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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
HGG 2001 §26 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. S in S, vertreten durch Dr. Andreas Reischl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Dr. Franz-Rehrl-Platz 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 25. März 2004, Zl. P818198/5-PersC/2004, betreffend Familienunterhalt nach dem HGG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Heerespersonalamtes vom 16. Jänner 2004 wurde dem Beschwerdeführer Familienunterhalt in der Höhe von EUR 559,90 für jeden vollen Kalendermonat des Grundwehrdienstes (beginnend mit 7. Jänner 2004) zuerkannt. In der Begründung führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im maßgeblichen Bemessungszeitraum "(1. April 2003 bis 30. Juni 2003)" über kein eigenes Einkommen verfügt. Zur Ermittlung der Leistung sei daher von der Mindestbemessungsgrundlage auszugehen. Die Mindestbemessungsgrundlage betrage derzeit EUR 933,10. Der zuerkannte Familienunterhalt in der Höhe von EUR 559,90 gliedere sich wie folgt:
EUR 466,60 für "den Ehegatten" = 50 v.H. der "BmG", EUR 93,30 für das Kind = 10 v.H. der "BmG".
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er die Höhe des monatlich zugesprochenen Familienunterhaltes bekämpfte. Der Beschwerdeführer brachte vor, das Heerespersonalamt hätte zur Bemessung des Familienunterhaltes den Zeitraum 1. Oktober 2003 bis 31. Dezember 2003 heranziehen müssen. Der gegenständliche Einberufungsbefehl sei am 28. November 2003 ausgefertigt und am 3. Dezember 2003 mit Wirksamkeit 7. Jänner 2004 zugestellt worden, sodass der oben angeführte Zeitraum zur Bemessung des Familienunterhaltes heranzuziehen sei. Im Zeitraum 1. Oktober 2003 bis 31. Dezember 2003 habe er ein durchschnittliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 2.660,80 (Bemessungsgrundlage) erzielt. Dies ergebe für die Ehefrau einen Anspruch in der Höhe von EUR 1.330,40 und für den unerhaltsberechtigten minderjährigen Sohn einen Betrag in der Höhe von EUR 266,08, insgesamt sohin EUR 1.597,20. Bei der Auslegung des § 26 Abs. 1 HGG könnte auch die Wirksamkeit der Einberufung mit Zustellung des Einberufungsbefehles angenommen werden. Diesfalls hätte die Behörde den Zeitraum 1. September 2003 bis 30. November 2003 zur Berechnung der Bemessungsgrundlage heranziehen müssen. Da er in diesem Zeitraum über das gleiche Einkommen verfügt habe, sei auch in diesem Fall der Familienunterhalt in der Höhe von EUR 1.597,20 zuzusprechen.
In weiterer Folge legte der Beschwerdeführer der Behörde noch zusätzliche Nachweise bezüglich seines Einkommens vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid hinsichtlich des zuerkannten Betrages insofern abgeändert, als an Stelle des Betrages von "EUR 599,90" (richtig: EUR 559,90) ein Familienunterhalt in der Höhe von EUR 1.210,80 für jeden vollen Kalendermonat für die Dauer des Grundwehrdienstes ab 7. Jänner 2004 zuerkannt wurde. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, da dem Beschwerdeführer der Einberufungsbefehl für den Einberufungstermin 7. Jänner 2004 am 5. Dezember 2003 zugestellt worden sei, stellten die Monate September, Oktober und November 2003 den maßgeblichen Berechnungszeitraum dar. Für die Berechnung der Bemessungsgrundlage seien die vom Beschwerdeführer beigebrachten Lohnbestätigungen vom 15. Oktober und 15. November 2003 herangezogen worden. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Einkommensnachweise für den Bezugszeitraum Dezember 2003 und Jänner 2004 hätten nicht berücksichtigt werden können, weil zur Berechnung der Bemessungsgrundlage ausschließlich jenes Einkommen zu Grunde zu legen sei, das dem Wehrpflichtigen in dem gemäß § 26 des Heeresgebührengesetzes 2001 bezeichneten Zeitraum zugeflossen sei. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen ergebe sich eine Bemessungsgrundlage von EUR 2.017,96. Gemäß § 25 Abs. 1 und § 30 Abs. 1 HGG 2001 betrage die Höhe des Familienunterhaltes - auf Basis der Bemessungsgrundlage von EUR 2.017,96 - EUR 1.210,78 und gliedere sich wie folgt:
EUR 1.008,98 für die Ehegattin (= 50 v.H. der BmG) und EUR 201,80 für das Kind (= 10 v.H. der BmG).
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgebenden Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001 lauten (auszugsweise):
"Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe
1. Abschnitt
Gemeinsame Bestimmungen
Ansprüche
§ 23. (1) Familienunterhalt oder Wohnkostenbeihilfe kann Anspruchsberechtigten gebühren, die den Grundwehrdienst oder die ersten sechs Monate des Ausbildungsdienstes leisten, auf deren Antrag und für die Dauer eines solchen Wehrdienstes, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
...
(3) Als Wirksamkeit der Einberufung nach diesem Hauptstück gilt
1.
die Erlassung des Einberufungsbefehles oder
2.
die Kundmachung einer allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung
zu einem Wehrdienst nach Abs. 1.
2. Abschnitt
Familienunterhalt
Anspruch
§ 25. (1) Anspruchsberechtigten gebührt Familienunterhalt
1.
für die Ehefrau oder den Ehemann (Ehegatten),
2.
für Kinder, für die ihm oder einem nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten eine Familienbeihilfe auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, oder eine gleichartige ausländische Beihilfe gewährt wird, und
...
Bemessungsgrundlage für nicht selbständig Erwerbstätige
§ 26. (1) Die Bemessungsgrundlage der Anspruchsberechtigten, die erhalten oder erhalten haben
1.
Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit oder
2.
Renten oder
3.
Arbeitslosengeld oder
4.
Notstandshilfe oder
5.
Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, oder
6. Karenzurlaubsgeld,
besteht aus einem Grundbetrag und allfälligen Zuschlägen. Als Grundbetrag ist ein Drittel des durchschnittlichen Nettoeinkommens der letzten drei Kalendermonate vor der Wirksamkeit der Einberufung heranzuziehen. ...
(3) Das Nettoeinkommen umfasst
1. sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit, außer der Familienbeihilfe,
2.
Renten,
3.
Arbeitslosengeld,
4.
Notstandshilfe,
5.
Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz und
6.
Karenzurlaubsgeld,
ausgenommen die sonstigen Bezüge nach § 67 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, sowie vermindert um die darauf entfallende Lohnsteuer und um die Beiträge nach § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a, ausgenommen Betriebsratsumlagen, Z 4 und 5 EStG 1988. ...
...
(5) Als Zuschläge gebühren zur Berücksichtigung des aliquoten Teiles der sonstigen Bezüge folgende Hundertsätze des Grundbetrages
1. 4,25 vH bei sonstigen Bezügen von höchstens einem halben Monatsbezug,
2.
8,5 vH bei sonstigen Bezügen von höchstens einem Monatsbezug,
3.
12,75 vH bei sonstigen Bezügen von höchstens eineinhalb Monatsbezügen und
4. 17 vH bei sonstigen Bezügen von mehr als eineinhalb Monatsbezügen.
Ausmaß
§ 30. (1) Bei der Bemessung des Familienunterhaltes sind je Kalendermonat zu veranschlagen
1. für den Ehegatten, der nicht dauernd vom Anspruchsberechtigten getrennt lebt, 50 vH der Bemessungsgrundlage,
2. für jede andere Person, für die ein Anspruch auf Familienunterhalt besteht und die zum Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört oder in seinem Haushalt lebt, je 10 vH der Bemessungsgrundlage und
..."
Zunächst ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer der Einberufungsbefehl vom 28. November 2003 (mit Wirkung vom 7. Jänner 2004) Anfang Dezember 2003 - nach der vom Beschwerdeführer unbestrittenen Feststellung im angefochtenen Bescheid am 5. Dezember 2003 - zugestellt wurde. Der für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage heranzuziehende Stichtag ist der Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls. Die Behörde ging daher zu Recht von der Annahme aus, dass gemäß § 26 Abs. 1 HGG als maßgeblicher Bezugszeitraum für die Berechnung der Bemessungsgrundlage die Monate September 2003, Oktober 2003 und November 2003 heranzuziehen waren.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, dass die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage unrichtig berechnet habe, weil sie die Einkommensnachweise vom 15. Oktober 2003 und 15. November 2003 als Einkommen der Monate Oktober und November 2003 betreffend bewertet habe. Jedoch weise der Einkommensnachweis 15. Oktober 2003 bzw. 15. November 2003 die Gehälter der Monate September bzw. Oktober 2003 aus. Der von der Behörde daher unrichtigerweise unberücksichtigt gebliebene Einkommensnachweis 15. Dezember 2003 beinhalte somit den Bezug für November 2003 sowie auch Nachzahlungen der Monate September und Oktober. Auch der Einkommensnachweis 15. Jänner 2004 beinhalte Gehaltsbestandteile des November 2003. Die Behörde sei daher in ihren Berechnungen von einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage ausgegangen und der zugesprochene Familienunterhalt in der Höhe von EUR 1.210,80 sei zu niedrig bemessen worden.
Die Behörde vertritt dazu in ihrer Gegenschrift die Auffassung, dass auch dann, wenn der Beschwerdeführer bereits im November 2003 auf Grund seines Dienstverhältnisses einen Rechtsanspruch gegenüber seinem Dienstgeber auf bestimmte Bestandteile seines Gehaltes gehabt habe, diese bei der Bemessung des Familienunterhaltes im Sinne des § 26 Abs. 1 HGG 2001 nicht hätten berücksichtigt werden können, weil ihm diese Bezüge erst im Dezember 2003 und Jänner 2004 ausbezahlt worden seien.
Von der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung, der Berechnung der Bemessungsgrundlage sei stets ausschließlich jenes Einkommen zu Grunde zu legen, das dem Wehrpflichtigen in dem gemäß § 26 Abs. 1 HGG relevanten Zeitraum tatsächlich zugeflossen sei, ist der Gerichtshof im Ergebnis bereits in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 97/11/0320, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, abgerückt und hat für wiederkehrende Einnahmen, sofern diese wirtschaftlich dem entsprechenden Zeitraum zuzurechnen und in zeitlicher Nähe vor Beginn bzw. nach Ende des Zeitraumes zugeflossen sind (im Konkreten das 13. und 14. Monatsentgelt), eine Ausnahme vom Grundsatz, dass es ausschließlich auf das Zufließen des Einkommens in dem Zeitraum ankomme, als geboten angesehen.
§ 26 Abs. 3 Z. 1 HGG normiert u.a., dass das Nettoeinkommen sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit umfasst. Im vorliegenden Fall bezieht der Beschwerdeführer, der in einem Krankenhaus als Arzt arbeitet, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, monatlich ein Grundgehalt und zusätzliche Zahlungen beispielsweise für geleistete Nachtdienste oder Überstunden. Diese zusätzlichen "Gehaltsbestandteile" werden, da sie in jedem Monat unterschiedlich anfallen können, erst im nachhinein abgerechnet und ausbezahlt. Dieser Abrechnungsmodus kann sich aber - ausgehend von der oben darstellten Rechtslage - nicht insoweit zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken, als diese Gehaltsbestandteile nicht zum Nettoeinkommen für den maßgeblichen Bezugszeitraum gerechnet würden, dem sie wirtschaftlich zuzurechnen sind und in dessen zeitlicher Nähe sie dem Beschwerdeführer zugeflossen sind. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher nicht die Auffassung der Behörde, dass nur die im Bezugszeitraum tatsächlich ausbezahlten Beträge für die Berechnung nach dem Heeresgebührengesetz 2001 heranzuziehen sind. Für die hier vorzunehmende Berechnung sind daher der monatliche Grundgehalt und die für die hier maßgeblichen drei Monate (Oktober bis November 2003) ausbezahlten sonstigen Bezüge (Nachtdienste, Überstunden ...) ausschlaggebend. Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. März 2006
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004110085.X00Im RIS seit
27.04.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008