bundesrepublik Deutschland registriert gewesen.

Rechtlich ging die belangte Behörde - zusammengefasst - unter Heranziehung der Bestimmung des § 2 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Abs. 4 des Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe von Zweitwohnsitzen, LGBl. Nr. 87/1997 (Zweitwohnsitzabgabegesetz, in der Folge: Vlbg ZweitwohnsitzAbgG), davon aus, dem Beschwerdeführer sei der ihm auferlegte Nachweis, dass keine Ferienwohnung vorliege, nicht gelungen; die diesbezügliche Beweiswürdigung der Berufungsbehörde werde von der belangten Behörde geteilt.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 28. November 2005, B 821/05-3, die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, die Beschwerde rüge die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob der Beschwerdeführer eine "Ferienwohnung" bewohne, insoweit nicht anzustellen. Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis zur Unterscheidung von Zweitwohnsitzabgaben und Fremdverkehrsabgaben auf VfSlg. 15.973/2000, zur Beweislastumkehr auf VfSlg. 13.646/1993) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:

Gemäß § 1 des Vlbg ZweitwohnsitzAbgG werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung eine Abgabe von Zweitwohnsitzen (Zweitwohnsitzabgabe) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

§ 2 des Vlbg ZweitwohnsitzAbgG lautet wie folgt (auszugsweise):

"§ 2

Abgabengegenstand

(1) Der Zweitwohnsitzabgabe unterliegen Ferienwohnungen im Sinne des Abs. 2.

(2) Als Ferienwohnungen gelten

a)

...

b)

Wohnungen, deren Nutzung gemäß § 16 Abs. 1 oder 4 des Raumplanungsgesetzes oder gemäß Art. II Abs. 2 bis 6 des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 34/1996, zulässig ist,

...

Im Zweifel hat der Eigentümer des Gebäudes, der Wohnung, des Wohnraums oder des Wohnwagens glaubhaft zu machen, dass keine Ferienwohnung vorliegt.

(3) ...

(4) Ferienwohnungen nach Abs. 2 lit. b gelten nicht als solche, wenn der Abgabepflichtige nachweist, dass die Ferienwohnung rechtmäßig als ständiger Wohnsitz dient oder sie während den zwei Jahren, die dem Fälligkeitstag der Abgabe vorausgehen, nicht während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt wurde.

(5) ..."

Der Beschwerdeführer bezweifelt vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht, dass er als Mieter der Wohnung Abgabenschuldner der hier gegenständlichen Abgabe wäre und dass diese der Höhe nach richtig berechnet wurde. Er bringt unter Hinweis auf den Umstand, dass er seit 22. Juli 1998 an der Anschrift im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei gemeldet ist, im Wesentlichen vor, er habe dort seinen Hauptwohnsitz. Dieser sei im Sinne des Art. 6 Abs. 3 B-VG zu verstehen. Der Hauptwohnsitz sei danach dort begründet, wo sich eine Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen habe, hier den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu schaffen; träfen diese sachlichen Voraussetzungen bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen einer Person auf mehrere Wohnsitze zu, so habe sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem sie das überwiegende Naheverhältnis habe.

Die belangte Behörde hat dem entgegen die Ansicht der Berufungsbehörde geteilt, wonach es dem Beschwerdeführer nicht gelungen wäre, nachzuweisen, dass er die verfahrensgegenständliche Wohnung als ständigen Wohnsitz benutze. Mit seinem Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof wendet sich der Beschwerdeführer gegen diese Beweiswürdigung. Ihm ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. zB das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. So hat die belangte Behörde aus den näher erhobenen Meldedaten bezüglich der Kraftfahrzeugzulassung in Deutschland den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer im Frühjahr seine Wohnung im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei verlässt und die Zeit bis zum Winter, wenn er wieder in seine Wohnung in Österreich zurückkehrt, in seiner Wohnung in Deutschland verbringt. Wenn die belangte Behörde daraus in rechtlicher Hinsicht den Schluss gezogen hat, es liege kein "ständiger Wohnsitz" im Sinne des § 2 Abs. 4 Vlbg ZweitwohnsitzAbgG vor, kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Selbst bei einer Gleichsetzung des Begriffes des "ständigen Wohnsitzes" mit dem des Hauptwohnsitzes würde dies zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis führen.

Soweit in der Beschwerde (neuerlich) verfassungsrechtliche Bedenken betreffend eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vorgebracht werden, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof unter Hinblick auf den erwähnten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 2005 nicht veranlasst, diese Fragen neuerlich an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. März 2006

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006170009.X00

Im RIS seit

04.05.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten